VwGH 99/02/0084

VwGH99/02/008428.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des SA in A, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, Petersbrunnstraße 1a, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom 12. November 1998, Zl. LGS SBG/5/1218/1998, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §16 idF 1987/615;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs4 Z4;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs2;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
AlVG 1977 §16 idF 1987/615;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs4 Z4;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs2;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs4;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 1998 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 56 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) das dem Beschwerdeführer zuerkannte Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 26. Juni 1997 bis zum 11. Juli 1997 widerrufen und dieser zum Rückersatz des in diesem Zeitraum zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeldes verpflichtet, weil sein Anspruch auf Arbeitslosengeld in dieser Zeit aufgrund einer Urlaubsentschädigung geruht habe.

Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass die erstinstanzliche Behörde aufgrund einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungen vom 16. Juni 1998 Kenntnis von einer von der Bauarbeiter-Urlaubskasse an den Beschwerdeführer ausbezahlten Urlaubsabfindung für den Zeitraum vom 16. Juni 1997 bis zum 23. Juli 1997 erlangt habe. Zur selben Zeit habe der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld in der Höhe von S 384,40 täglich bezogen, weshalb eine unzulässige Doppelversorgung bestanden habe (§ 16 AlVG). Der Beschwerdeführer habe die Zahlungen aus der Urlaubskasse der Behörde nicht gemeldet. In den Akten befinde sich eine von ihm eigenhändig unterzeichnete Veränderungsmeldung vom 8. September 1997, in welcher er angegeben habe, dass vom 12. Juli 1997 bis zum 6. September 1997 ein Auslandsaufenthalt vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer habe daher Arbeitslosengeld bis zum 11. Juli 1997 ausbezahlt erhalten und sein Bezug sei am 12. Juli 1997 eingestellt worden. Auch sei die Überlagerungsmeldung zusätzlich durch eine telefonische Anfrage bei der Bauarbeiter-Urlaubskasse überprüft worden. Mit Telefax vom 28. September 1998 habe die Bauarbeiter-Urlaubskasse die Auszahlung einer Urlaubsabfindung für den genannten Zeitraum bestätigt. Der Beschwerdeführer habe im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 3. Dezember 1996, der dem Bezug für Juni und Juli 1997 zu Grunde liege, (u.a.) die Verpflichtung übernommen, dass der Erhalt einer Urlaubsabfindung durch die Bauarbeiter-Urlaubskasse unverzüglich zu melden sei. Dieser Verpflichtung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen; damit liege auch der Rückforderungsgrund der Verschweigung einer maßgebenden Tatsache vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die auf den Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 (§ 16 in der Fassung BGBl. Nr. 615/1987) lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Ruhen des Arbeitslosengeldes

§ 16.

(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während

  1. a) ......
  2. l) des Zeitraumes, für den Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses oder nach den Bestimmungen des Bauarbeiter-Urlaubsgesetzes 1972 zu einem späteren Zeitpunkt gebührt bzw. gewährt wird, nach Maßgabe des Abs. 4, (...)

(4) .... Wird hingegen Urlaubsabfindung nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 gewährt, beginnt der Ruhenszeitraum mit dem 8. Tag, der auf die Zahlbarstellung durch die Urlaubskasse der Arbeiter in der Bauwirtschaft folgt. Ansprüche auf Tagesteile bleiben immer außer Betracht."

"Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes

§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen.

(2) Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. (...)"

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe für den Zeitraum vom 26. Juni 1997 bis zum 11. Juli 1997 keine Urlaubsabfindung erhalten, weshalb die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für diesen Zeitraum zu Recht erfolgt sei.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem Verwaltungsgerichtshof möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0156, u. v.a.). Die belangte Behörde hat die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rückzahlung des zu Unrecht empfangenen Arbeitslosengeldes im Sinne des § 24 Abs. 2 AlVG u.a. deshalb für gegeben erachtet, weil eine telefonische Anfrage bei der Bauarbeiter-Urlaubskasse ergeben habe, dass für den genannten Zeitraum eine Urlaubsabfindung ausbezahlt worden sei. Die für ihre diesbezügliche Rechtsansicht im Hinblick auf § 16 Abs. 4 AlVG wesentlichen Feststellungen (insbesondere den Tag der Zahlbarstellung der Urlaubsabfindung durch die Bauarbeiter-Urlaubskasse) zu treffen, hat die belangte Behörde jedoch unterlassen. Um den dargestellten Anforderungen des § 60 AVG zu entsprechen, bedarf es in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Darlegung jenes konkreten Sachverhaltes, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht. Daraus folgt, dass die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hat und es derart dem Beschwerdeführer und auch dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich ist, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen. Die Ausführungen in der Gegenschrift vermögen daran nichts zu ändern (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 11. April 1983, Zl. 82/10/0086).

In der vorliegenden Beschwerde wird auch ausdrücklich der Widerspruch gerügt, welcher sich daraus ergibt, dass im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Rückzahlung von Arbeitslosengeld in der Höhe von S 6.150,-- angeordnet wird, während aus der Begründung dieses Bescheides (auf den der angefochtene Bescheid verweist) eindeutig hervorgeht, dass nur noch ein Betrag von S 5.768,-- offen sei. Auch diesen Widerspruch aufzuklären, hat die belangte Behörde unterlassen; die Nachholung der Begründung in der Gegenschrift vermag das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht zu beseitigen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 11. April 1983, Zl. 82/10/0086).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwand sowohl die Erstellung des Beschwerdeschriftsatzes als auch die Umsatzsteuer umfasst.

Wien, am 28. Juni 2002

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