VwGH 98/10/0305

VwGH98/10/030522.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der Gemeinde Albeck, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacherstraße 1a, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 28. Mai 1998, Zl. Ro-246/6/1998, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Krnt 1986 §5 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs1 litc;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs7;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Krnt 1986 §5 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs1 litc;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §9 Abs7;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde u. a. der Antrag der beschwerdeführenden Gemeinde (in der Folge: Beschwerdeführerin) auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Errichtung einer Kraftwerksanlage an der Gurk in Spitzwiesen entsprechend dem vorgelegten Projekt 1996, bestehend aus technischem Bericht, Lageplan und Plänen der Anlageteile gemäß §§ 5 Abs. 1 lit. e, 9 Abs. 1 lit. b und lit. c, 9 Abs. 7, 52 Abs. 2 und 58 Abs. 3 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (Krnt NatSchG), abgewiesen (Spruchpunkt I).

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. September 1996 um die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die im Spruch genannte Wasserkraftanlage angesucht. Nach den vorgelegten Projektsunterlagen vom 8. Oktober 1996 bestehe die Anlage aus der Betriebswasserfassung als Tiroler Wehr mit anschließendem Sandfang, der Ausleitungsstrecke mit ca. 800 m Länge, ausgeführt als Druckrohrleitung mit zwei Meter Durchmesser, dem Turbinenhaus und dem Auslaufkanal. Im Bereich der Betriebswasserfassung - unmittelbar flussabwärts nach der kürzlich gebauten Gemeindekläranlage - sei eine Auspflasterung des Flussbettes vorgesehen. Die Verlegung des Bettes des natürlichen bzw. naturnah erhaltenen Fließgewässers der Gurk solle nach den eingereichten Projektsunterlagen in der Weise geschehen, dass lediglich ein Restwasser von 0,63 bis 3,9 m3/sek in der Gurk verbliebe. Über die Ausleitungsstrecke solle eine Betriebswassermenge von 1,89 bis 7 m3 /sek entzogen werden. Hiezu sei festzuhalten, dass z.B. im Monat Februar, dem Monat mit der geringsten Wasserführung, von einer Gesamtwassermenge von 2,52 m3/sek nur mehr der vierte Teil in der Gurk verbleiben und drei Viertel dieses Wassers in die Ausleitungsstrecke abgeleitet werden solle. Für den Monat November, in dem die Wassermenge der Gurk genau dem durchschnittlichen jährlichen Mittelwasserabfluss von 6,15 m3/sek entspreche, sei eine Ausleitung von beinahe neun Teilen des Wassers vorgesehen. Im Monat Mai wiederum, in dem der Zufluss der Gurk mit 10,9 m3/sek am Stärksten sei, sei ebenfalls eine Ausleitung von rund zwei Drittel des Wassers und ein Verbleib von nur einem Drittel des Wassers vorgesehen. Im Bereich der geplanten Wasserkraftanlage werde durch die Ausleitungsstrecke daher eine Verlegung des Bettes des Fließgewässers erfolgen.

Des Weiteren sehe das Projekt im Anschluss an das Turbinenhaus einen Unterwasserkanal vor, über den das abgearbeitete Betriebswasser in das Flussbett der Gurk verbracht werden solle. Dieser Unterwasserkanal habe laut Lageplan eine Länge von ca. 60 m und sei als rechteckiger Kanal aus Stahlbeton mit den Abmessungen von 1,50 m x 4,50 m vorgesehen. Des Weiteren erfolge eine Verrohrung des Ausleitungswassers im Turbinenhaus selbst, da das Ausleitungswasser über ein Druckrohr zu den Turbinen geleitet werde. Somit sei festzuhalten, dass auch das von der Gurk ausgeleitete Wasser (Betriebswasser), welches mindestens zwei Drittel des Gesamtzuflusses des Wassers ausmache, verrohrt werde.

Im Bereich des vorgesehenen Projektes sei die Gurk zumindest als naturnah erhaltenes Fließgewässer zu bewerten. Die Gurk fließe dort im Wesentlichen in einem engen, tief eingeschnittenen Graben. Wohl auf Grund dieser Lage seien menschliche Beeinträchtigungen bis auf den heutigen Tag nur in sehr geringem Ausmaß feststellbar. Das Flussbett weise alle typischen Merkmale eines natürlichen Flusses, wie eine große Varianz der Bettbreite und -tiefe, Ausbildung von Kolken, von rasch fließenden Abschnitten und Stillbereichen sowie von Rücklaufstrecken, auf. Im Flussbett selbst fänden sich Steine und Felsen verschiedener Größenordnung, die teilweise bemoost und bewachsen seien. Am unmittelbaren Ufer fänden sich auch überhängende Bereiche, wie etwa überhängende Baumwurzelbereiche. Die steilen Böschungen wiesen auf Grund der schwierigen Nutzbarkeit des hier befindlichen Baumbestandes auch einen hohen Anteil an liegendem und stehenden Totholz auf, wie dies für naturbelassene Vegetationsbestände kennzeichnend sei. Die als hohe steile Böschungen ausgebildeten Ufer des Gurkflusses seien teils mit üppiger Strauch- und Baumvegetation bewachsen, teils felsig ausgebildet, wobei sich auch Erosionsabbrüche fänden.

Wie sich aus der Untersuchung der ARGE Naturschutz aus dem Jahre 1996 ergebe, sei das Projektsgebiet Lebensraum der Wasseramsel und der Gebirgsstelze. Diese beiden Vogelarten seien nach § 1 der Tierartenschutzverordnung, LGBl. Nr. 3/1989, vollkommen geschützt. Die Wasseramsel lege ihre Nester bevorzugt in Bereichen an, die über tiefem Wasser gelegen seien. Die Ableitung von Wasser aus der Gurk im beantragten Ausmaß hätte katastrophale Folgen für das Brutgeschehen der Wasseramsel, da dem Bedürfnis dieser Tierart, bevorzugt Nester über ausreichend tiefem Wasser anzulegen oder zu besiedeln, nicht mehr ausreichend entsprochen werden könne. Negative Auswirkungen seien auch auf den Bestand der Gebirgsstelze zu erwarten. Des Weiteren könne davon ausgegangen werden, dass die starke Reduzierung der Wasserführung im beschriebenen Ausmaß auch gravierende Auswirkungen auf die Lebensmöglichkeit zahlreicher anderer Tierarten habe. Zumindest hinsichtlich der Wasseramsel sei aber jedenfalls im Sinne des § 9 Abs. 2 lit. b Krnt NatSchG davon auszugehen, dass deren Lebensraum wesentlich beeinträchtigt werde.

Nach den Ausführungen der Amtsachverständigen für Naturschutz anlässlich der örtlichen Verhandlung vom 6. Mai 1998 sei festzuhalten, dass der Gurkfluss und das daran anschließende Ufer über den weitaus größten Teil der Ausleitungsstrecke bzw. des Projektsgebietes den Eindruck völliger Naturbelassenheit biete. Dies treffe nur auf den Bereich, in dem die Betriebswassererfassung errichtet werden solle, nicht zu, da sich dort in unmittelbarer Nähe die Kläranlage der Gemeinde sowie eine Fischzuchtanlage befänden. In diesem Bereich sei auch auf die Gurktalbundesstraße einzusehen. Der übrige Bereich des Projektsgebietes (Ausleitungsstrecke von ca. 800 m) biete jedoch der Eindruck völliger Naturbelassenheit.

Zufolge der beantragten Ausleitung von Wasser im Ausmaß von mindestens zwei Drittel im Monat Mai, dem Monat der stärksten Wasserführung, bis zu einer Ausleitung von 90 % im Monat November und von drei Viertel im Monat Februar, dem Monat der geringsten Wasserführung, sei davon auszugehen, dass dadurch der derzeit 10 bis 20 m breite Fluss in ein "Rinnsal" verwandelt würde. Diesbezüglich sei auf die zusammenfassende Beurteilung des ökologischen Fachgutachtens des Institutes für angewandte Ökologie vom März 1996 zu verweisen. Danach sei im Bereich von Schotterbänken bzw. von Flachufern bei einem Rückgang des Abflusses auf 0,82 m3/sek bzw. 1,07 m3/sek eine deutliche Abnahme der benetzten Querschnittsbreite feststellbar. Im Bereich der Steilufer sei selbst bei einer Verringerung des Abflusses um 56 % nur eine geringe Veränderung der benetzten Breite und eine daraus resultierende Änderung der Choriotoptypenverteilung gegeben. Die Veränderung der Tiefenverhältnisse und der Tiefenvarianz sowie der Fließgeschwindigkeit sei ebenfalls sehr deutlich von der vorherrschenden Uferstruktur abhängig. Im Bereich der Furtstrecken und des Pralluferbereiches seien die größten Veränderungen der Aufnahmeparameter festgestellt worden. Die Verringerung des Abflusses um 31 % bzw. 59 % führe zu einer deutlichen Abnahme der benetzten Querschnittsbreite und einer Veränderung der Choriotoptypenverteilung. Ein Rückgang der Fließgeschwindigkeit sei deutlich gegeben. Die mittlere Tiefe von 20 cm werde bei den Querprofilen 2 und 4 selbst bei einem Abfluss von 1,38 m3/sek deutlich unterschritten. Bei den Querprofilen 7 und 10 liege die mittlere Tiefe bei einem Abfluss von 0,88 bzw. 1,38 m3/sek bei rund 20 cm. Durch die geringe Wassertiefe und die zum Teil über dem Wasserspiegel ragenden größeren Felsblöcke habe bei einer Begehung am 26. Jänner 1996 im Bereich der Furtabschnitte eine deutliche Randeisbildung festgestellt werden können. Im mittleren Untersuchungsabschnitt sei darüber hinaus bereichsweise eine Grundeisbildung beobachtet worden.

Zufolge dieser dargestellten Untersuchungsergebnisse, die jedoch von einer Reduzierung der Wasserführung auf mindestens 0,82 m3/sek bzw. um 57 % ausgingen, könne festgehalten werden, dass bei einer projektgemäßen Reduzierung der Wassermenge auf 0,63 m3/sek für einen Zeitraum von acht Monaten und einer Reduzierung der Wassermenge um bis zu 90 % eine weitaus größere Verringerung der benetzten Querschnittsbreite und eine Verringerung der durchschnittlichen Wassertiefe sowie der Fließgeschwindigkeit eintreten würde. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass bei Errichtung der gegenständlichen Anlagen der Eindruck der Naturbelassenheit des Landschaftsraumes im Sinne des § 9 Abs. 3 Krnt NatSchG wesentlich gestört würde und natürliche Oberflächenformen, wie etwa ein naturnaher Flusslauf, wesentlich geändert würden. Des Weiteren sei auch der Tatbestand nach § 9 Abs. 3 lit. b ("Verarmung eines durch eine Vielfalt von Elementen gekennzeichneten Landschaftsraumes") gegeben, da der gegenständliche Landschaftsraum, der im Wesentlichen eine Schluchtstrecke des Gurkflusses darstelle - als wesentliches Element - den Gurkfluss selbst aufweise. Zufolge der Entnahme des überwiegenden Teiles des Gurkwassers würde das Element "freifließender, von Menschen nahezu unbeeinträchtigter Fluss" verschwinden und ein "Rinnsal" entstehen. Es würde somit das wichtigste und kennzeichnendste Element des Landschaftsraumes nicht mehr gegeben sein, somit eine Verarmung eintreten. Es sei davon auszugehen, dass jeder anthropogene Einfluss in diese Flusslandschaft als Beeinträchtigung der Naturbelassenheit und damit als Beeinträchtigung des betroffenen Landschaftsraumes zu werten sei. Insbesondere wäre auch bei einer allfälligen Erhöhung der Restwassermenge die Errichtung von Bauten erforderlich und damit die Eingriffe weiter gegeben. Es könnten deshalb keine Auflagen vorgeschrieben werden, die das Projekt konsensfähig machen würden. Hinsichtlich der Lebensbedingungen der Wasseramsel sei jedoch festzuhalten, dass eine Wasserausleitung in geringerem Ausmaß möglicherweise weniger schwer wiegende Folgen für deren Population hätte. Diese Feststellungen gründeten sich auf die Aussage der Amtsachverständigen für Naturschutz anlässlich der örtlichen Verhandlung vom 6. Mai 1998 sowie die zahlreichen, im Akt erliegenden Gutachten. Ferner sei auf die Studie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 8. Oktober 1996, die Publikation des naturwissenschaftlichen Vereins für Kärnten von 1997 ("Die Gurk und ihre Seitengewässer") und auf die ornithologische Studie der ARGE Naturschutz aus dem Jahre 1996 zu verweisen.

Die Beschwerdeführerin habe als öffentliches Interesse für die Errichtung des Kraftwerkes geltend gemacht, dass eine Einsparung bei den Stromkosten der Kläranlage von ca. 150.000,-- S pro Jahr (S 1.000,-- für jeden Haushalt) eintreten würde. Langfristig würde eine Wertschöpfung durch die Energieerzeugung im Ausmaß von ca. 5 Mio Schilling pro Jahr eintreten. Nach Abzahlung der Investitionskosten in ca. 15 Jahren würde dieser Betrag der Gemeinde zur Gänze zufließen. Es wäre ein Anreiz für Betriebsansiedlungen gegeben, da die Attraktivität des Standortes durch das Angebot von billiger Energie steigen würde. So sei etwa mit der Errichtung eines Gewerbeparkes begonnen worden, durch den in den ersten drei Jahren ca. 12 bis 15 neue Arbeitsplätze entstehen würden. Die Beschwerdeführerin beabsichtige auch, mit der gegenständlichen Kraftwerksanlage ihr bereits vorhandenes Energiekonzept zu vervollständigen. Dieses Energiekonzept sehe eine Versorgung durch ein Biomasseheizwerk, ein Blockheizkraftwerk und das gegenständliche Wasserkraftwerk vor. Für die Energieversorgung während des Sommers sei der Einsatz des Wasserkraftwerkes sinnvoll. Dessen geringere Energieerzeugung im Winter solle durch das Blockheizkraftwerk ausgeglichen werden. Zufolge der Abstützung des Hochspannungsnetzes der KELAG im oberen Gurktal werde durch das gegenständliche Wasserkraftwerk die Errichtung einer 110 kv Versorgungsleitung überflüssig, wodurch hohe Investitions- und Betriebskosten erspart würden. Ferner käme es zu keiner Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die hohen Masten. Schließlich bedeute das Wasserkraftwerk die Möglichkeit, im Katastrophenfall die Versorgung der Gemeinde im so genannten Inselbetrieb sicher zu stellen.

Seitens der Abteilung 8W - Wasser-, Abfall- und Energierecht der belangten Behörde sei zu diesen Ausführungen in energiewirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht mitgeteilt worden, dass es sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene vielfältige Strategien und Aktivitäten gebe, um erneuerbare Energieträger zu forcieren. Das gegenständliche Kraftwerk könne dabei konkret nur einen minimalen positiven Beitrag zur Versorgung Österreichs mit erneuerbarer Energie aus Wasserkraft leisten. Als Vorteil für die Gemeinde werde allerdings gesehen, dass sich die Investition langfristig rechne und die Wertschöpfung ca. 5 Mio Schilling pro Jahr betrage. Diese Wertschöpfung könne optimal für die Verbesserung der Infrastruktur bzw. die Beteiligung an neu anzusiedelnden Betrieben eingesetzt werden, um diesen einen günstigen Strombezug zu ermöglichen. Die österreichische Zahlungsbilanz würde mit ca. 2,7 Mio Schilling pro Jahr entlastet werden. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass die Errichtung des Kraftwerkes fremd finanziert werden müsste, da die Gemeinde über keine Finanzreserven verfüge. Die Aussagen hinsichtlich der der Gemeinde zugute kommenden Wertschöpfung müssten daher relativiert werden. Grundsätzlich sei das gegenständliche Kraftwerk aus energie- und volkswirtschaftlicher Sicht aber positiv zu beurteilen.

Die KELAG habe auf Anfrage der belangten Behörde mitgeteilt, dass ein Abtransport der im Kraftwerk erzeugten elektrischen Energie über das bestehende Leitungsnetz nicht möglich sei. Ein Abtransport der erzeugten Energie könne nur durch die Errichtung eines 110/20 kv Umspannwerkes erfolgen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass im Falle der Errichtung des Kraftwerkes der Bau einer 110 kv Versorgungsleitung durch das Gurktal erforderlich wäre.

Auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse sei nach Ansicht der belangten Behörde davon auszugehen, dass sicherlich ein öffentliches Interesse an der Errichtung der gegenständlichen Kraftwerksanlage gegeben sei. Dieses öffentliche Interesse werde darin gesehen, dass die Errichtung des Kraftwerkes Teil eines Gesamtkonzeptes zur günstigen und umweltfreundlichen Energieversorgung sei. Eine erhöhte Versorgungssicherheit im Sinne eines Inselbetriebes sowie eine Wertschöpfung für die Gemeinde bzw. das Land sei zu erwarten. Die Versorgung mit kostengünstiger elektrischer Energie würde auch zu einer Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes bzw. zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze führen. Das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen sei darin zu sehen, dass die Gurk im Projektsgebiet weitestgehend natürlich verlaufe und ohne anthropogene Einflüsse ausgebildet sei. Nach den Ausführungen der Amtssachverständigen für Naturschutz vom 24. Juni 1996 sei davon auszugehen, dass die Gurk im gesamten zu beurteilenden Abschnitt zu den herausragendsten Fließgewässern des Landes gehöre. Größere Flüsse mit einer der Gurk ähnlichen Wasserführung seien üblicherweise durch Regulierungsmaßnahmen oder Wasserkraftbauten verändert worden. Im Alpenbogen seien daher nicht mehr viele Flüsse dieser Größenordnung vorhanden, die praktisch noch als Wildfluss fast ohne wesentlich erkennbare menschliche Einflüsse geblieben seien. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die Gurk nach einer Studie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft im gegenständlichen Flussabschnitt der Kategorie B zugeordnet werde, die Flussabschnitte umfasse, deren Morphologie, Dynamik sowie Umlandausprägungen zwar Veränderungen gegenüber dem Flusstyp erhalten hätten, jedoch nicht durch systematische flussbauliche oder energiewirtschaftliche Eingriffe in ihrem Gesamtcharakter verändert seien.

In Abwägung der gegebenen öffentlichen Interessen sei festzuhalten, dass das öffentliche Interesse an der Bewahrung der beschriebenen Landschaft vor störenden Eingriffen das öffentliche Interesse an der Errichtung des Kraftwerkes überwiege. Zwar seien positive Auswirkungen durch das Kraftwerk zu erwarten, die Gurk gehöre jedoch im streitgegenständlichen Bereich zu den wenigen Flüssen dieser Größenordnung, die praktisch ohne wesentliche menschliche Eingriffe geblieben seien. Durch die mit dem Projekt verbundenen massiven Eingriffe und großen Baumaßnahmen würde dieses Naturidyll deshalb stärkstens beeinträchtigt werden. Der Antrag habe daher abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 5 Abs. 1 Krnt NatSchG bedürfen in der freien Landschaft, das ist der Bereich außerhalb von geschlossenen Siedlungen und der zum Siedlungsbereich gehörigen besonders gestalteten Flächen einer Bewilligung: Der Aufstau, die Verrohrung sowie die Auspflasterung oder Verlegung des Bettes von natürlichen oder naturnah erhaltenen Fließgewässern (lit. e).

Gemäß § 9 Abs. 1 Krnt NatSchG dürfen Bewilligungen im Sinne des § 5 Abs. 1 nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt würde (lit. b) oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde (lit. c).

Nach § 9 Abs. 7 leg. cit. darf eine Versagung einer Bewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 nicht erfolgen, wenn das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen.

In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, die belangte Behörde hätte nur den Tatbestand der Verrohrung und des (geringfügigen) Aufstaus der Gurk im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. e Krnt NatSchG zu beurteilen gehabt. Der Aufstau erfolge allerdings in einem Bereich, der bereits durch Menschenhand nachhaltig beeinträchtigt sei. Auch die eigentliche Verrohrungsstrecke wirke sich keineswegs so nachteilig aus, wie die belangte Behörde annehme. Die Absenkung des Restwassers auf einen Wert zwischen 0,63 m3 und 3,9 m3 entspreche einer Verringerung in einem Bereich zwischen Niedrigstwasser- und mittleren Durchschnittswasserwerten über den Jahresverlauf. Die Gurk weise im Gemeindegebiet eine Verlaufstrecke von ca. 16 km auf. Die Beeinträchtigung von 700 Längsmetern Flussverlauf stelle gegenüber dieser Gesamtsituation keine unzumutbare Beschränkung der natürlichen Gegebenheiten dar. Auch eine wesentliche Beeinträchtigung des Lebensraumes der Wasseramsel sei nicht gegeben, da laut Untersuchung der ARGE Naturschutz im gegenständlichen Abschnitt der Gurk eine Häufigkeit von einem Wasseramselnest pro ca. 0,7 km anfalle. Bei einer Ausleitungsstrecke von ca. 700 m wäre daher statistisch nur ein einziges Wasseramselnest betroffen.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die Versagungstatbestände des § 9 Abs. 1 Krnt NatSchG sind alternativ heranzuziehen; eine Bewilligung ist somit zu versagen, wenn (nur) einer der dort angeführten Versagungsgründe vorliegt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. Dezember 1997, Zl. 95/10/0087).

Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes ist nach § 9 Abs. 3 leg. cit. jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben eine Verarmung eines durch eine Vielfalt an Elementen gekennzeichneten Landschaftsraumes eintreten würde (lit. b) oder natürliche Oberflächenformen wie Karstgebilde, Flussterrassen, Flussablagerungen, Gletscherbildungen, Bergstürze, naturnahe Fluss- oder Bachläufe wesentlich geändert würden (lit. d).

Unter dem "Charakter des betroffenen Landschaftsraumes" ist die beherrschende Eigenschaft der Landschaft zu verstehen; "betroffener Landschaftsraum" ist jener Bereich, in dem Auswirkungen des Vorhabens auf den Charakter der Landschaft festzustellen sind (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. September 1996, Zl. 94/10/0117).

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wird der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes durch den Gurkfluss als naturnah erhaltenes Fließgewässer gebildet. Das Flussbett weise alle typischen Merkmale eines natürlichen Flusses auf, wie eine große Varianz der Bettbreite und -tiefe, Ausbildung von Kolken, von rasch fließenden Abschnitten und Stillbereichen und von Rücklaufstrecken. Im Flussbett selbst fänden sich Steine und Felsen verschiedener Größenordnung, die teilweise bemoost und bewachsen seien. Am unmittelbaren Ufer fänden sich überhängende Bereiche, wie etwa überhängende Baumwurzelbereiche. Die steilen Böschungen wiesen auf Grund der schwierigen Nutzbarkeit des hier befindlichen Baumbestandes auch einen hohen Anteil an liegenden und stehenden Totholz auf, wie dies für naturbelassene Vegetationsbestände kennzeichnend sei. Das Ufer des Gurkflusses sei als hohe steile Böschung ausgebildet, wobei die Böschungen teils mit üppiger Strauch- und Baumvegetation verwachsen, teils auch felsig ausgebildet seien. Auf Grund der projektsgemäßen Reduzierung der Wassermenge auf 0,63 m3/sec. für einen Zeitraum von acht Monaten und einer Reduzierung der Wassermenge um bis zu 90 % werde es jedenfalls in verschiedenen Bereichen des Flusses zu einer weitaus größeren Verringerung der benetzten Querschnittsbreite und Verringerung der durchschnittlichen Wassertiefe sowie der Fließgeschwindigkeit kommen, als dies bereits im ökologischen Fachgutachten des Institutes für angewandte Ökologie vom März 1996 dargestellt worden sei.

Die belangte Behörde hat sich bei diesen Feststellungen im Wesentlichen auf die in den Verwaltungsakten erliegenden Gutachten und Stellungnahmen gestützt. Sie konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass es sich beim Wasserlauf der Gurk um jenes Landschaftselement handelt, das der Landschaft im fraglichen Bereich ihr Gepräge gibt, wobei die Verminderung der Wasserführung durch die Ausleitung eine nachhaltige Beeinträchtigung dieses Landschaftselementes darstellt. Diese Beeinträchtigung wird nach den Feststellungen der belangten Behörde im Wesentlichen Bereiche des Flussbereiches betreffen, in denen praktisch keinerlei Beeinträchtigungen durch Menschenhand gegeben sind.

Soweit die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die Qualifikation des gegenständlichen Flussabschnittes (Kategorie B) sei fehlerhaft erfolgt, da sie sich auf eine Studie des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft aus dem Jahre 1996 - also vor Errichtung der Abwasserreinigungsanlage - gründe, ist darauf zu erwidern, dass die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan wird. Dies gilt auch für das Vorbringen, die belangte Behörde hätte "die Auswirkungen der Oberflächenentwässerung der Bundesstraße in Richtung Vorflut" in ihre Entscheidung miteinbeziehen sollen.

In der Beschwerde wird auch die Auffassung vertreten, "die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Wassernutzung müsste im konkreten Fall ausnahmsweise zu Gunsten der (Beschwerdeführerin) erfolgen", da das gegenständliche Projekt geringere natürliche Ressourcen in Anspruch nehme als ein früher geplantes Projekt. Im Vertrauen auf die nach Einschränkung der Ausleitung erfolgten Zusage der zuständigen Landesrätin für Naturschutz als Repräsentantin der Behörde sei "weiterer namhafter Projektierungsaufwand getätigt" worden.

Nach dem oben wiedergegebenen § 9 Abs. 7 Krnt NatSchG darf eine Versagung einer Bewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 nicht erfolgen, wenn das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen.

Ein auf Grund einer Interessenabwägung ergangener Bescheid entspricht den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen (§ 1 iVm § 9 Abs. 1 Krnt NatSchG) abhängen, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das anderweitige (öffentliche) Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme diene soll (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 95/10/0213).

Letztlich handelt es sich um eine Wertentscheidung, weil die konkurrierenden Interessen meist nicht berechenbar und damit an Hand zahlenmäßiger Größen konkret vergleichbar sind. Dieser Umstand erfordert es, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüber zu stellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen. Die Rechtmäßigkeit der Wertentscheidung ist somit im Allgemeinen daran zu messen, ob das "Abwägungsmaterial" in einer diesen Grundsätzen entsprechenden Weise in der Begründung des Bescheides dargelegt und die Abwägung der konkurrierenden Interessen im Einklang mit Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und - gegebenenfalls - Erkenntnissen der Wissenschaft erfolgte. Entspricht die Begründung eines Bescheides, der auf einer Interessenabwägung beruht, diesen Anforderungen, so kann mit der bloßen Behauptung, die Behörde habe zu Unrecht den einen oder den anderen öffentlichen Interessen höheres Gewicht beigemessen, keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt werden; liegt es doch im Wesen einer solchen Interessenabwägung, dass sich die Behörde für die Zurückstellung der einen oder der anderen Interessen zu entscheiden hat (vgl. etwa das zu § 10 Abs. 3 lit. b Krnt NatSchG ergangene Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zl. 96/10/0255).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die Interessenabwägung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen. Diese hat zunächst auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin und der Stellungnahmen seitens der KELAG sowie der Abteilung 8 W des Amtes der Kärntner Landesregierung das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der gegenständlichen Kraftwerksanlage als gegeben angesehen. Das öffentliche Interesse an der Bewahrung vor störenden Eingriffen wurde dem gegenüber - unter Berufung auf die Ausführungen der Amtssachverständigen für Naturschutz - als überwiegend erachtet, da die Gurk im Projektsgebiet weitgehend natürlich und ohne anthropogene Beeinflussungen ausgebildet sei, wobei es nicht mehr sehr viele Flüsse dieser Größenordnung gebe, die praktisch noch als Wildfluss fast ohne wesentlich erkennbare menschliche Einflüsse geblieben seien.

In dem Umstand, dass die belangte Behörde bei der Interessenabwägung nicht noch (zusätzlich) zur nachhaltigen Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes die nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur berücksichtigt hat, kann keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin erblickt werden.

Die von der Beschwerdeführerin behauptete mündliche Zusage der Landesrätin für Naturschutz kann weder eine Bewilligung nach dem Kärntner Naturschutzgesetz ersetzen noch im Rahmen der Interessenabwägung Berücksichtigung finden.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. April 2002

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