Normen
BAO §151 Abs1;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs3;
BAO §151 Abs1;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gesellschaft betrieb im Streitjahr ein Bauunternehmen sowie einen Gastgewerbebetrieb.
Im Herbst 1991 wurde eine Prüfung der Aufzeichnungen nach § 151 Abs. 1 BAO (Umsatzsteuervoranmeldungsprüfung) betreffend den Zeitraum Februar 1990 bis August 1991 durchgeführt. Der Prüfer stellte dabei u.a. fest, dass zunächst nur Erlöskonten vorgelegt worden seien, welche Bauerlöse für den Zeitraum Februar bis Dezember 1990 in der Höhe von 136.077,76 S ausgewiesen hätten, während Kontrollmitteilungen über wesentlich höhere Erlöse vorgelegen seien. Auf Grund eines Vorhaltes des Prüfers seien sodann Rechnungen für das Jahr 1990 in der Höhe von 825.934,08 S "nachgebucht" worden. Aus diesen Rechnungen habe der Prüfer festgestellt, dass für das Jahr 1990 6.485,50 "Helferstunden fakturiert worden" seien, gleichzeitig jedoch für das Jahr 1990 lediglich 1.920 S an Lohnaufwand geltend gemacht worden sei. An "Fremdleistungsaufwand" sei für das Streitjahr 2.400 S gebucht gewesen, nachträglich seien noch "Rechnungen von drei fremden Unternehmern" gebracht worden. Erhebungen des Prüfers hätten ergeben, dass alle drei "Unternehmer" nicht auffindbar und nie unter den angegebenen Anschriften gemeldet gewesen seien. Für sechs Arbeitnehmer, welche im Zeitraum zwischen 29. August und 28. Oktober 1990 beschäftigt gewesen seien, sei zwar Lohn von 92.184 S verrechnet, aber nicht ausbezahlt worden.
Der Prüfer kam zum Schluss, dass die Grundaufzeichnungen nicht vollständig seien, weil nicht vorstellbar sei, dass bei einem derartig niedrigen Lohn-/Fremdleistungsaufwand so viel an Erlösen erzielt werden könne. Das Kassabuch sei unrichtig bzw. Bankunterlagen würden fehlen. Der Prüfer sah die vorgelegten Aufzeichnungen als nicht beweiskräftig, zog deren sachliche Richtigkeit in Zweifel und ermittelte die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungsweg. Für die Umsätze aus dem Baugewerbe wurde den bei der Prüfung vorgelegten Rechnungen ein Sicherheitszuschlag von 500 % hinzugeschätzt. Den Prüferfeststellungen entsprechend setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 4. Dezember 1991 die Umsatzsteuervorauszahlungen für Februar bis Dezember 1990 fest.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass das Finanzamt, statt Feststellungen zu treffen, lediglich Behauptungen aufgestellt habe. Der auf Grund der Ausgangsrechnungen "fakturierte" Zeitaufwand für Helferstunden habe im Aufwand keinen Niederschlag gefunden. Dass die Rechnungen über Fremdleistungen von Unternehmern vorgelegt worden seien, welche nicht auffindbar oder unter den angegebenen Anschriften nicht gemeldet seien, sei der Beschwerdeführerin nicht mitgeteilt worden. Die in den Rechnungen ausgewiesenen Arbeitszeiten bezögen sich auf Leistungen eines Dritten als Unternehmer. Aufzeichnungen, welche Arbeitnehmer des leistenden Dritten für die Beschwerdeführerin tätig gewesen seien, lägen nicht vor. Der Sicherheitszuschlag von 500 % lasse unberücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin im Wesentlichen lediglich für zwei Kunden tätig gewesen und der Baubetrieb nur zeitweise betrieben worden sei.
Mit dem Bescheid vom 6. Mai 1994 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin zur Haftung für Kapitalertragsteuer für das Streitjahr heran.
In der dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf die Berufung gegen die Umsatzsteuervorauszahlungsfestsetzung.
Mit dem Bescheid vom 9. Juni 1994 setzte das Finanzamt u.a. die Umsatzsteuer für das Streitjahr fest und wich dabei von der eingereichten Umsatzsteuererklärung der Beschwerdeführerin ab. Die Feststellungen im Zuge der "Umsatzsteuervoranmeldungsprüfung" seien von der Beschwerdeführerin bei Erstellung des Jahresabschlusses nicht berücksichtigt worden. Unter Anlehnung an die Feststellungen dieser Prüfung erfolge eine "Zuschätzung" mit einem Sicherheitszuschlag von 200 % betreffend die Umsätze aus dem Baugewerbe.
In der dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf "die bisher eingebrachten Eingaben".
Im Berufungsverfahren betreffend die Umsatzsteuer stellte die Beschwerdeführerin auf Vorhalt die Geschäftsabwicklung ihres Bauunternehmens derart dar, dass in dem ebenfalls von ihr betriebenen Espresso Kundenaufträge aufgenommen, die zur Ausführung der Aufträge erforderlichen Dienstnehmer angeworben und Subunternehmer, welche ihre Dienste im Espresso angeboten hätten, zur Ausführung der Aufträge herangezogen worden seien. Die ausbezahlten Löhne seien vom Prokuristen, Herrn V., vorfinanziert und erst später an diesen wieder zurückbezahlt worden. Die laufenden Buchungen seien auf einem Verrechnungskonto V. erfolgt. Nach Einstellung ihrer Tätigkeit habe die Beschwerdeführerin keinen Kontakt mehr zu den Subunternehmern, deren momentane Geschäftsanschriften seien ihr nicht bekannt. Die Ausführungen des Prüfers seien zu einem Zeitpunkt erfolgt, als noch kein abgeschlossenes Rechenwerk (Bilanz) vorgelegen sei.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und die Umsatzsteuer für 1990 verringert festgesetzt.
In der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führt die belangte Behörde aus, dass der Prokurist der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, dass er die "Subunternehmer", welche an die Beschwerdeführerin Rechnungen ausgestellt hätten, seit Jahren kenne und es sich um Geschäftsfreunde handle. Ob es sich hiebei um Unternehmer oder unselbständige Arbeitnehmer gehandelt habe, sei ihm nicht erinnerlich. Für die finanzielle Abwicklung der Geschäfte mit diesen Personen sei jedoch die Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin zuständig gewesen.
Die belangte Behörde sehe dieses Vorbringen im Widerspruch zur Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin, worin behauptet wurde, dass der Prokurist für die Auszahlung der Löhne zuständig gewesen sei. Der bereits über 80 Jahre alte und offensichtlich nicht mehr ganz über wirtschaftliche und rechtliche Gegebenheiten orientierte Prokurist der Beschwerdeführerin habe auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung, ob ihm bekannt gewesen sei, ob er Arbeitnehmer oder Unternehmer beschäftigt habe, erklärt, er könne keinen Unterschied darin sehen.
Damit im Zusammenhang stehende Erhebungsergebnisse ("Einsicht in die Meldeunterlagen der vermeintlichen Rechnungsleger") führten die belangte Behörde zum Schluss, dass die von diesen nicht auffindbaren Personen ausgestellten Rechnungen nicht den Erfordernissen des § 11 UStG entsprächen. Vielmehr seien die unstrittig durchgeführten Arbeiten durch nicht gemeldete Arbeitskräfte durchgeführt worden. Daher könne der auf diesen Rechnungen angeführte Vorsteuerbetrag von insgesamt 94.170 S nicht anerkannt werden.
Andererseits gehe die belangte Behörde von einem Sicherheitszuschlag in Höhe von 100 % aus, welcher berücksichtige, dass ein Großteil der vorgelegten Rechnungen erst im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegt worden sei, was den Schluss zuließe, dass noch weitere Erlöse nicht erklärt worden seien.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid gab die dort belangte Behörde der Berufung betreffend Kapitalertragsteuer für 1990 teilweise Folge und berücksichtigte im Ergebnis die Herabsetzung des Sicherheitszuschlages bei der Zuschätzung der Umsätze auf 100 % und damit eine Herabsetzung der angenommenen verdeckten Ausschüttung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen beide Bescheide erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Gemäß § 184 Abs. 3 BAO ist u.a. dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Die Beschwerde räumt ein, dass die behördliche Feststellung, die Bauerlöse durch die Beschwerdeführerin seien nicht vollständig aufgezeichnet und die Lohnverrechnung habe grobe Mängel aufgewiesen, "an sich nicht einer gewissen Berechtigung entbehre". Während jedoch zum Prüfungszeitpunkt zugegebenermaßen mangelhafte Grundaufzeichnungen vorgelegen seien, sei der belangten Behörde der Jahresabschluss 1990 zur Verfügung gestanden. Mit diesem Vorbringen kann jedoch der belangten Behörde die Schätzungsbefugnis nicht abgesprochen werden.
Kam die belangte Behörde schließlich zu einem Sicherheitszuschlag von 100 % zu den am Ende der Aufzeichnungsprüfung nachgewiesenen Umsätzen, so kann dies angesichts des Umstandes, dass im Zeitpunkt der Prüfung nur rund ein Sechstel der später erklärten Erlöse gebucht waren und erst auf Vorhalt des Prüfers der Unterschied "nachgebucht" wurde und im Jahresabschluss nur geringfügig höhere Erlöse ausgewiesen wurden, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Wenn die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass der belangten Behörde (der Jahresabschluss 1990 und) die Unterlagen, auf die sie in der Berufung Bezug genommen habe, zur Verfügung gestanden seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass in ihrer Berufung lediglich auf das Rechtsmittelverfahren betreffend den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid verwiesen worden ist, welchem die Prüferfeststellungen zugrunde gelegt worden waren.
Zur Verweigerung einer Anerkennung der Vorsteuern beruft sich die Beschwerdeführerin auf ihren damaligen Prokuristen, welcher im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde über 80 Jahre alt war und wegen seiner offensichtlichen Desorientierung nicht mehr in der Lage gewesen sei, aufzuklären, wieso die Rechnungsleger nicht mehr an der ursprünglichen Anschrift auffindbar gewesen seien. Damit lässt die Beschwerdeführerin aber die behördliche Feststellung unbekämpft, dass die Rechnungsleger, welche die nicht anerkannte Vorsteuer ausgewiesen haben, im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung an den angeführten Anschriften nicht gemeldet waren und im Zeitpunkt der Prüfung nicht auffindbar waren.
Dass die betreffenden Arbeiten durchgeführt wurden, ist unstrittig und wurde von der hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides belangten Behörde dahingehend berücksichtigt, dass sie bei der Ermittlung der zur Kapitalertragsteuerpflicht führenden verdeckten Ausschüttung (§ 8 Abs. 2 KStG 1988) von den zugeschätzten Umsätzen einen mit 50 % geschätzten Lohnaufwand abgezogen hat.
Im Übrigen enthält die Beschwerde keine gesonderten Ausführungen betreffend den zweitangefochtenen Bescheid.
Mit dem allgemeinen Vorwurf, die angefochtenen Bescheide litten an einem Begründungsmangel hinsichtlich der ziffernmäßigen Abgabenfestsetzung, legt die Beschwerdeführerin nicht dar, worin die behauptete Unrichtigkeit der Abgabenbeträge liege.
Da die Beschwerde somit eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht aufzuzeigen vermochte, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 16. Mai 2002
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