Normen
AngG §27 Z1;
AngG §27 Z4;
AVG §56;
AVG §8;
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §14;
BEinstG §2;
BEinstG §3;
BEinstG §8 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
KOVG 1957 §7 Abs2;
KOVG RichtsatzV 1965;
EMRK Art6 Abs1;
VwRallg;
AngG §27 Z1;
AngG §27 Z4;
AVG §56;
AVG §8;
BEinstG §14 Abs2;
BEinstG §14;
BEinstG §2;
BEinstG §3;
BEinstG §8 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
KOVG 1957 §7 Abs2;
KOVG RichtsatzV 1965;
EMRK Art6 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 949,42 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen
Begründung
Der am 6. November 1947 geborene Mitbeteiligte gehört nach dem Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. November 1993 ab 14. Oktober 1993 gemäß § 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) zum Kreis der begünstigten Behinderten. Der Grad seiner Behinderung wurde mit 50 v.H. festgestellt.
Mit Anbringen vom 24. November 1993 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland die nachträgliche Zustimmung zu der am 5. November 1993 zum 15. Februar 1994 ausgesprochenen Kündigung des Mitbeteiligten. In eventu wurde ein Antrag auf Zustimmung zu einer erst auszusprechenden Kündigung beantragt.
Begründend führte die beschwerdeführende Gesellschaft aus, sie sei von der Stadt Wien mit der technischen Betriebsführung des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) beauftragt worden. Sie habe auftretende technische Mängel rasch zu beheben und Störmeldungen weiterzuleiten. Der Mitbeteiligte sei bei der Beschwerdeführerin als Optiker tätig gewesen. Er habe in technischer Hinsicht so gearbeitet, dass daran nichts auszusetzen gewesen sei. Seine administrative Nachbearbeitung sei allerdings mangelhaft erfolgt. Es werde ihm zwar nicht vorgeworfen, Leistungen vorgetäuscht zu haben, es gebe aber zeitliche Nichtübereinstimmungen zwischen den einzelnen Dokumentationsformen seiner Tätigkeit. Dabei habe der Mitbeteiligte systematisch die Weisungen des Dienstgebers missachtet. Er habe trotz wiederholter Verwarnungen mündlicher und schriftlicher Natur Aufforderungen, die administrative Nachbearbeitung von Störfällen rechtzeitig vorzunehmen, beharrlich verweigert. So habe er im Zeitraum März bis August 1993 insgesamt 156 Arbeitsberichte nicht weitergeleitet. Ferner habe es Differenzen zwischen den abgegebenen Arbeitsberichten und den wöchentlichen Leistungsberichten gegeben. Weiters habe er selbst Ersatzteile eingekauft, obwohl ihm durch mündliche Weisung nahegelegt worden sei, solche Einkäufe durch den dazu beauftragten Hol- und Bringdienst durchführen zu lassen. Er sei seit seiner Kündigung dienstfrei gestellt; sein Posten sei nachbesetzt worden.
Der Mitbeteiligte sprach sich gegen die Kündigung aus und brachte im Wesentlichen vor, seine Tätigkeit stets sorgfältig verrichtet zu haben. Er habe mitunter Arbeitsberichte liegen gelassen, weil zu allen administrativen Nachbearbeitungen noch aufwendige Ersatzteilabbuchungen hätten durchgeführt werden müssen. Im Bereich der Optik sei bei Einkäufen mitunter die Anwesenheit des Fachtechnikers notwendig. Die von ihm durchgeführten Einkaufsfahrten seien zumeist auch telefonisch avisiert worden. In persönlicher Hinsicht führte er aus, er sei geschieden und habe für eine 19-jährige Tochter, die die Krankenpflegeschule besuche, zu sorgen.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1994 versagte der beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland errichtete Behindertenausschuss die nachträgliche Zustimmung zu der am 5. November 1993 zum 15. Februar 1994 ausgesprochenen Kündigung und erteilte auch keine Zustimmung zu einer künftig auszusprechenden Kündigung.
Nach der Begründung sei die beschwerdeführende Gesellschaft im Bereich der technischen Betriebsführung des AKH tätig. Sie beschäftige etwa 800 Dienstnehmer; im Bereich der Medizintechnik, zu der der Mitbeteiligte gehöre, 35 Dienstnehmer. Der Mitbeteiligte sei der einzige Optiker gewesen. Zu seinen Aufgaben habe es gehört, den Bereich "Mikroskopie" durch Reparaturarbeiten, Wartung und Service abzudecken. Er habe im technischen Bereich zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten und Auftraggeber gearbeitet. Neben seinen technischen Arbeiten habe er noch folgende administrative Nachbearbeitungen vorzunehmen gehabt: Die Erstattung von Arbeitsberichten, durch welche der "Lebenslauf" der reparierten Geräte ermittelt werde; wöchentliche Tätigkeitsberichte, anhand derer der Abteilungsleiter die Auslastung seiner Mitarbeiter prüfe; ferner monatliche Leistungsscheine und Ersatzteilabbuchungen. Grundlage für die Abrechnung der beschwerdeführenden Gesellschaft mit dem Auftraggeber (Gemeinde Wien) seien die monatlichen Leistungsscheine in Verbindung mit den Stempelkarten der Bediensteten gewesen, auf denen deren Arbeitszeiten dokumentiert seien. Die administrative Nachbearbeitung sei vom Mitbeteiligten mangelhaft erledigt worden. Die Nachbearbeitung sei zeitlich in Verzug gewesen, ferner habe es zwischen Arbeitsberichten, Tätigkeitsberichten und Stempelkarten mangelhafte Übereinstimmung gegeben. So habe die Nichtübereinstimmung des Zeitpunktes der verrichteten Tätigkeiten beim Mitbeteiligten 64 % betragen. Bei anderen Arbeitnehmern habe es dagegen eine Übereinstimmung von 90 % gegeben. Durch diese mangelhafte Administration sei der beschwerdeführenden Gesellschaft allerdings kein materieller Schaden entstanden. Der Mitbeteiligte sei wegen der nicht rechtzeitigen Abgabe diverser Berichte von seinen Vorgesetzten mündlich ermahnt worden; am 3. April 1992 sei eine schriftliche Ermahnung erfolgt. Die nächste disziplinäre Maßnahme sei die am 5. November 1993 ausgesprochene Kündigung gewesen. Der Mitbeteiligte habe auch öfter Einkaufsfahrten zur Beschaffung von Ersatzteilen unternommen "als andere Instandhalter". Da er der einzige Optiker gewesen sei, hätten mit anderen Arbeitnehmern keine Vergleiche angestellt werden können. Es existiere auch keine schriftliche Weisung, Einkaufsfahrten zu unterlassen. Es sei betriebsüblich gewesen, Einkaufsfahrten mündlich zu avisieren und nachträglich schriftlich genehmigen zu lassen. Für benötigte Ersatzteilbeschaffungen existiere allerdings ein Hol- und Bringdienst, sodass ein Techniker nur in Ausnahmefällen Ersatzteilbeschaffungen selbst durchführen müsse.
Nach Auffassung der Behörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer als Techniker eine zufriedenstellende Leistung erbracht. Er befinde sich in einem Lebensalter, in dem er als Arbeitsloser keine reale Vermittlungschance habe, sodass er bei Verlust seines Arbeitsplatzes in seiner sozialen Existenz gefährdet sei. Er habe zuletzt monatlich ca. S 23.000,-- verdient. An Fixkosten für die Wohnung fielen etwa S 3.000,-- pro Monat an, ferner seien noch die nächsten acht Jahre Kreditraten von S 4.000,-
- monatlich zu zahlen. Obwohl der Mitbeteiligte die administrative Nachbearbeitung nicht unbeträchtlich vernachlässigt habe, müsse berücksichtigt werden, dass er nur einmal nachweislich schriftlich ermahnt worden sei. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass der beschwerdeführenden Gesellschaft kein realer Schaden entstanden sei. Das Bestandsinteresse des Mitbeteiligten am Dienstverhältnis überwiege daher das Auflösungsinteresse der beschwerdeführenden Gesellschaft.
Der dagegen erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.
Nach der Begründung habe die belangte Behörde die von der beschwerdeführenden Gesellschaft beantragten Zeugen (drei namentlich genannte Dienstnehmer) vernommen sowie das Gutachten eines Sachverständigen für Berufskunde eingeholt. Danach stehe folgender Sachverhalt fest:
Der Mitbeteiligte habe als Medizintechniker im Wesentlichen im Bereich der "Mikroskopie" und "Geräte für Augenheilkunde" überwiegend selbstständig akute Störfälle zu beheben gehabt. Dabei seien sehr unterschiedliche Geräte zu reparieren bzw. zu warten gewesen. Die Entscheidungsbefugnis, ob ein Gerät noch wirtschaftlich zu reparieren gewesen sei, sei zunächst beim Mitbeteiligten gelegen, später aber immer mehr zu den Vorgesetzten verlagert worden. Aus Kostengründen hätte das Ersatzteillager klein gehalten werden sollen. Notwendige Ersatzteile hätten daher angeschafft werden müssen. Dass dem Mitbeteiligten der selbstständige Einkauf der Ersatzteile durch seine Vorgesetzten untersagt gewesen sei, habe nicht festgestellt werden können. Auch der nach der Dienstfreistellung des Mitbeteiligten neu eingestellte Optiker habe am Beginn seiner Tätigkeit die Ersatzteile selbst besorgt. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe die Entscheidungsbefugnis der Medizintechniker nach und nach eingeschränkt und gleichzeitig die Führung von Aufzeichnungen eingeführt, mit welchen die ökonomische Lebensdauer der Geräte kontrolliert und die Personalauslastung habe überprüft werden sollen. Es habe Berichte gegeben, die sich auf die einzelnen Geräte bezogen hätten. Der Mitbeteiligte habe wöchentlich Tätigkeitsberichte und eine Lagerkartei zu führen gehabt, ferner monatliche Leistungsscheine. Die einzelnen Berichte hätten dabei "zusammenpassen" müssen, was dazu geführt habe, dass die administrative Tätigkeit etwa 30 % der Arbeitszeit des Mitbeteiligten ausgemacht habe. Dabei sei es schwierig gewesen, eine zeitliche Beziehung zwischen den einzelnen Tätigkeiten nachweislich herzustellen. Die Medizintechniker arbeiteten oft nicht nur an einem einzigen Gerät, sondern würden auch von Ärzten und vom Fachpersonal auf andere Geräte angesprochen. Sie seien daher sehr häufig mit technischen Problemen der Reparatur mehrerer Geräte beschäftigt. Es falle daher manchmal schwer, im Nachhinein zuzuordnen, welche Arbeitszeit welchen konkreten Geräten bzw. Störfällen gewidmet worden sei. Das habe beim Mitbeteiligten dazu geführt, dass er schriftliche Aufzeichnungen teilweise aus dem Gedächtnis habe reproduzieren müssen, weil er die Dauer der einzelnen Gespräche bezüglich verschiedener Geräte nicht gleichzeitig habe aufzeichnen können. Dadurch sei es zu Willkürlichkeiten und Unrichtigkeiten gekommen. Gerade für einen technischen Angestellten, der sich in erster Linie um die Reparatur der Geräte gekümmert und eine körperliche Behinderung zu verkraften habe, könne die Notwendigkeit besonders genauer Aufzeichnungen eine psychische Belastung darstellen. Dies sei beim Mitbeteiligten der Fall gewesen, da er einerseits den Wünschen der Primarien nach Reparatur zu entsprechen gehabt und andererseits daran habe denken müssen, dass seine Arbeits- und Reparaturscheine zeitgerecht genau und übereinstimmend ausgefüllt werden müssten. Eine so genaue administrative Tätigkeit, wie sie die beschwerdeführende Gesellschaft verlange, sei in der Branche eines Medizintechnikers unüblich. Man könne deshalb sagen, dass die Aufzeichnungspflicht für die beschwerdeführende Gesellschaft arbeitsplatzspezifisch sei.
Bei der Tätigkeit eines Medizintechnikers handle es sich nach dem Gutachten des Sachverständigen für Berufskunde um leichte und mittelschwere Tätigkeiten. Der Mitbeteiligte könne diese Tätigkeit weiter ausüben. Mit Rücksicht auf seine Behinderung und das Lebensalter sei anzunehmen, dass er, der sich als Medizintechniker auf optische Geräte spezialisiert habe, keine entsprechende Vermittlungschance auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorfinde. Wenn er überhaupt vermittelt werden könne, so vermutlich nur als Optiker. Dabei würde er höchstens mit einem Gehalt von etwa S 22.000,-- eingestuft werden. Eine reale Vermittlungschance bestehe aber auch zu diesem Gehaltsniveau nicht, weil es jüngere und billigere Fachkräfte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe. Dass der Mitbeteiligte verhältnismäßig viele Einkaufsfahrten selbst durchgeführt habe, habe seinen Grund darin, dass er die Geräte möglichst rasch habe reparieren und instandsetzen wollen, um das in ihn gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Ferner änderten sich Ersatzteile für optische Geräte oft, weshalb ein Bote, der um einen Ersatzteil geschickt werde, oft nicht selbst entscheiden könne, welchen Ersatzteil er für eine bestimmte Reparatur kaufen solle. Der Mitbeteiligte weise eine große technische Geschicklichkeit auf. Er habe mit technischen und optischen Geräten aus verschiedenen Erzeugungsjahren gearbeitet und sich bei der Reparatur immer wieder auf technische Probleme einstellen müssen. Es sei daher anzunehmen, dass er trotz seiner Dienstfreistellung bei einem Wiederantritt seines Dienstes die zwischenzeitig erfolgten technischen Neuerungen erfolgreich meistern werde und daher wieder eine volle Arbeitskraft im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft sein werde.
Die beschwerdeführenden Gesellschaft habe die Auffassung vertreten, das Vertrauensverhältnis zum Mitbeteiligten sei durch dessen Verhalten so schwer erschüttert worden, dass dies einen Kündigungsgrund darstelle. Sie behaupte somit, dass eigentlich der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit gegeben sei.
Damit ein Verhalten als Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z. 1 des Angestelltengesetzes zu bewerten sei, müsse es allerdings so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden könne (Arb. 6162). Für die Beurteilung des Verhaltens des Arbeitnehmers sei nicht das subjektive Empfinden des Arbeitgebers maßgebend. Der Verlust des Vertrauens müsse auf einem Verhalten beruhen, das nach den Begleitumständen des Einzelfalles und nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise - also objektiv betrachtet - eine Entlassung rechtfertige (Arb. 6360, 7909, 9073, 9112, u.a.m). Das Erfordernis der objektiven Beurteilung schließe nicht aus, dass in bestimmten Fällen persönliche Momente, wie z.B. eine jahrzehntelange anstandslose Dienstleistung und erworbene Verdienste, den Vorwurf der Vertrauensunwürdigkeit entkräften könnten (Arb. 8227, 8314). Zwar sei grundsätzlich nur der letzte zur Entlassung führende Vorfall zu berücksichtigen. Bei Würdigung der zur Begründung der Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit herangezogenen Tatsachen müsse aber auf das gesamte Verhalten des Arbeitnehmers, insbesondere auch auf eine langjährige tadellose Dienstleistung, Rücksicht genommen werde. Betrachte man das Gesamtverhalten des Mitbeteiligten während seiner Tätigkeit bei der beschwerdeführenden Gesellschaft (und ihrem Vorgängerunternehmen), so zeige sich, dass er seiner eigentlichen Arbeitsaufgabe als Medizintechniker und Optiker mit Einsatz und Umsicht nachgekommen sei. In diesem Zusammenhang sei auf das Dankschreiben eines namentlich genannten Universitätsprofessors zu verweisen, in dem der oftmalige und prompte Reparatureinsatz hervorgehoben worden sei. Die verspätete und unzureichende Erledigung der administrativen Aufgaben trotz Ermahnung durch die beschwerdeführende Gesellschaft falle daher nicht so stark ins Gewicht. Die belangte Behörde sehe die Weiterbeschäftigung des Mitbeteiligten daher als zumutbar an. Da die Interessenabwägung nicht einmal für eine auszusprechende Kündigung spreche, liege auch kein besonderer Ausnahmefall vor, der die nachträgliche Zustimmung zur bereits ausgesprochenen Kündigung rechtfertigten könne. Die belangte Behörde trete daher der von der Behörde erster Instanz "richtig durchgeführten Interessenabwägung" bei.
Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Gesellschaft zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluss vom 23. September 1996, B 3903/95, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in der dem Inhalt nach die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Kündigung eines begünstigten Behinderten (§ 2) darf von einem Dienstgeber gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuss (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates oder der Personalvertretung im Sinne des Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw. der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Entscheidung darüber, ob die Zustimmung zur Kündigung eines Behinderten erteilt werden soll, im Ermessen der Behörde. Bei dieser Ermessensentscheidung ist es Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung eines Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann (vgl. z.B. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 14. Dezember 1999, Zl. 99/11/0246).
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die beschwerdeführende Gesellschaft zunächst, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Mitbeteiligten auseinandergesetzt. Dies wäre erforderlich gewesen, zumal der Sachverständige für Berufskunde bloß von einer 30 %igen Erwerbsminderung (richtig: arbeitsspezifischen Minderleistungsfähigkeit) ausgegangen sei. Die Annahme einer Bindung an den Ausspruch über den Grad der Behinderung im Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. November 1993 stelle im Übrigen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der beschwerdeführenden Gesellschaft dar.
Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, dass die Rechtsprechung im Anschluss an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1988, VfSlg. 11.934 den Ausschluss des Arbeitgebers von der Parteistellung im Verfahren auf Zuerkennung der Behinderteneigenschaft als sachlich gerechtfertigt angesehen hat. Die Aufnahme in den Kreis der begünstigen Behinderten erfolgt aus dem Blickwinkel der öffentlichen Interessen, vor allem unter Berücksichtigung der persönlichen Betroffenheit, sohin der persönlichen Interessen des Behinderten, sodass in diesem Verfahren privatrechtliche Interessen des Arbeitgebers nicht gestaltet werden und daher über "civil rights" nicht zu entscheiden ist. Der Feststellungsbescheid im Sinne des § 14 Abs. 2 BEinstG entfaltet trotz mangelnder Parteistellung des Arbeitgebers volle Tatbestandswirkung auch gegenüber diesem (vgl. z.B. Arb. 11.756 mit weiteren Hinweisen).
Im Hinblick auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 1996, B 3903/95, mit dem die Behandlung der Beschwerde abgelehnt worden ist, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst, eine "Überprüfung der Verfassungskonformität" der einschlägigen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, wie es die beschwerdeführende Gesellschaft anregt.
Was den behaupteten Widerspruch zwischen der Einschätzung des Grades der Behinderung des Mitbeteiligten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz und der vom Sachverständigen für Berufskunde festgestellten Minderleistungsfähigkeit anlangt, ist zu erwidern, dass die Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz nach medizinischen Gesichtspunkten auf der Grundlage der zu § 7 Abs. 2 des Kriegsopferversorgungsgesetzes erlassenen Richtsatzverordnung erfolgt. Von diesem Grad der Behinderung ist die arbeitsspezifische Minderleistungsfähigkeit des Mitbeteiligten im Hinblick auf seine konkrete Tätigkeit zu unterscheiden, die vom Sachverständigen mit 30 % beurteilt worden ist.
In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, die Interessen der beschwerdeführenden Gesellschaft an der Beendigung des Dienstverhältnisses seien höher zu bewerten als die des Mitbeteiligten am weiteren Bestand des Arbeitsverhältnisses. Auf Grund der beharrlich mangelhaft durchgeführten Dokumentationen des Mitbeteiligten hätte für die beschwerdeführende Gesellschaft das Risiko bestanden, im Falle einer diesbezüglichen Kontrolle seitens der Gemeinde Wien des Vertrauens in die Ordnungsgemäßheit der Aufzeichnungen und Abrechnungen verlustig zu gehen. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe daher nur die Möglichkeit gehabt, entweder einen gravierenden Konflikt mit ihrer Auftraggeberin im Falle entdeckter Fehldokumentationen zu riskieren oder sich vom betreffenden Arbeitnehmer zu trennen. Auf den tatsächlichen Eintritt eines materiellen Schadens komme es nicht an.
Schon der letztgenannte Gesichtspunkt führt die Beschwerde zum Erfolg:
Die belangte Behörde ist nach ergänzenden Feststellungen ausdrücklich der Interessenabwägung der Behörde erster Instanz beigetreten. Die Behörde erster Instanz hat jedoch zu Gunsten des Mitbeteiligten in ihre Erwägungen einbezogen, dass der Beschwerdeführerin durch dessen mangelhafte administrative Nachbearbeitungen kein Schaden entstanden sei. Ob der Arbeitgeber durch das Vorgehen des Arbeitnehmers Schaden erlitten hat, ist für die Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit allerdings ohne Bedeutung (vgl. etwa OGH vom 22. November 1989, 9 Ob A 273/89). Da das Vorliegen eines materiellen Schadens nicht Tatbestandsmerkmal der Vertrauensunwürdigkeit ist, kann das Fehlen dieses Merkmales das Gewicht nicht zu Gunsten des Mitbeteiligten verschieben. Bereits die Einbeziehung dieses Gesichtspunktes in die Ermessensübung belastete daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde auch zu berücksichtigen haben, dass der Mitbeteiligte nach ihren Feststellungen trotz mündlicher und schriftlicher Ermahnungen Weisungen des Dienstgebers missachtet hat. Dies entspricht im Wesentlichen jenem Sachverhalt, den der OGH erst jüngst in einer Entscheidung behandelt hat: Danach stellt die Nichtbefolgung einer durch den Gegenstand der Arbeitsleistung gerechtfertigten Anordnung des Arbeitgebers eine Vernachlässigung der Pflichten dar. Der Entlassungsgrund der beharrlichen Pflichtvernachlässigung setzt dabei allerdings in der Regel eine Ermahnung des Arbeitnehmers voraus (vgl. OGH vom 22. Februar 2001, 8 Ob A 17/01k = Wirtschaftsrechtliche Blätter 2002, Seite 34f). Diesbezügliche Feststellungen wird die belangte Behörde nachzuholen haben, da sie das Begehren der beschwerdeführenden Gesellschaft bisher rechtsirrig nur unter dem Gesichtspunkt der Vertrauensunwürdigkeit untersucht hat, nicht aber auch unter dem der beharrlichen Pflichtverletzung, der der Sache nach geltend gemacht worden ist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 des Eurogesetzes, BGBl. I Nr. 72/2000. Neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand konnte ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden.
Wien, am 30. Jänner 2002
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