Normen
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §7;
VwRallg;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §7;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Marokkos, verfügte über Aufenthaltserlaubnisse für den Aufenthaltszweck "Künstler", gültig vom 1. März 2000 bis zum 1. Juni 2000 bzw. vom 19. Juni 2000 bis zum 30. November 2000.
Am 8. November 2000 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der selbstständigen Erwerbstätigkeit als Zeitungskolporteur.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg (ermächtigt durch die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 4. Dezember 1997 über die Ermächtigung der Bezirksverwaltungsbehörden zur Erteilung von Bewilligungen nach dem FrG 1997) vom 2. April 2001 wurde dieser Antrag nach § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) "zurückgewiesen". Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 FrG 1997 abgewiesen. Die belangte Behörde stellte als entscheidungswesentlichen Sachverhalt die Erteilung der beiden genannten Aufenthaltserlaubnisse für den Beschwerdeführer fest und führte aus, ein Recht zur Niederlassung im Bundesgebiet sei mit den Aufenthaltserlaubnissen als Künstler nicht verbunden gewesen. Der Beschwerdeführer sei daher nicht zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen. Der Aufenthalt sei durch Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht im Inland verlängerbar. Es handle sich daher bei dem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht um einen solchen auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung, sondern auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung, welcher gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus hätte gestellt werden müssen. Auf Grund der Aktenlage stehe eindeutig fest, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe und sich nach wie vor hier aufhalte. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 hätte der Beschwerdeführer den Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen, weil er keine für die Inlandsantragstellung genannten Voraussetzung erfüllt habe. Seine Vorgangsweise widerspreche auch dem im § 14 Abs. 2 FrG 1997 zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dass Fremde die Entscheidung über ihren Antrag vom Ausland aus abzuwarten hätten. Der Antrag sei daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 abzuweisen gewesen. Darüber hinaus könne davon ausgegangen werden, dass - aus näher dargestellten Gründen - ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 MRK, entbehrlich gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 7. (1) Die Aufenthaltstitel werden als
- 1. Aufenthaltserlaubnis oder
- 2.
Niederlassungsbewilligung
erteilt.
(2) Aufenthaltstitel berechtigten zum Aufenthalt für einen bestimmten Zweck oder zum dauernden Aufenthalt sowie zu den mit diesen Aufenthalten verbundenen Einreisen.
....
§ 14. ...
(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden können (§ 13 Abs. 3). ..."
Der besondere Teil der Erläuterungen der Regierungsvorlage zum FrG 1997 (685 Blg. Nr. 20. GP) lautet auszugsweise:
"Zu § 7:
§ 7 regelt die Aufenthaltstitel; diese werden entweder als Aufenthaltserlaubnis oder als Niederlassungsbewilligung erteilt. Die Unterscheidung der Aufenthaltstitel in Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungsbewilligung ergibt sich aus dem Grundkonzept, auf dem der Entwurf basiert: Fremde, die sich auf Dauer in Österreich niederlassen, unterliegen der Niederlassungsbewilligungspflicht; Fremde, die sich nur vorübergehend in Österreich niederlassen (zB. Schüler; Studenten; Leitende Angestellt internationaler Konzerne, deren Dienstvertrag Rotationen im Hinblick auf ihren Dienstort vorsieht), oder sich hier ständig aufhalten, ohne sich niederzulassen (zB. Grenzgänger oder Tagespendler) benötigen zu ihrem Aufenthalt in Ö eine Aufenthaltserlaubnis. ...
Zu § 14: ...
Abs. 2 enthält den Grundsatz, dass der Antrag zur Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels vom Ausland aus zu stellen ist, und - als Ausnahme - unter welchen Voraussetzungen ein Antrag im Inland gestellt werden kann. Eine Antragstellung im Inland ist demnach dann möglich, wenn es sich um eine weitere Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungsbewilligung handelt oder der Fremde bisher zur seiner Niederlassung keines Aufenthaltstitels bedurfte. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels kann ein Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels nur dann im Inland gestellt werden, wenn der weitere Aufenthaltstitel auch für den zuletzt abgedeckten Aufenthaltszweck hätte erteilt werden können. Ein Student, dessen Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist, kann nicht im Inland einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zur Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit stellen. Sehr wohl aber ist diese Antragstellung während der Gültigkeitsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis möglich, wenn der Aufnahme seiner Erwerbstätigkeit ausländerbeschäftigungsrechtlich keine Hindernisse entgegenstehen. ..."
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer bereits über zwei Aufenthaltstitel, nämlich über Aufenthaltserlaubnisse als "Künstler", verfügte, wobei die Gültigkeitsdauer der zweiten Aufenthaltserlaubnis am 30. November 2000 ablief. Der Beschwerdeführer beantragte am 8. November 2000, somit vor Ablauf der Gültigkeit des ihm zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit.
Die belangte Behörde stellte zutreffend fest, dass es sich bei diesem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht um einen solchen auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung, sondern um einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung handelte. Der Beschwerdeführer verfügte zwar bereits über Aufenthaltstitel, doch berechtigten diese ihn nicht zur dauernden Niederlassung. Strittig ist im gegenständlichen Fall die Frage, ob für eine solche Antragstellung, welche rechtzeitig vor Ablauf des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels erfolgte, die Bestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz erster Halbsatz FrG 1997 zum Tragen kam oder nicht.
Personen, denen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, sind zwar nicht berechtigt, sich auf Dauer niederzulassen, aber jedenfalls - dies ergibt sich auch aus den Erläuterungen zu § 7 FrG 1997 eindeutig - sich (vorübergehend) niederzulassen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war der Beschwerdeführer daher durchaus berechtigt, auf Grundlage der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnisse sich bereits (vorübergehend) im Inland niederzulassen. Dafür, dass er von dieser Berechtigung keinen Gebrauch gemacht hätte, bestehen keine Anhaltspunkte. Der Beschwerdeführer war daher niedergelassen und hat auch über einen Aufenthaltstitel verfügt. Die Voraussetzungen des zweiten Satzes erster Halbsatz des § 14 Abs. 2 FrG 1997 liegen daher vor. Durch die rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels erfolgte Antragstellung kam der zweite Halbsatz des 2. Satzes des § 14 Abs. 2 FrG 1997 im Fall des Beschwerdeführers nicht zum Tragen. Erfüllte der Beschwerdeführer aber die im ersten Halbsatz dieser Bestimmung genannten Erfordernisse, so konnte er den Antrag auf erstmalige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zulässigerweise vom Inland aus stellen. Die Abweisung des Antrages, die allein auf diesen Grund gestützt war, erfolgte daher nicht zu Recht.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Bezugnahme der belangten Behörde in der Gegenschrift auf das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2001, Zl. 2001/19/0004. In der Gegenschrift wird darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof damals ausgesprochen habe, ein Anschluss an die Aufenthaltserlaubnis durch Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung sei nach § 23 Abs. 1 FrG 1997 nicht möglich. Diese Aussage ist im vorliegenden Fall, in dem es um die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung geht, nicht weiter von Relevanz. Im dortigen Fall sprach der Verwaltungsgerichtshof weiters aus, ein im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für den Zweck des Studiums befindlicher Student sei nicht "auf Dauer niedergelassen"; auf dieses Kriterium, das für den Beschwerdeführer gleichermaßen zutrifft, stellt § 14 Abs. 2 FrG 1997 aber nicht ab, wenn er von "niedergelassenen" Fremden spricht. Wie aus dem zitierten hg. Erkenntnis weiters hervorgeht, war im dortigen Fall eine Inlandsantragstellung (zur Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung) nur deshalb nicht zulässig, weil der Fremde seinen Antrag erst nach Ablauf der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis, somit verspätet, gestellt hatte. Gerade darin unterscheidet sich der damals entschiedene Fall von dem hier vorliegenden.
Wie auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum FrG 1997, auf welche der Beschwerdeführer zutreffend verweist, eindeutig hervorgeht, ist im Falle einer rechtzeitigen Antragstellung vor Ablauf des zuletzt erteilten, zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigenden Aufenthaltstitels von der Zulässigkeit einer Inlandsantragstellung auszugehen.
Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. November 2001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)