VwGH 2001/18/0158

VwGH2001/18/015818.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des AM, (geboren am 10. April 1974), in H, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG, 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 17. Juli 2001, Zl. Fr-91/2/01, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1.Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 17. Juli 2001 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 und § 37 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung im Wesentlichen vorgebracht, ein junger Mann aus dem Kosovo zu sein. Aufgrund der vom Regime Milosevic zu verantwortenden Massenverfolgung der Kosovo-Albaner hätte er gemeinsam mit seinen Familienangehörigen sein Dorf verlassen müssen und sich schließlich als besonders gefährdeter junger Mann zur Flucht nach Mitteleuropa entschlossen. Die Liegenschaft und der Besitz seiner Familie wären in der Folge fast zur Gänze zerstört worden, sodass er in seiner Heimat keine Lebensgrundlage mehr vorfinden würde. Er hätte sich mittlerweile in Österreich eine Existenzgrundlage aufbauen können und würde über eine befristete Beschäftigungsbewilligung verfügen. Seit Mai 2000 wäre er in einem näher bezeichneten Hotel als Wäschearbeiter beschäftigt. Mit seinem Einkommen würde er auch die Existenzgrundlage seiner Familie in seiner Heimat sichern. Seine Ausweisung wäre gemäß § 37 FrG unzulässig, zumal er sich seit 11. Oktober 1998 in Österreich aufhielte, über eine bis 31. Oktober 2001 befristete Beschäftigungsbewilligung verfügte und sich im Bundesgebiet nichts hätte zu Schulden kommen lassen. Sein Lebensmittelpunkt wäre seit nunmehr zweieinhalb Jahren in Österreich. Sein Bruder wäre seit zwölf Jahren hier aufhältig. Seine Ausweisung wäre auch nicht zur Erreichung der in Art. 8 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Die Behörde müsste daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens von der Ausweisung Abstand nehmen.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Beschwerdeführer am 11. Oktober 1998 nach Österreich eingereist sei und am 12. Oktober 1998 einen Asylantrag gestellt habe, der mittlerweile mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. April 2000 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG abgewiesen worden sei. Gleichzeitig sei von dieser Behörde gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG festgestellt worden, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die autonome Provinz Kosovo der Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei.

Da der Beschwerdeführer über keinen gültigen Reisepass bzw. keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfüge und der Sichtvermerkspflicht unterliege, halte er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG sei mangels besonders berücksichtigungswürdiger Gründe seitens des Bundesministers für Inneres nicht zugestimmt worden. Es bestehe daher keine Möglichkeit, seinen Aufenthalt in Österreich ohne vorherige Ausreise und Auslandsantragstellung zu legalisieren.

Bei Ausübung des der Behörde eingeräumten Ermessens gelange diese zur Ansicht, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung - hier im Interesse eines geordneten Fremdenwesens - unumgänglich sei. Zwar werde im Hinblick auf seinen mehr als zweieinhalbjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, seine berufliche Integration (seine Beschäftigungsbewilligung sei bis 31. Oktober 2001 verlängert worden) und den Umstand, dass sein Bruder bereits langjährig in Österreich niedergelassen sei, mit der Ausweisung erheblich in sein Privat- und Familienleben eingegriffen, bei Würdigung des Gesamtsachverhaltes sei die Ausweisung jedoch zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich der Aufrechterhaltung bzw. der Gewährleistung eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten und daher im Sinn des § 37 FrG auch zulässig. Zum Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er mit seinem in Österreich erzielten Einkommen seine Familie im Kosovo unterstützte und mit seiner Ausweisung auch deren Existenzgrundlage wegfallen würde, werde ausgeführt, dass die Schutzbestimmung des § 37 FrG auf das Familienleben außerhalb Österreichs keine Anwendung finde und dieses Vorbringen daher nicht geeignet gewesen sei, seine privaten und familiären Interessen zu stärken.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit "aus einem der Gründe des § 42 Abs. 2 VwGG" aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde gesteht zu, dass der vom Beschwerdeführer am 12. Oktober 1998 gestellte Asylantrag im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. April 2000 rechtskräftig abgewiesen worden ist, und bestreitet auch nicht, dass der Beschwerdeführer über keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfügt. Auf dem Boden dieses Sachverhaltes hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG verwirklicht sei, keine Bedenken.

2. Die Beschwerde macht indes geltend, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele nicht dringend geboten sei und die belangte Behörde zu seinen Gunsten Ermessen hätte üben müssen. So habe er sich wegen der Massenverfolgung der Kosovo-Albaner im Kosovo im Oktober 1998 zur Flucht entschlossen und könnte er derzeit dort keine Lebensgrundlage vorfinden. Er habe sich in Österreich eine Existenzgrundlage aufbauen können, arbeite seit 25. Mai 2000 als Wäschereiarbeiter in einem Hotel, und es sei für ihn eine bis 31. Oktober 2001 befristete Beschäftigungsbewilligung erteilt worden. Ferner sei ihm am 1. Juni 2001 eine bis 31. Mai 2003 befristete Arbeitserlaubnis erteilt worden. Ohne seine finanziellen Zuwendungen und die seines bereits seit zwölf Jahren in Österreich arbeitenden Bruders könnten seine Familienangehörigen im Kosovo nicht das Auslangen finden.

3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

3.1. Die belangte Behörde hat in Anbetracht der Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers seit 11. Oktober 1998, seiner erlaubten Beschäftigung und der daraus ableitbaren Integration zutreffend einen relevanten Eingriff im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht jedoch sein jedenfalls seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages (Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. April 2000) - diesbezüglich bringt die Beschwerde vor, dass die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit hg. Beschluss vom 7. Juni 2000 abgelehnt worden sei - unrechtmäßiger Aufenthalt in der Dauer von länger als einem Jahr gegenüber. Wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Beschwerdeführer durch diesen im Verhältnis zur Gesamtdauer seines Aufenthaltes in Österreich langen unrechtmäßigen Aufenthalt das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften erheblich beeinträchtigt habe und demgegenüber seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich in den Hintergrund träten, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Entgegen der Beschwerdeansicht bewirkt der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer zumindest seit über einem Jahr ohne die erforderliche Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhält, eine maßgebliche Störung der öffentlichen Ordnung und kommt den besagten, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 3. Dezember 1998, Zl. 98/18/0252, und vom 16. Jänner 2001, Zl. 2000/18/0251, mwN). Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, dass er im Kosovo aufgrund der dort bestehenden wirtschaftlichen Situation keine Existenzgrundlage finden würde und seine dort lebenden Familienangehörigen auf seine Zuwendungen angewiesen seien, so ist ihm zu erwidern, dass diese Umstände vom Schutzbereich des § 37 FrG nicht umfasst sind. Ferner wird mit einer Ausweisung nicht angeordnet, dass der Fremde in einen bestimmten Staat auszureisen hat oder dass er (allenfalls) abgeschoben wird.

3.2. Wenn die Beschwerde schließlich darauf hinweist, dass die belangte Behörde angesichts der beruflichen Lage des Beschwerdeführers, der wirtschaftlichen Situation seiner Familienangehörigen und der Lage im Kosovo zu seinen Gunsten Ermessen hätte üben müssen, so macht sie - über die schon im Rahmen der Prüfung nach § 37 Abs. 1 FrG dargestellten Umstände hinaus - nichts geltend, was gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers spräche, und treten weder aus dem angefochtenen Bescheid noch dem übrigen Beschwerdeinhalt Aspekte hervor, die eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zugunsten des Beschwerdeführers geboten hätte. Dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen wäre, kann der Verwaltungsgerichtshof somit nicht erkennen. Von daher ist auch der Beschwerdevorwurf der mangelhaften Bescheidbegründung in Bezug auf die Ermessensübung nicht zielführend.

4. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. September 2001

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