VwGH 2001/16/0018

VwGH2001/16/001815.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S Aktiengesellschaft & Co KG in W, vertreten durch Dr. Karin Wessely, Rechtsanwältin in Wien I, Rotenturmstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 10. November 1999, GZ RV270/1-9/1999, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33;
61990CJ0347 Aldo Bozzi VORAB;
61991CJ0208 Raymond Beaulande VORAB;
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §3 Z2;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4;
GrEStG 1987 §5;
GrEStG 1987;
UStG 1994;
VwRallg;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33;
61990CJ0347 Aldo Bozzi VORAB;
61991CJ0208 Raymond Beaulande VORAB;
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §3 Z2;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4;
GrEStG 1987 §5;
GrEStG 1987;
UStG 1994;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich übereinstimmend, dass die Beschwerdeführerin mit einem Kaufvertrag vom 7. Juli 1998 eine Liegenschaft um den Kaufpreis von S 90,000.000,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer erworben hat. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz schrieb für diesen Vorgang Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage vor, in die der Umsatzsteuerbetrag einbezogen wurde.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als unbegründet abgewiesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. November 2000, B 24/00, abgelehnt. In der Begründung dieses Beschlusses verwies der Verfassungsgerichtshof insbesondere auf die unterschiedliche Stellung von Unternehmern und privaten Verkäufern sowie den Umstand, dass die Höhe der Bemessungsgrundlage immer vom Kalkül des auf das Einverständnis des Erwerbers angewiesenen Verkäufers abhängt und dieser auch im Fall der Umsatzsteuerfreiheit gegebenenfalls die dann ihn belastende Vorsteuer im Kaufpreis berücksichtigen müsste.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof, an den die Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof mit dem vorgenannten Beschluss abgetreten wurde, erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht mit S 90,000.000,-- bestimmt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Zur Gegenleistung gehört demzufolge jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt (vgl Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 5 und 6 zu § 5 GrEStG, und die dort wiedergegebenen zahlreichen hg Erkenntnisse). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass bei Grundstückslieferungen gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind (vgl die bei Fellner, aaO, Rz 6a angeführten zahlreichen hg Erkenntnisse, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 31. August 2000, Zl. 2000/16/0608).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht geeignet, den Verwaltungsgerichtshof zu einem Abgehen von dieser Auffassung zu veranlassen:

Wenn die Beschwerdeführerin die Meinung vertritt, die Belastung ein und desselben Umsatzes mit zwei Verkehrsteuern - Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer - sei unzulässig, so übersieht sie zunächst, dass jeder abgabenrechtliche Tatbestand selbstständig und für sich zu beurteilen ist. Ein und derselbe Rechtsvorgang kann daher grundsätzlich mehreren Abgabenbelastungen unterliegen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes normiert ist. So ist dem Steuerrecht ein Grundsatz, wonach ein Vorgang nur mit einer Verkehrsteuer belastet werden kann, fremd. Eine Doppelbesteuerung ist dabei an sich auch nicht verfassungswidrig (vgl das hg Erkenntnis vom 3. Juni 1993, Zlen 92/16/0010, 92/16/0036 m.w.H.). Aus dem von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Umstand, dass (der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegende) Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen von der Grunderwerbsteuer befreit sind, kann keinesfalls ein allgemeiner Grundsatz abgeleitet werden, dass eine "Doppelbesteuerung" zu vermeiden sei.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, mit der Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer werde gegen Artikel 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 verstoßen. Die Besteuerung sowohl mit Umsatzsteuer als auch mit Grunderwerbsteuer sei nach dieser Richtlinienstelle unzulässig, wenn die möglichen anderen Abgaben den Charakter von Umsatzsteuern besitzen.

Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin zunächst, dass im Artikel 33 6. MWSt-RL ausdrücklich bestimmt

wird, dass ein Mitgliedstaat nicht gehindert wird, . . .

Grunderwerbsteuern, sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen. Im Hinblick darauf, dass die Erhebung von Grunderwerbsteuern neben der Umsatzsteuer nach der ausdrücklichen Richtlinienbestimmung zulässig ist, erweist sich das Beschwerdevorbringen schon von vornherein als unzutreffend. Darüberhinaus steht auch die - nicht näher begründete - Meinung der Beschwerdeführerin, die Grunderwerbsteuer weise im Sinne des angeführten Artikels 33 den Charakter einer Umsatzsteuer auf, nicht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Danach ist der Zweck des Artikels 33, die Einführung von Steuern, Abgaben und Gebühren zu verhindern, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dadurch beeinträchtigen würden, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Auf jeden Fall ist von Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, anzunehmen, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Zu den Merkmalen einer Mehrwertsteuer zählt dabei unter anderem, dass sie ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte gilt, auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebs erhoben wird und sich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, das heißt, es wird die bei einem Geschäft fällige Steuer unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist (vgl insbesondere die Urteile des EuGH vom 7. Mai 1992, Rechtssache C- 347/90 , Aldo Bozzi, und vom 16. Dezember 1992, Rechtssache C- 208/91 , Raymond Beaulande). Aus dieser Rechtsprechung folgt aber, dass unter dem im Artikel 33 der Richtlinie gebrauchten Begriff "Charakter von Umsatzsteuern" nicht jegliche Steuer auf Umsätze des Rechtsverkehrs, sondern allein Steuern in der Art einer Mehrwertsteuer, also einer Nettoallphasenumsatzsteuer, zu verstehen ist. Da die Grunderwerbsteuer lediglich Rechtsvorgänge in Bezug auf unbewegliches Vermögen betrifft, sie somit keine Steuer mit allgemeinem Charakter ist und da sie als Bruttosteuer den vollen Wert der Gegenleistung ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit belastet, weist sie im Gegensatz zur Meinung der Beschwerdeführerin nicht den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Artikels 33 der 6. MWSt-RL auf (vgl auch das hg Erkenntnis vom 31. August 2000, Zl 2000/16/0608).

Da sich somit bereits aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. März 2001

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