VwGH 2001/05/0098

VwGH2001/05/00983.7.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Gemeinde Mannersdorf a.d.R., vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwälte in Wien VIII, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 6. Februar 2001, Zl. 5-G-B255/2-2001, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Datatrak Austria Telematik Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Dominikanerbastei 10), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §1 Abs1;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15 Abs1;
AVG §1;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §1 Abs1;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 11. August 2000 bei der Behörde eingelangten Ansuchen beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Sende- und Empfangsanlage für das Telematik- und Datenfunknetz der Mitbeteiligten mit dazugehörigern Adaptierungsarbeiten auf einem Grundstück in der Gemeinde U. Die Beschwerdeführerin ist u.a. Eigentümerin des an dem zu bebauenden Grundstück vorbeiführenden Grundstückes Nr. 1602 (Weg). Über das Ansuchen wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der der Bürgermeister der Beschwerdeführerin nachweislich mittels Kundmachung vom 16. August 2000 geladen wurde. Die Kundmachung wurde nicht nur dem Bürgermeister zugestellt, sondern auch in der Gemeinde angeschlagen. In dieser Kundmachung wurde darauf hingewiesen, dass ein Anrainer gemäß § 42 AVG seine Stellung als Partei verliert, soweit er nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

In der Verhandlung vom 31. August 2000 wurde das Bauvorhaben erörtert, der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde sprach sich gegen die Erteilung der Baubewilligung aus, es liege keine Zustimmung der Gemeinde für die Stromzuleitung auf dem öffentlichen Weg vor, es werde das Ortsbild beeinträchtigt, die Gemeinde habe den Radweg ausgebaut, es werde befürchtet, dass wegen der störenden Optik und der zu erwartenden Strahlung dieser Radweg nicht mehr im bisherigen Ausmaß angenommen werde und dadurch auch ein Schaden für die Tourismusregion entstehe. Weiters sprachen sich der Ortsausschuss, der Verschönerungsverein und der Jagdausschuss der beschwerdeführenden Gemeinde schriftlich mit Hinweis auf Strahlungsschäden und das Ortsbild gegen die Erteilung der Baubewilligung aus.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 16. November 2000 wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend Strahlenbelastung wurden abgewiesen, jene betreffend die störende Optik wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin, ebenso wie gegen eine naturschutzbehördliche Bewilligung, Berufung ein. Auf Grund der Aufforderung der Behörde, die Berufung zu ergänzen, führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, erst wenn die Vorfrage des Naturschutzes rechtskräftig entschieden worden sei, könne die Entscheidung über die Baubewilligung ergehen. Es sei nicht untersucht worden, welche Auswirkungen die gewaltigen, in den Boden zu verbringenden Kupferplatten auf das Erdreich und vor allem auf das Grundwasser hätten. Der Sendemast emittiere eine gewisse Strahlung, es sei nicht geprüft worden, ob durch den Betrieb der Anlage abträgliche Auswirkungen auf die Gesundheit eintreten könnten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. Februar 2001 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei einer Vorfrage handle es sich immer um eine Frage, deren Beantwortung ein unentbehrliches Tatbestandsmoment für die Entscheidung der Hauptfrage bilde. Die naturschutzbehördliche Bewilligung stelle aber keine Vorfrage für die Erteilung der Baubewilligung dar, vielmehr handle es sich hiebei um zwei eigenständige und jeweils auf einer anderen Rechtsgrundlage basierende Entscheidungen, wobei der Bewilligungswerber sein Vorhaben erst dann konkretisieren dürfe, wenn er sämtliche erforderlichen Bewilligungen erlangt habe. Nachbarn komme im baubehördlichen Bewilligungsverfahren kein Recht darauf zu, dass durch das Bauvorhaben das Grundwasser nicht beeinträchtigt werde. Gesundheitsbeeinträchtigungen habe die Baubehörde im gegebenen Zusammenhang nicht zu berücksichtigen, derartige Aspekte seien von der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" erfasst und somit im Verfahren nach dem Fernmeldegesetz zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Burgenländische Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998, ist zufolge seines § 35 Abs. 1 mit 1. Februar 1998 in Kraft getreten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung trat die Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung LGBl. Nr. 11/1994, mit Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Kraft. Übergangsbestimmungen enthält § 35 leg. cit. nur in seinen Absätzen 3, 4 und 5 für hier nicht vorliegende Baumaßnahmen.

Am 1. Jänner 1999 ist die Verwaltungsverfahrensnovelle 1998, BGBl. I Nr. 158/1998, in Kraft getreten. Nach § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung dieser Novelle traten alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von den §§ 13 Abs. 3 bis 8, 14, 18 Abs. 3 und 4, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 2 und 3, 42, 43, 44, 44a bis 44g, 59 Abs. 1 erster und zweiter Satz, 61 Abs. 1 zweiter Satz, 63 Abs. 2, 64a, 66 Abs. 1 und 2, 69 Abs. 2, 71 Abs. 1 Z. 2, 73 Abs. 2 und 3 und 76 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 abweichen, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden sind.

Das Burgenländische Baugesetz, LGBl. Nr. 10/1998, wurde am 30. Jänner 1998, somit vor dem 30. Juni 1998 kundgemacht.

In der Verhandlung vom 31. August 2000 hat der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde keine Einwendung betreffend Einwirkungen von Kupfer auf das Erdreich und das Grundwasser erhoben, mit diesem Vorbringen ist er somit präkludiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0199). Durch die Abweisung des diesbezüglichen Berufungsvorbringens ist die Beschwerdeführerin daher in keinen Rechten verletzt worden.

Gemäß § 21 Abs. 2 des Burgenländischen Baugesetzes kann ein Anrainer gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

Einwendungen betreffend die Wahrung des Orts- und Landschaftsbildes stellen kein Nachbarrecht dar (vgl. u.a. die bei Hauer, Das Burgenländische Baurecht, S. 194 unter Punkt 28 zitierte hg. Judikatur). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin, wie sie ausführt, "nicht eine Privatperson ist, sondern eine Gemeinde mit autonomen Wirkungsbereich". Im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren leitet sich nämlich die Parteistellung der Beschwerdeführerin aus ihrem Eigentum an einem bestimmten Grundstück ab, weshalb ihr keine andere Rechtsposition zukommt als einem anderen Grundeigentümer, dessen Grundstück an ein zu bebauendes Grundstück angrenzt. Auch die Beschwerdelegitimation der Gemeinde leitet sich im vorliegenden Verfahren nicht aus Art. 116 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 119a Abs. 9 B-VG ab, der der Gemeinde ein subjektives Recht auf Selbstverwaltung und demzufolge einen Abwehranspruch gegenüber rechtswidrigen, aufsichtsbehördlichen Verwaltungsakten einräumt, da hier die Baubewilligung nicht im Rahmen der Selbstverwaltung von den Gemeindebehörden erteilt wurde, sondern auf Grund der Delegierungsverordnung von der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinen Erkenntnissen vom 21. Jänner 1992, Slg. Nr. 13.563/A, vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0055, vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0352, sowie vom 19. September 2000, Zl. 97/05/0153, mit der Abgrenzung des Kompetenztatbestandes "Fernmeldewesen" zu den von den Baubehörden zu vollziehenden Angelegenheiten befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bewilligungspflicht einer Fernmeldeanlage nach dem Fernmeldegesetz die Festsetzung einer zusätzlichen Bewilligungspflicht durch die Baubehörde betreffend die in deren Kompetenz fallenden Gesichtspunkte nicht entgegensteht. Die Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" beinhalte aber auch, dass die für die Errichtung und den Betrieb einer Fernmeldeanlage typischen Regelungsaspekte, wie die Sicherung des ungestörten Betriebes anderer Fernmeldeanlagen und die Abwehr der von Fernmeldeanlagen typischerweise ausgehenden Gefahren sowie Aspekte des Schutzes des Lebens und der Gesundheit von der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" erfasst sind und es sich bei diesen Gesichtspunkten nicht um der Landeskompetenz "Baurecht" zuzuordnende Gesichtspunkte handle. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzuweichen. Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens waren daher weder die einschreitende Bezirksverwaltungsbehörde noch die belangte Behörde befugt, Belange der Gesundheit (Strahlenbelastung) aufzugreifen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin findet die Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 weder auf die Errichtung noch den Betrieb einer Sende- und Empfangsanlage wie die hier gegenständliche für die Ortung von Fahrzeugen Anwendung, die nicht einmal bei großzügigster Betrachtungsweise unter eine der im Anhang I dieser Richtlinie angeführten Tätigkeiten subsumiert werden kann.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 3. Juli 2001

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