VwGH 2001/05/0009

VwGH2001/05/000920.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Gemeinde Sittersdorf, vertreten durch Dr. Karlheinz Waysocher und Dr. Peter Ouschan, Rechtsanwälte in Völkermarkt, Hauptplatz 8, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5. Dezember 2000, Zl. 3Ro-112/13/2000, betreffend Versagung der Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1995 §13 Abs5;
GdPlanungsG Krnt 1995 §13 Abs7;
GdPlanungsG Krnt 1995 §15 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1995 §15 Abs5;
ROG Krnt 1969 §2 Abs2 Z4;
ROG Krnt 1969 §2;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1995 §13 Abs5;
GdPlanungsG Krnt 1995 §13 Abs7;
GdPlanungsG Krnt 1995 §15 Abs1;
GdPlanungsG Krnt 1995 §15 Abs5;
ROG Krnt 1969 §2 Abs2 Z4;
ROG Krnt 1969 §2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund eines Ansuchens von Grundeigentümern hat der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde beschlossen, mehrere (größtenteils unzusammenhängende) Parzellen in unterschiedlichem Ausmaß umzuwidmen. Beschwerdegegenständlich ist nunmehr das Ansuchen des S. Sch. betreffend die Parzelle Nr. 76/1, KG Proboj, die im bisherigen Flächenwidmungsplan als "Grünland" ausgewiesen war und im Ausmaß von ca. 1000 m2 in Bauland-Dorfgebiet umgewidmet werden soll. Die Parzelle liegt im nördlichen Ortsbereich von Proboj an der öffentlichen Gemeindestraße, ist aber von Grünland umgeben. Diese Parzelle hat keinen örtlichen Bezug zu den anderen, in der Kundmachung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 20. März 2000 dargelegten Umwidmungsprojekten. Mit Beschluss des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 27. April 2000 wurde unter Punkt 7/99 beschlossen, die gegenständliche Teilfläche als Bauland-Dorfgebiet zu widmen. Mit Schreiben vom 13. Juni 2000 hat die Beschwerdeführerin die Genehmigung dieses Beschlusses beantragt. Hierauf hat die belangte Behörde die Abteilung 20- Landesplanung, Unterabteilung Gemeindeplanung, ersucht, ein raumordnungsfachliches Amtssachverständigen-Gutachten abzugeben. Mit Gutachten vom 7. August 2000 hat der Sachverständige der Abteilung 20-Landesplanung des Amtes der Kärntner Landesregierung mitgeteilt, dass sich die angeführte Fläche im nördlichen Gemeindegebiet im Bereich der Ortschaft Proboj befinde. In der Natur handle es sich um eine nach Osten geneigte Fläche (Rain), Obstgarten. Die umliegende Widmungskategorie sei im Norden, Süden und Osten Grünland-Landwirtschaft, im Westen anschließend an Grünland-Landwirtschaft Bauland-gemischtes Baugebiet. Die Fläche sei im Jahre 1994 auf Grund eines Widmungsabtausches im westlichen Bereich der Ortschaft Proboj rückgewidmet worden. Es hätten sich bis jetzt keine anderen raumordnerischen Gesichtspunkte ergeben. Die umzuwidmende Fläche habe weder einen räumlichen Anschluss an das Bauland-Dorfgebiet, noch sei auf Grund der Lage und Situation eine Baulandwidmung ortsplanerisch vertretbar. Außerdem würde es durch das bestehende Gewerbegebiet (Tischlereibetrieb) im westlichen Bereich zweifelsohne zu einem Nutzungskonflikt kommen.

Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht. Am 29. September 2000 fasste der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde einen "Beharrungsbeschluss" mit der Begründung, dass der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 29. Mai 1979 die gegenständlichen Flächen als Bauland-Dorfgebiet gewidmet habe. Diese Widmung sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. August 1980 aufsichtsbehördlich genehmigt worden. Die Rückwidmung (März 1993) sei damals vom Gemeinderat nur beschlossen worden, weil dadurch ein Flächentausch von Bauland-Dorfgebiet in Grünland vorgenommen worden sei, um einen landwirtschaftlichen Betrieb, der zum Ortskern der Ortschaft Proboj gehöre, finanziell zu retten. Bei der damaligen Beschlussfassung seien sich weder der Gemeinderat noch der Grundeigentümer bewusst gewesen, dass eine spätere Bauland-Widmung nicht genehmigt werde. Der derzeitige Antragsteller begründe sein Ansuchen damit, dass er diese Baulandwidmung für seine Kinder als Erbnachfolge benötige, weil diese ansonsten gezwungener Maßen aus der Gemeinde Sittersdorf aussiedeln müssten, weil keine andere Baulandreserve vorhanden sei. Da die Gemeinde auf Grund von negativ beurteilten Umwidmungsanträgen bereits Jugendliche und junge Ehepaare als Einwohner verloren habe, werde vom Gemeinderat einhellig diese Umwidmung befürwortet. Die gegenständliche Umwidmung stelle keinen Eingriff in das Landschaftsgefüge der Ortschaft Proboj dar, der Umwidmungswerber bzw. seine Nachfolger sähen auch keine "Konfrontation gegenüber dem angrenzenden Tischlereibetrieb".

Nach Anhörung des Raumordnungsbeirates, der sich in der Sitzung vom 28. November 2000 gegen die Genehmigung des gegenständlichen Umwidmungsantrages ausgesprochen hat, hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid dem Beschluss des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde in Punkt 7/99 die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt (die aufsichtsbehördliche Genehmigung der übrigen Umwidmungsanträge erfolgte mit zwei Bescheiden vom 20. November 2000). Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 15 Abs. 1 des Gemeindeplanungsgesetzes dürfe der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Überdies dürfe die Umwidmung von Grünland in Bauland unter Berücksichtigung der Bauflächenbilanz nur erfolgen, wenn das im Flächenwidmungsplan festgelegte Bauland nach seiner Gliederung, seinem Ausmaß und seiner lagemäßigen Anordnung den Erfordernissen in der Gemeinde nicht mehr genüge. Weiters solle die Siedlungstätigkeit zu einer Verdichtung der Verbauung führen. Darüber hinaus sei im Sinne des § 3 Abs. 3 des Gemeindeplanungsgesetzes das Bauland entsprechend den örtlichen Erfordernissen in möglichst geschlossene und abgerundete Baugebiete zu gliedern und die Lage der einzelnen Baugebiete im Bauland so aufeinander abzustimmen, dass unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter der jeweiligen Art des Baulandes gegenseitige Beeinträchtigungen und örtlich unzumutbare Umweltbelastungen möglichst vermieden würden. Im vorliegenden Fall habe ein Nachweis über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht erbracht werden können. Die Fläche habe weder einen räumlichen Anschluss an Bauland-Dorfgebiet, noch sei auf Grund der Lage und Situation eine Baulandwidmung ortsplanerisch vertretbar, was klar dem § 2 Abs. 2 Z. 4 des Kärntner Raumordnungsgesetzes zuwiderlaufe, wonach die Siedlungstätigkeit zu einer Verdichtung der Verbauung führen solle. Die Festlegung eines Bauland-Dorfgebietes zwecks Ermöglichung einer Wohnbebauung im räumlichen Nahebereich zu einem Gewerbegebiet, das mit einem Tischlereibetrieb bebaut sei, stehe überdies im Widerspruch zu § 3 Abs. 3 des Gemeindeplanungsgesetzes 1995, zumal durch die heranrückende Wohnbebauung Nutzungskonflikte geradezu vorprogrammiert seien. Ferner seien seitens der Beschwerdeführerin in einem örtlichen Entwicklungskonzept die künftigen Zielsetzungen der örtlichen Raumplanung, insbesondere auch für den gegenständlichen Bereich, noch nicht festgelegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 15 Abs. 1 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995, LGBl. Nr. 23, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 134/1997, darf der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist der Flächenwidmungsplan zu ändern, wenn dies

a) durch die Aufstellung oder Änderung eines überörtlichen Entwicklungsprogrammes erforderlich wird,

b) durch die Erstellung oder Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes (§ 2) erforderlich wird oder sich die für die örtliche Raumplanung sonst maßgebenden wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen oder kulturellen Verhältnisse wesentlich geändert haben oder

c) zur Vermeidung von Widersprüchen zu Gesetzen und Verordnungen des Bundes oder des Landes geboten ist.

Gemäß § 15 Abs. 3 leg. cit. dürfen Umwidmungen von Grünland in Bauland unter Berücksichtigung der Bauflächenbilanz (§ 3 Abs. 2) nur erfolgen, wenn das im Flächenwidmungsplan festgelegte Bauland nach seiner Gliederung, seinem Ausmaß und seiner lagemäßigen Anordnung den Erfordernissen in der Gemeinde nicht mehr genügt.

Nach § 15 Abs. 5 leg. cit. gelten für das Verfahren und die Kundmachung bei der Änderung des Flächenwidmungsplanes die Bestimmungen der §§ 13 und 14 sinngemäß mit der Maßgabe, dass

a) Änderungen des Flächenwidmungsplanes - ausgenommen im Rahmen des vereinfachten Verfahrens (§ 16) - grundsätzlich, sofern nicht zwingende öffentliche Interessen vorliegen, nur einmal jährlich erfolgen dürfen, b) die Anhörung des Raumordnungsbeirates entfällt, wenn der zu genehmigenden Änderung des Flächenwidmungsplanes keine fachlichen Gründe der Raumordnung und keine Versagungsgründe nach § 13 Abs. 7 entgegenstehen, es sei denn, dass der Raumordnungsbeirat seine Anhörung ausdrücklich verlangt und c) die Genehmigung auch zu versagen ist, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder Abs. 2 nicht gegeben sind.

Nach § 13 Abs. 5 leg. cit. bedarf der Flächenwidmungsplan - ausgenommen in den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Fällen des § 16 - zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Der Bürgermeister hat den vom Gemeinderat beschlossenen Flächenwidmungsplan mit Erläuterungen, aus denen hervorgeht, inwieweit auf die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und kulturellen Erfordernisse der Gemeinde Bedacht genommen wurde, unter Anschluss der vorgebrachten Einwendungen und der Niederschrift über die Beschlussfassung des Gemeinderates der Landesregierung vorzulegen.

Gemäß § 13 Abs. 7 leg. cit. hat die Landesregierung vor ihrer Entscheidung über die Genehmigung dem Raumordnungsbeirat Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist zu geben. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan a) den Zielen und Grundsätzen des § 2 des Kärntner Raumordnungsgesetzes, einem überörtlichen Entwicklungsprogramm oder sonstigen raumbedeutsamen Maßnahmen und Planungen des Landes widerspricht; b) die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und kulturellen Erfordernisse der Gemeinde nicht beachtet oder auf die im örtlichen Entwicklungskonzept (§ 2) festgelegten Ziele der örtlichen Raumplanung nicht Bedacht nimmt;

c) auf die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und kulturellen Erfordernisse der angrenzenden Gemeinde nicht Bedacht nimmt; d) raumbedeutsame Maßnahmen und Planungen des Bundes sowie Planungen anderer Planungsträger, deren Planungen im öffentlichen Interesse liegen, nicht berücksichtigt oder e) sonst gesetzwidrig ist.

Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass ein Nachweis über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht erbracht werden konnte, hat sich doch seit der Rückwidmung der gegenständlichen Liegenschaft von Bauland-Dorfgebiet in Grünland objektiv keine Änderung ergeben. Das nunmehr zur Umwidmung vorgesehene Grundstück liegt nach wie vor im Nahebereich eines als Bauland-gemischtes Baugebiet gewidmeten Areals, auf dem ein Tischlereibetrieb errichtet ist. Abgesehen vom Fehlen eines die Änderung des Flächenwidmungsplanes rechtfertigenden wichtigen Grundes, was schon allein die Versagung der Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes rechtfertigen würde, hat das für die Umwidmung vorgesehene Grundstück keinen räumlichen Anschluss an das vorhandene Bauland-Dorfgebiet, es würde vielmehr, da es von Grünland umgeben ist, einen Siedlungssplitter darstellen, und damit den im § 2 des Kärntner Raumordnungsgesetzes festgelegten Zielen, insbesondere jenen nach Abs. 2 Z. 4 widersprechen. Abgesehen davon wäre wegen der räumlichen Nähe zu dem bestehenden Tischlereibetrieb auf Grund der zu erwartenden Beeinträchtigung ein Widerspruch zu § 3 Abs. 3 des Gemeindeplanungsgesetzes 1995 gegeben.

In ihrer Gegenschrift hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass der prognostizierte Baulandbedarf laut der von der beschwerdeführenden Gemeinde erstellten Bauflächenbilanz für den gesetzlich vorgesehenen Planungszeitraum von 10 Jahren 14,5 ha betrage, wogegen die Reserven an unbebautem Bauland im Gemeindegebiet der Gemeinde ein Ausmaß von mehr als 82 ha aufwiesen und demnach die Baulandreserven den Bedarf um das nahe zu 6-fache überstiegen. Die Ausführungen in der Gegenschrift, die der Beschwerdeführerin zugestellt wurde, blieben unbestritten. Demnach käme dem Argument der beschwerdeführenden Gemeinde, Jungbürger seien gezwungen, auszusiedeln, da kein ausreichendes Bauland vorhanden sei, keine Berechtigung zu.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass die persönliche und familiäre Situation eines Grundeigentümers auf Gemeindeebene auf Verständnis stoßen kann, jedoch ist primäres Ziel der Raumordnung die Schaffung der objektiven Ordnung des Gesamtraumes, wobei subjektive Momente in den Hintergrund zu treten haben.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. April 2001

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