Normen
LVergG Tir 1998 §17 Abs3 Z1;
LVergG Tir 1998 §17 Abs3 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 13. Juni 2001 hat der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol den Antrag der Beschwerdeführerin, für den Fall, dass die mitbeteiligten Parteien das Vergabeverfahren "Ausschreibung der Einrichtung eines Pensionskassenmodells" fortsetzten oder beabsichtigten, einem Mitbewerber den Auftrag (freihändig) zu erteilen, die Entscheidung betreffend Fortsetzung des Vergabeverfahrens und die beabsichtigte Zuschlagserteilung für nichtig zu erklären, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Die Mitbeteiligten hätten gemeinsam die Einrichtung eines Pensionskassenmodells im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Der geschätzte Auftragswert liege oberhalb des für Dienstleistungen im Bundesvergabegesetz 1997 vorgesehenen Schwellenwertes von 200.000 EUR. In diesem Ausschreibungsverfahren habe die Beschwerdeführerin bereits am 26. Februar 2001 einen Antrag auf Nachprüfung - der Zuschlagsentscheidung - sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt. Dieser Antrag sei von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. April 2001 mit der Begründung abgewiesen worden, dass infolge Ablaufs der im Ausschreibungstext vorgesehenen Zuschlagsfrist während des Nachprüfungsverfahrens eine Zuschlagserteilung nicht mehr möglich sei.
Die Begründung des gegenständlichen Antrages wird im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben:
"Die Antragsgegnerinnen hätten die Antragstellerin bisher nicht davon verständigt, dass das Vergabeverfahren wegen Ablauf der Zuschlagsfrist beendet worden wäre. Ganz im Gegenteil hätte die Antragstellerin erfahren, dass die Antragsgegnerinnen beabsichtigten, das Vergabeverfahren betreffend die Einrichtung eines Pensionskassenmodelles fortzusetzen und einem Mitbewerber einen Zuschlag zu erteilen. Es wird daher der UVS Tirol ersucht, im Rahmen seiner Untersuchungsbefugnisse, dieses "substantierte Gerücht" zu verifizieren.
Das im Widerspruch zum Bescheid des UVS in Tirol, Zl. uvs- 2001/K11/007-19, fortgeführte Verfahren stelle einen Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Vergabeverfahrens dar bzw. einen Verstoß gegen die Bekanntmachungsvorschriften und Gleichbehandlungsgrundsätze, zumal die Antragstellerin über eine Fortführung des Verfahrens zu keinem Zeitpunkt von den Antragsgegnerinnen unterrichtet worden sei.
Beantragt wird sodann ein Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren "Ausschreibung der Einrichtung eines Pensionskassenmodells" durch die Antragsgegnerinnen bzw. das an dieses Vergabeverfahren anschließende Verfahren zur freihändigen Vergabe des Auftrages zur Einrichtung eines Pensionskassenmodells einzuleiten und entsprechende Erhebungen durchzuführen, ob die Antragsgegnerinnen das Vergabeverfahren betreffend "Ausschreibung der Einrichtung eines Pensionskassenmodells" fortsetzen und die Zuschlagserteilung an einen Mitbewerber beabsichtigten.
Für den Fall, dass diese Untersuchungen ergeben, dass die Antragsgegnerinnen das Vergabeverfahren "Ausschreibung der Einrichtung eines Pensionskassenmodells" fortsetzen oder beabsichtigen, einen Mitbewerber den Auftrag (freihändig) zu erteilen, wird beantragt, diese Entscheidungen betreffend Fortsetzung des Vergabeverfahrens und beabsichtigte Zuschlagerteilung für nichtig zu erklären.
Weiters wird die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrt, mit der den Antragsgegnerinnen untersagt werden soll, bis zur Entscheidung des UVS in Tirol über den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen betreffend Fortsetzung des Vergabeverfahrens und beabsichtigter Zuschlagserteilung, längstens aber bis zwei Monate nach Zustellung der einstweiligen Verfügung den Zuschlag betreffend das Vergabeverfahren "Ausschreibung der Einrichtung eines Pensionskassenmodells" zu erteilen."
Im vorausgegangenen Verfahren sowie im vorliegenden Verfahren herrsche Parteienidentität. Beiden Verfahren liege dieselbe Ausschreibung der mitbeteiligten Parteien zu Grunde. Über den ersten Antrag sei mit Bescheid vom 11. April 2001 in der Sache selbst entschieden worden. "Dieser Sachverhalt liegt auch dem nunmehr gestellten Begehren zu Grunde." Gegenüber dem früheren Bescheid habe sich weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert, weshalb entschiedene Sache vorliege.
Die von der Beschwerdeführerin behauptete rechtswidrige Fortsetzung des Ausschreibungsverfahrens durch die Mitbeteiligten stehe in klarem Widerspruch zum Bescheid der belangten Behörde vom 11. April 2001, könne aber nichts daran ändern, dass bei identem Sachverhalt und identer Rechtslage bereits rechtskräftig in der Sache selbst entschieden worden sei.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Nachprüfungsbehörde im Verfahren vor Zuschlagserteilung nur zur Nachprüfung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers befugt sei. Irgendwelche Entscheidungen der mitbeteiligten Parteien als Auftraggeber seien im vorliegenden Antrag nicht einmal behauptet worden. Das Vorliegen einer vergaberechtlich relevanten Entscheidung des Auftraggebers sei aber unabdingbare Voraussetzung für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Es sei nicht Aufgabe der Nachprüfungsbehörde zu erkunden, ob ein öffentlicher Auftraggeber überhaupt vergaberechtliche Handlungen gesetzt habe, wie dies von der Beschwerdeführerin begehrt werde. Das Vergabeverfahren sei kontradiktorisch und antragsbedürftig. Keinesfalls sei die Nachprüfungsbehörde verpflichtet, von sich aus Nachforschungen darüber anzustellen, ob ein öffentlicher Auftraggeber möglicherweise vergaberechtlich relevante Handlungen getätigt habe. Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nur auf Basis von "Gerüchten" sei gesetzlich nicht vorgesehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird vorgebracht, dass dem Bescheid der belangten Behörde vom 11. April 2001 und dem angefochtenen Bescheid nicht dieselbe Sache zu Grunde liege. Da bereits am 11. April 2001 die Zuschlagsfrist abgelaufen gewesen sei, sei fraglich, ob überhaupt dasselbe Vergabeverfahren vorliege. Vor allem übersehe die belangte Behörde jedoch, dass in einem Vergabeverfahren zahlreiche Entscheidungen des Auftraggebers angefochtenen werden könnten. Der erste Antrag habe sich gegen die Mitteilung über die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung gerichtet. Der gegenständliche - zweite - Antrag habe sich gegen die (damals nur vermutete) Entscheidung der Mitbeteiligten gerichtet, das Vergabeverfahren entgegen der Entscheidung der belangten Behörde im ersten Verfahren fortzusetzen und den Zuschlag freihändig, also unter Durchführung eines vergaberechtlichen Verfahrens, einem Mitbewerber zu erteilen. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Antragstellung habe die Beschwerdeführerin keine Beweise für ihre Vermutung in Händen gehabt, deshalb sei beantragt worden, dass die belangte Behörde diese Vermutung im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens überprüfe. Mangels Einsicht in das Vergabeverfahren und wegen des Amtsgeheimnisses habe die Beschwerdeführerin die vermutete Entscheidung des Auftraggebers nicht beweisen können. Der von Art. 1 der Richtlinie 89/665/EWG geforderte wirksame und rasche Rechtschutz erfordere, dass die Nachprüfungsbehörde von ihrem Ermittlungsrecht Gebrauch mache und Anträge nicht mangels Bescheinigung zurückweise. Es liege in der Natur der Entscheidungen von Auftraggebern, dass diese Bietern meist verborgen seien und erst nach außen träten, wenn es für einen effektiven Rechtschutz zu spät sei. Die Nachprüfungsbehörde könne den Bietern verborgene Entscheidungen des Auftraggebers durch Einsichtnahme in den Vergabeakt feststellen. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die Mitbeteiligten zur Vorlage des Vergabeaktes auszufordern.
Gemäß § 17 Abs. 1 des Tiroler Vergabegesetzes 1998, LGBl. Nr. 17, kann jeder Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Gemäß Abs. 3 Z. 1 dieser Bestimmung hat der Antrag die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen Entscheidung zu enthalten.
Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, dass ihr Antrag den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Inhalt hat. Demnach hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, "erfahren" zu haben, dass die Mitbeteiligten das Ausschreibungsverfahren fortsetzten. Die belangte Behörde möge zur Klärung, ob dies den Tatsachen entspreche, "entsprechende Erhebungen" durchführen. Für den Fall, dass das Ausschreibungsverfahren tatsächlich fortgesetzt werde, solle die belangte Behörde die "Entscheidung betreffend die Fortsetzung des Vergabeverfahrens" und die "beabsichtigte Zuschlagserteilung" für nichtig erklären.
Der Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin richtete sich daher - wie in der Beschwerde ausdrücklich zugestanden wird - gegen eine nicht nach außen in Erscheinung getretene, nur vermutete Entscheidung des Auftraggebers. Ein derart formulierter Antrag wird aber dem von § 17 Abs. 3 Z. 1 Tiroler Vergabegesetz 1998 normierten Gebot der genauen Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung keinesfalls gerecht.
Schon aus diesem Grund hat die belangte Behörde den Nachprüfungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Hinzugefügt sei, dass die Einleitung eines Verbesserungsverfahren zur genauen Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung schon deshalb nicht in Betracht kam, weil die Beschwerdeführerin bereits im Antrag unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, keine genauen Angaben zur angefochtenen Entscheidung machen zu können, weshalb sie ja diesbezüglich die Durchführung "entsprechender Erhebungen" begehrt hat. Da nach dem oben wiedergegebenen eindeutigen Gesetzeswortlaut der Antragsteller selbst verpflichtet ist, die angefochtene Entscheidung bereits im Antrag genau zu bezeichnen, war die belangte Behörde zu derartigen Erhebungen nicht gehalten.
Dem Vorbringen, das in der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge eingeräumte Recht auf effektiven Rechtschutz im Vergabeverfahren erfordere die inhaltliche Prüfung auch von den Bietern verborgenen und nicht nach außen tretenden Entscheidungen des Auftraggebers, ist zu entgegnen, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in dem in der Beschwerde zitierten Urteil vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C-81/98 , Alcatel Austria AG u.a., Slg. 1999, I-7671, diese Richtlinie zwar dahin ausgelegt hat, dass die Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, die dem Vertragsschluss vorangehende Entscheidung des Auftraggebers darüber, mit welchem Bieter eines Vergabeverfahrens er den Vertrag schließt, in jedem Fall einem Nachprüfungsverfahren zugänglich zu machen (Rz 43); er hat jedoch festgehalten, dass eine Nachprüfung einen öffentlich-rechtlichen Akt, der den Beteiligten zur Kenntnis gelange und aufgehoben werden könne, voraussetze (Rz 48); die bloß im inneren Organisationssystem des Auftraggebers getroffene Entscheidung darüber, wem der Zuschlag zu erteilen sei, die nicht nach außen in Erscheinung trete, sei hingegen keiner Nachprüfung zugänglich (vgl. Rz 46 und 50).
Da die Beschwerdeführerin zugesteht, dass sich ihr Nachprüfungsantrag gegen eine jedenfalls nicht nach außen in Erscheinung getretene Entscheidung des Auftraggebers richtete, war die belangte Behörde auch unmittelbar auf Grund der genannten Richtlinie jedenfalls nicht verpflichtet, über den Antrag inhaltlich zu entscheiden.
Hinzugefügt sei, dass die Frage, ob die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 11. April 2001 den ersten, am 26. Februar 2001 gestellten Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen hat, im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen ist.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2001
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