VwGH 2001/04/0066

VwGH2001/04/00669.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der J in B, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 13. Februar 2001, Zl. 5-G-A4605/2-2001, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §87 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Damenkleidermacher gemäß § 94 lit. d Z. 43 GewO 1994, eingeschränkt auf Änderungsschneiderei" im näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen.

Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht, sie sei in der Vergangenheit gegenüber einigen Gläubigern in Zahlungsverzug geraten. Sie werde die derzeit noch bestehenden Ausstände im Gespräch mit ihren Gläubigern klären und hierauf begleichen. Sie sei der Überzeugung, dass dann die weitere Ausübung ihres entzogenen Gewerbes im Interesse der Gläubiger liegen werde. Die Berufungsbehörde werde ersucht, die notwendigen Erhebungen einzuleiten und den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben. Im Zuge des darauf folgenden Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde seien von den Gläubigern keine Stellungnahmen abgegeben worden, obwohl darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass bei nicht rechtzeitiger Äußerung angenommen werde, dass die weitere Gewerbeausübung nicht in ihrem Interesse liege. Vom Bezirksgericht Mattersburg sei eine Liste derjenigen Exekutionen angefordert worden, welche gegen die beschwerdeführende Partei geführt worden seien und noch nicht zur vollständigen Befriedigung des jeweiligen betreibenden Gläubigers geführt hätten. Aus den übermittelten Exekutionsakten könne entnommen werden, dass seit dem Jahre 1999 laufend verschiedene Gläubiger Exekutionsanträge gegen die Gewerbeinhaberin gestellt hätten und diese vom Gericht auch bewilligt worden seien. Die Summe der Exekutionen belaufe sich auf ca. S 650.000,-- . Es dürfe zwar nicht unberücksichtigt bleiben, dass die beschwerdeführende Partei teilweise versucht habe, ihre Verbindlichkeiten zu begleichen, sie scheine aber dennoch nicht in der Lage zu sein, sämtliche Rückstände zu erfüllen, sodass diese ständig anwachsen würden. Es könne allerdings den Gläubigern auf Dauer nicht zugemutet werden, zur Erfüllung ihrer Forderungen den Klagsweg einzuschreiten und - da diese auch auf Grund rechtskräftiger Urteile nicht erfüllt würden - die Exekution anzustreben, zumal dieser Weg mit zum Teil sehr hohen Gerichtskosten verbunden sei. Die Gläubiger müssten eher danach trachten, den Schaden so gering wie möglich zu halten, wenn schon nicht ihre gesamten Forderungen erfüllt werden könnten. Die wirtschaftliche Lage der beschwerdeführenden Partei sei nicht so beschaffen, dass erwartet werden könne, dass sie den mit der weiteren Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten in Hinkunft ordnungsgemäß nachkommen könne. Für die Frage des Absehens vom Entziehen der Gewerbeberechtigung sei nicht entscheidungsrelevant, dass die Bemühungen des Gewerbeberechtigten zu einer Befriedigung eines großen Teils der Forderungen geführt hätten. Außer den bereits bestehenden Gläubigerforderungen sei nämlich auch zu berücksichtigen, dass die im Zusammenhang mit der weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden könnten, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen. Die Gewerbeausübung sei nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" und es sei daher von der Entziehung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, dass der Gewerbetreibenden auch den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde, was jedenfalls voraussetze, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden seien. Ferner müsse die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Eine bloße Verbesserung der wirtschaftlichen Situation verbunden mit einer lediglich teilweisen Abzahlung von Rückständen sei nicht ausreichend. Wie das Ermittlungsverfahren ergeben habe, sei es der beschwerdeführenden Partei nicht gelungen, ihre wirtschaftliche Lage so weit zu konsolidieren, dass angenommen werden könne, die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der bereits bestehenden Verbindlichkeiten wären vorhanden. So könne auch nicht angenommen werden, dass liquide Mittel zur Abdeckung der im Zuge der weiteren Gewerbeausübung auftretenden Verbindlichkeiten vorhanden sein würden. Bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei, gehe es ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt würden. Eine Gewerbeausübung sei nur dann vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen, wenn die Leistung aller fälligen Zahlungen, der bereits bestehenden und der in Zukunft auftretenden, erwartet werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht das Vorliegen des Entziehungsgrundes des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994, sie meint aber, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/04/0108, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die beschwerdeführende Partei bringt zunächst vor, Tatbestandsvoraussetzung sei die "Gewerbeausübung", die sie erbringe. Diese Gewerbeausübung müsse im vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sein. Es müsse auf Grund ihrer wirtschaftlichen Lage zu erwarten sein, dass sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. "Nicht unbedingt entscheidungsrelevant" sei es, ob sie sich um die Abdeckung ihrer bisherigen Verbindlichkeiten bemühe. Wie es in der Beschwerde an anderer Stelle weiters heißt, ergebe sich aus den Feststellungen der belangten Behörde, dass die beschwerdeführende Partei ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen sehr wohl nachkommen könne, zumal sie auch nach den Feststellungen der belangten Behörde auf die Rückstände Zahlungen geleistet habe.

Die beschwerdeführende Partei verkennt damit die Rechtslage, wenn sie offenbar meint, für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales des "vorwiegenden Interesses der Gläubiger" genüge es, wenn der Gewerbetreibenden seinen aus der laufenden Gewerbeausübung neu entstehenden Zahlungsverpflichtungen nachkomme, ältere fällige Zahlungsverpflichtungen aber nicht oder nur teilweise erfülle. Die beschwerdeführende Partei übersieht, dass selbst wenn eine solche Behandlung der "Altgläubiger" in deren Interesse gelegen sein sollte, eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung nur dann nicht zu erwarten ist, wenn die pünktliche Erfüllung aller fälligen Zahlungspflichten sichergestellt sei. Andernfalls könne es in dieser Situation nämlich leicht dazu kommen, dass auch die Erfüllung der aus der laufenden Geschäftsführung entstehenden Verbindlichkeiten - trotz gegenteiliger Absicht des Gewerbetreibenden - z.B. durch die Exekutionsführung eines "Altgläubigers" verhindert wird. Die Erfüllung des Tatbestandselementes des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/04/0108).

Dass die zuletzt genannte Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt sei, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen (im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid) nicht .

Damit mangelt es aber weiters (schon) an der Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels, die Behörden erster und zweiter Instanz hätten die beschwerdeführende Partei "nicht angeleitet, sodass ich nicht in der Lage war, entsprechend zu bescheinigen, dass ich auch nach Abweisung des Konkursantrages in der Lage bin, die laufenden Verbindlichkeiten - so weit im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehen - zu erfüllen".

Ebenso ist es nicht (mehr) entscheidungswesentlich, wenn die beschwerdeführende Partei rügt, die belangte Behörde treffe ihre Feststellungen zur Frage der Zahlungsunfähigkeit bzw. "rechtliche Überlegungen, die lediglich auf Vermutungen beruhen"; der belangten Behörde wäre es vielmehr oblegen, die beschwerdeführende Partei entsprechend anzuleiten, ihre Zahlungsbelege "betreffend meiner laufenden Verbindlichkeiten" vorzulegen, ein diesbezügliches Vorbringen zu erstatten und entsprechende Beweisergebnisse darzutun und danach zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorlägen.

Da im Hinblick auf das oben Gesagte (über die Erfüllung aller fälligen Zahlungspflichten bzw. dahin gehende Zahlungsvereinbarungen) der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, ist es auch nicht mehr entscheidungsrelevant, ob es zutrifft, dass, wie die beschwerdeführende Partei weiters ausführt, die Fragestellung an Gläubiger, dass, wenn sie sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist äußerten, sie gegen eine Fortführung des Gewerbes wären, "suspekt" wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 91/04/0045).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu unterbleiben hat.

Wien, am 9. Mai 2001

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