VwGH 2000/12/0277

VwGH2000/12/027724.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Thomas Fried, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 11/2/22, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 6. September 2000, Zl. MA 2/555/99, betreffend Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
DO Wr 1994 §16 Abs1;
DO Wr 1994 §72 Abs1;
DVG 1984 §12 Abs2;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
DO Wr 1994 §16 Abs1;
DO Wr 1994 §72 Abs1;
DVG 1984 §12 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1960 geborene Beschwerdeführer stand vom 28. März bis 30. September 1994 in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis und seit 1. Oktober 1994 bis zur bekämpften Kündigung als Fachbeamter des Verwaltungsdienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Seine Dienststelle war das Sozialmedizinische Zentrum Ost, wo er auf dem Arbeitsplatz "Referatsleiter Kostenrechnung" eingesetzt war. Die für seine Verwendung vorgesehene Dienstprüfung legte der Beschwerdeführer am 23. Februar 1996 mit Erfolg ab.

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde er im Sommer 1998 Opfer eines Verkehrsunfalles, was eine Dienstunfähigkeit von 43 Tagen bedingte. Nach der Einschätzung des Beschwerdeführers habe sich infolge dieses Unfalles in Verbindung mit einer dienstlichen Benachteiligung durch einen Vorgesetzten seine Asthmaerkrankung entwickelt. Dies habe 1999 (bis zur Erlassung des Bescheides erster Instanz) zu insgesamt 100 Fehltagen wegen krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit und wegen Kuraufenthaltes geführt.

Bei den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ist ein Schreiben des Verwaltungsdirektors des SMZ-Ost vom 7. Oktober 1999 an das Personalamt, in dem Schwierigkeiten mit dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an einer Controllerschulung bzw. im Dienst dargestellt werden und auf die hohe Anzahl an "Krankenstandstagen" und die Nichteinhaltung von Terminen durch den Beschwerdeführer hingewiesen wird (wird näher ausgeführt). Letztlich beantragte der Verwaltungsdirektor die Kündigung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers.

Dem am 15. Oktober 1999 nach Begutachtung des Beschwerdeführers und Einsichtnahme in einen vom Beschwerdeführer vorgelegten Lungenfunktionsbefund erstellten amtsärztlichen Gutachten ist folgende "Zusammenfassung und Stellungnahme" zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer "leidet an Asthma bronchiale, dass sich trotz medikamentöser Therapie und Kuraufenthalt noch nicht wesentlich gebessert hat. Zusätzlich kommt es durch eine vorhandene psychische Überlagerung zur Verstärkung der Beschwerdesymptomatik. Diesbezüglich wurde eine Therapie eingeleitet (Psychotherapie). Eine Einsetzbarkeit gemäß nachfolgendem Kalkül ab 18.10.1999 ist jedoch gegeben. Die Definitivstellung ist derzeit auf Grund des bestehenden Asthma bronchiale medizinischerseits nicht zu befürworten. Gegen eine weitere vertragsmäßige Anstellung bestehen keine Einwände."

Der Beschwerdeführer wurde ab 18. Oktober 1999 für dienstfähig und weiters eine Besserung seines Gesundheitszustandes für möglich erklärt.

Im Rahmen des dem Beschwerdeführer eingeräumten Parteiengehörs mit 2. November 1999 wurde der Beschwerdeführer nach Hinweis auf die Rechtslage und die Rechtsprechung über die bestehende Kündigungsabsicht wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung und Verschlechterung seiner Dienstleistung informiert und ihm das amtsärztliche Gutachten vom 15. Oktober 1999 zur allfälligen Stellungnahme übermittelt.

In seiner Äußerung dazu vom 14. November 1999 verwies der Beschwerdeführer im Wesentlichen hinsichtlich der "Krankenstände" im Jahr 1998 auf seinen Verkehrsunfall, zum amtsärztlichen Gutachten brachte er vor, er sehe der Heilung seiner Erkrankung entgegen und beantrage daher, den ihn behandelnden Arzt als Zeugen zu hören und eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung vorzunehmen. Gegen den Vorwurf der Verschlechterung seiner Dienstleistung verwies der Beschwerdeführer auf seine Dienstbeschreibung mit "sehr gut" und die Weiterzahlung der "Leistungszulage" an ihn.

Mit Bescheid des Magistrates (Personalamt = Dienstbehörde I. Instanz) vom 18. November 1999 wurde wie folgt abgesprochen:

"Ihr Dienstverhältnis zur Stadt Wien wird gemäß § 72 Abs. 1 und 5 der Dienstordnung 1994 (DO 1994) mit Ablauf von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides gekündigt.

Gemäß § 41 Abs. 1 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994) gebührt Ihnen eine Abfertigung im Ausmaß des Fünffachen des Monatsbezuges, der Ihrer besoldungsrechtlichen Stellung beim Enden des Dienstverhältnisses entspricht."

Zur Begründung führte die Dienstbehörde nach Wiedergabe der Rechtslage und der Rechtsprechung sowie nach Darstellung des Verfahrensablaufes im Wesentlichen weiter aus, die Schlussfolgerungen des amtsärztlichen Gutachtens vom 18. Oktober 1999 (richtig: 15. Oktober) hätten eindeutig ergeben, dass eine Definitivstellung auf Grund des bestehenden Asthma bronchiale medizinischerseits nicht zu befürworten sei; es sei daher von einer neuerlichen Untersuchung Abstand genommen worden. Zum Begehren des Beschwerdeführers auf Beiziehung eines Sachverständigen werde auf § 52 Abs. 1 AVG hingewiesen. Dieser Bestimmung sei die Behörde durch Einholung "diverser amtsärztlicher Sachverständigengutachten" unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer beigebrachten Befundes nachgekommen. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme angegeben, dass seine Dienstbeschreibungen seit seinem Diensteintritt im Jahr 1994 immer mit "sehr gut" beurteilt worden seien. Dieser Sachverhalt werde nicht bestritten. Eine Verschlechterung der Dienstleistung ergebe sich aber dadurch, dass der allgemein erzielbare Arbeitserfolg auf Grund der Anzahl der krankheitsbedingten Abwesenheiten des Beschwerdeführers von ihm nicht habe erzielt werden können. Die Behörde sei daher zur Ansicht gelangt, dass der Beschwerdeführer die geistige und körperliche Eignung für ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis nicht aufweise. Die weiteren Ausführungen der Begründung beschäftigen sich mit der Kündigungsfrist und der dem Beschwerdeführer zustehenden Abfertigung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 3. Dezember 1999 Berufung, in der er im Wesentlichen seinem Vorbringen im Parteiengehör folgend die ihm angeblich fehlende geistige und körperliche Eignung für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis bekämpfte, eine Leistungsfeststellung und daran anknüpfend eine Frist zur Verbesserung seiner Dienstleistungen verlangte. Als Verfahrensmängel machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass seinem Beweisantrag nicht entsprochen und ihm der Inhalt des amtsärztlichen Gutachtens "vom 18. 10. 1999" nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Schließlich erklärte sich der Beschwerdeführer für den Fall seiner nachzuweisenden gesundheitlichen Nichteignung für die Beamtenlaufbahn mit seiner "amtswegigen Ruhestandsversetzung" aus gesundheitlichen Gründen einverstanden.

Dieser Berufung wurde mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 18. Februar 2000 gemäß § 12 Abs. 2 DVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer mit 20. März 2000 gemäß § 16 Abs. 1 DO 1994 die Feststellung, dass sein bisher provisorisches Dienstverhältnis mit Ablauf des 28. März 2000 kraft Gesetzes definitiv geworden sei.

Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 28. Juli 2000 wurde dazu festgestellt, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers gemäß § 16 Abs. 1 DO 1994 nicht definitiv geworden sei. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers bereits mit Bescheid vom 18. November 1999 (übernommen vom Beschwerdeführer am 23. November 1999) gekündigt worden sei und ein solches Dienstverhältnis nicht definitiv werden könne.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

In der Gegenschrift teilte die belangte Behörde dazu mit, dass auf Grund dieser Berufung der Dienstrechtssenat den Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Feststellung, dass sein bisher provisorisches Dienstverhältnis mit Ablauf des 28. März 2000 kraft Gesetzes ein definitives Dienstverhältnis geworden sei, zurückgewiesen habe.

Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und Durchführung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde erging der angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 18. November 1999 als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt wurde.

Zur Begründung wird nach Darstellung des Verfahrensablaufes, der Berufung des Beschwerdeführers und des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie nach Wiedergabe der Rechtslage im Wesentlichen ausgeführt, im § 72 Abs. 1 DO 1994 seien zwar keine bestimmten Kündigungsgründe normiert, nach denen das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis während der Probedienstzeit aufgelöst werden könne, doch verfolge nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im Allgemeinen wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen worden sei, gestellt werden müssten. Es sei demnach die Zweckbestimmung des der Definitivstellung der öffentlich-rechtlichen Bediensteten vorgeschalteten provisorischen Dienstverhältnisses, den Beamtennachwuchs nochmals in der Weise sieben zu können, dass alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stelle von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eigneten, ausgeschlossen würden.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die Kündigung wegen mangelhafter Dienstleistung dürfe nur nach wiederholter Ermahnung, die Arbeitsleistung zu verbessern, nach Ablauf eines längeren Beobachtungszeitraumes erfolgen, wobei diese Verfahrensschritte bei ihm nicht eingehalten worden seien und er erstmals im Parteiengehör vom 2. November 1999 davon erfahren habe, sei festzustellen, dass zum einen diese in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bei privatrechtlichen Dienstverhältnissen geforderte Vorgangsweise schon wegen der grundsätzlichen Unterschiedlichkeit der durch Vertrag begründeten zu den durch Hoheitsakt begründeten Dienstverhältnissen von vornherein nicht herangezogen werden könne und zum anderen eine solche Vorgangsweise gesetzlich nicht ausdrücklich normiert sei. Somit gingen auch die Ausführungen des Beschwerdeführers über die sich aus der Dienstanweisung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. März 1996 ergebende Vorgangsweise bei krankheitsbedingten Absenzen im Zusammenhang mit der Gesamtbeurteilung ins Leere. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer - wie dem Schreiben des SMZ-Ost vom 7. Oktober 1999 zu entnehmen sei - sehr wohl vom Verwaltungsdirektor am 13. April 1999 und am 28. Mai 1999 ermahnt worden, seine Dienstleistung zu verbessern. Im Folgenden werden einige "Schwierigkeiten" mit dem Beschwerdeführer näher ausgeführt und der Einwand des Beschwerdeführers hinsichtlich einer verspäteten Ausarbeitung, die aber angeblich nie termingerecht erfolgt sei, beantwortet.

Der Beschwerdeführer weise in seinem Vorbringen weiters auf seine vorbildlichen, mit "sehr gut" beurteilten Dienstleistungen sowie auf seine Qualifikation "im Förder-AC" für die Toppositionen im KAV hin. Dazu sei auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Zweck des provisorischen Dienstverhältnisses auch abzuleiten sei, dass die Beurteilung der persönlichen Eignung - ähnlich wie die Beurteilung des Arbeitserfolges - sich nicht bloß auf einen eingeschränkten Zeitraum, sondern auf den gesamten Beurteilungszeitraum, das bedeute auf die Dauer des provisorischen Dienstverhältnisses, beziehe. Somit sei nicht nur jener Zeitraum, in dem die Dienstleistung des Beschwerdeführers mit "sehr gut" beurteilt worden sei, sondern auch jener Zeitraum, in dem sich die Dienstleistung des Beschwerdeführers auf Grund seiner gesundheitlichen Probleme wesentlich verschlechtert habe, für die Beurteilung des allgemeinen Arbeitserfolges sowie die persönliche (gesundheitliche) Eignung heranzuziehen. Demnach stehe auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens fest, dass der Beschwerdeführer die von ihm eigentlich zu besorgende Tätigkeit, nämlich die Fertigstellung des Kostennachweises 1998, nicht zeitgerecht vorgenommen habe, den ihm erteilten Auftrag, im Rahmen der "Monatsbesprechung/Verwaltung + Technik" einen Vortrag über den "Bundesländervergleich" zu halten, nicht nachgekommen sei und weiters die mit Ende Oktober 1999 vereinbarte Projektpräsentation "Gewichtung der Kosten in den OP-Sälen" für den Abschluss seiner Controllerausbildung nicht durchgeführt sowie die hiefür erforderlichen Zwischenberichte betreffend die Erhebung der häufigsten Operationen bis Mai 1999 und die Schnittdauer und den Zeiteinsatz dieser Operationen bis Juli 1999 nicht erstellt habe. Zur gesundheitlichen Eignung sei festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer unbestritten im Jahr 1998 43 Tage, im Jahr 1999 155 Tage und seit 7. Februar 2000 laufend im Krankenstand befunden habe. Somit stehe fest, dass er die persönliche Eignung für die Beamtenlaufbahn auf Grund seiner gesundheitlichen Probleme und seines nicht erreichten Arbeitserfolges nicht besitze.

Die folgenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides beschäftigen sich mit dem Vorwurf der Nichterreichung des allgemein erzielbaren Arbeitserfolges durch den Beschwerdeführer.

Dem Argument des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides -, der von der Dienstbehörde herangezogene Kündigungstatbestand der körperlichen und geistigen Nichteignung des Beschwerdeführers für die Beamtenlaufbahn müsse sich auf ein entsprechendes ärztliches Gutachten stützen (dem entspräche das amtsärztliche Gutachten vom 15. Oktober 1999 nicht), sei entgegenzuhalten, dass im amtsärztlichen Gutachten vom 15. Oktober 1999 nicht festgestellt worden sei, dass gegen eine Fortsetzung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers keine Einwände bestünden. Es sei lediglich festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer ab 18. Oktober 1999 zu Tätigkeiten unter allgemein üblichem Zeitdruck, durchschnittlicher psychischer Belastbarkeit, leichter körperlicher Beanspruchung mit fallweise leichten Hebe- und Trageleistungen, in überwiegend sitzender, fallweise stehender und gehender Körperhaltung, mit fallweise Überkopfarbeiten und fallweise in gebeugter Haltung, in geschlossenen Räumen, zu Fein- und Grobarbeiten und zu Tätigkeiten am bildschirmunterstützten Arbeitsplatz herangezogen werden könnte. Lediglich gegen eine weitere Verwendung in vertragsmäßiger Anstellung hätten aus medizinischer Sicht keine Einwände bestanden. Hingegen sei ärztlicherseits ausdrücklich festgehalten worden, dass eine Definitivstellung auf Grund des bestehenden Asthma bronchiale derzeit nicht zu befürworten sei. Da für die Beurteilung der körperlichen Eignung für die Beamtenlaufbahn der Zeitraum des provisorischen Dienstverhältnisses und somit die in dieser Zeit auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit im Zusammenhang stehende Anzahl der Krankenstandstage heranzuziehen seien, stehe es auch für die belangte Behörde außer Frage, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf diese "Krankenstände" in Verbindung mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 15. Oktober 1999 die gesundheitliche Eignung für die Beamtenlaufbahn nicht besitze. Auf eine allfällig in der Zukunft liegende Besserung oder Genesung der Erkrankung des Beschwerdeführers sei dabei im Hinblick auf die sechsjährige Probedienstzeit und der im gegenständlichen Fall bei ungekündigtem Dienstverhältnis eintretenden Definitivstellung mit 28. März 2000 nicht Bedacht zu nehmen, weshalb die erstinstanzliche Behörde auf Grund der derzeit gegen den Eintritt der Definitivstellung bestehenden Einwände des amtsärztlichen Sachverständigen das Dienstverhältnis zu Recht gekündigt habe. Im Übrigen sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer, wenn er dieses schlüssige und widerspruchsfreie Sachverständigengutachten vom 15. Oktober 1999 in Zweifel habe ziehen wollen, von sich aus im Verwaltungsverfahren hätte initiativ werden müssen und ein fachlich fundiertes Gutachten allenfalls als Gegenbeweis zu erbringen gehabt hätte.

Zu dem geltend gemachten Verfahrensmangel sei festzustellen, dass der vom Beschwerdeführer beantragten Einvernahme seines behandelnden Arztes zu seinem Gesundheitszustand von der erstinstanzlichen Behörde zu Recht nicht entsprochen worden sei. Die Richtigkeit der vom amtsärztlichen Sachverständigen gestellten Diagnose sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden; auf eine allfällige günstige Prognose der Krankheitsentwicklung sei nicht Bedacht zu nehmen gewesen. Weiters habe sich auch die vom Beschwerdeführer beantragte Einvernahme seines unmittelbaren Vorgesetzten erübrigt, weil weder von der erstinstanzlichen Behörde noch vom Beschwerdeführer selbst in Abrede gestellt worden sei, dass die Dienstleistungen des Beschwerdeführers Jahre hindurch mit "sehr gut" beurteilt worden seien, zum anderen aber auch die in den Aktenvermerken vom 13. April und vom 28. Mai 1999 festgehaltenen Ermahnungen durch den höchsten Vorgesetzten des Beschwerdeführers, seine Dienstleistung zu verbessern, vom unmittelbaren Vorgesetzten durch die Unterfertigung dieser Aktenvermerke mitgetragen worden seien. Letztlich sei auch durch Minderleistungen des Beschwerdeführers der Umstand eines unbefriedigenden Arbeitserfolges ausreichend objektiviert.

Zum abschließenden Vorbringen des Beschwerdeführers, er wäre mit einer amtswegigen Ruhestandsversetzung einverstanden, weil er hierauf bereits eine Anwartschaft erworben habe, sei festzustellen, dass der Bestimmung des § 72 Abs. 1 DO 1994, wonach der Beamte wegen des gesetzlich nicht ausdrücklich normierten, aber von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geforderten Kündigungsgrundes der mangelnden körperlichen Eignung während der Probedienstzeit gekündigt werden könne, gegenüber der Bestimmung des § 68 DO 1994, wonach der Beamte unter anderem in den Ruhestand zu versetzen sei, wenn er dienstunfähig sei und die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen erscheine, nach dem Grundsatz der Spezialität der Vorrang zukomme. § 72 Abs. 1 DO 1994 enthalte als weiteres Tatbestandsmerkmal den Umstand, dass der Mangel der körperlichen Eignung während der Probedienstzeit eingetreten sei. Dem entspreche es, dass für das provisorische Dienstverhältnis die Kündigungsmöglichkeit jenes Rechtsinstitut sei, das dieser vornehmlich der Ausbildung und Erprobung des Beamten dienenden Phase des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ihr besonderes Gepräge gebe.

Zusammenfassend sei die belangte Behörde der Auffassung, dass der Beschwerdeführer die gesundheitliche Eignung für den öffentlichen Dienst nicht besitze und daher von der Übernahme in ein definitives Dienstverhältnis auszuschließen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Fortbestand seines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses zur Stadt Wien durch unrichtige Anwendung der Bestimmungen des § 72 Abs. 1 und 5 DO 1994 in Verbindung mit § 16 DO 1994 sowie durch die unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör, die Bescheidbegründung und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verletzt.

Im § 3 Abs. 1 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), wiederverlautbart im LGBl. Nr. 56, sind die allgemeinen Anstellungserfordernisse für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis enthalten, die in Z. 1 Grenzen hinsichtlich des Lebensalters festlegen und in Z. 4 die zur Erfüllung der Dienstobliegenheiten notwendigen geistigen und körperlichen Fähigkeiten als Voraussetzung nennen. Die besonderen Anstellungserfordernisse, nämlich insbesondere die erforderliche Vorbildung und Ausbildung werden im § 7 DO 1994 angesprochen.

Soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt, lautet § 16 Abs. 1 DO 1994 wie folgt:

"Die Anstellung wird nach Ablauf der Probedienstzeit definitiv. Die Probedienstzeit beträgt sechs Jahre und dauert jedenfalls bis zum vollendeten 26. Lebensjahr. Auf die Probedienstzeit zählen die Dienstzeiten, die bei der Stadt Wien ununterbrochen und unmittelbar der Anstellung vorangehend zugebracht wurden, ..."

Die Gemeinde Wien kann gemäß § 72 Abs. 1 DO 1994 durch Kündigung das Dienstverhältnis während der Probedienstzeit auflösen. Die Kündigungsfrist beträgt nach einer bei Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides erreichten Probedienstzeit von fünf Jahren drei Monate.

Nach § 12 Abs. 2 DVG, BGBl. Nr. 29/1984, haben Berufungen im Dienstrechtsverfahren keine aufschiebende Wirkung, sofern nicht in den Gesetzen und Verordnungen die aufschiebende Wirkung ausdrücklich zuerkannt ist oder durch Bescheid die aufschiebende Wirkung ausgesprochen wird. Die aufschiebende Wirkung ist auszusprechen, wenn mit dem Bescheid Rechte des Bediensteten aberkannt oder gemindert werden, es sei denn, dass die vorzeitige Vollstreckung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Der für die Ermessensübung nach § 72 Abs. 1 DO 1994 maßgebende "Sinn des Gesetzes" besteht - entsprechend dem Zweck der Einrichtung der Probedienstzeit bzw. des provisorischen Dienstverhältnisses - darin, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen, und nur jene provisorischen Beamten in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im Allgemeinen, wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Damit sollen alle sich nicht voll bewährenden Beamten noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, ausgeschlossen werden (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 22. Jänner 1997, Zl. 96/12/0123, u.v.a.).

Im Beschwerdefall steht fest, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers mit 28. März 1994 begonnen hat; demnach ist das rechnerische Ende der Probedienstzeit des Beschwerdeführers mit Ablauf des 28. März 2000 anzunehmen. Die erstinstanzliche Kündigung des Beschwerdeführers erfolgte mit Bescheid vom 18. November 1999, dem Beschwerdeführer zugestellt am 23. November 1999, mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten ab Zustellung dieses Bescheides. Auf Grundlage der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde dieser gemäß § 12 Abs. 2 DVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit dem angefochtenen Bescheid, der dem Beschwerdeführer erst am 2. Oktober 2000 zugestellt werden konnte, wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Es liegt damit vom Verfahrensablauf eine mit der Sachlage im hg. Erkenntnis vom 17. August 2000, Zl. 2000/12/0182, vergleichbare Konstellation vor. Der Verwaltungsgerichtshof führte in diesem Erkenntnis zur Frage der Bestätigung der erstinstanzlichen Kündigung durch den angefochtenen Bescheid nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Folgendes aus:

"Wird in einem solchen Verfahren der zweitinstanzliche Bescheid erst nach Ablauf der im erstinstanzlichen Bescheid verfügten Kündigungsfrist erlassen, so schiebt die der Berufung nach § 12 DVG zuerkannte aufschiebende Wirkung den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus; das provisorische Dienstverhältnis endet diesfalls erst mit der Zustellung des Berufungsbescheides. Das bedeutet, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Verbindlichkeit des Abspruches im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar nicht hinsichtlich der Wirkung der Kündigung, wohl aber hinsichtlich des Termins, zu dem das Dienstverhältnis endet, verändern kann. Die Kündigungsfrist beginnt daher nicht erst mit der Rechtskraft des Bescheides der Rechtsmittelinstanz neuerlich zu laufen, aber für den Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bleibt das provisorische öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis bis zum rechtskräftigen Abspruch der Rechtsmittelinstanz aufrecht (vgl. in diesem Sinne zur Vorgängerregelung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 1966, Slg. N. F. Nr. 6971/A, zum BDG 1979, das Erkenntnis vom 8. September 1980, Zl. 3369/79, oder - für den Fall, dass keine aufschiebende Wirkung eingeräumt worden ist - das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/12/0132)."

Da die belangte Behörde im Beschwerdefall den erstinstanzlichen Bescheid - also auch hinsichtlich der Festsetzung des Endtermines des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers - bestätigt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Für das fortgesetzte Verfahren wird im Sinne des vorher genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (- und entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers -) klargestellt, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwar die vorläufige Bedeutung des Hinausschiebens der Beendigung des Dienstverhältnisses bis zur Entscheidung über die Berufung zukommt; der Umstand, dass ein dem Grunde nach gekündigtes Dienstverhältnis vorliegt, bei dem die Frage der Rechtmäßigkeit der Kündigung noch in Schwebe ist, verhindert aber das Eintreten der Definitivstellung bloß durch Zeitablauf. Zu dem umfangreichen Vorbringen des Beschwerdeführers zu den in der Begründung des angefochtenen Bescheides angesprochenen Leistungsmängeln ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde nach der in der Begründung zusammenfassend und abschließend wiedergegebenen Auffassung meint, "dass der Berufungswerber die gesundheitliche Eignung für den öffentlichen Dienst nicht besitzt und daher von der Übernahme in ein definitives Dienstverhältnis auszuschließen ist". Den angeblichen Leistungsmängeln ist demnach für die jetzt angefochtene Entscheidung keine wesentliche Bedeutung zugekommen. In der entscheidenden Frage der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers für die unkündbare Beamtenlaufbahn stellt die unstrittige Tatsache der Erkrankung des Beschwerdeführers und der daraus im letzten Jahr des provisorischen Dienstverhältnisses folgenden Dienstverhinderungen ein deutliches Indiz für Mängel des Beschwerdeführers in seiner gesundheitlichen Eignung dar; ungeachtet dessen hätte aber die Beantwortung der entscheidenden Frage seiner gesundheitlichen Eignung ausgehend von der die Dienstbehörde nach § 8 Abs. 1 DVG treffenden besonderen Verpflichtung, auch auf die allenfalls zum Vorteil des Beschwerdeführers dienenden Umstände Bedacht zu nehmen, auch eine Auseinandersetzung mit der vom Beschwerdeführer behaupteten bevorstehenden Aussicht auf Heilung vorausgesetzt.

Wien, am 24. Jänner 2001

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