VwGH 2000/11/0323

VwGH2000/11/032328.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Dorothea Lamac, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Stranitkygasse 9/2, diese vertreten durch Dr. Christa-Maria Scheimpflug, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Erdberger Lände 6/27, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 11. September 2000, Zl. MA 15-II-J 24/2000, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

SHG Wr 1973 §10 Abs1;
SHG Wr 1973 §13 Abs1;
SHG Wr 1973 §13 Abs3;
SHV Richtsätze Wr 1973 §1 Abs1;
SHG Wr 1973 §10 Abs1;
SHG Wr 1973 §13 Abs1;
SHG Wr 1973 §13 Abs3;
SHV Richtsätze Wr 1973 §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 27. Oktober 1999 wurde dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 12. Juli 1999 bis 10. August 1999 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) in der Höhe von S 5.983.- gewährt. Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2000, Zl. 99/11/0379, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der nunmehr angefochtene Bescheid ist der auf Grund dieses Erkenntnisses von der belangten Behörde als Berufungsbehörde erlassene Ersatzbescheid. Mit diesem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 5. August 1999 für die Zeit vom 12. Juli 1999 bis 10. August 1999 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem WSHG in der Höhe von S 5.205.- gewährt. Die belangte Behörde legte der Berechnung der Geldaushilfe den "Richtsatz für 1 Erwachsenen und 2 Kinder" in der Höhe von monatlich S 9.089.- zu Grunde, dies entspreche - so die Begründung im angefochtenen Bescheid - pro Tag bei einem Monat mit 31 Tagen S 293,19, für 30 Tage (d. i. der Zeitraum der Gewährung der Sozialhilfe) daher S 8.795,70. Für die Ermittlung des "Sozialhilfebedarfes" rechnete die belangte Behörde diesem Richtsatzbetrag Mietbeihilfe von S 3.030,95 und den vom Beschwerdeführer an sein Kind M zu leistenden Unterhalt von S 660.-

hinzu und stellte damit den "Sozialhilfebedarf" mit S 12.486,65 fest. Diesem Betrag stellte die belangte Behörde ein "Gesamteinkommen" des Beschwerdeführers von S 7.282,08 gegenüber, welches sich wie folgt zusammensetzt: "Alimente" in der Höhe von S 660.- , die der Sohn W, welcher mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt lebt, erhält; einen Betrag von S 1.048,08 bezeichnet mit "Rest Einkommen 5/99" sowie erhaltenes Arbeitslosengeld von täglich S 185,80, insgesamt für 30 Tage daher S 5.574.-. Aus dem errechneten "Sozialhilfebedarf" von S 12.486,65 abzüglich dem festgestellten Gesamteinkommen von S 7.282,08 ergab sich die bescheidmäßig zuerkannte Geldaushilfe als "Richtsatzdifferenz" in der Höhe von S 5.204,97. (Der zu Gunsten des Beschwerdeführers im Groschenbereich festgestellte Rechenfehler ist im Beschwerdefall nicht beachtlich.)

In seiner an den Verwaltungsgerichthof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid deshalb verletzt, weil die belangte Behörde den Sozialhilfeanspruch für den Zeitraum der Gewährung der Geldaushilfe nicht mit S 7.477,90 festgesetzt hat. Der Beschwerdeführer geht zwar in Übereinstimmung mit der belangten Behörde davon aus, dass der Richtsatz für einen Hauptunterstützten und "2 Kinder" heranzuziehen sei, für den Zeitraum der Gewährung von 30 Tagen hätte jedoch der in der Richtsatzverordnung festgesetzte monatliche Richtsatz zur Gänze (d. i. S 9.089.-) zuerkannt werden müssen. Die "Bemessungsgrundlage beim Arbeitslosengeld (Notstandshilfe)" sei willkürlich.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des WSHG

von Bedeutung:

"Anspruch

§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

(2) Der Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes wird jedoch nicht berührt durch

1. Unterhaltsleistungen von Angehörigen, die gemäß § 29 Abs. 2 nicht zum Ersatz der Sozialhilfekosten herangezogen werden dürfen;

....

Einsatz der eigenen Mittel

§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

....

Lebensbedarf

§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören

  1. 1. Lebensunterhalt,
  2. 2. Pflege,
  3. 3. Krankenhilfe,
  4. 4. Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen,
  5. 5. Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung.

(2) Der Lebensbedarf kann in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gesichert werden.

Lebensunterhalt

§ 12. Der Lebensunterhalt umfasst insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Geldleistungen

§ 13 (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.

(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorgesehen:

1. Richtsatz für den Alleinunterstützten,

  1. 2. Richtsatz für den Hauptunterstützten,
  2. 3. Richtsatz für den Mitunterstützten.

    Der in Z. 1 bezeichnete Richtsatz hat im Umfang des Abs. 3 den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden zu decken, der keine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen hat. Die in Z. 2 und 3 bezeichneten Richtsätze haben zusammen den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden, seines Ehegatten oder Lebensgefährten und der sonst mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen im Umfange des Abs. 3 zu decken. Bezieht ein mit dem Hilfe Suchenden in Familiengemeinschaft lebender unterhaltsberechtigter Angehöriger von einem außerhalb der Familiengemeinschaft lebenden Dritten eine Unterhaltsleistung, die die Höhe des Richtsatzes für einen Mitunterstützten übersteigt, so ist dieser Angehörige bei der Bedarfsermittlung nicht zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Lehrlingsentschädigungen oder für ein allfälliges sonstiges Einkommen dieses Angehörigen.

(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuer, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern....

(5) Der Richtsatz kann im Einzelfall unterschritten und auf das zum Lebensunterhalt unerlässliche Maß beschränkt werden, wenn der Hilfe Suchende trotz Ermahnung mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln nicht zweckmäßig umgeht. Ist der Hilfe Suchende trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit (§ 9 Abs. 1) nicht gewillt, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen, so ist der Richtsatz bis zu 50% zu unterschreiten. Der Lebensunterhalt unterhaltsberechtigter Angehöriger sowie des Lebensgefährten darf dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden.

(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden."

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall von einem Richtsatz von monatlich S 9.089.- ausgegangen ist, erblickt jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in der von der belangten Behörde vorgenommenen Aliquotierung des Richtsatzes. (Der im Beschwerdefall als monatlicher Richtsatz errechnete Betrag von S 9.089.- wurde von der belangten Behörde durch die Anzahl der Monatstage - das sind im Beschwerdefall wegen des in die Monate Juli und August fallenden Gewährungszeitraumes 31 Tage - dividiert und sodann mit der Zahl der Tage, für welche die Sozialhilfe gewährt worden ist, d. i. im Beschwerdefall 30, multipliziert). Der Beschwerdeführer hingegen vertritt die Rechtsauffassung, dass sich der Zeitraum des (monatlichen) Richtsatzbetrages jedenfalls (immer) nur auf den Zeitraum von 30 Tagen bezieht.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer aber die Rechtslage. Gemäß § 13 Abs. 1 WSHG hat die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen, die durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen sind. Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist der Richtsatz so zu bemessen, dass er den monatlichen - im Gesetz näher umschriebenen, bestimmte Bereiche des Lebensunterhaltes betreffenden - Bedarf deckt. Auch in der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe vom 27. Februar 1973, LGBl. Nr. 13/1973, (Richtsatzverordnung ) werden die Richtsätze zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit monatlichen Beträgen festgesetzt (siehe § 1 Abs. 1 dieser Verordnung). Die Richtsätze sollen somit den im § 13 Abs. 3 WSHG näher umschriebenen monatlichen (Durchschnitts-)Bedarf decken. Hievon kann nur unter den im Abs. 4 (Richtsatzüberschreitung) und Abs. 5 (Richtsatzunterschreitung) dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen abgegangen werden. Der nicht durch den monatlichen Richtsatz gedeckte Bedarf kann gemäß § 13 Abs. 6 WSHG als Sonderbedarf geltend gemacht werden.

Da die Richtsätze somit - aus verwaltungsökonomischen Erwägungen - im Verordnungsweg festgesetzte Beträge sind, die die Höhe des Durchschnittsbedarfes gemäß § 13 Abs. 3 WSHG des Monates widerspiegeln, für welchen bzw. in welchem die Sozialhilfe gewährt wird, bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise, einen Tagessatz des (monatlichen) Richtsatzes für den jeweiligen Monat, in welchem Sozialhilfe (nicht für den ganzen Monat) gewährt wird, zu berechnen.

Da der Beschwerdeführer - wie der im vorgelegten Verwaltungsakt erliegenden Bezugsbestätigung des Arbeitsmarktservice zu entnehmen ist - im Zeitraum der Gewährung der Sozialhilfe ein tägliches Arbeitslosengeld von S 185,80 erhalten hat, war auch die Vorgangsweise der belangten Behörde, diese Beträge als Einkommen im Sinne des § 10 Abs. 1 WSHG zu berücksichtigen, rechtmäßig. Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde auch nicht, Arbeitslosengeld in der von der belangten Behörde festgestellten Höhe sowie den als "restl. Einkommen 5/99" bezeichneten Betrag erhalten zu haben. Dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 27. Oktober 1999, welcher mit hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2000, Zl. 99/11/0379, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden ist, ein geringeres anrechenbares Einkommen des Beschwerdeführers angenommen hatte, ändert daran nichts, weil es darauf ankommt, welches anrechenbare Einkommen der Beschwerdeführer im Zeitraum der Gewährung der Sozialhilfe tatsächlich erhalten hat.

Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001

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