VwGH 2000/10/0109

VwGH2000/10/01093.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Dr. Heinrich B in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Wien vom 2. März 2000, Zl. UVS-06/13/56/1999, betreffend Übertretung des Wiener Baumschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
BaumschutzG Wr 1974 §1 Abs1;
BaumschutzG Wr 1974 §1 Abs2;
BaumschutzG Wr 1974 §11;
BaumschutzG Wr 1974 §13 Abs2 Z3 idF 1996/054;
BaumschutzG Wr 1974 §3 Abs1 Z2;
BaumschutzG Wr 1974 §4;
VStG §24;
VStG §44a Z3;
VStG §51g Abs1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
BaumschutzG Wr 1974 §1 Abs1;
BaumschutzG Wr 1974 §1 Abs2;
BaumschutzG Wr 1974 §11;
BaumschutzG Wr 1974 §13 Abs2 Z3 idF 1996/054;
BaumschutzG Wr 1974 §3 Abs1 Z2;
BaumschutzG Wr 1974 §4;
VStG §24;
VStG §44a Z3;
VStG §51g Abs1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Ausspruches über die Strafe und des damit verbundenen Ausspruches gemäß § 64 VStG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

Am 29. Oktober 1998 erstattete die Magistratsabteilung 42, Stadtgartenamt, Anzeige, dass am 7. oder 8. Oktober 1998 mit Wissen und Willen des Beschwerdeführers eine Eibe mit einem Stammumfang von 72 cm ohne Vorliegen einer behördlichen Bewilligung im Zuge der Errichtung einer Garteneinfahrt gefällt worden sei.

Die Meldungslegerin D, die die Fällung des verfahrensgegenständlichen Baumes bei einem Ortsaugenschein am 8. Oktober 1998 feststellte, hatte bereits am 14. April 1997 mit dem Architekten M des Beschwerdeführers den Baum wegen der Absicht, ihn zu fällen, besichtigt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 des Gesetzes zum Schutz des Baumbestandes in Wien (Wiener Baumschutzgesetz), LGBl. Nr. 27/1974, für schuldig erkannt. Er habe es als Miteigentümer der näher bezeichneten Liegenschaft zu verantworten, dass in der Zeit von 7. 10. 1998 bis zum 8. 10. 1998 ein im Sinne des § 1 Abs. 1 Wiener Baumschutzgesetz geschützter Baum, nämlich eine Eibe mit einem Stammumfang von 72 cm, im Zuge einer Bauführung auf der Liegenschaft entfernt wurde, ohne dass die hiefür erforderliche behördliche Bewilligung vorgelegen sei.

Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 13 Abs. 2 Z. 3 des Wiener Baumschutzgesetzes eine Geldstrafe von S 12.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen, verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen folgendes aus:

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens stehe fest, dass dem Beschwerdeführer die Zugehörigkeit des verfahrensgegenständlichen Baumes zum geschützten Baumbestand im Sinne des Wiener Baumschutzgesetzes, dessen Entfernung einer behördlichen Bewilligung bedurfte, durchaus bekannt und bewusst war.

Um sich ein Bewilligungsverfahren gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 des Wiener Baumschutzgesetzes zu ersparen, in welchem vor der Bewilligung eine Stellungnahme der Baubehörde über die Bebauungsmöglichkeit ohne Fällung des Baumes eingeholt hätte werden müssen und obwohl eine Baumentfernung gemäß § 11a des Wiener Baumschutzgesetzes erst nach Einlangen der Baubeginnsanzeige zulässig gewesen wäre, habe der Beschwerdeführer auf die Stellung eines diesbezüglichen Antrages verzichtet und den Baum ohne die dafür vorgesehene Bewilligung gefällt, nachdem ihm die Baubewilligung für die Errichtung einer Garage erteilt worden war.

Diese Feststellungen gründeten sich auf die Angaben des Berufungswerbers und der beiden Zeugen, des Architekten M und der Meldungslegerin D der Magistratsabteilung 42, Stadtgartenamt, sowie auf den persönlichen Eindruck von diesen Personen.

Bereits auf Grund der unbedenklichen Aussage der Zeugin D, einer geprüften Gärtnermeisterin, stünden die in der Tatanlastung genannten Eigenschaften des gefällten Baumes fest, welche die Einholung einer Bewilligung für die Fällung erforderlich gemacht hätten.

Die Fällung selbst sei von der Zeugin D zufällig entdeckt und vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt worden. Der Umstand, dass die Zeugin D im Vorhinein um eine Begutachtung des Baumes ersucht worden sei, deute zusätzlich darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer und der von ihm beauftragte Architekt M der Bewilligungspflicht für die Baumentfernung vollkommen bewusst gewesen seien. Die Einlassung des Beschwerdeführers, er habe sich auf die baurechtliche Bewilligung verlassen, und die Behörden hätten ihn besser informieren müssen, stelle sich als nachträgliche Schutzbehauptung und als Verteidigungsstrategie zur Bemäntelung einer planmäßigen Gesetzesübertretung dar.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Einheit der Behörde "Magistrat der Stadt Wien" seien schon deshalb unerheblich, weil der Beschwerdeführer auch an die Baubehörde keinen Antrag nach dem Wiener Baumschutzgesetz gestellt habe.

Er habe somit die ihm angelastete Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht, zumal er die Entfernung des Baumes vorsätzlich und im Wissen, dass eine Bewilligung nicht vorgelegen sei, veranlasst habe.

Auch könne dem Beschwerdeführer mangelndes Unrechtsbewusstsein nicht zu Gute gehalten werden, da er im Zuge der von ihm in die Wege geleiteten Bauführung verpflichtet gewesen wäre, sich mit den dafür geltenden Vorschriften einschließlich jener über die Entfernung von Bäumen bekannt zu machen.

Weiters enthielt die Begründung noch Ausführungen über die Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 3 Abs. 1 Z. 2 des Gesetzes zum Schutz des Baumbestandes in Wien, LGBl Nr. 27/1974 (Wiener Baumschutzgesetz), lautet:

"§ 3. (1) Es ist verboten,

  1. 1. ...
  2. 2. Bäume zu fällen, auszugraben, auszuhauen, auszuziehen oder sonstwie zu entfernen, ausgenommen bei Vorliegen einer Bewilligung nach § 4;

    3. ...

    § 4 Wiener Baumschutzgesetz lautet:

"§ 4. (1) Das Entfernen von Bäumen bedarf einer behördlichen Bewilligung. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn

1. die Bäume die physiologische Altersgrenze nach Art und Standort erreicht oder überschritten haben oder sich in einem Zustand befinden, daß ihr Weiterbestand nicht mehr gesichert und daher die Entfernung geboten erscheint oder

2. ein Teil des auf einem Grundstück stockenden Baumbestandes im Interesse der Erhaltung des übrigen wertvolleren Bestandes entfernt werden muß (Pflegemaßnahmen) oder

3. die Bäume durch ihren Wuchs oder Zustand den Bestand von baulichen Anlagen, fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit von Personen gefährden und keine andere zumutbare Möglichkeit der Gefahrenabwehr gegeben ist oder

4. bei Bauvorhaben ohne die Entfernung von Bäumen die Bebauung der im Bebauungsplan ausgewiesenen oder nach der festgesetzten Bauweise sich ergebenden unmittelbar bebaubaren Fläche eines der Bauordnung für Wien entsprechenden Bauplatzes nicht zur Gänze möglich ist, wobei jedoch in den Bauklassen I und II bei offener oder gekuppelter Bauweise, wenn keine Baufluchtlinien festgesetzt sind, die Gebäude und baulichen Anlagen so zu situieren sind, daß grundsätzlich höchstens 20 v. H. der durch dieses Gesetz geschützten Bäume entfernt werden müssen oder

5. bei anderen als in Z. 4 genannten Bauvorhaben, Straßen- , Verkehrs- oder sonstigen Projekten das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens oder Projektes das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes bedeutend überwiegt oder

6. der Grundeigentümer (Bauberechtigte) eine ihm auf Grund zwingender gesetzlicher Vorschriften unmittelbar obliegende Verpflichtung oder behördliche Anordnungen ohne die Entfernung von Bäumen nicht erfüllen könnte.

(2) Die Bewilligung ist in jedem Falle auf das unumgänglich notwendige Ausmaß zu beschränken.

(3) Müssen Bäume auf Grund von Maßnahmen nach dem Kulturpflanzenschutzgesetz, LGBl. für Wien Nr. 21/1949, in der jeweils geltenden Fassung, entfernt werden, so bedarf es hiezu keiner Bewilligung nach diesem Gesetz."

§ 11 Wiener Baumschutzgesetz, der mit LGBl. Nr. 48/1998 mit Wirkung vom 30. September 1998 aufgehoben wurde, lautete:

"§ 11. Vor rechtskräftiger Bewilligung gemäß § 4 dieses Gesetzes darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden."

§ 11a Wiener Baumschutzgesetz (eingefügt mit LGBl. Nr. 52/1993) lautet (unter der mit LGBl. Nr. 45/1998 beigefügten Überschrift "Verknüpfung mit der Bauordnung für Wien"):

"§ 11a. Das Entfernen der Bäume ist bei Bewilligungen gemäß § 4 Abs.1 Z 4 erst nach dem Einlangen der Baubeginnsanzeige (§ 124 Abs. 2 Bauordnung für Wien) bei der Baubehörde zulässig."

§ 13 Abs. 2 Z. 3 Wiener Baumschutzgesetz idF LGBl. Nr. 54/1996 lautet:

"§ 13. ...

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht, sofern keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, wer

...

3. einen Baum entgegen den Bestimmungen des § 4 ohne vorherigen Bewilligung entfernt oder entfernen lässt,

..."

2. Zunächst wird in der Beschwerde vorgebracht, es sei "Entscheidungsverjährung" eingetreten. Dies wird damit begründet, dass Behörden verpflichtet wären, innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden; der Unabhängige Verwaltungssenat habe aber ein Jahr lang benötigt.

Da weder (in erster Instanz) Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs. 1 VStG eingetreten ist, noch die zum Außerkrafttreten des mit Berufung bekämpften Straferkenntnisses führende Frist von 15 Monaten nach Einlangen der Berufung gemäß § 51 Abs. 7 VStG ohne Bescheiderlassung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat verstrichen ist (solches wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet), geht dieser Einwand des Beschwerdeführers ins Leere.

3. Weiters wendet sich die Beschwerde dagegen, dass im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 29. Dezember 1998 nicht ausgeführt sei, auf welcher konkreten Fassung des Wiener Baumschutzgesetzes die Entscheidung beruhe. Es werde lediglich das Landesgesetzblatt Nr. 27/1974 "in der geltenden Fassung" angeführt. Da wesentliche Teile des Verfahrens in eine Novellierungszeit fallen würden, könne nicht festgestellt werden, welche Fassung gültig sei, was zum Beispiel für die Frage, welche Berufungsbehörde zuständig sei, bzw. für die Frage der Gültigkeit des § 11 oder § 11a für die Gesetzmäßigkeit der Baubewilligung entscheidend sei.

4. Zu diesem Vorbringen ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

  1. 1. die als erwiesen angenommene Tat;
  2. 2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

    3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung.

    Im Beschwerdefall fällt zunächst auf, dass die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer zwar die Übertretung des § 3 Abs. 1 Z 2 Baumschutzgesetz vorgeworfen hat und im Gefolge des Ausspruches über die Verhängung der Strafe § 13 Abs. 2 Z 3 Baumschutzgesetz zitiert. Allein, § 13 Abs. 2 Z 3 Baumschutzgesetz enthält nicht die Strafdrohung im Sinn des § 44a Z 3 VStG (diese findet sich in § 13 Abs. 3 Baumschutzgesetz idF LGBl. Nr. 54/1996). Die belangte Behörde hat den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides diesbezüglich nicht ergänzt, wozu sie jedoch im Hinblick auf das Fehlen der Sanktionsbestimmung im Sinn des § 44a Z 3 VStG verpflichtet gewesen wäre (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 44a VStG, unter E 537 wiedergegebene Rechtsprechung).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bescheid hinsichtlich des Strafausspruches aufzuheben, wenn sich der Bescheid im Hinblick auf das Fehlen der Angabe der Sanktionsnorm als inhaltlich rechtswidrig erweist (vgl. zur Frage der Trennbarkeit von Ausspruch über die Schuld und die Strafe das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. April 1979, Slg. Nr. 9828/A, sowie die hg. Erkenntisse VwSlg. 10.312/A und 11.772/A).

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich des Ausspruches über die Strafhöhe und des damit zusammenhängenden Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

5. Soweit mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach auch die ungenügende Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift gerügt wird, ist auf Folgendes zu verweisen:

Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift auch die Angabe der korrekten Fundstelle fordert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 1995, Zl. 92/07/0175) und im Fall der Novellierung der angewendeten Strafbestimmung auch die Fundstelle jener Fassung anzugeben ist, durch die die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hatte. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinne in verschiedenen Zusammenhängen einen formelhaften Verweis auf die "geltende Fassung" der verletzten Verwaltungsvorschrift als ungenügend qualifiziert; dies auch mit dem Hinweis, dass dem Beschuldigten ein Rechtsanspruch zustehe, dass der Spruch des Straferkenntnisses die seine Strafbarkeit bewirkenden verletzten Verwaltungsvorschriften in einer Weise benenne, die ihn jeder Ungewissheit enthebe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1992, Zl. 92/07/0016, in dem es um die Bestrafung nach dem Qualitätsklassengesetz iVm der Qualitätsklassenverordnung ging, wobei letztere nur in der Stammfassung zitiert worden war, obwohl sie mehrfach novelliert worden war). Im Beschwerdefall wurde dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Bescheid die Verletzung des § 3 Abs. 2 Z 1 Baumschutzgesetz "idgF" vorgeworfen. Dieser stellt tatsächlich die durch die vorgeworfene Tat verletzte Bestimmung dar. Er galt im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids noch in der Stammfassung. Die Beifügung "idgF" erweist sich insofern als überflüssig. Es konnte für den Beschwerdeführer aber auch nicht zweifelhaft sein, welche Vorschrift als die verletzte angenommen wurde, zumal der Inhalt des zitierten § 3 Abs. 1 Z 2 Baumschutzgesetz im erstinstanzlichen Bescheid in der Begründung wiedergegeben wurde. Es ist daher nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht für den Beschwerdeführer Zweifel über die Vorschrift, deren Verletzung ihm angelastet wird, bestanden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - an der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Berufung gegen das Straferkenntnis erster Instanz nichts ändert, gleichgültig, welche Fassung der sonstigen Bestimmungen des Baumschutzgesetzes anzuwenden war. Der Umstand, dass andere Bestimmungen des Baumschutzgesetzes novelliert wurden, berührt die Frage der Spruchfassung gemäß § 44a VStG nicht. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Behörden, somit auch der Berufungsbehörde, gilt ganz allgemein, dass eine Rechtswidrigkeit eines Bescheides dann gegeben ist, wenn die einschreitende Behörde nach der anwendbaren Rechtslage nicht zur Entscheidung zuständig war; im Beschwerdefall ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates aus § 51 VStG.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu § 11 Wiener Baumschutzgesetz ist in diesem Zusammenhang auf Folgendes hinzuweisen:

Die letzte Novellierung des Wiener Baumschutzgesetzes vor dem Tatzeitpunkt erfolgte am 29. September 1998 mit dem Landesgesetzblatt für Wien Nr. 48/1998. Dieses Gesetz trat gemäß seinem Art. II am 30. September 1998 in Kraft. Durch diese Novelle wurde jedoch der im Beschwerdefall angewendete Straftatbestand nicht geändert. Es wurde vielmehr § 11, der die Reihenfolge der Erteilung der Bewilligungen nach der Wiener Bauordnung und dem Baumschutzgesetz regelte, aufgehoben. Für die Bestrafung wegen der Entfernung eines Baumes ohne die erforderliche Bewilligung ist es unerheblich, ob § 11 des Gesetzes zum Tatzeitpunkt gegolten hat bzw. ob allenfalls § 11 des Gesetzes trotz der bereits erfolgten Aufhebung noch anzuwenden gewesen wäre (vgl. näher unten, 6.).

§ 11 Wiener Baumschutzgesetz bedeutet nicht, dass eine Baubewilligung auch die Bewilligung nach § 4 Baumschutzgesetz darstellt (diese gleichsam ersetzt). Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten war sowohl vor als auch nach der Aufhebung des § 11 Baumschutzgesetz strafbar (maßgebliche Norm, deren Verletzung dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, war der von der Behörde erster Instanz zutreffend gemäß § 44a Z 1 VStG zitierte § 3 Abs. 1 Z 2 Baumschutzgesetz).

Dadurch, dass die belangte Behörde hinsichtlich der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift keine Änderung des Bescheidspruches vornahm, ist der Beschwerdeführer somit noch nicht in seinen Rechten verletzt.

6. Im Hinblick auf die von der Baubehörde erteilte Bewilligung nach der Wiener Bauordnung für die Errichtung einer Garage wird in der Beschwerde Folgendes vorgebracht:

Gemäß § 11 Wiener Baumschutzgesetz hätte eine Baubewilligung vor der rechtskräftigen Bewilligung gemäß § 4 leg. cit. nicht erteilt werden dürfen. Aus dem Umstand, dass eine Baubewilligung trotz Nichtvorlegens einer Bewilligung gemäß § 4 Wiener Baumschutzgesetz erteilt wurde, versucht die Beschwerde abzuleiten, dass mit Erteilung der Baubewilligung auch eine Bewilligung zur Fällung des Baumes erteilt worden ist.

Dem ist entgegenzuhalten, dass sich gerade aus dem, mit der Novelle des Wiener Baumschutzgesetzes, LGBl. Nr. 48/1998, entfallenen § 11 leg. cit. nur ergab, dass eine Baubewilligung nicht "vor rechtskräftiger Bewilligung" gemäß § 4 des Baumschutzgesetzes erteilt werden durfte. Eine derartige Regelung stellt lediglich eine Vorschrift über die Reihenfolge der Erteilung von landesgesetzlich vorgesehenen Bewilligungen dar.

Aus der Anordnung, dass eine Baubewilligung erst nach Vorliegen der Bewilligung nach dem Baumschutzgesetz erteilt werden darf, kann nicht geschlossen werden, dass dann, wenn - entgegen dieser Anordnung - die Baubewilligung vor der Bewilligung nach dem Baumschutzgesetz erteilt wird, die Baubewilligung die Bewilligung nach dem Baumschutzgesetz ersetze oder inkludiere. Selbst wenn die dem Beschwerdeführer erteilte Baubewilligung somit eine Bauführung genehmigte (etwa durch die baurechtliche Genehmigung der Anlage der Zufahrt derart, dass dies die Entfernung des Baumes voraussetzt), für welche die Baubewilligung erst nach Vorliegen der baumschutzrechtlichen Bewilligung erteilt hätte werden dürfen, ersetzte diese Bewilligung nicht die Bewilligung nach Baumschutzgesetz (im Übrigen hat bereits die Behörde erster Instanz darauf hingewiesen, dass sich aus der dem Beschwerdeführer erteilten Baubewilligung keineswegs ergab, dass für die Konsumierung der Baubewilligung die Entfernung des Baumes erforderlich gewesen wäre). Darüber hinaus muss sich der Beschwerdeführer auch § 11a Baumschutzgesetz entgegenhalten lassen, dem zufolge die Entfernung des Baumes, selbst wenn eine ausdrückliche Bewilligung nach § 4 Baumschutzgesetz erteilt wurde, erst nach dem Einlangen der Baubeginnsanzeige zulässig ist.

Die Strafbarkeit der Entfernung des Baumes ohne Bewilligung nach § 4 Wiener Baumschutzgesetz war daher auch zur Zeit der Geltung des § 11 Baumschutzgesetz gegeben.

Aus dem Umstand, dass dem Beschwerdeführer eine Baubewilligung trotz Nichtvorliegens einer Bewilligung gemäß § 4 des Wiener Baumschutzgesetzes erteilt wurde, folgt somit nicht, dass die Bewilligung nach § 4 als erteilt gelten konnte.

7. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang weiters vorbringt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung gem. § 4 Abs. 1 Z 6 Baumschutzgesetz vorgelegen seien, so ist dazu darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung, ob ein Baum entgegen dem Gesetz ohne Vorliegen einer Bewilligung entfernt wurde, nicht maßgeblich ist, ob eine Bewilligung erteilt hätte werden können, sondern, ob die Bewilligung tatsächlich erteilt war. Eine Bewilligung nach § 4 Baumschutzgesetz war jedoch tatsächlich nicht erteilt.

8. Soweit das Vorbringen des Beschwerdeführers (das er auch bereits im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde erstattete) dahingehend zu verstehen ist, dass er einen entschuldigenden Rechtsirrtum iSd § 5 Abs. 2 VStG geltend machen möchte, ist darauf zu verweisen, dass die Unkenntnis des Gesetzes gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Nach der hg. Rechtsprechung ist die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift oder eine irrige Auslegung des Gesetzes nur dann unverschuldet, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, unter E 166 zu § 5 VStG wiedergegebene Rechtsprechung). Im Beschwerdefall war dem Beschwerdeführer durch die Kontakte mit den Behörden das Erfordernis einer Bewilligung nach dem Baumschutzgesetz für die Fällung des Baumes bekannt. Dass ihm eine verfehlte Auskunft dahingehend erteilt worden wäre, dass die baubehördliche Bewilligung die Bewilligung nach Baumschutzgesetz ersetze, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht. Er hat sich vielmehr sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachträglich auf eine Fehlvorstellung von der Bedeutung der ihm erteilten Baubewilligung berufen. Wie jedoch bereits die belangte Behörde festgestellt hat, hätte sich der Beschwerdeführer als Bauwerber mit den maßgeblichen Vorschriften vertraut machen müssen (vgl. wiederum die bei Walter/Thienel, a.a.O., wiedergegebene Rechtsprechung).

Das Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids hinsichtlich der Beurteilung der Schuld des Beschwerdeführers aufzuzeigen.

9. Soweit der Beschwerdeführer den festgestellten Sachverhalt, nämlich dass der verfahrensgegenständliche Baum in einem Meter Höhe über Beginn der Wurzelverzweigung einen Stammumfang von 72 cm aufgewiesen habe, bestreitet und zudem vorbringt, es wären keine Feststellung darüber getroffen worden, dass es sich beim gegenständlichen Baum nicht etwa um einen einer Eibe zwar ähnlich sehenden aber tatsächlich standortfremden exotischen Baum, der nicht unter das Wiener Baumschutzgesetz falle, handle, ist Folgendes auszuführen:

Bezüglich Umfang und Art des verfahrensgegenständlichen Baumes ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie den diesbezüglichen Sachverhalt als auf Grund der unbedenklichen Aussage der Zeugin D, einer geprüften Gärtnermeisterin, als erwiesen annimmt. Auch ist dem Wiener Baumschutzgesetz nicht zu entnehmen, dass sie exotische Bäume nicht schütze, im Gegenteil, gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Baumschutzgesetz gehören alle Bäume (sowohl Laub- als auch Nadelhölzer) mit dem dort genannten Stammumfang, mit Ausnahme der in Abs 2 leg. cit. beschriebenen, zum geschützten Baumbestand.

An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass die Zeugin D, eine Beamtin der Magistratsabteilung 42, gemäß § 12 Abs. 1 des Wiener Baumschutzgesetzes berechtigt ist, zur Erfüllung der ihr nach diesem Gesetz zukommenden Aufgaben Liegenschaften zu betreten um die erforderlichen Auskünfte zu verlangen. Gemäß § 12 Abs. 2 des Wiener Baumschutzgesetzes sind Liegenschaftseigentümer verpflichtet, den Zutritt zu gestatten und Auskünfte zu erteilen. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen, die Zeugin D könne keine genauen Angaben über Art und Umfang des Baumes machen, da sie nicht um die Genehmigung der Grundbetretung angesucht habe, woraus der Beschwerdeführer folgert, dass die Zeugin D den Grund nicht betreten habe, geht daher zum einen an der Rechtslage vorbei, ginge aber zum anderen schon deshalb ins Leere, weil der allfällige Umstand der Übertretung einer Vorschrift noch nichts über die von der Zeugin getroffenen Feststellungen aussagen kann. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage stellt sich im Übrigen hier auch nicht die Frage, ob und inwieweit es Grenzen für die Verwertung von Beweisen gibt, die unter Übertretung von Rechtsvorschriften erhoben worden wären.

10. Zum Vorbringen betreffend Rechtswidrigkeiten infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Behörde erster Instanz ist darauf hinzuweisen, dass etwaige Verfahrensmängel im Verfahren erster Instanz nach Durchführung eines mängelfreien Berufungsverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr von Relevanz sind (vgl. die hg. Rechtsprechung, dass nur Mängel des Berufungsverfahrens zur Aufhebung eines Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen können, z.B. das Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 92/01/0095).

Wenn der Beschwerdeführer weiters rügt, dass ein von ihm beantragter Zeuge zum Beweis dafür, wie die Behörde erster Instanz die Beweise erhoben hat, nicht vernommen wurde, ist er auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Zeuge insbesondere dann nicht vernommen werden muss, wenn er nach der Aktenlage zu den entscheidungswesentlichen Fragen keine Aussage machen kann oder wenn bereits auf Grund des Beweisthemas ersichtlich ist, dass die Aussage entbehrlich erscheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0091). Auch für das Berufungsverfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten gilt insofern nichts anderes. Gemäß § 51g Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat die zur Entscheidung der Sache erforderlichen Beweise aufzunehmen (und gemäß § 51i VStG bei der Fällung des Erkenntnisses, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist). Da das vom Beschwerdeführer genannte Beweisthema für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht von Bedeutung ist, sich nur auf das erstinstanzliche Verfahren bezog, war die Vernehmung des beantragten Zeugen entbehrlich.

11. Da somit weder die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeiten noch eine vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

12. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer, die in den Pauschalsätzen der genannten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 3. September 2001

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