VwGH 99/17/0345

VwGH99/17/03459.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der G Gesellschaft m.b.H. in P, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1d, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 16. März 1999, Zl. 3-403/32-1998, betreffend Fleischuntersuchungsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

31985L0073 Fleischuntersuchungs-RL Art2 Abs3 idF 31993L0118;
31985L0073 Fleischuntersuchungs-RL;
31993L0118 Nov-31985L0073 Anh Kap1 Z1;
31993L0118 Nov-31985L0073 Art1 Z3;
61991CJ0156 Hansa Fleisch VORAB;
61997CJ0374 Feyrer VORAB;
EURallg;
FleischuntersuchungsgebührenG Bgld 1995;
FleischuntersuchungsgebührenV Bgld 1995 §1 Abs1 Z1 litg;
31985L0073 Fleischuntersuchungs-RL Art2 Abs3 idF 31993L0118;
31985L0073 Fleischuntersuchungs-RL;
31993L0118 Nov-31985L0073 Anh Kap1 Z1;
31993L0118 Nov-31985L0073 Art1 Z3;
61991CJ0156 Hansa Fleisch VORAB;
61997CJ0374 Feyrer VORAB;
EURallg;
FleischuntersuchungsgebührenG Bgld 1995;
FleischuntersuchungsgebührenV Bgld 1995 §1 Abs1 Z1 litg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen einen erstinstanzlichen Abgabenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 24. September 1996, mit welchem der Beschwerdeführerin für Juni 1996 Fleischuntersuchungsgebühren in der Höhe von S 42.240,-- vorgeschrieben wurden, als unbegründet abgewiesen.

Begründend verweist die belangte Behörde darauf, dass im Juni 1996 vom Amt der Burgenländischen Landesregierung bei der Berufungswerberin Schlachttier- und Fleischuntersuchungen bei

40.570 Puten durchgeführt worden seien. Für Wartezeiten seien der Berufungswerberin S 320,-- vorgeschrieben worden. Außerdem seien fünf Kontrolluntersuchungen gemäß § 17 Abs. 1 Fleischuntersuchungsgesetz durchgeführt worden. Vom Fleischuntersuchungsorgan seien der Beschwerdeführerin die Höhe der Gebühren mit S 42.240,-- schriftlich bekanntgegeben worden. Die Beschwerdeführerin habe innerhalb offener Frist die Erlassung eines Abgabenbescheides beantragt. Nach dem Hinweis auf die im Beschwerdefall anzuwendenden Vorschriften des Burgenländischen Fleischuntersuchungsgebühren-Gesetzes, LGBl. Nr. 43/1995, und der Burgenländischen Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung, LGBl. für Burgenland Nr. 74/1995, nach deren § 1 Abs. 1 Z 1 lit. g die Gebühr für die Untersuchung bei Puten S 1,-- betrage, wird ausgeführt, dass die Frage, ob die Beschaugebühr den tatsächlichen Kostenaufwand übersteige, nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sei, und ein derartiges Übersteigen überdies auf Grund der Anhörung der Interessensvertretungen vor Einführung der neuen Gebührenregelung auch unwahrscheinlich erscheine. Eine Nichteinhebung von Beschaugebühren, wie dies laut Ausführungen in der Berufung in den Niederlanden erfolge, sei auf Grund der österreichischen Rechtslage nicht möglich und würde auch einen mit Sanktionen verbundenen Verstoß gegen die Richtlinie 85/73/EWG (mit näher angeführten Änderungen durch Rechtsakte der EG) über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch darstellen. Für eine Abschreibung gemäß § 183 Abs. 1 Bgld. Landesabgabenordnung müsste die Einhebung nach der Lage des Falles unbillig sein. Es liege weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit vor. Auch Interessen an der Arbeitsplatzsicherung und wirtschaftspolitische Überlegungen begründeten nach der Rechtsprechung keine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. April 1988, Zl. 88/14/0070).

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 23. Juni 1999, B 881/99-5 u.a. (für den Beschwerdefall unter B 950/99-3), lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Mit weiterem Beschluss vom 29. Juli 1999, B 881/99- 7 u.a. (für den Beschwerdefall unter B 950/99-5) trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im Recht, dass Fleischuntersuchungsgebühren nur in der sich aus der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung Richtlinie 93/118/EG ergebenden Höhe vorgeschrieben zu erhalten, im Recht auf amtswegige Feststellung des für die Erledigung der Verwaltungs- bzw. Abgabensache maßgebenden Sachverhaltes, auf sorgfältige Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und Anführung der für deren Würdigung maßgebenden Umstände in der Bescheidbegründung sowie im Recht, von allen Ergebnissen der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die zur hg. Zl. 99/17/0328, in der ebenfalls eine abweisende Entscheidung gegenüber der Beschwerdeführerin betreffend Fleischuntersuchungsgebühren für die Untersuchung von Puten angefochten ist, erstattete Gegenschrift verwiesen und den Antrag auf Zuerkennung des Vorlageaufwandes gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zum Recht, Abgaben nur in der sich aus der Richtlinie 85/73/EWG über die Finanzierung der Untersuchungen von Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG ergebenden Höhe vorgeschrieben zu erhalten.

1.1. In der Beschwerde wird zur Frage der unmittelbaren Anwendung der genannten Richtlinie zunächst allgemein auf die Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen einer derartigen unmittelbaren Anwendung hingewiesen. Die auf der Grundlage des Burgenländischen Fleischuntersuchungsgebühren-Gesetzes erlassene Burgenländische Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung, LGBl. Nr. 74/1995, stehe im Widerspruch zur zitierten Richtlinie. Nach einem Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Hansa Fleisch Ernst Mundt vom 10. November 1992 zur Entscheidung 88/408/EWG des Rates vom 15. Juni 1988 (der Vorläuferbestimmung der im Beschwerdefall anzuwendenden Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG) wird auf die Schlussanträge von Generalanwalt Philippe Leger in der Rechtssache C-374/97 , Anton Feyrer, hingewiesen. Es wird die Auffassung vertreten, dass die Burgenländische Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung weder die tatsächlichen Untersuchungskosten festsetze, noch dass es sich bei den zu deckenden Kosten um jene der betreffenden kommunalen Behörde handle.

Der Bescheid sei somit unter Anwendung einer richtlinienwidrigen Verordnung ergangen. Die Beschwerdeführerin könne sich auf die Richtlinie berufen, weil der Kostendeckungsgrad der Verordnung nicht unstreitig sei.

Der EuGH sei den Erwägungen des Generalanwaltes Philippe Leger, dass Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie wegen seiner Bedingtheit dem Gebührenpflichtigen nicht unmittelbar die Möglichkeit einräume, sich auf die Verpflichtung zur Zahlung nur des in der Richtlinie festgelegten Pauschalbetrages mangels fristgemäßer Umsetzungsmaßnahmen zu berufen, ohnedies nicht gefolgt, "zumal selbst er dies dahingehend eingeschränkt hatte, dass diese Berufungsmöglichkeit nur dann entfällt, wenn die vom Mitgliedstaat höher festgesetzten Gebühren den der jeweils zuständigen Stelle tatsächlich entstandenen Untersuchungskosten auch entsprechen."

Entgegen diesem Vorschlag, dem Gebührenpflichtigen die Möglichkeit, sich direkt auf die Richtlinie zu berufen, zur Gänze zu nehmen, habe der EuGH klar dargelegt, dass der Mitgliedstaat die Befugnis habe, eine spezifische, die in Kapitel I Nr. 1 festgelegten Pauschalbeträge übersteigende Gebühr zu erheben, wenn - und nur dann (!) - die spezifische Gebühr die tatsächlich entstandenen Kosten der zuständigen Stelle nicht überschreite, was hier jedenfalls nicht gegeben sei, weil nicht nur die tatsächlich anfallenden Kosten erheblich überschritten würden, sondern auch anstatt der Kosten der zuständigen Stelle nicht nachvollziehbare Kosten des gesamten Landes im Pauschale verrechnet würden.

1.2. Zu diesem Vorbringen ist zunächst auf Folgendes zu verweisen:

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 9. September 1999, Rs C- 374/97 , Feyrer, auf die vom vorliegenden Gericht gestellte erste Frage wie folgt geantwortet:

"1. Hat ein Mitgliedstaat die Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG des Rates vom 22. Dezember 1993 innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht umgesetzt, so kann ein Einzelner sich der Erhebung von höheren Gebühren als den im Anhang Kapitel I Nr. 1 festgesetzten Pauschalbeträgen nicht widersetzen, sofern diese Gebühren die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreiten."

Der EuGH hat diese Antwort ausgehend von den Angaben des vorlegenden Gerichts, dass eine Umsetzung der Richtlinie in Bayern nicht erfolgt sei, gegeben (vgl. Rdnr. 22). Nach der Sachverhaltsdarstellung in diesem Urteil konnte sich die Abgabenvorschreibung im Ausgangsfall dieses Urteiles auf gesetzliche Grundlagen (auch auf ein bayerisches Ausführungsgesetz zum Fleischhygienegesetz des Bundes) bzw. auf Satzungsbestimmungen über die Höhe der Fleischuntersuchungsgebühren, die auf dem Gesetz beruhten, stützen; Hintergrund der Rechtsmeinung des vorlegenden Gerichts, es sei keine Umsetzung erfolgt, könnte die Auffassung sein, dass ein vor der entsprechenden Richtlinie der Gemeinschaft erlassenes Gesetz kein Umsetzungsakt sein könne (vgl. dazu das Urteil des deutschen BGH vom 14. Dezember 2000, III ZR 151/99, DVBl 2001, 474; das Bayerische Gesetz zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes stammt nach den Angaben im Urteil Feyrer, Rdnr. 12, aus dem Jahr 1990, die im damaligen Beschwerdefall maßgebliche Bundesbestimmung hatte ihre Fassung im Jahr 1992 erhalten). Es liegt insofern jedoch kein relevanter Unterschied zur Rechtslage im Beschwerdefall vor. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die Antwort des EuGH, auch wenn dieser sie ausdrücklich auf den Fall bezog, dass keine Umsetzung erfolgt sei, auch in Fällen zum Tragen kommt, in welchen eine innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie vorliegt, sich der Beschwerdeführer jedoch darauf beruft, dass die Umsetzung nicht vollständig bzw. nicht der Richtlinie entsprechend erfolgt sei. Es entspricht der Rechtsprechung des EuGH zur allfälligen unmittelbaren Anwendung von Richtlinien, dass eine solche auch dann in Betracht kommt, wenn innerstaatliches Recht (gleichgültig ob es bewusst zur Umsetzung einer Richtlinie erlassen wurde oder ob es, insbesondere weil es aus der Zeit vor der Erlassung der Richtlinie stammt, denselben sachlichen Anwendungsbereich hat) zur Anwendung kommen sollte, welches mit der Richtlinie nicht im Einklang steht (vgl. allgemein etwa Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, 1994, 72 ff, insbesondere 73: "Die unmittelbare Wirkung ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Richtlinie in vollem Umfang ordnungsgemäß umgesetzt wurde", oder die Ausführungen von Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Hansa Fleisch Ernst Mundt, Slg. 1992, I-5567, Rdnr. 17:

"Im Urteil vom 26. Februar 1986 in der Rechtssache 152/84 (Marshall/Southampton and South-West Hampshire Area Health Authority, Slg. 1986, 723, Randnrn. 46 f.) hat der Gerichtshof die Grundsätze, auf denen die Lehre der unmittelbaren Wirkung beruht, wie folgt dargelegt: 'Es ist daran zu erinnern, dass nach

ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ... in all den Fällen,

in denen Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, die einzelnen berechtigt sind, sich gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen zu berufen, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umsetzt oder eine unzutreffende Umsetzung dieser Richtlinie vornimmt.')."

Entscheidend für die Frage der unmittelbaren Anwendung der hier in Rede stehenden Richtlinie ist - wie auch in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird - nach dem oben wörtlich wiedergegebenen Spruch des Urteils in der Rechtssache Feyrer, dass

sich "ein Einzelner ... der Erhebung von höheren Gebühren als den

im Anhang Kapitel I Nr. 1 festgesetzten Pauschalbeträgen nicht widersetzen (kann), sofern diese Gebühren die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreiten".

Der EuGH hat zur Begründung dieser Antwort im Urteil (zur Verdeutlichung des seiner Ansicht nach bestehenden Unterschieds zur früheren Rechtslage, zu der das Urteil in der Rechtssache Hansa Fleisch Ernst Mundt ergangen war) ausgeführt, dass die Befugnis der Mitgliedstaaten, Beträge zu erheben, die die tatsächlichen Kosten decken, wenn diese höher als die im Anhang Kapitel I Nr. 1 der Richtlinie festgesetzten Pauschalbeträge seien, nicht Voraussetzungen unterliege, deren Beachtung einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sei. Daraus sei zu folgern, dass Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie für die Mitgliedstaaten keine unbedingte Verpflichtung begründe, auf die sich der Einzelne vor den nationalen Gerichten berufen könne (Randnummer 28). In Abkehr von seiner Rechtsprechung in dem auch in der Beschwerde genannten Urteil in der Rechtssache Hansa Fleisch Ernst Mundt, Slg. 1992, I- 5567, kommt der EuGH somit nunmehr zum Ergebnis, dass eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie nicht bzw. nur in dem im oben wiedergegebenen Spruchteil umschriebenen Rahmen möglich ist; gleichwohl geht der EuGH davon aus, dass der Einzelne sich nach Maßgabe der oben wörtlich wiedergegebenen einschränkenden Voraussetzungen auf die Richtlinie berufen könne.

1.3. Streitentscheidend ist daher, ob die nach der Burgenländischen Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung eingehobenen Gebühren für die Fleischuntersuchung bei Puten die tatsächlichen Kosten der Fleischuntersuchung überschreiten oder nicht.

1.4. In der Beschwerde wird zu dieser Frage unter Berufung auf die Schlussanträge von Generalanwalt Leger die Auffassung vertreten, dass es auf die Kosten der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg ankomme.

Dem Urteil in der Rechtssache Feyrer ist in diesem Zusammenhang Folgendes zu entnehmen:

Der EuGH antwortete auf die dritte Frage des vorlegenden Gerichts, ob ein Mitgliedstaat, wenn er die Befugnis zur Erhebung der Gebühren für Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch den kommunalen Behörden übertragen habe, nach Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie bis zur Höhe der im gesamten Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates tatsächlich entstehenden Untersuchungskosten oder bis zur Höhe der tatsächlichen Untersuchungskosten der zuständigen kommunalen Behörde höhere Gebühren als die Gemeinschaftsgebühren erheben dürfe, wie folgt:

"3. Hat ein Mitgliedstaat die Befugnis zur Erhebung der Gebühren für Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch den kommunalen Behörden übertragen, so darf er nach Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG bis zur Höhe der der zuständigen kommunalen Behörde tatsächlich entstandenen Untersuchungskosten höhere Gebühren als die Gemeinschaftsgebühren erheben."

Aus dieser Antwort kann - im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerde - nicht gefolgert werden, dass es für die Prüfung der Frage, ob die Fleischuntersuchungsgebühren kostendeckend sind, darauf ankäme, ob die konkreten Kosten, die der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg erwachsen, überschritten werden oder nicht. Die Antwort des EuGH geht vielmehr dahin, dass dann, wenn ein Mitgliedstaat die Befugnis zur Erhebung der Gebühren kommunalen Behörden übertragen hat, es auf die Höhe der diesen kommunalen Behörden tatsächlich entstandenen Kosten ankäme. In Österreich ist die Einhebung der Fleischuntersuchungsgebühren den Ländern übertragen. Einhebende Gebietskörperschaft ist das Land; dieses ist somit die im Urteil angesprochene "Behörde", welcher die Einhebung übertragen wurde (nicht die Bezirksverwaltungsbehörde). Es kann aus der Antwort des EuGH auf die dritte Vorlagefrage in der Rechtssache Feyrer nur abgeleitet werden, dass es im Falle einer Übertragung des Rechts zur Einhebung der Gebühren vom Mitgliedstaat auf nachgeordnete Einrichtungen auf die Kosten jener Einrichtungen ankommt, auf welche das Recht zur Erhebung der Gebühr übertragen wurde. Dass darüber hinaus im Falle des Bestehens von Untergliederungen dieser einhebungsberechtigten Gebietskörperschaften oder Einrichtungen nur die jeweils der konkret einschreitenden Untergliederung erwachsenden Kosten in Ansatz gebracht werden dürften, ist der Antwort nicht zu entnehmen. Eine derartige Auslegung verbietet sich auch schon deshalb, weil auch im Falle der Einhebung der Gebühr durch den Mitgliedstaat es lediglich auf die Kosten im gesamten Mitgliedstaat ankommen kann und der Rechtsprechung des EuGH nicht zu entnehmen ist, dass es auf die konkreten Kosten einer Behörde oder eines einschreitenden Organs ankäme. Die in der Beschwerde vertretene Differenzierung nach der einschreitenden Behörde liegt daher dem Gemeinschaftsrecht nicht zu Grunde. Es wäre überdies auch nicht nachvollziehbar, wollte man die Höhe der zulässigen Gebühr davon abhängig machen, ob der einschreitenden Behörde tatsächlich Kosten erwachsen oder ob die Kosten - wie bei der Durchführung der Untersuchungen durch organisatorisch dem Land zuzuordnende Bedienstete oder auf Rechnung des Landes - von einer anderen Behörde zu tragen sind; im Falle des Verhältnisses zwischen Bezirksverwaltungsbehörde und Landesregierung handelt es sich überdies um Organe desselben Rechtsträgers, nämlich des Landes.

Damit ergibt sich, dass eine Berufung auf die Richtlinie nur dann in Betracht kommt, wenn die nach der Burgenländischen Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung eingehobene Gebühr dazu führt, dass die Kosten der Fleischuntersuchung bei Puten im Land Burgenland überschritten würden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den Angaben der belangte Behörde (siehe 1.5.) ergibt, dass die von der Beschwerdeführerin eingehobenen Gebühren die konkret für die Untersuchungen im Betrieb der Beschwerdeführerin anfallenden Kosten nicht übersteigen. Es ist daher im Beschwerdefall nicht maßgeblich, in welchem Verhältnis Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG zu Anhang A Kapitel I Z 4 lit. a und b der Richtlinie steht. Wie sich aus dem Urteil in der Rechtssache Feyrer ergibt, deckt Anhang A Kapitel I Z 4 lit. b der Richtlinie die Einhebung einer Gebühr, deren Gesamtertrag die Gesamtkosten der zur Einhebung berechtigten Einrichtung nicht übersteigt. Darauf, welche Behörde zur Vornahme der Untersuchung (im Rahmen der einhebungsberechtigten Einrichtung) zuständig ist, kommt es nach dem genannten Urteil nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, der Anregung in der Beschwerde zu folgen und die Frage, ob "eine Pauschalierung auch über die einzelne zuständige Behörde hinaus zwischen den zuständigen Behörden eines geographischen Landkreises, Bundeslandes oder einer höheren (übergeordneten) Verwaltungseinheit, der die einzelnen zuständigen Behörden unterstellt sind, zulässig ist", an den EuGH heranzutragen kann (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 4. November 1997, Rechtssache C-337/95 , Christian Dior, Randnummer 29).

1.5. Die belangte Behörde hat in der Gegenschrift detailliert dargestellt, dass sich, ausgehend von den konkreten Schlachtzahlen im Betrieb der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung der erforderlichen Zahl von Tierärzten nach § 8 Geflügel-Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl. Nr. 404/1994 in der Fassung BGBl. II Nr. 189/1998, selbst bei bloßer Betrachtung der reinen Schlachtzeit ein Stundenlohn für die Tierärzte von S 350,--, der weit unter dem von der Kammer empfohlenen Stundensatz liege, ergebe. Dieser Stundensatz liege auch weit unter dem vom Bundesminister für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung vom 15. Juni 1999 verlautbarten Erlass über die Neufestsetzung der Durchschnittspersonalausgaben/-kosten, der Durchschnittsmietkosten und des kalkulatorischen Zinssatzes. Das Bundesministerium für Finanzen gehe bei den Kosten für einen Awertigen Bediensteten von einem Stundensatz von S 606,-- aus. Ausgehend von diesem Stundensatz für ein Fleischuntersuchungsorgan wäre selbst bei der Berücksichtigung der alleinigen Nettoschlachtzeit die Gebühr pro Pute in Höhe von S 1,21 angemessen, bei Berücksichtigung des zusätzlichen Zeitaufwandes wäre von einer Gebühr von S 1,41 bis S 1,62 pro Tier auszugehen. Auch die Beschwerdeführerin komme - unter der irrigen Annahme, dass bei einer Stundenleistung von 1.100 Puten nur ein Fleischuntersuchungsorgan die Untersuchung durchführe, was gemäß § 8 Geflügel-Fleischuntersuchungsverordnung nicht zulässig sei - auf einen Untersuchungssatz von S 0,79 pro Pute. Es werde weiters von der Beschwerdeführerin übersehen, dass noch weitere Kosten der Behörde anfielen, die ebenfalls zu berücksichtigen seien und in der Burgenländischen Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung im Ausgleichskassenzuschlag ihren Niederschlag fänden. Diese Kosten stellten ebenfalls tatsächliche Kosten der Behörde dar, die gemäß Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG berücksichtigt werden dürften.

Die Beschwerdeführerin ist diesen Ausführungen der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht entgegengetreten.

Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde in nachvollziehbarer Weise dargetan hat, dass die tatsächlich entstehenden Kosten der Fleischuntersuchung bei Puten durch den in der Verordnung festgesetzten Satz von S 1,00 pro Pute nicht überschritten werden, kommt somit im Beschwerdefall eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie und deren Pauschalbeträge im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zu den Fleischuntersuchungsgebühren nicht in Betracht.

2. Zu den geltend gemachten Verfahrensmängeln:

In der Beschwerde wird die Verletzung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit und der ausreichenden Begründung von Bescheiden sowie des Parteiengehörs geltend gemacht.

Die Beschwerde zeigt damit zwar - im Hinblick auf das Fehlen einer detaillierten Begründung - einen Verfahrensmangel auf, da die belangte Behörde das Übersteigen der tatsächlichen Untersuchungskosten im angefochtenen Bescheid lediglich im Hinblick auf die Befassung der Interessenvertretungen vor der Erlassung der Verordnung als "unwahrscheinlich" bezeichnet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 97/17/0501 bis 0503); entsprechend den Ausführungen unter Punkt 1. wird jedoch mit den Beschwerdeausführungen nicht die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels dargetan. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, wäre die belangte Behörde auch bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu keinem anderen Bescheid gekommen. Der Umstand, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid verfehlterweise die Rechtsauffassung vertreten hat, dass die Frage, ob die Kosten der Fleischuntersuchung die eingehobenen Gebühren überstiegen oder nicht, nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sei, und dieser Feststellung nur den Hinweis auf die Unwahrscheinlichkeit des Übersteigens der tatsächlichen Kosten angefügt hat, führt daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen unzureichender Begründung.

Es liegt vielmehr im Beschwerdefall kein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG vor, der zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen müsste.

3. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich bei dieser Sachlage auch nicht veranlasst, der in der Beschwerde enthaltenen Anregung zu folgen und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft zur Frage einzuholen, wie die Ermächtigung gemäß Anhang A Kapitel I Z 4 lit. a der Richtlinie zur Einhebung einer höheren Gebühr zu verstehen ist. Wie sich aus den Ausführungen der belangte Behörde ergibt, überschreiten die konkret von der Beschwerdeführerin eingehobenen Fleischuntersuchungsgebühren auch nicht die für die Untersuchungen im Betrieb der Beschwerdeführerin anfallenden Kosten. Die angeregte Fragestellung, ob Anhang A Kapitel I Z 4 lit. a der Richtlinie nur die Einhebung einer Gebühr decke, die die konkret anfallenden Kosten nicht übersteigt, ist daher nicht geeignet, eine für die Klärung des Beschwerdefalles erforderliche Antwort des EuGH zu erhalten.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal die gegenständliche Abgabensache keine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinne des Art. 6 EMRK ist.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. April 2001

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