VwGH 99/16/0091

VwGH99/16/009119.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der L in I, vertreten durch Dr. Andreas König, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 15. Februar 1999, Zl. RV 68/2- T5/98 , betreffend Befreiung von der Grundsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §28;
BAO §35;
BAO §37;
BAO §39 Z4;
BAO §44 Abs1;
BAO §45 Abs2;
BAO §83 Abs5;
BAO §83;
BAO §93 Abs3 lita;
GewO 1994 §1 Abs2;
GrStG §2 Z3 litb;
GrStG §3 Abs1 Z3 lita;
GrStG §4 Abs1;
GrStG §4 Abs4;
ZustG §8a Abs1;
ZustG §9 Abs1;
BAO §28;
BAO §35;
BAO §37;
BAO §39 Z4;
BAO §44 Abs1;
BAO §45 Abs2;
BAO §83 Abs5;
BAO §83;
BAO §93 Abs3 lita;
GewO 1994 §1 Abs2;
GrStG §2 Z3 litb;
GrStG §3 Abs1 Z3 lita;
GrStG §4 Abs1;
GrStG §4 Abs4;
ZustG §8a Abs1;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 15.000,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist ein Verein nach dem VereinsG 1951. Ihre Statuten lauten auszugsweise:

"§ 1

Name, Sitz, Wirkungsbereich, Grundsätze

1. Der Verein führt den Namen "LEBENSHILFE TIROL - Gesellschaft für behinderte Menschen".

(...)

4. Er ist eine gemeinnützige, nicht auf Gewinn ausgerichtete, politisch und konfessionell unabhängige Vereinigung natürlicher und juristischer Personen zur Förderung, Habilitation und Rehabilitation von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung nach den im Verein gegebenen Möglichkeiten.

(...)

§ 2

Zweck und Aufgaben

1. Der Verein hat zur Aufgabe:

a) Alle zweckdienlichen Maßnahmen zu fördern sowie Einrichtungen zu errichten und zu führen, womit eine wirksame Lebenshilfe für den vorbeschriebenen Personenkreis in allen Lebensabschnitten erreicht werden soll;

b) jenen Angehörigen, denen die Obsorge für Menschen mit Behinderung obliegt, bei diesen Aufgaben in allen Lebensabschnitten, soweit notwendig und möglich, mit Rat und Hilfe partnerschaftlich zur Seite zu stehen;

c) sich für ein besseres Verständnis der Öffentlichkeit gegenüber den besonderen Problemen der Menschen mit Behinderung und deren Angehörigen einzusetzen;

d) mit allen im Wirkungsbereich des Vereines liegenden öffentlichen und privaten, gemeinnützigen und wissenschaftlichen Institutionen und Einrichtungen ähnlicher Zielsetzung Kontakte aufzunehmen und zusammenzuarbeiten;

e) die Interessen von Menschen mit Behinderung und deren Angehörigen zu vertreten, dies mit dem Ziel, für sie die in der Deklaration bzw. den Standardregeln der Vereinten Nationen normierten Rechte behinderter Menschen zu verwirklichen.

2. Der Verein hat bei allen seinen Tätigkeiten den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu befolgen.

§ 3

Mittel zur Ereichung des Vereinszweckes

1. Der Vereinszweck soll durch die in den nachstehenden Abs. 2 und 3 angeführten ideellen und materiellen Mittel erfüllt werden.

2. Als ideelle Mittel dienen

a) Ehrenamtliche Mitarbeit interessierter Personen;

  1. b) Versammlungen und Vorträge;
  2. c) Informationen in den Medien;
  3. d) Pflege von Partnerschaften;
  4. e) gesellige Zusammenkünfte;
  5. f) sonstige Veranstaltungen.

3. Die erforderlichen Materiellen Mittel sollen aufgebracht werden durch:

a) Mitgliedsbeiträge;

b) Leistungen der öffentlichen Hand auf Grund gesetzlicher Bestimmungen;

  1. c) Spenden, Sammlungen und Wohltätigkeitsveranstaltungen;
  2. d) Stiftungen und Patenschaften;
  3. e) letztwillige und andere Zuwendungen;

f) Gründung, Erwerb und Verwertung wirtschaftlicher Unternehmungen, zweckmäßige Beteiligungen, Lizenzen, Konzessionen und Gewerbeberechtigungen;

  1. g) Erträge des eigenen Vermögens;
  2. h) sonstige Erträge;
  3. i) Subventionen.

    (...)"

Am 16. Jänner 1998 beantragte die Beschwerdeführerin für zwei Liegenschaften in Innsbruck die Befreiung von der Grundsteuer gemäß § 2 Abs. 3 lit. b GrStG. Die eine Liegenschaft sei im letzten Jahr zu einem Wohnhaus für 8 Menschen mit Behinderung umgebaut worden und seit Juli 1997 in Betrieb, in der anderen Liegenschaft werde eine habilitierende Werkstätte für 20 Menschen mit Behinderung betrieben.

Mit Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 10. März 1998 wurde dieses Ansuchen abgewiesen. Die für die Erreichung des Vereinszweckes der Beschwerdeführerin erforderlichen Mittel würden sowohl durch Leistungen von dritter Seite (zB Leistungen der öffentlichen Hand, Spenden, Sammlungen, Zuwendungen) als auch durch Einnahmen aus eigenem Geschäftsbetrieb erzielt, sodass zwar Gemeinnützigkeit im Sinne des § 35 BAO, nicht aber die für eine Befreiung nach § 2 Abs. 3 lit. b GrStG erforderliche ausschließliche Mildtätigkeit gemäß § 37 BAO gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, wobei sie sich nunmehr durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater vertreten ließ, der sich auf eine beim Finanzamt befindliche Vollmacht vom 14. September 1983 berief. Die Beschwerdeführerin diene nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken. Die Gebarungsabgänge aus dem Betrieb des Behindertenwohnhauses und der Behindertenwerkstätte würden aus eigenen Mitteln der Beschwerdeführerin, welche wiederum aus Spenden und Einnahmen gemeinnützigkeitsunschädlicher Betriebe, stammten, abgedeckt. Die Beschwerdeführerin nehme die Verluste aus beiden Einrichtungen aus mildtätigen Beweggründen in Kauf. Die Verwendung sämtlicher Spenden und Einnahmen erfolge aus mildtätigen Motiven satzungskonform zur Förderung, Betreuung und Unterstützung behinderter Mitmenschen. Die Erzielung von Einnahmen zur teilweisen Kostendeckung schade der Mildtätigkeit nicht, weil die Lebenshilfe Tirol ohne Einnahmenerzielung nur einen Bruchteil ihrer Behindertenförderung umsetzen könnte. Dass die Lebenshilfe Tirol darüber hinaus auf Spenden angewiesen sei, weil eine Vollkostendeckung durch die erzielten Einnahmen nicht erreicht werde, hindere die Mildtätigkeit ebenfalls nicht, sondern stelle diese vielmehr unter Beweis.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Juni 1998 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin könne die auf den gegenständlichen Liegenschaften erbrachten Leistungen nicht völlig unentgeltlich gewähren. Der einzelne Behinderte sei auf Grund gesetzlicher Bestimmungen Empfänger von staatlichen Sozialleistungen, wie Pflegegeld, erhöhte Familienbeihilfe, Waisenrente etc. und entrichte, abhängig von der Höhe dieser Leistungen, Beiträge an die Lebenshilfe, um die Einrichtungen in Anspruch nehmen zu können. Es sei daher keineswegs Voraussetzung, dass der beschriebene Personenkreis mittellos sein müsse, dies fordere auch der Vereinszweck nicht, daher fehle die Mildtätigkeit.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Am 11. Jänner 1999 ersuchte die belangte Behörde in einem Schreiben die Beschwerdeführerin um Stellungnahme zu mehreren Fragen, welche zunächst die nähere Zusammensetzung von Positionen in deren Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1996 betrafen. Weiters richtete die belangte Behörde an die Beschwerdeführerin die Frage, unter welchen Voraussetzungen und zu welchen (finanziellen und sonstigen) Bedingungen behinderte Menschen in ihren Einrichtungen aufgenommen würden, und ersuchte sie um die Vorlage von diesbezüglichen schriftlichen Unterlagen. Dieses Schreiben war nicht an den Vertreter der Beschwerdeführerin sondern an sie persönlich gerichtet; es enthielt den Hinweis, dass bei Nichtbeantwortung bis 31. Jänner 1999 nach der Aktenlage entschieden werden müsste.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, die Beschwerdeführerin sei ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht im Abgabenverfahren nicht nachgekommen, weil sie die im Schreiben vom 11. Jänner 1999 enthaltenen Fragen nicht beantwortet habe; somit habe auf Grund der Aktenlage entschieden werden müssen. Sie bezog sich auf die Berufungsvorentscheidung, wonach die behinderten Menschen, welche die Einrichtungen der Beschwerdeführerin nutzen, abhängig von den ihnen gewährten Sozialleistungen, Zahlungen an die Beschwerdeführerin zu richten hätten. Deren Gesamtausmaß ergebe sich aus der spartenweisen Aufgliederung der Erlöse in der Umsatzsteuererklärung 1996. In den Gesamterlösen des Jahres 1996 seien weiters auch Einnahmen aus diversen erwerbswirtschaftlichen Betätigungen enthalten (zB.

Eigenproduktion: rd. S 5,9 Mio., Industriearbeit rd. S 1,8 Mio.,

Wäscherei: rd. S 1,6 Mio., Platzhaltegebühr: S 483.056 ua.). Aus den Lohnsteuerakten des Finanzamtes sei weiters ersichtlich, dass bei der Beschwerdeführerin eine relativ große Anzahl von Dienstnehmern beschäftigt sei. So seien im Februar 430 Mitarbeiter angestellt gewesen. Den von den behinderten Menschen zu leistenden Tagsätzen und Beiträgen sei Entgeltcharakter zuzumessen, zumal die betreffenden Personen einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens aufzuwenden hätten, um die in ihrem individuellen Interesse gelegenen Vereinsleistungen zu erlangen. Dies treffe auch auf die Platzhaltegebühren zu. Auch wenn Leistungen unter dem Gesichtspunkt der Mildtätigkeit nicht vollkommen unentgeltlich erbracht werden müssten, seien die Voraussetzungen des § 37 BAO dann nicht mehr erfüllt, wenn das in Form von staatlichen Sozialleistungen verfügbare Einkommen vom Leistungserbringer "abgeschöpft" werde. Dadurch erscheine ein innerer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben, die selbstlose und uneigennützige Motivation trete zumindest aus steuerrechtlicher Sicht gegenüber der Entgeltlichkeit der Förderung entscheidend in den Hintergrund. Es werde einer erheblichen Zahl von Dienstnehmern in den verschiedensten Funktionen durch ihre Anstellung eine Existenzgrundlage geboten, es komme daher die Zielsetzung der Beschwerdeführerin auch den wirtschaftlichen Interessen dieses Personenkreises zugute. Aus dem Blickwinkel der Mildtätigkeit könne es aber keinen entscheidenden Unterschied machen, ob sich eine vereinsrechtlich organisierte Institution der Unterbringung und Betreuung von Behinderten widme, oder ob sich etwa eine Privatperson im Rahmen einer darauf ausgerichteten Erwerbstätigkeit solche Ziele setze. Die Zwecke der Beschwerdeführerin seien zwar gemeinnützig (auf das Wohl der Allgemeinheit gerichtet), nicht aber mildtätig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Grundsteuerfreistellung verletzt erachtet und darüber hinaus die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 des Grundsteuergesetzes 1955 (GrStG) unterliegt der inländische Grundbesitz der Grundsteuer.

§ 2 Z. 3 lit. b GrStG bestimmt, dass für Grundbesitz einer inländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen oder mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken dient, keine Grundsteuer zu entrichten ist, wenn der Grundbesitz vom Eigentümer für mildtätige Zwecke benutzt wird. § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a GrStG nimmt ausdrücklich die Wohnräume der hilfsbedürftigen Personen in den Gebäuden, für die wegen Benutzung für mildtätige Zwecke keine Grundsteuer zu entrichten ist, von der nach § 3 Abs. 1 GrStG generell bestehenden Grundsteuerpflicht bei Benutzung zu Wohnzwecken aus.

§ 4 Abs. 1 GrStG verlangt für die Befreiung, dass der Steuergegenstand für die in den §§ 2 und 3 bezeichneten Zwecke unmittelbar benutzt wird. Bei Werkstätten und ähnlichen Einrichtungen in Strafvollzugsanstalten, Arbeitshäusern, Erziehungsanstalten, Blinden- und Behindertenheimen und anderen derartigen Anstalten, die unter § 2 fallen, ist nach § 4 Abs. 4 GStG eine unmittelbare Benutzung für steuerbegünstigte Zwecke anzunehmen, wenn die Beschäftigung der Anstaltsinsassen in den Werkstätten usw. zur Erfüllung des Anstaltszweckes (zB aus Gründen der Besserung, der Erziehung oder der Gesundung) unerlässlich ist.

Was unter Gemeinnützigkeit bzw. Mildtätigkeit zu verstehen ist, wird in den §§ 35 und 37 BAO näher bestimmt. Die §§ 44 und 45 BAO schränken daraus sich ergebende abgabenrechtlichen Begünstigungen für gewisse Fälle ein. Diese Bestimmungen lauten:

"§ 35. (1) Gemeinnützig sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.

(2) Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt insbesondere für die Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der Bekämpfung von Elementarschäden.

(...)

§ 37. Mildtätig (humanitär, wohltätig) sind solche Zwecke, die darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen.

(...)

§ 44. (1) Einer Körperschaft, die einen Gewerbebetrieb oder einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, kommt eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet wegen Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke nicht zu.

(..)

§ 45. (1) Unterhält eine Körperschaft, die die Voraussetzungen einer Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet im Übrigen erfüllt, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 31), so ist sie nur hinsichtlich dieses Betriebes abgabepflichtig, wenn er sich als Mittel zur Erreichung der gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke darstellt. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine Abweichung von den im Gesetz, in der Satzung, im Stiftungsbrief oder in der sonstigen Rechtsgrundlage der Körperschaft festgelegten Zwecken nicht eintritt und die durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielten Überschüsse der Körperschaft zur Förderung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke dienen. Dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugehöriges Vermögen gilt je nach der Art des Betriebes als Betriebsvermögen oder als land- und forstwirtschaftliches Vermögen, aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielte Einkünfte sind wie Einkünfte aus einem gleichartigen in Gewinnabsicht geführten Betrieb zu behandeln.

(2) Die Abgabepflicht hinsichtlich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes entfällt, wenn dieser sich als ein zur Erreichung des begünstigten Zweckes unentbehrlicher Hilfsbetrieb darstellt. Dies trifft zu, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss in seiner Gesamtrichtung auf Erfüllung der gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke eingestellt sein.

b) Die genannten Zwecke dürfen nicht anders als durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erreichbar sein.

c) Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf zu abgabepflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als dies bei Erfüllung der Zwecke unvermeidbar ist.

(3) Unterhält eine Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, auf den weder die Voraussetzungen des Abs. 1 noch jene des Abs. 2 zutreffen, so findet § 44 Anwendung.

(...)"

Die Hilfsbedürftigkeit des Personenkreises, auf den sich die Aktivitäten der Beschwerdeführerin beziehen, wird im angefochtenen Bescheid (anders als in der Berufungsvorentscheidung) nicht mehr in Frage gestellt. "Hilfsbedürftigkeit" kann eine wirtschaftliche oder eine gesundheitliche (körperliche, seelische) Hilfsbedürftigkeit sein (Stoll, BAO-Kommentar I, S. 455). Um den Tatbestand der Hilfsbedürftigkeit zu erfüllen, muss wirtschaftliche Bedürftigkeit, also eine materielle Notlage, nicht vorliegen. Werden krankheitsbedingt aber dauerhafte Hilfeleistungen benötigt, die üblicherweise entgeltlich angeboten werden, dann werden die von mildtätig wirkenden Körperschaften erbrachten Hilfeleistungen den Tatbestand des § 37 nur dann zu erfüllen vermögen, wenn zur körperlichen Hilfsbedürftigkeit die wirtschaftliche hinzutritt, die es ausschließt Hilfeleistungen dieser Art, wie, sie von kommerziellen Unternehmen angeboten werden, entgeltlich in Anspruch zu nehmen (Stoll aaO, 457).

Wohl nimmt die Satzung der Beschwerdeführerin auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der behinderten Menschen nicht ausdrücklich Bedacht. Da es gerade behinderten Menschen schon auf Grund der durch die Behinderung gegebenen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit häufig an den notwendigen Mitteln fehlt, die eine ihren Lebensverhältnissen entsprechende Betreuung erfordern würde, ist anzunehmen, dass sich die Vereinstätigkeit einer nicht unerheblichen Gruppe von Personen gegenüber als mildtätig (im zuletzt beschriebenen Sinne) darstellt. Selbst wenn zum Teil auch Personen, welche sich infolge ihrer finanziellen Mittel kommerzieller Hilfe bedienen könnten, in den Genuss der Vereinstätigkeit kommen dann wäre diese Tätigkeit aber jedenfalls nach § 35 BAO als gemeinnützig zu qualifizieren. Nach § 2 Z. 3 lit. b GStG ist es ausreichend, dass der Verein - wenn er nicht ausschliesslich und unmittelbar mildtätigen Zwecken dient - nach seiner Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken dient, wobei diese Formulierung nur so verstanden werden kann, dass in jedem Fall ein (nicht notwendigerweise ausschliesslich und unmittelbar) mildtätiger Zweck verfolgt werden muss, zu diesem aber hinsichtlich der allgemeinen Vereinstätigkeit (anders als bei der Nutzung des Grundstückes, für das die Befreiung konkret beantragt wird) ein gemeinnütziger hinzutreten darf.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen mildtätiger Zwecke bei der Beschwerdeführerin zunächst deshalb verneint, weil sie von den Behinderten bzw. deren Angehörigen eingehobene Beiträge für die Versorgung als Entgelt qualifiziert hat. Ihr ist diesbezüglich entgegenzuhalten, dass es für das Vorliegen einer mildtätigen Zuwendung nicht erforderlich ist, dass diese völlig unentgeltlich gewährt wird. Kostenbeiträge sind dann unschädlich, wenn durch dieses hinzutretende wirtschaftliche Element der Tätigkeit der Körperschaft die Grenzen eines unentbehrlichen Hilfsbetriebes im Sinne des § 45 Abs. 2 BAO nicht überschritten werden (Stoll, aaO, S. 455). Um diese Frage zu beantworten, hätte eine Relation zwischen den Leistungen der Beschwerdeführerin, also dem tatsächlichen Aufwand, und den Leistungen der Hilfsbedürftigen hergestellt werden müssen. Die Heranziehung alleine der Umsatzerlöse des Jahres 1996 vermag ebenso wie die unpräzise Feststellung, die Beiträge würden "abgeschöpft", den im angefochtenen Bescheid vollzogenen Schluss, die betroffene Personengruppe habe "einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens" aufzuwenden, um in den Genuss der Vereinsleistungen zu kommen, nicht zu rechtfertigen. Unabhängig davon, welchen Teil ihres Einkommens die Hilfsbedürftigen beitragen müssen, ist ohne Feststellung der die Beschwerdeführerin treffenden Aufwendungen die Relevanz von Kostenbeiträgen nicht zu klären. Solange sich die Tätigkeit des Vereins im Rahmen des § 45 Abs. 2 BAO bewegt, kann (etwa bei einer aufwändigen Vollbetreuung eines Behinderten mit sehr geringem Einkommen) im Einzelfall auch bei Hingabe des gesamten Einkommens einer hilfsbedürftigen Person eine Tätigkeit immer noch mildtätig sein.

Ebenfalls an den §§ 44 und 45 BAO zu messen sind die von der belangten Behörde so bezeichneten "erwerbswirtschaftlichen Betätigungen" der Beschwerdeführerin (Umsätze aus Eigenproduktion, Industriearbeit, von Behinderten geführter Restaurantbetrieb etc.). Der Gesetzgeber hat durch die Regelungen der §§ 44 bis 47 BAO und auch des § 4 Abs. 4 GrStG klar erkennen lassen, dass eine wirtschaftliche Betätigung einer mildtätigen bzw. gemeinnützigen Körperschaft unter gewissen Voraussetzungen nicht begünstigungsschädlich ist. Da konkrete Feststellungen, die eine eindeutige Qualifikation der von der Beschwerdeführerin unterhaltenen Betriebe als begünstigungsschädlich im Hinblick auf die §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 bzw. 3 BAO rechtfertigen würden, im angefochtenen Bescheid nicht enthalten sind, kann vom Vorliegen derartiger Betriebe nicht ausgegangen werden. Betreibt ein gemeinnütziger bzw. mildtätiger Verein mit der Zielsetzung der Förderung, Habilitation und Rehabilitation von Behinderten Behindertenwerkstätten oder ähnliche Betriebe, deren Zweck die Integration (Schulung) von Behinderten ist und die daher der Erfüllung des Vereinszieles dienen, so hätte die belangte Behörde zu begründen, warum es sich bei derartigen Einrichtungen nicht um unentbehrliche Hilfsbetriebe im Sinne des § 45 Abs. 2 BAO handeln sollte. Der nach der Aktenlage vorliegende Betrieb von Gewerben im Sinne der gewerberechtlichen Vorschriften (§ 1 Abs. 2 GewO 1994) rechtfertigt jedenfalls nicht automatisch die Annahme, es würden auch Gewerbebetriebe im Sinne von § 44 Abs. 1 iVm § 28 BAO unterhalten.

Der Begünstigung schadet schließlich auch nicht die Anstellung einer erheblichen Zahl von Dienstnehmern. Das Erfordernis der sparsamen Verwaltung ist in § 39 Z. 4 BAO abschließend geregelt, wonach eine ausschließliche Förderung gemeinnütziger bzw. mildtätiger Zwecke voraussetzt, dass die Körperschaft keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hoher Vergütungen begünstigen darf. Hieraus ergibt sich, dass angemessene Vergütungen für Verwaltungsaufgaben ohne Verlust der Begünstigung gezahlt werden können. Es kann nicht verlangt werden, dass Personen, die für gemeinnützig wirkende Körperschaften tätig sind, hiefür wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen. Selbstlosigkeit der Körperschaft hat nicht auch Selbstlosigkeit der für sie Wirkenden zur Voraussetzung (Stoll, aaO, S. 470). Auch diese Argumentation der belangten Behörde erweist sich somit als nicht mit dem Gesetz vereinbar.

Auch die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt vor. In der Berufung hat sich der die Beschwerdeführerin vertretende Wirtschaftsprüfer und Steuerberater auf die im Körperschaftsteuerakt der Beschwerdeführerin beim Finanzamt befindliche Vollmacht vom 14. September 1983 berufen. Durch diesen Hinweis wurde dem Finanzamt das Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses auch für das Grundsteuerbefreiungsverfahren jedenfalls wirksam angezeigt. Eine allgemeine Vollmacht umfasst auch eine Zustellungsvollmacht (Stoll, aaO, S. 821 f und 1057). Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt zwar nach § 83 Abs. 5 BAO nicht aus, dass sich die Abgabenbehörde unmittelbar an den Vollmachtgeber selbst wendet, eine Aufforderung der Behörde an die Partei zur selbstständigen Mitwirkung (verbunden mit der Androhung, dass bei nicht fristgemäßer Befolgung eine Präklusion eintritt), muss zwingend dem Vertreter zugestellt werden, damit dessen Kenntnis gesichert und damit die Möglichkeit gewährleistet ist, im Rahmen der Vertretungsbefugnisse die Partei zu beraten, auf die Bedeutung der verlangten Erklärung hinzuweisen und auf den Inhalt insbesondere vom Standort der Sachkundigkeit und Sachrichtigkeit einzuwirken (Stoll, aaO, S. 829). Somit wäre das Ersuchen um Stellungnahme vom 11. Jänner 1999, auch wenn die belangte Behörde eine Mitwirkung der vollmachtgebenden Beschwerdeführerin gewünscht hat, an deren Vertreter zu richten gewesen.

Im Übrigen wären auch durch die Beantwortung der im Schreiben vom 11. Jänner 1999 gestellten Fragen die aufgezeigten Feststellungsmängel nicht beseitigt worden. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. September 2001

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