VwGH 99/11/0159

VwGH99/11/015930.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in R, vertreten durch Dr. Robert Müller, Rechtsanwalt in 3170 Hainfeld, Hauptstraße 35, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. März 1999, Zl. RU6-St-B-9911, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1b idF 1998/I/092;
B-VG Art130 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1b idF 1998/I/092;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 14. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1b StVO 1960 bestraft. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe am 4. Jänner 1999 um 21.03 Uhr in Hainfeld, auf einer näher bezeichneten Straßenstrecke ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft 0,53 mg/l) gelenkt. Im Zuge des Vorfalles vom 4. Jänner 1999 war dem Beschwerdeführer der Führerschein gemäß § 39 FSG vorläufig abgenommen worden.

Mit Bescheid vom 3. März 1999 entzog die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld - in Erledigung der gegen ihren Mandatsbescheid vom 12. Jänner 1999 gerichteten Vorstellung - dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 25 Abs. 1 FSG die am 15. September 1998 für die Klassen A, B, C, E, F und G erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von zehn Monaten ab dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheines, mithin bis einschließlich 4. November 1999. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeschlossen. In der Begründung führte die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld im Wesentlichen aus, im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei erhoben worden, dass der Beschwerdeführer bereits wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO 1960 mit Straferkenntnis vom 23. Juli 1996 rechtskräftig bestraft worden sei. Weiters sei erhoben worden, dass dem Beschwerdeführer ebenfalls wegen Begehung von Alkoholdelikten mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 7. Jänner 1987 und vom 16. März 1989 die Lenkberechtigung jeweils auf die Dauer von sechs Monaten entzogen worden sei. Mit Strafverfügungen derselben Behörde vom 7. März 1994, vom 27. Jänner 1997 und vom 3. Dezember 1997 sei der Beschwerdeführer jeweils wegen Übertretungen gemäß § 99 Abs. 3 lit. a iVm § 20 Abs. 2 Z. StVO 1960 bestraft worden. Bei Betrachtung des gesamten Sachverhaltes gelange die Behörde zur Ansicht, dass der Beschwerdeführer trotz der wiederholten Entziehungen der Lenkberechtigung offensichtlich nicht bereit sei, sich an die bestehenden Rechtsvorschriften zu halten. Auch wenn im Jahre 1996 wegen des Vorfalles vom 5. Juli 1996 lediglich eine Androhung der Entziehung der Lenkberechtigung ausgesprochen worden sei, so liege dennoch ein entsprechendes rechtswidriges Verhalten des Beschwerdeführers zu Grunde. In Anbetracht der nunmehr vierten Entziehung der Lenkberechtigung und des Vorhandenseins von weiteren Verwaltungsübertretungen gelange die Behörde zur Auffassung, dass die nunmehrige Entzugszeit von zehn Monaten gerade noch ausreiche, um nach Ablauf dieser Zeit die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers wieder als gegeben anzusehen.

Der dagegen erhobenen Berufung, in der der Beschwerdeführer die Entziehungsdauer bekämpfte, gab der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 24. März 1999 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte der Landeshauptmann von Niederösterreich aus, Anlass für die von der Erstbehörde verfügte Entziehung der Lenkberechtigung sei der Vorfall vom 4. Jänner 1999 gewesen, bei dem der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft 0,53 mg/l) einen Pkw gelenkt habe. Wegen dieses Vorfalles sei er von der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld mit Straferkenntnis vom 14. Jänner 1999 gemäß § 99 Abs. 1b iVm. § 5 Abs. 1 StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden. Zuvor sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 23. Juli 1996 rechtskräftig gemäß § 99 Abs. 1 lit. a iVm. § 5 Abs. 1 StVO 1960 bestraft worden und ihm mit Bescheid derselben Behörde vom 15. Juli 1996 die vorübergehende Entziehung der Lenk(er)berechtigung angedroht worden. Auch diese Androhung der Entziehung der Lenkberechtigung habe nicht bewirken können, dass der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit auf Dauer wiedererlange. Auf Grund der darin zum Ausdruck gekommenen Sinnesart könne "ungeachtet der am 8. Dezember 1984, am 27. Dezember 1986 und am 29. Jänner 1989 gesetzten Alkoholvorfälle davon ausgegangen werden", dass der Beschwerdeführer auch in Hinkunft die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden werde. Das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers zeige, dass bei ihm derzeit die nach dem Gesetz erforderliche Reife, die angesichts der Gefahren, die das Lenken von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr mit sich bringe, unbedingt notwendig sei, in hohem Ausmaß fehle. Die Berufungsbehörde gehe daher davon aus, dass der Wiedereintritt der Verkehrszuverlässigkeit der Beschwerdeführers nicht vor Ablauf der im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzten Entziehungsfrist, die lediglich ein Mindestausmaß dessen darstelle, was im Interesse der Verkehrssicherheit geboten erscheine, zu erwarten sei, da deren Verkürzung den Zweck der getroffenen Maßnahme, den Beschwerdeführer bis zu einer Änderung der Sinnesart vom Verkehr fernzuhalten, in erheblichen Maße in Frage stellen würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern verletzt, als er die von der belangten Behörde verfügte Entziehungsdauer für unrichtig bemessen hält.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen. ...

...

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. ... .

...

§ 26. (1) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist ... die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen zu entziehen.

... ."

Der Beschwerdeführer bestreitet weder, dass er wegen des Vorfalles vom 4. Jänner 1999 rechtskräftig wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 bestraft worden ist, noch den von der belangten Behörde festgestellten Alkoholisierungsgrad. Der Beschwerdeführer bestreitet weiters nicht die ausdrücklichen Feststellungen der belangte Behörde, er sei mit Straferkenntnis vom 23. Juli 1996 "rechtskräftig gemäß § 99 Abs. 1 lit. a i.V.m.

§ 5 Abs. 1 StVO 1960" wegen des Vorfalls vom 5. Juli 1996 bestraft worden (nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten betrug der Alkoholgehalt der Atemluft 0,54 mg/l), und es sei ihm deshalb mit Bescheid vom 15. Juli 1996 die Entziehung der Lenkberechtigung angedroht worden. Er tritt schließlich auch nicht der weiteren Feststellung der belangten Behörde entgegen, dass ihm bereits zwischen 1984 und 1989 mehrmals wegen der Begehung von Alkoholdelikten die Lenkberechtigung entzogen worden sei. Auf der Grundlage dieser unbestrittenen Feststellungen ist nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt worden wäre.

Im Hinblick auf die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen des Vorfalls vom 4. Jänner 1999 hatte die belangte Behörde vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG auszugehen, die die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers ausschließt.

Soweit der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in unrichtiger Ermessensübung bei der Festlegung der Dauer der Entziehungszeit erblickt, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Bestimmung der Entziehungsdauer keine Ermessensentscheidung darstellt (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0281).

Zu Recht hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht

§ 26 Abs. 1 erster Satz FSG angewendet. Im Hinblick darauf, dass

§ 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 518/1994, wie er im Zeitpunkt des Vorfalles vom 5. Juli 1996 in Geltung stand, inhaltlich fast identisch mit § 99 Abs. 1b StVO 1960 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl I Nr. 92/1998 ist (nicht qualifizierte Alkoholisierung), konnte keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführer "erstmalig" im Sinne des § 26 Abs. 1 erster Satz FSG eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen hätte, weshalb auch eine Entziehungszeit von nur vier Wochen ausschied. Die Entziehungszeit war vielmehr nach § 25 Abs. 3 FSG festzusetzen.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde die von ihm nicht bestrittenen Vorentzüge in ihrer Überlegungen zur Bemessung der Entziehungszeit einbeziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 2001/11/0101). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zählen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht. Zieht man weiters in Betracht, dass der Beschwerdeführer bereits 2 1/2 Jahre nach Begehung des letzten Alkoholdeliktes (am 5. Juli 1996) trotz einer mittlerweile erfolgten Androhung der Entziehung der Lenk(er)berechtigung - ob sich die Behörde zu Recht mit der bloßen Androhung begnügt hatte, braucht hier nicht untersucht zu werden - neuerlich ein solches begangen hat, so bestehen gegen die nunmehrige Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer werde erst zehn Monate nach Begehung der strafbaren Handlung seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen, keine Bedenken (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0216).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. Mai 2001

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