VwGH 99/09/0264

VwGH99/09/026419.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 4. Oktober 1999, Zl. Senat-BL-99-014, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (mitbeteiligte Partei: W in B, vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Herrengasse 5), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1 Z1;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §21 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1 Z1;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §21 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha vom 26. Januar 1999 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber eine namentlich bezeichnete Ausländerin in der Zeit vom 3. bis 9. November 1997 als Hilfskraft in seinem Betrieb in B, L-Straße 25 entgegen § 3 AuslBG beschäftigt, obwohl ihm für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Anzeigebestätigung ausgestellt worden noch die Ausländerin im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen sei. Für diese Verwaltungsübertretung wurde er gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG mit einer Geldstrafe in Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) samt Kostenbeitrag bestraft.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte fristgerecht Berufung, die er in der von der belangten Behörde am 1. Oktober 1999 abgehaltenen Berufungsverhandlung ausdrücklich auf die Höhe der ausgesprochenen Strafe einschränkte. Damit erwuchs er erstinstanzliche Schuldspruch in Rechtskraft. Der mündlichen Berufungsverhandlung war ein Organ des zuständigen Arbeitsinspektorates (entschuldigter Weise) ferngeblieben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge und änderte den Spruch des bekämpften Straferkenntnisses insoweit ab, als anstelle der im Ausmaß von S 10.000,-- verhängten Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) über den Mitbeteiligten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung ausgesprochen wurde.

Die belangte Behörde ging dabei im Wesentlichen davon aus, es habe sich in der Berufungsverhandlung klar herausgestellt, dass der Mitbeteiligte auf Grund der Äußerungen der betretenen Ausländerin anlässlich der Vorbeschäftigung im Jahre 1995 davon ausgegangen sei, dass diese nunmehr die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, welche zum damaligen Zeitpunkt beantragt gewesen sei. Er habe lediglich verabsäumt, entsprechende Nachweise ab zu verlangen oder behördliche Nachforschungen zu betreiben. Bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände sei dieses Verhalten des Mitbeteiligten als geringfügig schuldhaft anzusehen, wobei das diesem unterlaufene Versehen lediglich in der irrtümlichen Annahme bestanden habe, der ihm bereits bekannte Sachverhalt sei nun, zwei Jahre später, tatsächlich eingetreten. Er habe die ausländische Arbeitskraft auch zur Sozialversicherung angemeldet, habe ein geständiges und schuldeinsichtiges Verhalten gezeigt und diesem Verhalten entsprechend die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt. In Hinblick auf die kurze Beschäftigungsdauer und die erfolgte Anmeldung zur Sozialversicherung handle es sich nicht um eine typische Erscheinungsform der "Schwarzarbeit", so dass auch davon ausgegangen werden könne, dass die Verwaltungsübertretung bedeutende Folgen nicht nach sich gezogen habe. Der Mitbeteiligte sei unbescholten, die Voraussetzungen des § 21 VStG lägen somit vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welche dessen Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die beschwerdeführende Bundesministerin hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil im vorliegenden Fall weder von einer Geringfügigkeit des Verschuldens des Mitbeteiligten noch von unbedeutenden Folgen der Verwaltungsübertretung im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG ausgegangen werden könne. Die Anmeldung zur Sozialversicherung sei erst nach der Kontrolle erfolgt und der Mitbeteiligte bereits einschlägig vorbestraft.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete - wie auch der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S.

Für die Einhaltung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, deren Übertretung dem Beschwerdeführer angelastet wird, ist nach den Bestimmungen dieses Gesetzes der Arbeitgeber und nur dieser haftbar. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ist zunächst aber die Beschäftigung eines Ausländers, also einer Person, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt (§ 2 Abs. 1 leg. cit.).

Im Beschwerdefall wurde dem Mitbeteiligten die Beschäftigung einer Person zum Vorwurf gemacht, von der er - irrtümlich - angenommen hatte, sie besitze die österreichische Staatsbürgerschaft. Sein Verschulden wurde von den Behörden darin gesehen, fahrlässigerweise keinen Nachweis hierüber gefordert zu haben. Ein Verschulden in diesem Sinne wurde vom Mitbeteiligten zugestanden.

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG ist daher das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen.

Liegen diese gesetzlichen Voraussetzungen vor, hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0163).

Geringfügigkeit der Schuld kann einem Beschuldigten nur dann zu Gute gehalten werden, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

Zum Tatbild des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gehört, dass der dieser Übertretung Beschuldigte entgegen dem § 3 dieses Gesetzes einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14 a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde. Verpönt ist demnach die illegale Beschäftigung, also die Umgehung der arbeitsmarktpolitischen Restriktionen im Dienstleistungsbereich.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Mehrzahl der Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes aber gerade dadurch, dass nicht eine Umgehungshandlung gesetzt, sondern die Tatbestandsmäßigkeit in der Person der Ausländerin verkannt wurde. In Anbetracht der Vorgeschichte und ausgehend von den im Beschwerdefall vorliegenden besonderen Umständen, die zur Verwaltungsübertretung geführt haben kann daher von einem geringfügigen Verschulden gerade noch ausgegangen werden.

Der beschwerdeführenden Bundesministerin kann aber auch darin nicht beigepflichtet werden, wenn sie vom Vorliegen nicht bloß unbedeutender Folgen der Verwaltungsübertretung ausgeht. Als nachteilige Folgen illegaler Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften sind insbesondere die Gefahr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden (vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben sowie Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit) und die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung - also generalpräventive Gründe - anzusehen. Die Anmeldung zur Sozialversicherung ist nach der Aktenlage innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist erfolgt. Dass sie im Falle nicht stattgehabter Kontrolle unterblieben wäre, kann nicht gesagt werden, weshalb im Zweifel von der Rechtmäßigkeit und Rechtzeitigkeit der Anmeldung auszugehen war. Die oben beschriebenen volkswirtschaftlichen Bedenken lassen sich somit aus dem Akteninhalt nicht erhärten. Eine relevante Wettbewerbsverzerrung kann unter den gegebenen Umständen, die sich als einmalige Fehlleistung darstellen, auch nicht erkannt werden. Auch in der Beschwerde werden diesbezüglich keine stichhaltigen Argumente vorgebracht.

Aus den beschriebenen Gründen war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Aufwandersatzbegehren der belangten Behörde war im Hinblick auf die für Amtsbeschwerden bestehende Sonderregelung des § 47 Abs. 4 VwGG abzuweisen.

Wien, am 19. September 2001

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