VwGH 99/09/0140

VwGH99/09/01404.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerden 1. des Z in H und 2. des S in W, beide vertreten durch Dr. Manfred Müllauer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Wohllebengasse 16, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. August 1998, Zl. UVS-07/A/03/12/97 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) und UVS-07/A/03/10/97 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VStG §9 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde vom 12. August 1998 wurden die Beschwerdeführer der Begehung von vier Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, sie hätten es als persönlich haftende Gesellschafter und somit als zur Vertretung nach außen berufene Organe der S & Z OHG mit Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 12. Juni 1996 in W, P-Straße 47, Pizzeria "F" vier namentlich genannte Ausländer als Köche ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen beschäftigt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden jeweils nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG über den Erstbeschwerdeführer vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 2,5 Tage) und über den Zweitbeschwerdeführer vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 2 Tage) samt Kostenbeiträgen verhängt.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 14. Juni 1999, B 607, 608/99-4, abgetretenen und über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten auf "Unterbleiben einer exzessiv hohen und existenzgefährdenden Strafe" verletzt. Sie machen - wortgleich - im Wesentlichen sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch unter jenem einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, es hätten infolge Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens keine ausreichenden Feststellungen der für die Festsetzung des Strafmaßes erforderlichen Sachverhalte getroffen werden können, die Behörde habe es unterlassen, "den Sachverhalt in den für die Ermessensübung maßgebenden Punkten ordnungsgemäß und hinreichend vollständig zu ermitteln". Nicht nur seien bei einem identen Sachverhalt ungleiche Strafen festgesetzt worden, es sei auch in keiner Hinsicht darauf Rücksicht genommen worden, dass "nur die Eigentümlichkeit der Gesellschaftsform einer OHG einer Bestrafung" beider Gesellschafter zugrunde liege. Ein Abwägungsprozess habe weder in Hinblick auf die Einkommensverhältnisse noch in Hinblick auf die verhängte Gesamtstrafe stattgefunden. Eine Begründung für die Überschreitung der Mindeststrafen fehle überhaupt. Unter Berücksichtigung der Aussage des tatsächlichen Geschäftsführers der Pizzeria, P.S., fehle es "an einem entsprechend dem Tagsatzsystem angemessenen Strafmaß". Unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse und Sorgepflichten hätten jedenfalls nur die Mindeststrafe verhängt werden dürfen, "jede andere Vorgangsweise" sei "gesetzlich nicht gedeckt".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bekämpfen nach dem wiedergegebenen Inhalt ihrer Beschwerdausführungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur mehr die Höhe der verhängten Strafen, bzw. die unrichtige Anwendung des § 19 VStG.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995 begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) erteilt oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde,

... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von S 10.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 20.000,-- bis zu S 120.000,-- (Anm.: Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof), im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 40.000,-- bis zu S 240.000,--.

Im Beschwerdefall ist unbekämpft, dass die Strafbemessung nach dem dritten Strafsatz (S 20.000,-- bis zu S 120.000,--) zu erfolgen hatte.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafbemessungskriterien wurden von der belangten Behörde bereits zutreffend zitiert. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet die diesbezüglichen, im Folgenden erörterten Erwägungen der belangten Behörde nicht als rechtswidrig. Angesichts der Beschwerdeausführungen bleibt lediglich der Hinweis auf Folgendes:

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. 10077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzesgemäß Gebrauch gemacht worden ist. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet wäre, nur die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen.

In den vorliegenden Beschwerdefällen hat die belangte Behörde die von ihr festgesetzten Strafen zum einen damit begründet, die Beschwerdeführer hätten dem Schutzzweck des AuslBG in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt (§ 19 Abs. 1 VStG). Andererseits ist die belangte Behörde bei beiden Beschwerdeführern nur von der Schuldform der Fahrlässigkeit ausgegangen. Als mildernd wertete sie den relativ kurzen Zeitraum der bewilligungslosen Beschäftigung (zum Vorwurf gemacht wurde lediglich die Beschäftigungszeit von einem Tag), als erschwerend demgegenüber aber die auffallende Sorglosigkeit beider Beschwerdeführer bei der Beobachtung der ihnen als handelsrechtlichen Geschäftsführern obliegenden Verpflichtungen. Lediglich beim Zweitbeschwerdeführer (nicht aber beim Erstbeschwerdeführer) wurde als mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Weder als erschwerend noch als mildernd konnte mangels vorhandener Schuldeinsicht ein Geständnis der Beschwerdeführer ins Kalkül gezogen werden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erstbeschwerdeführers, der zur mündlichen Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht erschienen war, konnten von der belangten Behörde nicht festgestellt werden, wurden daher mit einem Durchschnittswert angenommen; der Zweitbeschwerdeführer hatte in der mündlichen Berufungsverhandlung sein Einkommen mit ca. S 23.000,-- netto monatlich bei Sorgepflichten für zwei Kinder und sein Vermögen mit einem belasteten Genossenschaftsreihenhaus samt - anteil sowie der Hälftebeteiligung an der betroffenen OHG angegeben. Dem Erstbeschwerdeführer konnten daher bei Ausschöpfung des Ermessensspielraums allfällige Schulden oder Sorgepflichten nicht zugute kommen. Dieser Umstand und der Wegfall eines Milderungsgrundes (Unbescholtenheit) rechtfertigen aber die über ihn (im Vergleich zum Zweitbeschwerdeführer) verhängte höhere Strafe. Es ist aus diesen Gründen kein Fehler in der Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 19 Abs. 2 letzter Satz VStG) der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde festzustellen. Im Übrigen lässt sich aus der Aussage des P. S. für beide Beschwerdeführer nichts gewinnen, weil Normadressat der Strafbestimmungen des AuslBG nach der allgemeinen Bestimmung des § 9 VStG der handelsrechtliche (und nicht der gewerberechtliche) Geschäftsführer einer (Personen- oder Handels-)Gesellschaft ist, zu dessen Pflichten es aus diesem Grunde auch gehört, sich über die ihn treffenden gesetzlichen Verpflichtungen zu informieren, wie dies bereits die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat. Wenn die belangte Behörde im Rahmen einer Gesamtwertung aller für die Strafbemessung maßgeblichen Umstände in den Beschwerdefällen zu einer Bestrafung im unteren Drittel des Strafrahmens gekommen ist, dann hat sie das Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt. Dem Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht erkennbar, dass die belangte Behörde diesbezüglich rechtswidrig vorgegangen wäre.

Dass die über die Beschwerdeführer verhängten Strafen insgesamt dennoch ein derart hohes Ausmaß erreichen, liegt nicht an der Bemessung der Strafen pro Delikt (das heißt pro unerlaubt beschäftigtem Ausländer), sondern ist die Folge des im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Kumulationsprinzips (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1995, Zl. 94/09/0257).

Sollten sich die Beschwerdeführer auf das Verbot einer "Doppelbestrafung" berufen wollen, ist ihnen zu entgegnen, dass grundsätzlich jeder einzelne von mehreren handelsrechtlichen Geschäftsführern einer Gesellschaft seine strafrechtliche Verantwortung für diese zu tragen hat und dem gemäß im Falle der Bestellung mehrerer handelsrechtlicher Geschäftsführer jeder einzelne für die der Gesellschaft zuzurechnende strafbare Handlung bestraft werden kann. Eine unzulässige Doppelbestrafung liegt damit nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. April 2001

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