VwGH 99/05/0063

VwGH99/05/006322.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerden der HUMANA Verein zur Förderung notleidender Menschen in der Dritten Welt in Wien XXIII, vertreten durch Brauneis, Klauser & Prändl Rechtsanwälte OEG, in Wien I, Bauernmarkt 2, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 24. November 1998, Zl. MA 64 - BE 120/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz, zu Recht erkannt.

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Wiener Magistrat - Magistratsabteilung 48 - hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 5. August 1998 Folgendes mitgeteilt:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir erlauben Ihnen mitzuteilen, dass wir in den Bezirken 3., 4., 5., 11. und 23. die auf öffentlichem Gut befindlichen Alttextilsammelbehälter ihrer Firma, aus verkehrstechnischen Gründen, in der Nacht vom 4. auf den 5. 8. 1998 wieder entfernt haben.

Der Stadt Wien entstanden in diesem Zusammenhang seit dem 1. Jänner 1998 erhebliche Kosten, deren Höhe derzeit noch ermittelt werden. Wir werden die Kosten so rasch wie möglich an Sie bekannt geben. Gegen Bezahlung dieser Kosten in der Kasse der MA 48 (...) können Sie die Sammelbehälter von unserer Lagerstelle (...) während der Geschäftszeiten (...) abholen.

Hochachtungsvoll

Der Abteilungsleiter: ..."

Gegen diese Erledigung erhob die Beschwerdeführerin

"vorsichtshalber" Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung hiezu aus, an eine Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet werde, sei hinsichtlich der Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen. Der normative Inhalt der Erledigung müsse sich aus deren Formulierung eindeutig ergeben. Das bekämpfte Schreiben stelle eine reine Information dar, es werde darin nicht über das Bestehen oder Nichtbestehen eines öffentlich-rechtlichen Verhältnisses in hoheitlicher Weise rechtsverbindlich abgesprochen. Dies sei der Beschwerdeführerin klar erkennbar gewesen; dies ergebe sich schon daraus, dass sie nur "vorsichtshalber" Berufung erhebe. Es komme auch gar kein Bezugspunkt mit dem öffentlichen Recht in Betracht, weil die Aufstellung von Alttextilsammelbehältern keinen Sachverhalt darstelle, der unter das Wiener Gebrauchsabgabegesetz subsumierbar wäre. Eine Zuständigkeit der zur Vollziehung dieses Gesetzes berufenen Behörde liege nicht vor.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 1999, B 70/99- 6, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Erledigung in der Sache verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, das Schreiben der MA 48 vom 5. August 1998 sei als ein Bescheid anzusehen und die belangte Behörde hätte daher über ihre Berufung in der Sache entscheiden müssen.

Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, VwSlg. NF Nr. 9458/A).

Das Erfordernis, dass ein Bescheid einen Spruch enthalten muss, ist nicht streng formal auszulegen; vielmehr ist der normative Abspruch auch aus der Formulierung erschließbar, doch muss sich der Wille der Behörde, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, eindeutig aus der Erledigung ergeben. Aus der Erledigung muss der objektiv erkennbare Wille der Behörde hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Auch formlose Schreiben können Bescheide sein (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 875, 884 und 895, angeführte Rechtsprechung; siehe auch die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2000, Zl. 99/10/0202, vom 10. August 2000, Zl. 2000/07/0043 und vom 16. Mai 2001, Zl. 2001/08/0046).

Die MA 48 als zuständige Magistratsabteilung für Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark hat mit ihrer Erledigung vom 5. August 1998 der Beschwerdeführerin lediglich formlos mitgeteilt, dass die auf öffentlichem Gut befindlichen Alttextilsammelbehälter entfernt worden seien und diese - unter bestimmten Voraussetzungen - von der Beschwerdeführerin abgeholt werden könnten. Dieses Schreiben ist weder als Bescheid bezeichnet noch enthält es einen normativen Abspruch. Es liegt daher kein Bescheid vor. Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin wurde somit zu Recht zurückgewiesen.

Die übrigen Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid können, auch wenn sie rechtswidrig sein sollten (siehe zur Anwendbarkeit des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes bezüglich der im hier zu beurteilenden Schreiben der MA 48 vom 5. August 1998 erwähnten Entfernungen der Alttextilsammelbehälter das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 99/05/0102, 99/05/0103), an diesem Ergebnis nichts ändern, weil die Berufungsbehörde spruchgemäß nicht in der Sache entschieden hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Mai 2001

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