VwGH 98/15/0182

VwGH98/15/018227.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Mag. Werner Suppan, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Huttengasse 71-75, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. September 1998, GZ RV/120- 06/09/98, betreffend Umsatzsteuer 1995, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter dem Begriff "Mehrwersteuerschwindel des Werner Rydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.

Der angefochtene Bescheid - mit ihm ist die Berufung neuerlich abgewiesen worden - ist im fortgesetzten Verfahren ergangen, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 8. Juli 1997 mit Erkenntnis vom 25. Juni 1998, 97/15/0147 - auf die Ausführungen dieses Erkenntnisses wird zur weiteren Sachverhaltsdarstellung verwiesen -, aufgehoben hatte, wobei die belangte Behörde anführt, dass der Beschwerdeführer den Vorsteuerabzug für die Hallenkonstruktion nicht mehr begehre, weil "die Übernahme der Container in der Slowakei erfolgte".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Erkenntnis 97/15/0147 wird u.a. ausgeführt:

"Gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1972 und UStG 1994 setzt der Vorsteueranspruch eine Übereinstimmung zwischen gelieferter und in der Rechnung ausgewiesener Ware voraus. Diese Voraussetzung ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Mai 1998, 96/15/0220 - auf dieses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen - ausgesprochen hat, dann nicht erfüllt, wenn die in der Rechnung gewählte Beschreibung des Liefergegenstandes eine solche Vorstellung vom Liefergegenstand hervorruft, die mit dem tatsächlich gelieferten Gegenstand nicht in Einklang zu bringen ist.

Aufgrund der Angaben in den Rechnungen, einschließlich der entsprechenden Preisangaben, konnte die belangte Behörde im gegenständlichen Fall unbedenklich davon ausgehen, dass die Rechnungen teure und qualitativ hochwertige Produkte ausweisen. Solcherart würden die Rechnungen dem Beschwerdeführer das Recht auf Vorsteuerabzug dann nicht vermitteln können, wenn die Gegenstände der tatsächlichen Lieferungen andere Waren gewesen wären.

...

Die belangte Behörde hat es allerdings unterlassen, im angefochtenen Bescheid konkrete Feststellungen über den Wert - und daraus abgeleitet - die Art der tatsächlich gelieferten Gegenstände zu treffen und darzulegen, aufgrund welcher Ermittlungen und Überlegungsschritte sie zu solchen Feststellungen gelange. Die Behauptung, es wären keine dem Fakturenwert entsprechenden Waren geliefert worden, lässt keineswegs in einer für den Verwaltungsgerichtshof nachprüfbaren Weise erkennen, dass die tatsächliche Lieferung nicht in solchen Waren bestanden hätte, wie sie in den Rechnungen ausgewiesen sind."

1. Kunststoff-Fenster

Im angefochtenen Bescheid wird hiezu ausgeführt, von Seiten der Betriebsprüfung sei am 17. Mai 1995 eine Preiserhebung bei der Firma NK in P durchgeführt worden. Die von EL fakturierten Fenster ("Kunststofffenster weiß, verglast mit Sicherheitssonnenschutz, Breite: 1460 mm, Höhe: 1180 mm, 50% links, 50% rechts, Stulpausführung") sei "von der obgenannten Firma" (gemeint wohl von der Firma NK) zu einem Listenpreis von brutto 9.721 S angeboten worden. Bei Abnahme von 164 Stück könnten die Fenster zu einem Preis von 4.081 S angeboten werden. Laut einem Schreiben der Wirtschaftskammer, Landesgremium des Holz- und Baustoffhandels, vom 28. Juli 1998 seien Sicherheitsfenster mit Isolierglas, Dreh/Kippfenster, Sprossen und Segmentbogen aufgeklebt, Länge

1.480 mm, Breite 1.180 mm, um ca 13.800 S angeboten worden. Die Preise seien dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde bekannt gegeben worden.

Die Begründung eines Abgabenbescheides muss u.a. erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt worden ist und aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt. Die Begründung hat überdies in der Darstellung der rechtlichen Beurteilung zu bestehen, nach welcher die Behörde die Verwirklichung (oder strittige Nichtverwirklichung) bestimmter abgabenrechtlicher Tatbestände durch den in der Begründung angeführten Sachverhalt für gegeben erachtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200).

Aus dem angefochtenen Bescheid ist in keiner Weise erkennbar, aus welchen Gründen die belangte Behörde den Vorsteuerabzug für die an den Beschwerdeführer gelieferten Kunststoff-Fenster verweigert. Die Ausführungen zu den Kunststoff-Fenstern beschränken sich nämlich auf die oben dargestellte Wiedergabe zweier Preisauskünfte.

Ein Vorsteuerabzug steht u.a. dann nicht zu, wenn wegen der Lieferung eines "aliud" keine Übereinstimmung zwischen Rechnung und gelieferter Ware gegeben ist. Hinsichtlich der Kunststoff-Fenster lässt der angefochtene Bescheid - wie bereits der mit dem hg Erkenntnis 97/15/0147 aufgehobene Bescheid der belangten Behörde - nicht erkennen, dass Gegenstände anderer Art geliefert worden wären, als sie in der Rechnung ausgewiesen sind. Aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verletzt.

Für das fortgesetzte Verfahren ist Folgendes zu beachten:

Es wird im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse (Hingabe kopierter Verrechnungsschecks und damit Unterbleiben eines tatsächlichen Zahlungsflusses, auffällig hoher Preis der Ware, ungewöhnliche Geschäftsanbahnung) die Feststellung zu treffen sein, ob für die Warenlieferungen zwischen den Unternehmern der von Werner Rydl aufgebauten Lieferantenkette überhaupt beabsichtigt gewesen ist, Entgelt tatsächlich (und in der in den Rechnungen ausgewiesenen Höhe) zu leisten. Gemäß § 11 Abs 1 Z 5 UStG 1994 gehört zu den notwendigen Merkmalen einer Rechnung nämlich auch das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung. Eine Rechnung muss auch hinsichtlich dieses Merkmals den Erfordernissen des § 11 UStG 1994 entsprechen, soll sie zum Vorsteuerabzug berechtigen.

2. Radlader:

Im angefochtenen Bescheid wird hiezu ausgeführt, der Radlader "FINK GZP 2377 UW" sei von der U-GmbH dem Beschwerdeführer fakturiert worden. Auf Anfrage habe die K-KG, Baumaschinenhandel, dem Finanzamt mitgeteilt, dass ein Radlader mit dieser Bezeichnung im Handel nicht erhältlich sei. Als gleichwertiges Produkt sei ein Universal-Frontlader mit der Bezeichnung "UNC 045" hergestellt von der Firma PS in CSFR genannt worden. Dieser Universal-Frontlader sei bei der K-KG um 188.000 S erhältlich. Damit ergebe sich, dass "der gelieferte Radlader samt Zubehör um das Zehnfache billiger im Handel erhältlich" sei.

Im angefochtenen Bescheid ist auch dargestellt, dass die Rechnung der U-GmbH an den Beschwerdeführer zusätzlich zum Radlader "FINK ..." mit dem Nettopreis von 2,650.000 S weitere Teile (Palettengabel, Frontgreifer, Hydraulikbohrschnecke sowie Leichtgutschaufel mit dem Nettopreis von insgesamt ca. 1,7 Mio S) ausweist.

Wird ein Fahrzeug mit einem Firmennamen bezeichnet (zB "Steyr-Traktor"), so ist damit unzweifelhaft die Art des Fahrzeuges dem Hersteller nach festgelegt. Im gegenständlichen Fall weist die Rechnung der U-GmbH an den Beschwerdeführer den "Fink-Radlader" mit der Bezeichnung "FINK ..." aus. Im gegebenen Zusammenhang wird durch diese Beschreibung - anders als bei Waren, die lediglich als "Modell Fink" bezeichnet sind - zum Ausdruck gebracht, dass ein von der Fa. Fink hergestellter Radlader gemeint ist. Die Rechnung weist sohin einen von der Fa. Fink hergestellten Radlader aus. Da die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellungen treffen konnte, dass die Fa. Fink nicht Hersteller des tatsächlich gelieferten Radladers war, ist die belangte Behörde zu Recht von einem Auseinanderklaffen von in der Rechnung ausgewiesener und tatsächlich gelieferter Ware ausgegangen. Die Vorsteuer für den Radlader hat die belangte Behörde daher zu Recht nicht anerkannt.

Hinsichtlich der weiteren in der Rechnung der U-GmbH an den Beschwerdeführer ausgewiesenen Teile (Palettengabel, Frontgreifer, Hydraulikbohrschnecke sowie Leichtgutschaufel) ergibt sich hingegen aus der Rechnung keine Herstellerbenennung. Hinsichtlich dieser Gegenstände ist aus der Begründung des angefochtenen Bescheides in keiner Weise erkennbar, aus welchen Gründen die belangte Behörde den Vorsteuerabzug verweigert. Auch daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet. Für das fortgesetzte Verfahren ist der oben zu Punkt 1. (Kunststoff-Fenster) formulierte Hinweis zu beachten.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich bereits, dass der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben war. Es brauchte daher nicht mehr darauf eingegangen zu werden, ob die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, wonach die von der F-GmbH gelieferten Parfümöle ein aliud gegenüber den in den Rechnungen ausgewiesenen hochwertigen Parfumölen darstellten, ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen worden ist. Darauf hingewiesen sei jedoch, dass sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auf das Gutachten des Univ. Prof. Dr. B gestützt hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juni 2001

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