VwGH 98/15/0158

VwGH98/15/01585.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S GmbH in H, vertreten durch Raits - Ebner & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Ignaz-Rieder-Kai 11c, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II), RV 69/1-8/98, betreffend Körperschaftsteuer 1996, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §114;
BAO §115 Abs1;
B-VG Art18;
EStG §23 Z2;
KStG §9 Abs2;
UmgrStG 1991 Art4;
VwRallg;
BAO §114;
BAO §115 Abs1;
B-VG Art18;
EStG §23 Z2;
KStG §9 Abs2;
UmgrStG 1991 Art4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Alleiniger Gesellschafter der beschwerdeführenden GmbH ist die S AG. Zwischen dieser und der Beschwerdeführerin besteht für 1996 und die Folgejahre ein Ergebnisabführungsvertrag.

Mit Zusammenschlussvertrag vom 22. Oktober 1996 begründete die Beschwerdeführerin zum Stichtag 31. Jänner 1996 gemäß Art IV UmgrStG als Geschäftsherrin mit der B GmbH eine atypische stille Gesellschaft. Die B GmbH fungiert hierbei als Treuhänderin zweier inländischer Kapitalgesellschaften.

Im Zuge der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für das Jahr 1996 schloss sich das Finanzamt der von der Beschwerdeführerin erklärten Vorgangsweise, wonach der erzielte Verlust aufgrund des Organschaftsverhältnisses der S AG zuzurechnen sei, nicht an. Atypische stille Beteiligungen an Organgesellschaften beendeten grundsätzlich deren Zugehörigkeit zum Organkreis. Die atypische stille Gesellschaft sei eine Mitunternehmerschaft und keine Kapitalgesellschaft.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Aufzählung der Rechtsformen in § 9 Abs. 2 KStG sei taxativ und umfasse lediglich Kapitalgesellschaften sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Andere juristischen Personen des privaten Rechts und Personengesellschaften seien von der Eingliederung in den Organkreis als Organgesellschaften ausgeschlossen.

Die atypische stille Gesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft als Inhaberin des Handelsgewerbes gelte als Mitunternehmerschaft und nicht als Kapitalgesellschaft und sei steuerlich einer Kommanditgesellschaft gleichzustellen. Durch den Hinzutritt eines atypisch Stillen zu einer Kapitalgesellschaft werde das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgewerbes zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft. Die Gewinnermittlung werde einheitlich für die Mitunternehmerschaft vorgenommen, wobei neben der Beteiligung am laufenden Gewinn auch eine Beteiligung an den stillen Reserven bestehe. Es sei somit die Mitunternehmerschaft als Trägerin des Unternehmers und als Subjekt der Einkünfteerzielung anzusehen. Eine andere Betrachtungsweise wäre nur bei Vorliegen von Vereinbarungen gerechtfertigt, welchen den atypisch Stillen lediglich am Ergebnis bestimmter Teilbetriebe des Inhabers des Handelsgewerbes teilhaben lassen. Insoweit würde dem Inhaber des Handelsgewerbe eine von der Mitunternehmerschaft gesonderte eigenbetriebliche Sphäre belassen, welche in den Organkreis einbezogen werden könnte.

Eine Auskunfterteilung seitens des Finanzamtes S-S könne aus der Aktenlage nicht ersehen werden und sei auch der von der Beschwerdeführerin genannten Bediensteten nicht erinnerlich. Im übrigen würden erteilte Rechtsauskünfte ohnehin als unverbindlich gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 4 KStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung haben unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften - ausgenommen Organgesellschaften im Sinne des § 9 Abs. 2 - für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer von 3.750 S zu entrichten.

Die Beschwerdeführerin rügt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides durch Verletzung des Rechtes auf Anerkennung eines Orangschaftsverhältnisses zwischen ihr und der S AG sowie des Rechtes auf Nichtfestsetzung der Mindestkörperschaftsteuer für das Jahr 1996.

Von der Beschwerdeführerin wird nicht in Abrede gestellt, dass die durch den Vertrag vom 22. Oktober 1996 zwischen ihr und der B GmbH entstandene atypische stille Gesellschaft steuerrechtlich als Mitunternehmerschaft anzusehen sei. Die belangte Behörde setze aber unzulässigerweise diese steuerrechtliche Mitunternehmerschaft mit dem zivilrechtlichen Begriff der Personengesellschaft gleich. Die Definition einer Organgesellschaft in § 9 Abs. 2 KStG sei keine steuerliche, sondern eine rein zivilrechtliche. Indem § 9 Abs. 1 KStG den Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrages zur notwendigen Voraussetzung einer Organschaft mache, setze er zivilrechtliche Rechtsfähigkeit voraus und verstärke das Prinzip der Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Rechtsform. Auch bei der atypisch stillen Gesellschaft würden aber Rechtsbeziehungen nur im Innenverhältnis zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Geschäftsherrn begründet. Die atypisch stille Gesellschaft habe keine eigene Rechtspersönlichkeit, auch keine "Quasi-Rechtspersönlichkeit" wie die OHG oder KG. Die stille Gesellschaft sei nach § 178 HGB die Beteiligung des Stillen an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt. Die Einlage sei so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhaber des Handelsgeschäft übergehe. Allein der Inhaber des Handelsgewerbes werde aus den in dem Betrieb geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet. Vom Kommanditisten unterscheide sich der stille Gesellschafter dadurch, dass er nicht in das Firmenbuch eingetragen werde und im Rahmen seiner Haftungseinlage den Gläubigern direkt hafte. Die Beteiligung des atypischen stillen Gesellschafters an den Reserven und dem Firmenwert sei nur rein schuldrechtlich und beziehe sich nur auf die Ansprüche bei der Beendigung der stillen Gesellschaft. Die aufgedeckten stillen Reserven oder der höheren Firmenwert bei der Beendigung seien nichts anderes als thesaurierte Gewinne. Eine Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters an einer Organgesellschaft stehe daher einer Organschaft nicht entgegen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 31. Januar 2001, 95/13/0154, festgestellt hat, liegt der Grund, warum eine atypisch stille Gesellschaft - ungeachtet der gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten - ertragsteuerrechtlich als Mitunternehmerschaft beurteilt wird, darin, dass der atypisch stille Gesellschafter voraussetzungsgemäß vor allem an den stillen Reserven und am Firmenwert des Geschäftsherrn teilnimmt, und es steuerlich keinen Unterschied machen soll, ob Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, oder das Geschäftsvermögen eines der Beteiligten im Innenverhältnis für die Beteiligung am Gewinn und Verlust und für die Auseinandersetzung wie ein Vermögen zur gesamten Hand zu behandeln ist. Die Innengesellschaft "atypische stille Gesellschaft" wird der auf Außengesellschaften zugeschnittenen Vorschrift des § 23 Z. 2 EStG subsumiert. Das hat zur Folge, dass das Vermögen des Geschäftsinhabers steuerlich wie Gesellschaftsvermögen anzusehen ist. Auf Grund der Unterstellung der atypischen stillen Gesellschaft unter den Regelungsbereich des § 23 Z. 2 EStG ist das Vermögen des Geschäftsinhabers - soweit es in die stille Gesellschaft einbezogen ist - wie ein Gesamthandvermögen anzusehen und daher steuerliches Betriebsvermögen der atypischen stillen Gesellschaft.

Der Zusammenschlussvertrag nach Art IV UmgrStG vom 22. Oktober 1996 bewirkte somit, dass die Beschwerdeführerin ihren Betrieb und die B GmbH ihre Geldleistung als Einlage in die Mitunternehmerschaft eingebracht haben (vgl auch Schögl/Wiesner/Nolz/Kohler, Einkommensteuergesetz9, § 23 Anm. 15). Die Mitunternehmerschaft war daher steuerrechtlich als Träger des (eingebrachten) Betriebes der Beschwerdeführerin das Zurechnungssubjekt.

Der genannte Zusammenschluss nach Art IV bewirkte - vergleichbar dem Zusammenschluss zu einer OHG -, dass aus steuerlicher Sicht das Vermögen der Beschwerdeführerin nur mehr aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft besteht. Einer reinen Beteiligungsgesellschaft fehlt im Übrigen auch die wirtschaftliche Eingliederung iSd § 9 Abs. 2 KStG 1988.

Wenn die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft verneint hat, weil die Mitunternehmerschaft die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 KStG 1988 nicht erfüllt, ist dies somit nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerdeführerin rügt weiters den Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Sie habe die Vorgangsweise hinsichtlich der bestehenden Organschaft und deren Fortbestand nach Hinzutritt atypisch stiller Gesellschafter mit dem Finanzamt S besprochen. Diesbezüglich habe am 21. Oktober 1996 ein Gespräch zwischen einer Beamtin des Finanzamtes und einem Vertreter der Beschwerdeführerin stattgefunden. Die Beamtin habe die Rechtsmeinung geäußert, dass bei einer atypisch stillen Beteiligungen an der Beschwerdeführerin die Organschaft fortbestehen könne.

Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg: Im Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz des Art 18 B-VG kann dem Grundsatz von Treu und Glauben nämlich nur insoweit Bedeutung zukommen, als die Vorgangsweise der Behörde nicht durch zwingendes Recht gebunden ist. Die Bindung an eine erteilte Auskunft kann somit nur im Rahmen eines entsprechenden Vollzugsspielraumes der Behörde zum Tragen kommen (vgl. hierzu die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1974, 303/74; vom 14. April 1986, 84/15/0221; SlgNF 6196/F, sowie vom 27. September 2000, 95/14/0079, jeweils mwN). Eine solche liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Auch wenn, was von der belangten Behörde bestritten wird, eine Beamtin - einen Tag vor Abschluss des Zusammenschlussvertrages und der Treuhandverträge - eine Rechtsauskunft erteilt haben sollte, musste die belangte Behörde ihre Entscheidung nach dem Gesetz und nicht nach der Rechtsauskunft treffen. Solcherart ist aber im Unterbleiben der Einvernahme der Zeugen N und H zur behaupteten Besprechung kein Verfahrensmangel zu erblicken.

Die Beschwerde war sohin nicht geeignet die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 5. April 2001

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