VwGH 98/14/0002

VwGH98/14/000227.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerden des Dr. L in P, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 19/IV, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Tirol 1. vom 20. November 1997, Zl. RV/168-07/06/97, betreffend u.a. die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 1992 und 1994 sowie Einkommensteuer 1992 und 1994 (Berufungssenat I) und 2. vom 13. Jänner 1998, Zl. 70.269-7/97, betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 1995 gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §303 Abs4;
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §4 Abs4;
BAO §303 Abs4;
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt als Facharzt für Anästhesie Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden u.a. die Verfahren betreffend Einkommensteuer 1992 und 1994 wieder aufgenommen und die Sachbescheide insoweit abgeändert, als die vom Beschwerdeführer abgesetzten Aufwendungen für Erholungsurlaube nicht mehr als Betriebsausgaben anerkannt wurden. Bei dem im Jahre 1992 unter der Bezeichnung "Röntgen Erholungsurlaub" geltend gemachten Betrag in Höhe von S 18.202,-- habe es sich laut vorgelegtem Kreditkartenauszug um Flugkosten Köln-Frankfurt-New York für zwei Personen im Gesamtbetrag von S 36.403,62 gehandelt, wovon der Beschwerdeführer den auf ihn entfallenden (bei der mitreisenden Person habe es sich um die Ehefrau gehandelt) Hälfteanteil steuerlich geltend gemacht habe. Der im Jahr 1994 unter der Bezeichnung "Röntgen Erholungsurlaub" abgesetzte Betrag von S 97.044,-- betreffe zum einen den Hälfteanteil eines von den Eheleuten im Jahr 1993 auf Phuket verbrachten Urlaubs, zum anderen eine vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau im Jahr 1994 unternommene Florida-Rundreise. Die auf den Beschwerdeführer entfallenden Kosten der Rundreise seien zudem irrtümlicherweise doppelt verbucht worden (ein Mal auf Grund der Reiseanmeldung im Betrag von S 28.441,-- und ein weiteres Mal auf Grund der Rechnung in Höhe von S 27.888,--). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer als Arzt einer höheren Strahlenbelastung ausgesetzt sei, rechtfertige es nicht, die Kosten der in den Jahren 1992 bis 1994 absolvierten Urlaube als Betriebsausgaben anzuerkennen. Vielmehr handle es sich hiebei um gemäß § 20 EStG nicht absetzbare Aufwendungen der privaten Lebensführung.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung sowohl gegen die Wiederaufnahme der Verfahren als auch gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1992 und 1994. Die abgabenbehördliche Prüfung habe keine neuen Tatsachen ergeben. Er habe die nunmehr strittigen Beträge in der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1992 unter der Bezeichnung "Röntgen Erholungsurlaub" offen ausgewiesen. Im Jahresabschluss für das Jahr 1994 sei zudem eine Aufgliederung der Position in "Erholungsurlaub 1993 - bezahlt Jänner 1994" und "Erholungsurlaub 1994" erfolgt. In der Sache selbst wandte sich der Beschwerdeführer gegen die von der abgabenbehördlichen Prüfung vorgenommene rechtliche Beurteilung mit der Begründung, er sei beruflich bedingt einer erhöhten Belastung mit Röntgenstrahlen ausgesetzt. Auf Grund der Röntgenbelastung sei er auch verpflichtet, sich jährlichen Untersuchungen zu unterziehen und bei seiner Arbeit im Sanatorium ein Gerät zur Messung der Röntgenstrahlen mit sich zu führen. Die Aufenthalte am Meer (Thailand, Florida) hätten daher der gesundheitlichen Vorbeugung gegen mögliche Auswirkungen der erhöhten Strahlenbelastung gedient. In diesem Zusammenhang wies der Beschwerdeführer weiters auf die Praxis der deutschen Finanzämter hin, bei Röntgenologen die Kosten eines zusätzlichen Urlaubs in einem entsprechenden Reizklima als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung (im hier interessierenden Umfang) als unbegründet ab. Dem Finanzamt sei auf Grund der Beilagen zu den Steuererklärungen lediglich bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer Ausgaben für einen "Röntgen Erholungsurlaub" getätigt habe. Aus der Aktenlage habe das Finanzamt aber keine Feststellungen darüber treffen können, aus welchem konkreten Anlass und für wen diese Ausgaben angefallen seien; ebenso wenig habe das Finanzamt hinsichtlich des Jahres 1994 auch nur vermuten können, dass die Aufwendungen für den Erholungsurlaub zu Unrecht doppelt erfasst worden seien. Erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung habe das Finanzamt durch die Einsichtnahme in die Belege konkrete Feststellungen zum Anlass der streitgegenständlichen Aufwendungen treffen können. Die Einsichtnahme in die Belege habe ergeben, dass es sich bei den Ausgaben für "Röntgenurlaube" um die Flug- und Hotelkosten für einen Aufenthalt auf der Insel Phuket, um Flugkosten nach New York sowie um Flugkosten nach Tampa mit anschließender Busrundreise durch Florida gehandelt habe. Dabei handle es sich um Urlaubsziele, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreuten. Derartige Aufwendungen könnten - selbst wenn sie sich im Hinblick auf die Strahlenbelastung, welcher der Beschwerdeführer ausgesetzt sei, positiv auswirken sollten - nicht als ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich betrieblich veranlasst angesehen werden. Die strittigen Aufwendungen stünden mit der Lebensführung im Zusammenhang und seien demnach gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 nicht abzugsfähig.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 gemäß § 299 Abs. 2 BAO auf. Der Beilage zu der am 24. Februar 1997 beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung sei zu entnehmen, dass unter der "Kontobezeichnung 790" Ausgaben für einen "Röntgen Erholungsurlaub" in Höhe von S 21.462,-- abgesetzt worden seien. Im Erläuterungsbericht zur Gewinn- und Verlustrechnung werde ergänzend ausgeführt, dass es sich hiebei um die Ausgaben für einen Erholungsurlaub des Beschwerdeführers handle. Im Hinblick auf die Ausführungen im erstangefochtenen Bescheid erweise sich der Einkommensteuerbescheid 1995 als rechtswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

1. Wiederaufnahme der Verfahren:

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und b und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Eine auf neu hervorgekommene Tatsachen gestützte Wiederaufnahme des Verfahrens ist ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2000, 94/14/0129).

Wie im Verwaltungsverfahren vertritt der Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichthof die Ansicht, er habe mit der Kontobezeichnung "Röntgen Erholungsurlaub" der Abgabenbehörde den Sachverhalt vollständig offen gelegt. Der Gerichtshof teilt diese Auffassung nicht. Anders als der Beschwerdeführer meint, lässt die vom Beschwerdeführer gewählte Kontobezeichnung nicht einmal die Art der angefallenen Kosten erkennen; geschweige denn den Zusammenhang, in dem diese Aufwendungen mit dem betrieblichen Geschehen stehen sollen. Die Prüferin hat die Wiederaufnahme des Verfahrens auf den neu hervorgekommenen Charakter der Aufwendungen als im Rahmen der normalen Lebensführung angefallene Urlaubsreise gestützt. Dass der Abgabenerklärung ein derartiger Sachverhalt zu entnehmen war, behauptet die Beschwerde zu Recht nicht. Hinsichtlich des Jahres 1994 räumt die Beschwerde überdies selbst ein, dass die doppelte Verbuchung des Aufwandes eine Wiederaufnahme des Verfahrens gerechtfertigt hat. Allerdings übersieht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens zur gänzlichen Beseitigung des bisherigen Sachbescheides führt und eine Beschränkung auf die Richtigstellung der doppelten Verbuchung nicht gegeben ist.

2. Sachbescheide:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Soweit sich Aufwendungen für die Lebensführung und Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen lassen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend dem "Aufteilungsverbot" der gesamte Betrag nicht abzugsfähig (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1999, 96/14/0123).

Die Beschwerde wendet demgegenüber gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 17. September 1997, 94/13/0001, ein, bei den geltend gemachten Reisen habe es sich nicht um Vergnügungsreisen gehandelt, sondern um "eine zur Erhaltung der Gesundheit und Kampfkraft notwendige Therapie". Bei einem Arzt, der vermehrt mit Röntgenstrahlen im Berührung komme, addiere sich die Röntgenbelastung im Körper. Der Körper sei wohl in der Lage, diese Röntgenbelastung abzubauen, doch sei hiezu ein Klimawechsel in ein Reizklima erforderlich.

Die Beschwerde tritt mit diesen Ausführungen der behördlichen Feststellung, die strittigen Reisen hätten sich nicht von solchen unterschieden, die üblicherweise als Urlaubsreisen von breiten Bevölkerungsschichten absolviert werden, nicht entgegen. Solcherart kann es aber nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde einen Zusammenhang mit der Lebensführung bejaht hat. Es mag zutreffen, dass die vom Beschwerdeführer unternommenen Reisen mit Rücksichtnahme auf die berufliche Belastung des Beschwerdeführers gewählt wurden. Ein ausschließlicher beruflicher Zusammenhang wird damit jedoch nicht dargetan. Dass Urlaube zur körperlichen Erholung genützt werden, ist auch für Angehörige anderer Berufssparten nicht unüblich. Anders als im Erkenntnis vom 17. September 1997 dienen die vom Beschwerdeführer gemachten Aufwendungen auch nicht dazu, in berufsspezifischer Weise die zur Berufsausübung erforderlichen Fähigkeiten zu üben und zu trainieren. Die gegenständlichen Aufwendungen zur körperlichen Regeneration kommen vielmehr in gleicher Weise allen Lebensbereichen des Beschwerdeführers zu Gute, was ihrer steuerlichen Absetzbarkeit als Betriebsausgaben entgegen stehen musste.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage bedurfte es keiner Feststellungen zur Frage, welchen Röntgenbelastungen der Beschwerdeführer bei seiner Berufsausübung ausgesetzt ist und inwiefern durch die Urlaubsreisen ein Abbau der Röntgenbelastung des Körpers erzielt werden konnte.

Was den zweitangefochtenen Bescheid anlangt, enthält die Beschwerde kein zusätzliches Vorbringen. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in den Beilagen zur Einkommensteuererklärung für 1995 selbst auf die anhängige Berufung hingewiesen und damit die Vergleichbarkeit der Sachverhalte bestätigt hat, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der von der belangten Behörde vorgenommenen Bescheidaufhebung gleichfalls eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 2001

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