VwGH 98/12/0233

VwGH98/12/02334.7.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, in der Beschwerdesache des P in S, vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. Juni 1998, Zl. 7782/1-III 6/98, betreffend Gewährung von Sonderurlaub nach § 74 Abs. 1 Richterdienstgesetz, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Richter des Landesgerichtes Salzburg. Auf Grund des Beschlusses des Personalsenates des Landesgerichtes Salzburg vom 18. März 1996 fiel im Rahmen der Geschäftsverteilung - unter anderen - dem Beschwerdeführer das so genannte "I-Verfahren" ab 1. Mai 1996 zu. Die Hauptverhandlung in dem genannten Strafverfahren erstreckte sich beginnend mit 16. September 1996 über 28 Tage im Jahr 1996, über 72 Tage im Jahr 1997 und - vorerst bis 8. Juni 1998 - über 32 Tage im Jahr 1998.

Mit Eingabe vom 6. Februar 1998 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm nach Abschluss des obgenannten Strafverfahrens Sonderurlaub gemäß § 74 Richterdienstgesetz (RDG) im Ausmaß von 43 Tagen zu gewähren. Der Beschwerdeführer begründete dies damit, dass er auf Grund der zeitlichen Beanspruchung durch das Strafverfahren den ihm für die Jahre 1996 und 1997 zustehenden Erholungsurlaub nicht habe konsumieren können und nicht verbrauchte Urlaubstage aus den Jahren 1994 und 1995 im Gesamtausmaß von 43 Tagen gemäß § 73 RDG verfallen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung des Sonderurlaubes ab. Der Präsident des Landesgerichtes Salzburg habe am 30. Oktober 1996 bzw. am 11. November 1997 gemäß § 73 RDG festgestellt, dass der Verbrauch des dem Beschwerdeführer für das Jahr 1995 bzw. 1996 gebührenden Erholungsurlaubes im Ausmaß von jeweils 27 Arbeitstagen bis zum Ende der Jahre 1996 bzw. 1997 aus dienstlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre und der Verfall dieses Erholungsurlaubes daher erst mit Ablauf des 31. Dezember 1997 bzw. 31. Dezember 1998 eintreten würde. Die unverbrauchten Urlaubsreste aus den Jahren 1994 und 1995 im Ausmaß von 22 bzw. 21 Arbeitstagen seien gemäß § 73 zweiter Satz RDG zum Jahresende 1996 bzw. zum Jahresende 1997 verfallen. Gemäß § 74 Abs. 1 RDG könne dem Richter auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen oder aus einem sonstigen besonderen Anlass Sonderurlaub gewährt werden. Dieser dürfe allerdings gemäß Abs. 3 leg. cit. nur dann gewährt werden, wenn keine zwingenden dienstlichen Erfordernisse entgegenstünden. Außerdem dürfe der Sonderurlaub die dem Anlass angemessene Dauer nicht übersteigen. § 73 RDG sehe den Verfall des Anspruches auf Erholungsurlaub vor, wenn dieser nicht bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres verbraucht werde. Der zweite Satz dieser Bestimmung ordne für den Fall, dass der Verbrauch bis zu diesem Zeitpunkt aus dienstlichen Gründen nicht möglich sei, an, dass der Verfall erst mit Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres eintrete. Der Zweck dieser Bestimmung liege darin, dass der Zeitraum zwischen dem Anfall des Urlaubsanspruches und dem Urlaubsverbrauch keinesfalls drei Jahre übersteigen solle. Durch die Gewährung von Sonderurlaub gemäß § 74 RDG als Äquivalent für einen gemäß § 73 zweiter Satz RDG verfallenen Urlaubsanspruch würde dieser Verfall jedoch gleichsam rückgängig gemacht und könnte Erholungsurlaub de facto auch noch später als drei Jahre nach seinem Anfall konsumiert werden. Durch eine Zusammenrechnung von Erholungsurlaub und Sonderurlaub könnte überdies auch ein drei Jahresansprüche übersteigender Gesamturlaubsanspruch entstehen, was mit § 73 zweiter Satz RDG unvereinbar wäre. § 74 RDG könne nicht dazu herangezogen werden, um einen Ausgleich für einen gemäß § 73 zweiter Satz RDG verfallenen Erholungsurlaub zu verschaffen.

Weiters folge daraus, dass der Verfall eines nicht verbrauchten Erholungsurlaubes - unabhängig von der Wichtigkeit und Bedeutung der dienstlichen Gründe für die Hinderung am Urlaubsverbrauch - gemäß § 73 RDG mit Ablauf des auf das Urlaubsjahr folgenden zweiten Kalenderjahres jedenfalls eintrete, ein zwingendes dienstliches Interesse daran, dass der Gesamtanspruch das Ausmaß des für drei Jahre gebührenden Erholungsurlaubes nie übersteigen solle bzw. dass der Erholungsurlaub nicht erst drei Jahre nach seinem Anfall verbraucht werde. Diese aus § 73 RDG ableitbaren zwingenden dienstlichen Erfordernisse würden der Gewährung von Sonderurlaub im gegenständlichen Fall gemäß § 74 Abs. 3 RDG entgegenstehen, selbst wenn man den Verfall von Erholungsurlaub als wichtigen persönlichen Grund im Sinn des § 74 Abs. 1 RDG erachten würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auf Grund der - im Hinblick auf eine allfällige Klaglosstellung des Beschwerdeführers sowie auf einen allfälligen nachträglichen Wegfall des Rechtschutzinteresses ergangenen - Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 2001 brachte die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 20. April 2001 vor, dass sie dem Beschwerdeführer auf Grund seines neuerlichen Antrages vom 5. Juni 2000 mit Bescheid vom 22. August 2000 gemäß § 74 RDG Sonderurlaub für die Zeit vom 14. September 2000 bis einschließlich 15. November 2000 zur Erholung von der außergewöhnlichen Beanspruchung durch die Bearbeitung des obgenannten Strafverfahrens gewährt habe. Die belangte Behörde habe diesen Bescheid im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer - im Unterschied zu seinem Antrag vom 6. Februar 1998 - sein Ansuchen nunmehr vor allem mit seiner erhöhten Erholungsbedürftigkeit auf Grund seiner außergewöhnlichen beruflichen Belastung durch das inzwischen abgeschlossene Großverfahren begründet und glaubhaft dargetan hätte, dass er auf Grund seiner außergewöhnlichen physischen und psychischen Belastung in den letzten Jahren ein erhöhtes Erholungsbedürfnis hätte, zu dessen Deckung der ihm im Kalenderjahr 2000 zustehende restliche Erholungsurlaub nicht ausgereicht habe. Der Bescheid vom 22. August 2000 habe also über einen neuen, teilweise anders begründeten Antrag des Beschwerdeführers auf einer neuen Sachverhaltsgrundlage abgesprochen, ohne den angefochtenen Bescheid vom 24. Juni 1998 hiedurch formell zu berühren, sodass eine formelle Klaglosstellung des Beschwerdeführers nicht erfolgt sei. Gleichzeitig sei dem Begehren des Beschwerdeführers auf Sonderurlaub im Ausmaß von 43 Arbeitstagen mit Bescheid vom 22. August 2000 nunmehr vollinhaltlich Rechnung getragen worden, sodass die Abweisung seines ursprünglichen Antrages mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. Juni 1998 keine nachteiligen Auswirkungen auf den Beschwerdeführer mehr entfalten könne. Es sei daher davon auszugehen, dass das Rechtschutzinteresse für die Anfechtung des Bescheides vom 24. Juni 1998 nachträglich weggefallen und der Beschwerdeführer somit materiell klaglos gestellt sei, sodass das Beschwerdeverfahren in analoger Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen sei. Für die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens sei der nachträgliche Wegfall des Rechtschutzinteresses gemäß § 58 Abs. 2 VwGG nicht zu berücksichtigen. Die Kosten seien jener Partei zuzusprechen, die bei Fällung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung obsiegt hätte. Die belangte Behörde beantrage daher, die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären, das Verfahren einzustellen und dem Beschwerdeführer den bereits in der Gegenschrift beantragten Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes aufzuerlegen.

Der Beschwerdeführer bringt in seinem Schriftsatz vom 30. Mai 2001 vor, dass ihm der begehrte Urlaub gewährt worden sei, eine Einigung mit der Behörde über den Kostenersatz jedoch nicht habe erzielt werden können.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in ständiger Rechtsprechung erkennt, tritt eine Klaglosstellung nur dann ein, wenn der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird. Wurde hingegen der angefochtene Bescheid durch keinen formellen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt, kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 30. Juli 1998, Zl. 93/12/0152 mwN).

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall in Anbetracht des von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erstatteten, insofern übereinstimmenden Vorbringens gegeben: Beide Parteien gehen von einer materiellen Klaglosstellung des Beschwerdeführers durch den mit Bescheid vom 22. August 2000 gewährten Sonderurlaub im Ausmaß von 43 Arbeitstagen aus.

Die vorliegende Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Senat für gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997: Im vorliegenden Fall würde die Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausganges in Anbetracht der in der Beschwerde und in der Gegenschrift in umfangreichem Maße ins Treffen geführten Argumente einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten. Im Beschwerdefall erscheint es daher sachgerecht, keiner Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Kostenersatz zuzuerkennen.

Wien, am 4. Juli 2001

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