VwGH 98/07/0180

VwGH98/07/018018.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des GK in P, vertreten durch Hasch, Spohn, Richter & Partner, Anwaltskanzlei KEG in Linz, Landstraße 47, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft (nunmehr:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vom 5. November 1996, Zl. 512.982/03-I5/96, betreffend Parteistellung in einem Wasserrechtsverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §77 Abs5;
WRG 1959 §78;
AVG §56;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §77 Abs5;
WRG 1959 §78;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Wassergenossenschaft P ist eine aufgrund freier Vereinbarung der daran Beteiligten gemäß § 74 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) gebildete freiwillige Wassergenossenschaft mit dem Zweck der Versorgung mit Trink-, Nutz- und Löschwasser. Sie wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Wasserrechtsbehörde vom 3. Juli 1969 als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt und ihre Satzungen genehmigt.

Der Beschwerdeführer ist gemäß § 3 dieser Satzungen Mitglied dieser Genossenschaft.

In der am 22. März 1991 abgehaltenen Genossenschaftsversammlung der obgenannten Wassergenossenschaft wurde eine Satzungsänderung - begründet mit "Anpassung an die Wasserrechtsnovelle 1990" - und eine neue "Anschlussgebühren-Ordnung" beschlossen. Der anwesende Beschwerdeführer stimmte gegen die Anschlussgebührenordnung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juni 1991 wurde diese "beschlossene Neufassung der Satzungen sowie der in der Anschlussgebührenordnung enthaltene Grundsatz des Maßstabes für die Kostenaufteilung" gemäß "§§ 77 Abs. 5 und 99 Wasserrechtsgesetz 1959" wasserrechtsbehördlich genehmigt. Begründet wurde dies damit, dass die Wassergenossenschaft P in ihrer Genossenschaftsversammlung am 22. März 1991 mit der im WRG 1959 erforderlichen Mehrheit von wenigstens zwei Drittel aller anwesenden Mitglieder eine Neufassung ihrer Satzungen sowie eine Anschlussgebührenordnung beschlossen habe. Aus den von der Wassergenossenschaft vorgelegten Unterlagen gehe eindeutig und nachvollziehbar hervor, dass die erforderliche Mehrheit von zwei Drittel aller anwesenden Mitglieder mit Sicherheit gegeben gewesen sei. Nachdem die Wasserrechtsbehörde nach Überprüfung der Satzungen und nach Überprüfung des in der Anschlussgebührenordnung enthaltenen Maßstabes für die Kostenaufteilung feststellen habe können, dass diese mit den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übereinstimmten, habe die wasserrechtliche Genehmigung erteilt werden können.

Dieser Bescheid wurde der Wassergenossenschaft P zu Handen ihres Obmannes, nicht jedoch den Mitgliedern dieser Genossenschaft zugestellt.

Mit Eingabe vom 11. April 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juni 1991 mit dem Hinweis, er sei aufgrund des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 27. Juli 1995, 1 Ob 1/95, gegen diesen Bescheid berufungslegitimiert, der ihn in rechtswidriger Weise in seiner vermögensrechtlichen Position beeinträchtige.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. April 1996 gemäß § 8 AVG in Verbindung mit den §§ 77 Abs. 5, 85 Abs. 1, 99 und 102 WRG 1959 abgewiesen, weil im Verfahren betreffend die Genehmigung der Satzungsänderungen und des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten der Wassergenossenschaft keine Parteistellung und damit auch kein Recht auf Bescheidzustellung bestehe. Erläuternd wurde zur Sache noch festgehalten, dass die beschlossene Anschlussgebührenordnung den generellen Maßstab für die Aufteilung der Kosten, wie in § 77 Abs. 5 WRG 1959 in Verbindung mit § 78 leg. cit. vorgesehen, aufstelle und keinerlei Ausnahmen, Sonderbestimmungen oder Ungleichbehandlungen für einzelne Mitglieder oder Mitgliedsgruppen vorsehe. Die Fälligkeit bzw. die Regelung des Entstehens des Anspruches oder der Gebührenschuld gehe über den Grundsatz des Maßstabes für die Kostenaufteilung hinaus und stelle eine Detailregelung dar, die nicht der wasserrechtlichen Genehmigungspflicht bedürfe. Dass die Gebührenordnung auch in diesem Bereich eine ausreichende Grundlage für die Vorschreibung der Anschlussgebühren-Ergänzungsbeiträge im damaligen Zeitpunkt aufgewiesen habe, sei durch den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 27. Juli 1995 bestätigt. Darin sei der Beschwerdeführer letztendlich rechtskräftig zur Leistung dieser Gebühren verpflichtet worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Dem Beschwerdeführer komme im Verfahren betreffend die Genehmigung der beschlossenen Satzungsänderung gemäß § 77 Abs. 5 WRG 1959 keine Parteistellung zu. Dem einzelnen Genossenschaftsmitglied stehe die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens innerhalb der Wassergenossenschaft und in weiterer Folge ein Verfahren nach § 85 Abs. 1 WRG 1959 offen. Die Satzungen der Wassergenossenschaft P sehen unter § 21 ein solches Streitschlichtungsverfahren vor. In dem vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, Slg. Nr. 9.903, sei die Frage der Parteistellung eines Genossenschaftsmitgliedes in einem Verfahren nach § 77 Abs. 5 WRG 1959 nicht geprüft worden. Den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in seinem Beschluss vom 27. Juli 1995, 1 Ob 1/95, in welchem eine Parteistellung einem Genossenschaftsmitglied im Verfahren nach § 77 Abs. 5 WRG 1959 für den Fall eingeräumt werde, dass es in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt sei, könne in dieser allgemeinen Form nicht gefolgt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 28. September 1998, B 5009/96-8, deren Behandlung abgelehnt hat. Mit Beschluss vom 17. November 1998, B 5009/96-10, wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juni 1991 zugestellt zu erhalten. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Beschwerdeführer replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - wie auch dem Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) im Ergänzungsschriftsatz des Beschwerdeführers (§ 34 Abs. 2 VwGG) ausdrücklich entnommen werden kann - die bescheidmäßige Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers vom 11. April 1996 auf Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juni 1991, weil dem Beschwerdeführer in einem Verfahren betreffend die Genehmigung der Änderung der Satzungen oder des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten von Wassergenossenschaften gemäß § 77 Abs. 5 WRG 1959 durch die Wasserrechtsbehörde den einzelnen Mitgliedern der Wassergenossenschaft keine Parteistellung zukomme.

In wasserrechtlichen Verfahren sind die in § 102 Abs. 1 WRG 1959 genannten Personen Parteien. Bei § 102 WRG 1959 handelt es sich um eine - zur Transformationsnorm des § 8 AVG hinzutretende - spezielle Regelung der Parteistellung in einer Verwaltungsvorschrift (vgl. hiezu u. a. Raschauer, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, Rz 1 zu § 102 WRG 1959). Dass aus § 8 AVG alleine keine Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren abgeleitet werden kann, ist ständige Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 195 ff zu § 8 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall kommt denkbar eine Parteistellung des Beschwerdeführers im Verfahren betreffend die Genehmigung durch die Wasserrechtsbehörde nach § 77 Abs. 5 WRG 1959 nur eine solche nach § 102 Abs. 1 lit. e WRG 1959 im Zusammenhang mit lit. b dieser Gesetzesstelle in Betracht. Demnach sind Parteien diejenigen, die als Mitglied einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen (also zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen).

Nach § 77 Abs. 5 WRG 1959 in der hier anzuwendenden Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle 1990 bedürfen Änderungen der Satzungen oder des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten (§ 78) wenigstens der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der bei einer hierüber einberufenen Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder, im Falle eines Umlaufbeschlusses der Zweidrittelmehrheit der Stimmen aller Mitglieder. Sie werden erst nach Genehmigung durch die Wasserrechtsbehörde wirksam.

Änderungen der Satzungen oder des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten nach § 78 WRG 1959 werden ebenso wie die Beschlüsse über die Satzungen von Wassergenossenschaften ab ihrer bescheidmäßigen Anerkennung durch die Verwaltungsbehörde mit konstitutivem Bescheid wirksam. Im Verfahren zur Genehmigung einer Satzungsänderung und eines Maßstabes zur Aufteilung von Kosten nach § 78 WRG 1959 hat jedoch nur die Wassergenossenschaft selbst Parteistellung, weil der Rechtsakt der Genehmigung (oder Nichtgenehmigung) der Satzungen nur gegenüber der Wassergenossenschaft ergeht, die den Beschluss auf Satzungsänderung und Änderung des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten nach § 78 WRG 1959 gefasst und diese Beschlüsse zur Genehmigung vorgelegt hat (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1970, Zl. 840/69). Auch der Oberste Gerichtshof hat in seinem Beschluss vom 27. Juli 1995, 1 Ob 1/95, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Verfahren zur Genehmigung einer Satzungsänderung oder eines Maßstabes zur Aufteilung von Kosten nach § 78 WRG 1959 nur die Wassergenossenschaft Parteistellung hat. Unter Berufung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1983, Slg. Nr. 9.903/1983, und Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 16 zu § 77 WRG 1959, S. 323, führte jedoch der Oberste Gerichtshof in diesem Beschluss weiters aus, dass jedes Mitglied einer Wassergenossenschaft in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dann verletzt ist, wenn eine Satzungsänderung genehmigt worden ist, die nicht den Voraussetzungen des § 77 Abs. 5 WRG 1959 entspricht. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem vorzitierten Erkenntnis mit der Frage der Parteistellung eines Mitgliedes der Wassergenossenschaft im Genehmigungsverfahren vor der Wasserrechtsbehörde nach § 77 Abs. 5 WRG 1959 und einer damit verbundenen Berufungslegitimation nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Durch die erteilte Genehmigung der Satzungsänderung und der Änderung des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten nach § 78 WRG 1959 kann das einzelne Mitglied der Wassergenossenschaft in wasserrechtlich geschützten Rechten grundsätzlich unmittelbar nicht betroffen werden. Gemäß § 21 der gültigen Satzungen der Wassergenossenschaft P entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern untereinander und zwischen diesen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstehen, ein Schiedsgericht. Dem Beschwerdeführer als Mitglied dieser Genossenschaft steht es demnach gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 frei, bei Nichtzustandekommen einer internen Schlichtung (§ 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959) des von ihm begonnenen Streites über die Frage der Gültigkeit des Genossenschaftsbeschlusses vom 22. März 1991 die Entscheidung des Landeshauptmannes als zuständiger Wasserrechtsbehörde zu begehren, welcher sodann obliegt, über die Streitfrage der Gültigkeit des Beschlusses mit Bescheid abzusprechen (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1970). Aufgrund dieser Rechtslage fehlt es daher im Verfahren über die Genehmigung nach § 77 Abs. 5 zweiter Satz WRG 1959 dem Beschwerdeführer als Mitglied der Wassergenossenschaft an der Parteistellung, er ist daher in diesem Verfahren auch nicht insoweit berufungslegitimiert, als der Beschluss der Wassergenossenschaft nicht § 77 Abs. 5 erster Satz WRG 1959 entsprechen sollte. Insoweit daher dem Genossenschaftsmitglied einer Wassergenossenschaft die Möglichkeit eingeräumt ist, im Rahmen der aus dem Genossenschaftsverhältnis zwischen den Mitgliedern untereinander und zwischen diesen und der Genossenschaft entstehenden Streitigkeiten auch die Streitfrage der Gültigkeit eines Genehmigungsbeschlusses nach § 77 Abs. 5 WRG 1959 erfolgreich zu relevieren, ist daher davon auszugehen, dass dem einzelnen Genossenschaftsmitglied im Verfahren zur Genehmigung einer Satzungsänderung und eines Maßstabes zur Aufteilung von Kosten nach § 78 WRG 1959 keine Parteistellung zukommt.

Kommt dem Beschwerdeführer aber keine Parteistellung im Verfahren über die Genehmigung der Beschlüsse der Genossenschaftsversammlung vom 22. März 1991 zu, fehlt ihm auch ein durchsetzbares subjektives öffentliches Recht auf Zustellung eines in diesem Verfahren ergangenen Bescheides.

Aus diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Ob die Wasserrechtsbehörde die Beschlüsse der Genossenschaftsversammlung der Wassergenossenschaft P vom 22. März 1991 gemäß § 77 Abs. 5 WRG 1959 genehmigen durfte, war nicht Gegenstand im Verfahren über die Zuerkennung der Parteistellung und Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juni 1991.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Jänner 2001

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