VwGH 98/05/0148

VwGH98/05/014822.5.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Stadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. Juli 1998, Zl. BauR-012153/1-1998/RU/Lg, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Lobau Planungs- und Bauträger Ges. m.b.H. in Salzburg, vertreten durch Dr. Manfred Klicnik, Rechtsanwalt in Linz, Taubenmarkt 1), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §30 Abs6 Z1;
BauO OÖ 1994 §30 Abs6 Z2;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §3 Z6;
ROG OÖ 1994 §2 Abs1 Z10;
ROG OÖ 1994 §32;
BauO OÖ 1994 §30 Abs6 Z1;
BauO OÖ 1994 §30 Abs6 Z2;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §3 Z6;
ROG OÖ 1994 §2 Abs1 Z10;
ROG OÖ 1994 §32;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Landeshauptstadt Linz hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Mitbeteiligten in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter Hinweis auf die mit Bescheid vom 24. September 1997 erteilte Bauplatzbewilligung beantragte die Mitbeteiligte beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz die Erteilung einer Baubewilligung für ein Mehrfamilienwohnhaus auf den Grundstücken Nr. 1272/12, 1273/15 in Linz, Spazenhofstraße. Geplant ist ein Baukörper mit zwei selbstständigen aneinander gebauten zweigeschossigen Wohngebäuden, wobei je eine Grundfläche von 200 m2 bebaut werden soll. Für die Baugrundstücke gilt der mittels Beschlusses des Gemeinderates vom 1. September 1995 erlassene Bebauungsplan, der die "Sonderbauweise mit selbstständigen Hauptkörpern in gekuppelter Form", maximal zwei Geschosse und eine maximal bebaubare Grundfläche einschließlich Neu- und Zubauten von 200 m2 vorsieht.

Im Rahmen der Vorprüfung fand bei der Baubehörde eine "Planungsvisite" statt, bei der festgehalten wurde:

"Das ggst. Projekt wurde zuletzt am 17. September 1997 in der PlV begutachtet und eine umfassende Überarbeitung gefordert. Da aber der Bauherr eben dieses Projekt ohne Änderung nunmehr eingereicht hat, sieht sich die PlV genötigt, ein negatives Ortsbildgutachten zu erstellen."

Der Amtssachverständige Mag. Arch. G.L. erstattete ein mit 12. Dezember 1997 datiertes Gutachten. Im Befund wird das Vorhaben beschrieben, wonach die zu errichtende Doppelhausanlage laut Plan als durchgehender Baukörper mit einheitlichem Verlauf der Fassadenfluchten und Firsthöhen sowie niveaugleichen Eingängen ausgeführt werde. Der Baukörper weise an der dem Straßenzug Spazenhofgasse zugewandten Seite eine Länge von ca. 35 m auf. Die Höhe bis zur Traufe betrage ca. 7 m (zwei Vollgeschoße), darüber befinde sich eine einfache Satteldachkonstruktion mit einer Dachneigung von 30 Grad mit ausgebautem Dachgeschoß.

Als Maßstab für die Beurteilung zog der Gutachter den Straßenzug Spazenhofstraße zwischen den Objekten Nr. 12 und 22, den Straßenzug Berggasse zwischen den Häusern Nr. 16 und 36, sowie das gesamte dazwischenliegende Gebiet heran. In diesem Gebiet sei das gegenständliche Wohngebäude sichtbar und nehme Einfluss auf das Umgebungsbild. Im Begutachtungsbereich befänden sich freistehende Ein- und Mehrfamilienhäuser in Höhe von jeweils ca. zwei Geschoßen, besonders charakteristisch sei der Umstand, dass das Gebiet einen hohen Baumbestand bzw. Bestand an unbebauten Flächen aufweise, wodurch eine intensive Durchgrünung des Wohngebietes gegeben sei. Unter Hinweis auf die angeschlossenen Fotos wurden einzelne Objekte im Befund beschrieben.

Das eigentliche Gutachten lautet wie folgt:

"Ggst. Wohnhaus würde im beschriebenen Umgebungsbild als Fremdkörper in Erscheinung treten, da die Konzipierung des Gebäudes ohne Niveauunterschiede einem ebenen Baugrund entsprechen würde und der topografischen Situation keinerlei Rechnung trägt. Die Wirkung als Fremdkörper wird durch die mit der vorhandenen Geländeform zwangsläufig erforderlichen Eingriffe (Aufschüttungen, bes. am westlichen Gebäudeabschluss) wodurch sich dem vorhandenen Orts- und Landschaftsbild nicht entsprechende Abböschungen ergeben, noch wesentlich verstärkt. Die Notwendigkeit der Aufschüttungen wird besonders durch die Länge des Baukörpers (22m) hervorgerufen.

Weiters ist zum westlich gelegenen Objekt Spazenhofstraße 22 ein Höhenunterschied von ca. 6 m bei einer Entfernung der beiden Baukörper von ca. 10 m voneinander, zu erwarten, wodurch sich eine Abstufung ergibt, die nicht der ortsüblichen Bebauung entspricht.

Der negative Einfluss auf das Ortsbild wird durch die auf Grund der Hanglage gegebene Einsehbarkeit des zu bebauenden Grundstückes erhöht, zumal eine ausreichende, abschirmende Wirkung des vorhandenen Baumbestandes nicht zu erwarten ist.

Daher wäre durch die Errichtung des Wohnhauses gemäß den vorliegenden Planunterlagen eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes gegeben.

Um eine den Geländeverhältnissen bzw. der im Umfeld vorhandenen Bebauung entsprechende Lösung zu finden, ist es erforderlich den Baukörper gemäß dem Geländeverlauf abzustufen bzw. in zwei höhenversetzte Einzelbaukörper aufzulösen, oder die Länge der Gesamtanlage auf ca. 10 m zu kürzen."

Zum Vorhalt dieses Gutachtens erklärte die Mitbeteiligte in ihrem Schreiben vom 20. Jänner 1998, der Bauplatz unterliege einem strengen Bebauungsplan, welcher die Situierung des möglichen Bauvolumens unter Vorgabe einer maximalen Bebauungsfläche von 200 m2 pro Parzelle außergewöhnlich genau vorgebe. Außerdem werde die Höhenlage, die maximale Geschoßanzahl und auch die Lage der Tiefgarage festgelegt. Das vorgelegte Projekt entspreche dem gültigen Bebauungsplan, sei (vor Einreichung) bei einer "Planungsvisite" am 14. Mai 1997 grundsätzlich positiv beurteilt worden und es seien alle damals vorgeschlagenen Auflagen eingearbeitet worden.

Mit Bescheid vom 2. Februar 1998 wies der Magistrat der Landeshauptstadt Linz das Bauansuchen wegen Widerspruches zu baurechtlichen Bestimmungen ab. In der Begründung wurde das Gutachten wörtlich wiedergegeben und auf § 30 Abs. 6 Z. 2 O.ö. BauO 1994 verwiesen, wonach der Bewilligungsantrag von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen sei, wenn sich schon aus dem Antrag ergebe, dass das Vorhaben zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspreche. Durch die Errichtung des Bauvorhabens wäre eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes gegeben, damit widerspreche das Bauvorhaben der zwingenden Bestimmung des § 3 Z. 5 O.ö. BautechnikG.

In ihrer dagegen erstatteten Berufung verwies die Mitbeteiligte abermals auf "Planungsvisiten" vor der Einreichung. Der bekämpfte Bescheid, insbesondere das Gutachten des Amtssachverständigen, gehe nicht vom rechtskräftigen Bebauungsplan aus. Die Ziele, die durch § 3 Abs. 5 O.ö. Bautechnikgesetz geschützt seien, seien im O.ö. Ortsbildgesetz vorgegeben. Zu einer Anwendung des § 3 Abs. 5 O.ö. BautechnikG hätte es nur kommen dürfen, wenn im Rahmen des O.ö. Ortsbildgesetzes gemäß § 7 die Stadt Linz ein Ortsbildkonzept mit vorgegebenen Zielvorstellungen aufgelegt hätte. Jedenfalls sei das Ausmaß, das der Baukörper laut Bebauungsplan haben dürfe, nicht überschritten worden.

Dieser Berufung gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 12. März 1998 keine Folge. Das von der Erstbehörde eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen für Ortsbildfragen entspreche den vom Verwaltungsgerichtshof an ein taugliches Gutachten gestellten Anforderungen. Es sei das Gebiet abgegrenzt und diese Eingrenzung begründet worden, sodann seien die das Ortsbild in diesem Bereich prägenden Anlagen und charakteristischen Landschaftsmerkmale detailliert beschrieben worden sowie auf die Topografie Bezug genommen worden. Ausführlich sei begründet worden, warum es durch das Projekt zu einer Störung des Orts- und Landschaftsbildes käme. Daher sah es auch die Berufungsbehörde als erwiesen an, dass das Bauvorhaben zu einer Störung des Ortsbildes führen würde, es sich zumindest aber nicht harmonisch in das Ortsbild einfüge. Vorgespräche mit diversen beratenden Gremien der Baubehörde, welche noch vor der formellen Einreichung des Bauvorhabens stattgefunden hätten, könnten daher begrifflich weder eine Bindung der Baubehörde noch des Sachverständigen in eine bestimmte Richtung bewirken. Entscheidungsgrundlage sei ausschließlich das eingeholte Gutachten und nicht etwa die Ergebnisse einer "Planungsvisite" im Vorfeld der Einreichung. Da sich die gegenständliche Liegenschaft in keiner Schutzzone nach dem Ortsbildgesetz befinde, sei für die Beurteilung auf die Ortsbildverträglichkeit nicht auf das O.ö. Ortsbildgesetz abzustellen gewesen, sondern ausschließlich auf die Bestimmungen des O.ö. BautechnikG. Ein Projekt müsse, wie sich aus § 30 Abs. 6 O.ö. BauO 1994 ableiten lasse, kumulativ sowohl dem Bebauungsplan als auch den sonstigen baurechtlichen Bestimmungen, somit auch den Bestimmungen des § 3 Z. 5 und 6 O.ö. BautechnikG entsprechen. Es bedürfe keiner Erläuterung, dass ein Projekt, welches zur Gänze mit den Festlegungen des Bebauungsplanes im Einklang stehe, ortsbildstörend sein könne.

Einer dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge und stellte fest, dass die Vorstellungswerberin durch den Berufungsbescheid in ihrem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens verletzt wurde. Der Berufungsbescheid wurde behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Bescheiderlassung an die Berufungsbehörde zurückverwiesen.

Die Aufhebung wurde damit begründet, dass das eingeholte Ortsbildgutachten insoferne mangelhaft sei, als, soweit der Gutachter die Länge des Baukörpers angesprochen habe, auf die Möglichkeiten und Vorgaben des Bebauungsplanes keinerlei Rücksicht genommen wurde. Nach Auffassung der belangten Behörde beziehe sich bei den gegebenen Möglichkeiten des Bebauungsplanes die Frage des Orts- und Landschaftsbildes lediglich auf das äußere Aussehen eines Objektes, nicht jedoch auf seine längs- oder höhenmäßige Ausdehnung, sodass dieser Frage nur mehr subsidiäre Bedeutung beigemessen werden könne und ein neuerliches Ortsbildgutachten an diesen Maßstäben zu messen sein werde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die beschwerdeführende Gemeinde gemäß Art. 119a Z. 9 B-VG legitimiert ist. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das vorliegende Bauansuchen wurde von der Baubehörde erster Instanz ohne Durchführung einer Verhandlung abgewiesen. Die diesbezügliche Bestimmung des § 30 Abs. 6 O.ö. BauO 1994 in der Stammfassung LGBl. Nr. 66/1994 lautet:

"6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben

1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes, eines Bebauungsplanes, einer Bausperre oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder

2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann. ..."

Grundsätzlich ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, dass die Versagungstatbestände des § 30 Abs. 6 Z. 1 und Z. 2 BO alternativ zu verstehen sind, d.h. ein Vorhaben ist abzuweisen, wenn es nur etwa den zwingenden Bestimmungen eines Bebauungsplanes widerspricht, aber auch dann, wenn es nur anderen baurechtlichen Bestimmungen widerspricht. Ein Projekt, das etwa den Vorgaben der Z. 1 des § 30 Abs. 6 entspricht, ist wegen eines Widerspruches zu zwingenden baurechtlichen Bestimmungen abzuweisen.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass ein Versagungsgrund nach § 30 Abs. 6 Z. 1 BO nicht vorliegt. Das Projekt ist an der vorderen Baufluchtlinie situiert; es hält zur hinteren und zu einer seitlichen Baufluchtlinie einen Abstand ein. Die maximal bebaubare Grundfläche von je 200 m2 wird nicht überschritten, durch die Festlegung einer "Sonderbauweise mit selbstständigen Hauptbaukörpern in gekuppelter Form" gerade für die beiden gegenständlichen Grundstücke hat der Verordnungsgeber einen geschlossenen Gebäudekomplex mit einer Gesamtfläche von 400 m2 erlaubt. Dem im Akt erliegenden Bebauungsplan lässt sich entnehmen, dass die beiden seitlichen Baufluchtlinien voneinander rund 37 m, die vordere von der inneren Baufluchtlinie rund 15 m entfernt ist. Wenn in diesem Rahmen ein 400 m2 großes Projekt verwirklicht werden darf, dann musste der Verordnungsgeber eine entsprechende Gebäudelänge an der Straßenfront vorgesehen haben.

Die Baubehörden haben ihre Versagung aber nicht auf § 30 Abs. 6 Z. 1 BO, sondern auf die Z. 2 gestützt; das Vorhaben widerspreche § 3 Z. 5 und 6 O.ö. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994 (BauTG).

§ 3 BauTG lautet auszugsweise:

"§ 3

Allgemeine Erfordernisse

Bauliche Anlagen müssen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass...

5. das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird; dabei ist auf naturschutzrechtlich geschützte Gebiete, Naturdenkmäler, andere bemerkenswerte Naturgebilde und Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung Bedacht zu nehmen;

6. sie sich in die Umgebung einwandfrei einfügen; Baumassen und Bauteile müssen harmonisch aufeinander abgestimmt werden;

Fassaden und Dachformen, Baustoffe, Bauteile und Bauarten, Verputz und Farbgebung dürfen nicht verunstaltend wirken."

Während die alte Rechtslage eine weitere Differenzierung hinsichtlich der Bewahrung des Ortsbildes nicht kannte (vgl. § 23 Abs. 1 O.ö. BauO 1976: "... das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird" bzw. § 2 Abs. 2 O.ö. Bauverordnung 1985: "... sind so zu gestalten ..., dass keine Störung des Orts- und Landschaftsbildes, ... eintreten"), wird dieser Gesichtspunkt im § 3 BauTG in zwei Absätzen behandelt. Der zweite Halbsatz der Z. 5 bestimmt, nach welchen Kriterien eine Störung des Ortsbildes zu beurteilen ist. Danach ist eine Störung des Ortsbildes unter Bedachtnahme auf Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung zu prüfen.

Da davon im vorliegenden Fall keine Rede war, hat auch die Berufungsbehörde in ihrer Entscheidung darauf abgestellt, dass sich das Bauvorhaben "zumindest aber nicht harmonisch in das Ortsbild einfügt", weshalb sie die Bestimmung des § 3 Z. 6 BauTG für sich allein schon für die Abweisung des Bauansuchens als ausreichend ansah.

Von den Tatbeständen des § 3 Z. 6 BauTG spielt hier nur der erste Fall eine Rolle; beurteilt wurde von der Baubehörde auf Grund des Sachverständigengutachtens, ob sich das Vorhaben in die Umgebung einwandfrei einfügt, was von der Berufungsbehörde verneint wurde. Die Beschwerdeführerin präzisiert dies dahingehend, dass im Wesentlichen die Nichtanpassung des geplanten Gebäudes an die Topographie des Baugrundstückes sowie die längenmäßige Ausdehnung des Baukörpers bemängelt wurden.

Dem gegenüber steht die belangte Behörde auf dem Standpunkt, dass die längen- und höhenmäßige Ausdehnung eines Gebäudes durch den Bebauungsplan erschöpfend geregelt ist und daher aus diesem Titel eine Nichteinfügung in die Umgebung nicht angenommen werden kann.

§ 2 Abs. 1 Z. 10 O.ö. ROG 1994 (ROG) sieht als Raumordnungsziel die Erhaltung und Gestaltung des Stadt- und Ortsbildes einschließlich der Ortsentwicklung sowie die Erhaltung des typischen Orts- und Landschaftsbildes an. Auch zur Verwirklichung dieses Zieles bietet § 32 ROG dem Verordnungsgeber die Möglichkeit, durch entsprechende Festlegungen auf die Gestaltung des Ortsbildes Einfluss zu nehmen. Beispielsweise seien folgende Bestimmungen (in der Fassung LGBl. Nr. 131/1997) angeführt:

"§ 32

Inhalt des Bebauungsplanes

(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:

...

  1. 3. die Fluchtlinien (Abs. 3);
  2. 4. die Gebäudehöhe (Abs. 4);

    ...

(2) Der Bebauungsplan kann nach Maßgabe des § 31 darüber hinaus insbesondere festlegen oder ausweisen:

  1. 1. die Bauplätze, ihre Mindestgröße und Höhenlage;
  2. 2. die Bauweise (Abs. 5) und das Maß der baulichen Nutzung (Abs. 6);
  3. 3. Baufluchtlinien, an die im Baufall angebaut werden muss....
  4. 12. Bestimmungen über Einfriedungen, Lärm- und Schallschutzwände sowie ähnliche Umwelteinrichtungen;

    ...

(4) Die Höhe der Gebäude ist nach der Anzahl der Geschosse über dem Erdboden, der Hauptgesimshöhe oder der Gesamthöhe über dem tiefsten Punkt des Straßenniveaus oder anderen Vergleichsebenen festzulegen; sie kann im Bereich des Bauplatzes auch unterschiedlich sowie mit Mindest- und Höchstgrenzen festgelegt werden.

(5) An Bauweisen sind zu unterscheiden:

...

(6) Das Maß der baulichen Nutzung der Grundstücke ist durch die Gebäudehöhe, die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. Darüber hinaus kann das Maß der baulichen Nutzung durch Festlegung der Anzahl der Geschosse näher bestimmt oder durch Angaben des Prozentsatzes der bebaubaren Fläche beschränkt werden. Die Geschoßflächenzahl ist das Verhältnis der Gesamtgeschoßfläche zur Fläche des Bauplatzes. Die Baumassenzahl ist das Verhältnis der Baumasse zur Fläche des Bauplatzes. Als Baumasse gilt der oberirdisch umbaute Raum bis zu den äußeren Begrenzungen des Baukörpers.

..."

Damit bietet sich dem Verordnungsgeber ein umfassendes Instrumentarium, auf die Größe eines Baukörpers Einfluss zu nehmen, aber auch durch unterschiedliche Höhenangaben auf einem Bauplatz auf die topographischen Bedingungen einzugehen. Andererseits erwächst einem Bauwerber dann, wenn der Verordnungsgeber von diesen Möglichkeiten umfassend Gebrauch gemacht hat, das grundsätzliche Recht, im Rahmen dieser Festlegungen sein Bauvorhaben zu verwirklichen.

Hat daher der Verordnungsgeber von diesem im § 32 OÖ ROG festgeschriebenen umfassenden Instrumentarium auch unter dem Gesichtspunkt Gebrauch gemacht, eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes hintanzuhalten und/oder eine einwandfreie Einfügung der Bauvorhaben in die Umgebung zu gewährleisten und daher im Bebauungsplan - wie dies im Beschwerdefall geschehen ist -

so auf die Größe eines Baukörpers Einfluss genommen, aber auch durch unterschiedliche Höhenangaben auf einem Bauplatz die topographischen Bedingungen berücksichtigt, so führt diese speziellere Norm zu einer Reduktion des Anwendungsbereiches des § 3 Z. 6 BauTG im Baubewilligungsverfahren.

Selbstverständlich ist auch ein Projekt, das allen Anforderungen des Bebauungsplanes entspricht, nach sonstigen Bauordnungswidrigkeiten, insbesondere auch nach einer Verletzung des § 3 Z. 6 BauTG zu überprüfen. Wenn aber der Verordnungsgeber konkret für zwei Baugrundstücke die Grenzen der Bebaubarkeit festlegt und trotz der Bebauung mit Einfamilienhäusern in der Umgebung einen Baukörper mit einer Flächenausdehnung von 400 m2 erlaubt, weiters trotz der topographischen Gegebenheiten nur eine Höhenangabe festlegt, dann kann allein in der Ausschöpfung dieser Berechtigungen ein Versagungsgrund nach § 3 Z. 6 BauTG nicht herbeigeführt werden.

Bei Beurteilung der Erfordernisse nach § 3 Z. 6 BauTG werden daher die durch den Bebauungsplan gegebenen Rechte des Bauwerbers zu beachten sein und kann nur davon ausgehend die Übereinstimmung mit den Kriterien des § 3 Z. 6 BauTG geprüft werden.

Somit hat die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid ihr Aufsichtsrecht dem Gesetz gemäß ausgeübt; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Mai 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte