Normen
AVG §1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juni 1998 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 5 Abs. 1 ArbVG (in der Fassung des Arbeits- und Sozialgerichts-Anpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 563/1986) ist die Kollektivvertragsfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 und 3 auf
Antrag ...... durch das Bundeseinigungsamt zuzuerkennen.
Der mit "Verhandlung und Beschlussfassung" überschriebene § 142 ArbVG (in der soeben zitierten Fassung) lautet:
"(1) Das Bundeseinigungsamt verhandelt und entscheidet in Senaten, die vom Vorsitzenden tunlichst unter Bedachtnahme auf den Verhandlungsgegenstand und erforderlichenfalls auf regionale Gesichtspunkte gebildet werden.
(2) Ein Senat des Bundeseinigungsamtes ist verhandlungs- und beschlussfähig, wenn außer dem Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter je zwei Mitglieder aus der Gruppe der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer anwesend sind.
(3) Sind die Mitglieder einer Gruppe in der Überzahl, so haben in dieser Gruppe die dem Alter nach jüngsten Mitglieder, soweit sie überzählig sind, kein Stimmrecht. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der Stimmberechtigten gefasst; der Vorsitzende gibt seine Stimme als Letzter ab. Der Vorsitzende darf sich der Stimme nicht enthalten.
(4) ..."
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 581, zitierte hg. Judikatur) führt die Unzuständigkeit der belangten Behörde auch dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Kollegialorgan auch dann als unzuständige Behörde anzusehen, wenn es nicht in der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet; das trifft dann zu, wenn entweder bei der Entscheidung nicht die vorgeschriebene Zahl von Mitgliedern mitgewirkt hat oder Personen daran beteiligt waren, die als Mitglieder (etwa wegen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes) von der Mitwirkung ausgeschlossen waren oder bei denen es sich nicht um Mitglieder handelte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1992, Zlen. 92/11/0016, 0017).
Eine solche Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt im Beschwerdefall vor:
Aus der im Akt erliegenden "Anwesenheitsliste zur Verhandlungsschrift und Beratungsprotokoll" zu der am 4. Juni 1998 vor der belangten Behörde durchgeführten "Senatsverhandlung", betreffend den vorliegenden Beschwerdefall, ergibt sich, dass (abgesehen von der Vorsitzenden) vier Senatsmitglieder aus der Gruppe der Arbeitgeber und zwei aus jener der Arbeitnehmer anwesend waren.
Weiters ist aus dem genannten Beratungsprotokoll zu entnehmen, dass die Vorsitzende - offenkundig im Hinblick auf die oben zitierte Vorschrift des § 142 Abs. 3 ArbVG (siehe auch § 2 Abs. 5 der Bundeseinigungsamts-Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 415/1987) - eingangs festhielt, "dass auf Grund der imparitätischen Senatsbesetzung" zwei namentlich angeführte Senatsmitglieder der Arbeitgeber "an der späteren Abstimmung nicht teilnehmen werden".
Wohl lässt sich aus diesem Beratungsprotokoll nicht entnehmen, dass diese beiden Senatsmitglieder dennoch an der anschließenden Abstimmung (betreffend die Erledigung des Antrages der vor dem Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführenden Partei) teilgenommen hätten. Allerdings haben diese beiden Senatsmitglieder an der Entscheidungsfindung insoweit mitgewirkt, als sie an der diesbezüglichen Beratung zur Ausübung des Stimmrechtes - ohne dass etwa hiefür eine gesetzliche Grundlage gegeben gewesen wäre - teilgenommen haben (vgl. deren im Beratungsprotokoll aufscheinenden Diskussionsbeiträge), was nach der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne der oben zitierten hg. Rechtsprechung die Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides bewirkt hat.
Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne dass in das Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. November 2001
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