VwGH 97/13/0091

VwGH97/13/009127.2.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde

1) der DW und 2) des MW, beide in W und beide vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat Ia, vom 20. März 1997, Zl. GA 15-96/1341/13, betreffend Vermögensteuer zum 1. Jänner der Jahre 1989 bis 1992 und zum 1. Jänner des Jahres 1993,

1. den Beschluss

gefasst:

Die von der Erstbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde wird, soweit sie den Abspruch des angefochtenen Bescheides über Vermögensteuer zum 1. Jänner der Jahre 1989 bis 1992 bekämpft, zurückgewiesen;

und 2. zu Recht erkannt:

Normen

BAO §132;
BAO §167 Abs2;
BAO §183 Abs1;
BAO §183 Abs3;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VermStG §11;
VwGG §34 Abs1;
BAO §132;
BAO §167 Abs2;
BAO §183 Abs1;
BAO §183 Abs3;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VermStG §11;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der den Gegenstand des Beschwerdefalles bildende Sachverhalt wurde aus Anlass unterschiedlicher Verfahren bereits mehrfach an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen und findet sich im jeweiligen Darstellungsteil der hg. Erkenntnisse vom 29. April 1992, 90/13/0201, vom 2. August 1995, 93/13/0167, vom 20. September 1995, 93/13/0161, und ebenfalls vom 20. September 1995, 93/13/0283.

Der Abgabenbehörde war durch eine Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen in Bonn bekannt geworden, dass der Erstbeschwerdeführerin in den Jahren 1978 bis 1982 aus Zuwendungen ihrer in Deutschland lebenden Mutter sowie aus Verkäufen von in Deutschland gelegenen und im Erbweg erworbenen Liegenschaften Beträge in der Höhe von umgerechnet S 5,112.000,-- zugeflossen waren.

Mit dem hg. Erkenntnis vom 29. April 1992, 90/13/0201, wurden die der Erstbeschwerdeführerin gegenüber ergangenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1986 sowie der Bescheid über die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1989 geprüft. Die Abgabenbehörde hatte die Einkünfte der Erstbeschwerdeführerin aus Kapitalvermögen auf der Basis der zugeflossenen Gelder durch Veranlagung zur Hälfte in tagfälligen Geldern und zur anderen Hälfte in Wertpapieren einschließlich gleichartiger Veranlagung der Zinsenerträge geschätzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis diese Schätzung als unbedenklich erachtet und die Beweiswürdigung der Abgabenbehörde als schlüssig angesehen, mit welcher dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin in den Einkommensteuerverfahren, kostspielige Aufwendungen für Haus, Einrichtung und Auslandsreisen hätten die zugeflossenen Mittel aufgezehrt und ihre Veranlagung nicht zugelassen, kein Glauben geschenkt worden war. Der Gerichtshof hat es im genannten Erkenntnis auch nicht als rechtswidrig angesehen, dass die Abgabenbehörde vom Vorliegen hinterzogener Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO ausgegangen ist, und dazu darauf verwiesen, dass die Erstbeschwerdeführerin das ihr zugeflossene Geldvermögen in beträchtlicher Höhe zur Gänze nicht offen gelegt und über ausdrückliches Befragen jedes Vorhandensein von ertragbringend angelegtem Geldvermögen geleugnet hatte, woraus die Abgabenbehörde zutreffend darauf schließen durfte, dass die Erstbeschwerdeführerin ihr Verhalten gegenüber den Abgabenbehörden darauf ausgerichtet hatte, die abgabenrechtlich maßgebenden Tatsachen vor diesen zu verbergen.

Mit dem hg. Erkenntnis vom 20. September 1995, 93/13/0161, wurde eine Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin gegen die Abweisung eines die Einkommensteuerverfahren 1979 bis 1983 betreffenden Wiederaufnahmeantrages als unbegründet abgewiesen. Die Erstbeschwerdeführerin hatte als Wiederaufnahmegrund geltend gemacht, im Nachlass ihrer am 8. Dezember 1991 verstorbenen Mutter eine Aufstellung über jene Mittel gefunden zu haben, die diese an ihre Töchter nach Verwertung des Liegenschaftsvermögens ausgehändigt hatte. In diesem Erkenntnis hielt der Gerichtshof der Erstbeschwerdeführerin vor Augen, dass die Schätzung der Abgabenbehörde ihre Ursache darin hatte, dass sich die Erstbeschwerdeführerin nicht in der Lage gezeigt hatte, die Verwendung der ihr unbestrittenermaßen zugekommenen Geldmittel nachzuweisen.

Mit dem hg. Erkenntnis vom 2. August 1995, 93/13/0167, wurde eine vom Zweitbeschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen die Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen des Finanzvergehens der teilweise vollendeten, teilweise versuchten Abgabenhinterziehung durch vorsätzliche Abgabe unzutreffend erstellter Vermögensteuererklärungen als unbegründet abgewiesen; eine Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin gegen die auch gegen sie verfügte Einleitung des Finanzstrafverfahrens aus dem gleichen Grunde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 20. September 1995, 93/13/0283, als unbegründet abgewiesen.

In den mit 13. Oktober 1992 ergangenen Bescheiden über die Vermögensteuer ab dem 1. Jänner der Jahre 1980 bis 1986 wurden die sich aus den Einkommensteuerbescheiden der betroffenen Jahre ergebenden Vermögenswerte der Erstbeschwerdeführerin bei der Bemessungsgrundlage für die Vermögensteuer der Beschwerdeführer abweichend von den Erklärungen schätzungsweise angesetzt. Diese Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.

In der vom Zweitbeschwerdeführer unterfertigten Vermögensteuererklärung der Beschwerdeführer zum 1. Jänner 1989 wurde in der Rubrik "Grundvermögen" das Einfamilienhaus der Beschwerdeführer angeführt und auf ein Schreiben einer deutschen Steuerberatungsgesellschaft vom "12." (erkennbar richtig gemeint: "10.") September 1985 verwiesen, in welchem in Deutschland gelegene Liegenschaften mit Einheitswerten samt den jeweiligen auf die Erstbeschwerdeführerin als Erbin entfallenden Viertelanteilen angeführt sind. Unter der Rubrik "Zahlungsmittel und laufende Guthaben" steht: "Bis zur Gewährung des Parteiengehörs (Einsichtnahme in Schreiben Steueramt Bonn) unter St. Nr. ... bei Ihrem Amte vorerst unbeantwortet. Vorsichtshalber werden die geerbten Grundstücke angeführt. (Siehe 2. (Angaben zum Grundvermögen)) Rest unter Freibetrag".

Die für die Beschwerdeführer erstattete Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1993 enthält unter der Rubrik "Zahlungsmittel und laufende Guthaben" überhaupt keine Angaben und verweist unter der Rubrik "Grundvermögen" neben der Anführung des Einfamilienhauses der Beschwerdeführer ebenso auf "Grundstücke BRD" mit dem Hinweis auf die Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1989.

In den Bescheiden über die Vermögensteuer zum 1. Jänner 1989, 1990, 1991 und 1992 einerseits und für das Jahr 1993 andererseits wurden die Vermögenswerte der Erstbeschwerdeführerin aus der Veranlagung der Erlöse der seinerzeitigen Grundstücksverkäufe mit einem Betrag von S 6,100.000,-- abzüglich eines Freibetrages von S 1,500.000,-- bei der Steuerbemessungsgrundlage angesetzt.

In einer gegen diese Bescheide namens des Zweitbeschwerdeführers erhobenen Berufung wurde inhaltlich die Abänderung der betroffenen Bescheide im Sinne der erklärungsgemäßen Veranlagung mit dem Vorbringen begehrt, der Zweitbeschwerdeführer hätte zu den jeweiligen Stichtagen ein Vermögen der in der Bescheidbegründung genannten Art im Ausmaß von S 6,100.000,-- nicht besessen.

Das Finanzamt richtete daraufhin an die Beschwerdeführer einen Vorhalt mit dem Hinweis auf den Zufluss von rund S 5,000.000,-- an die Erstbeschwerdeführerin in den Jahren 1979 bis 1983 sowie darauf, dass in den Vermögensteuererklärungen Kapitalforderungen, Zahlungsmittel, Bankguthaben oder anderes sonstiges Vermögen nicht erklärt worden sei. Das jeweils vorhanden gewesene Kapitalvermögen möge aufgelistet werden; sollten Teile davon verbraucht worden sein, sei auch dieser Umstand nach Höhe und Zeitpunkt aufzuzeigen, zu beweisen oder glaubhaft zu machen.

Nach zwei u.a. auch mit dem Umstand eines fehlenden Vertretungsverhältnisses zur Erstbeschwerdeführerin begründeten Fristverlängerungsansuchen des steuerlichen Vertreters des Zweitbeschwerdeführers erfolgte im Namen des Zweitbeschwerdeführers schließlich eine Vorhaltsbeantwortung der Art, dass die Ablichtung einer Eingabe der Erstbeschwerdeführerin an das Finanzamt in dem gegen sie anhängigen Finanzstrafverfahren mit dem Bemerken vorgelegt wurde, dass aus dieser Stellungnahme der Sachverhalt genau hervorgehe. Ergänzend wurde vom steuerlichen Vertreter des Zweitbeschwerdeführers bemerkt, dass die Erstbeschwerdeführerin über das Geld, das ihre Mutter verwaltet habe, nicht habe verfügen können, sondern jedes Mal habe "betteln" gehen und den genauen Verwendungszweck angeben müssen.

In der mit der Vorhaltsbeantwortung durch den steuerlichen Vertreter des Zweitbeschwerdeführers vorgelegten Eingabe der Erstbeschwerdeführerin an die Finanzstrafbehörde erster Instanz wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der im Mai 1977 verstorbene Vater der Erstbeschwerdeführerin habe einiges Liegenschaftsvermögen hinterlassen. Ein Haus sei der Erstbeschwerdeführerin noch zu Lebzeiten des Vaters als Aussteuer übergeben worden; sie habe es im Jahr 1979 verkauft und daraus nach Abzug der Lasten einen Erlös von DM 200.000,-- erzielt. Die übrigen Liegenschaften seien im Erbscheinverfahren nach deutschem Recht auf die aus der Witwe und den beiden Töchtern bestandenen Erbengemeinschaft übergegangen, wobei die Erstbeschwerdeführerin je ein Viertel geerbt habe. Nach deutschem Recht könnten Erben ihr ererbtes Vermögen nur gemeinsam veräußern. Die Mutter der Erstbeschwerdeführerin sei zum einen enttäuscht darüber gewesen, dass sie nicht Alleinerbin geworden sei und habe zum anderen von den kaufmännischen Talenten ihrer Töchter nichts gehalten und sich in der Folge auf den Standpunkt gestellt, dass bei allfälligen Verkäufen des Liegenschaftsvermögens der Erlös ausschließlich ihr zuzukommen habe und es allein ihr obliege, Erlösaufteilungen auf die Töchter vorzunehmen. Es habe die Mutter der Erstbeschwerdeführerin in der Folge einen Teil des hinterlassenen Liegenschaftsvermögens veräußert. Die Kaufverträge hätten durch die Töchter zwar mitunterfertigt werden müssen, die Erlöse aber seien ebenso wie das im Nachlass vorgefundene Bargeld von der Mutter der Erstbeschwerdeführerin in der Weise einbehalten worden, dass sie dieses Vermögen als ihr eigenes angesehen habe. Die Töchter hätten sich zu Zwangsmaßnahmen gegen ihre Mutter nicht entschließen wollen und seien deshalb in der Folge darauf angewiesen gewesen, den Grund für einen Geldbedarf genau anzugeben, wenn sie Geld haben wollten. Habe die Mutter den Geldwunsch gebilligt, dann hätten die Töchter die gewünschte Summe jeweils erhalten. Insgesamt sei aus dem väterlichen Nachlass resultierendes Barvermögen nach Maßgabe näher dargestellter Veräußerungsvorgänge bis zum Jahr 1982 in einem auf die Erstbeschwerdeführerin entfallenden Betrag von DM 720.000,-- zur Verfügung gestanden. Es habe die Erstbeschwerdeführerin über die Erlösanteile aber nicht verfügen können, sondern immer wieder "betteln" gehen müssen, um ihre Erlösanteile sukzessive ausgefolgt zu erhalten. Hinsichtlich eines im Jahre 1978 erfolgten Transfers einer Zahlung von DM 100.000,-- habe die Mutter der Erstbeschwerdeführerin ihren steuerlichen Berater sogar dazu bestimmt, diesen Betrag als Schenkung zu behandeln, obwohl es sich dabei um einen Nachlassbestandteil gehandelt habe. Bei ihren häufigen Besuchen bei der Mutter habe die Erstbeschwerdeführerin immer wieder Bargeld bekommen, wobei die Höhe der Auszahlungen mangels eigener Aufzeichnungen, jedoch unter Zuhilfenahme der im Nachlass der Mutter vorgefundenen Aufzeichnungen nur in Pauschaljahressummen genannt werden könne, was nach den jeweiligen Jahrespauschalbeträgen bis einschließlich des Jahres 1986 mit einer Gesamtsumme von DM 520.000,-- aufgelistet wurde. Den Restbetrag auf die Gesamtsumme von DM 720.000,-- habe sich die Mutter der Erstbeschwerdeführerin bis zu ihrem Tode im Jahr 1991 zurückbehalten; dieser Betrag habe sich im Nachlass der Mutter gefunden. Die Erstbeschwerdeführerin habe die ihr zugewendeten Gelder in folgender Weise verwendet:

1978: für die Anschaffung von Haushaltsgeräten

und Möbel für die Wiener Wohnung und

eine Reise nach Griechenland

S 200.000,--

1979: für den Ankauf der Liegenschaft

X., die Einrichtung

des Hauses in X. und Reisen

nach Knokke und Elmau

S 1,200.000,--

1980: für die Operation ihres Sohnes

Michael (ein Adoptivkind, das

seit der Geburt verkrüppelt war),

Nordkap-Kreuzfahrt, Reisen nach

Tunesien, Knokke und Elmau S

320.000,--

1981: für die Adoption der beiden

Töchter, Anschaffung eines Autos,

Reisen nach Knokke und Kärnten S

600.000,--

1982: für Reisen nach Knokke, Elmau

und Italien

S 200.000,--

1983: Reisen in die USA, nach Tunesien,

Knokke und Arosa

S 220.000,--

1984: für die Neueinrichtung der Küche

in der Wiener Wohnung, Reisen nach

Knokke und Elmau

S 390.000,--

1985: Reisen nach Israel, Knokke und

Elmau

S 250.000,--

1986: Anschaffung eines Autos, Reisen

nach Italien, Knokke und Elmau S

300.000,--

In weiterer Folge wird in der Stellungnahme an die

Finanzstrafbehörde noch die im Nachlass der Mutter vorgefundene

Aufzeichnung über die den Töchtern ausgefolgten Geldbeträge

erwähnt und auf den den Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom

20. September 1995, 93/13/0161, bildenden Wiederaufnahmeantrag und

dessen Erledigung durch die Abgabenbehörde Bezug genommen. Sodann

wird abschließend ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin nach

Maßgabe der durch ihre Mutter verfügten Gestattungen zwar immer

wieder flüssige Mittel entgegen genommen, diese aber nie angelegt,

sondern verbraucht habe. Dies habe die Erstbeschwerdeführerin der

Abgabenverwaltung immer wieder zur Kenntnis gebracht und für die

Richtigkeit ihrer Behauptung Beweismittel angeboten. Die

Abgabenverwaltung aber habe in einem Akt beispielloser

Hinwegsetzung über die Parteienrechte eines Abgabepflichtigen

diese Anträge völlig ignoriert. Im gegenständlichen Verfahren

(gemeint: das Finanzstrafverfahren gegen die

Erstbeschwerdeführerin), das mit wesentlich höheren Garantien für

ein faires Verfahren ausgestattet sei, werde die geradezu

rechtsmissbräuchliche Vorgangsweise der Abgabenbehörde nicht

verfangen können. Die Erstbeschwerdeführerin werde ihre

Behauptung, sie habe die ihr zugekommenen Mittel nicht

thesauriert, sondern verbraucht, durch folgende Beweisanträge

erweislich machen:

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