VwGH 96/15/0233

VwGH96/15/023320.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des B in F, vertreten durch Dr. Georg Mandl, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg, Berufungssenat, vom 24. September 1996, 2070-2/94, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der in der Schweiz eine kaufmännische Lehre abgeschlossen hatte, war im Streitjahr als Grenzgänger in einem schweizerischen Unternehmen als kaufmännischer Angestellter tätig. In seiner Einkommensteuererklärung machte er iZm dem berufsbegleitenden Besuch der viereinhalbjährigen Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule in St. Gallen (idF: HWV) der Höhe nach nicht strittige Aufwendungen für Schulgeld, Fahrtkosten und Lehrmittel als Werbungskosten geltend.

Strittig ist, ob im Besuch der HWV eine Berufsausbildung (Ansicht der belangten Behörde) oder eine Berufsfortbildung (Meinung des Beschwerdeführers) zu erblicken ist.

In dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde zunächst aus, die HWV könne als normale Schule innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden. In der berufsbegleitenden Abteilung der HWV sei ein Abschluss innerhalb von viereinhalb Jahren möglich. In die vom Beschwerdeführer besuchte berufsbegleitende Abteilung der HWV werde nur aufgenommen, wer über ein Fähigkeitszeugnis einer kaufmännischen Lehre oder einer mindestens dreijährigen Handelsschule verfüge und eine mindestens zweijährige Praxis in Wirtschaft oder Verwaltung nach Abschluss der beruflichen Grundausbildung nachweisen könne. Der die berufsbegleitende Abteilung der HWV Besuchende müsse während der viereinhalbjährigen Schulzeit eine berufliche Tätigkeit in Wirtschaft oder Verwaltung von mindestens 24 Stunden pro Woche nachweisen. Die Ausbildung schließe mit einem Diplom ab. Die Absolventen der HWV seien zur Führung des Titels "Betriebsökonom HWV" berechtigt. Dieser Titel sei laut Studienprogramm der HWV mit dem "Ingenieur HTL" vergleichbar. An der HWV werde Unterricht in den Gegenständen Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Arbeitstechnik, Betriebs- und Organisationspsychologie, Betriebsanalyse, Bilanzkunde und Bilanzrecht, Bürotechnik, Deutsch, Deutsche Literatur, Englisch, Finanzbuchhaltung, Finanzwissenschaft, Französisch, Führungslehre, Gegenwartsprobleme, Geschichte, Innerbetriebliches Rechnungswesen, Kosten und Planungsrechnung, Marketing, Mathematik, Organisationslehre, Planspiele, Planung (Rechnungswesen), Rechtslehre, Revisionslehre, Staatsrecht, Statistik, Steuerlehre, Verwaltungslehre, Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftsgeographie, Wirtschaftsinformatik und Zukunftsprobleme erteilt, wobei die durch Unterstreichung hervorgehobenen allgemein bildenden Fächer im Gegensatz zu den übrigen Fächern während der gesamten Schulzeit unterrichtet würden. Der Abschluss der HWV berechtige nach erfolgreicher Ablegung einer Aufnahmeprüfung zum Studium an einer schweizerischen Hochschule. Im Hinblick auf die Zielsetzung der HWV, den breit gefächerten Unterrichtsstoff und die Dauer des Besuchs gelangt die belangte Behörde sodann zu dem Schluss, die HWV sei am ehesten mit einer österreichischen Handelsakademie (idF: HAK) vergleichbar, weswegen der Besuch der HWV nicht anders zu beurteilen sei als der einer HAK. Die Ausbildung an einer höheren Schule wie Allgemein Bildende Höhere Schule, Höhere Technische Lehranstalt oder HAK sei auch dann als Berufsausbildung anzusehen, wenn diese Ausbildung neben einem bereits ausgeübten Beruf im Rahmen eines zweiten Bildungswegs (in einer Abendschule oder in Abendkursen) erfolge. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer nach dem erfolgreichen Besuch der HWV im gleichen Unternehmen in der selben Abteilung wie vorher beruflich tätig gewesen sei. Entscheidend sei, dass der Beschwerdeführer nach dem erfolgreichen Besuch der HWV wesentlich bessere Berufsaussichten habe. Die vom Beschwerdeführer absolvierte Berufsausbildung gehe über die bloße Fortentwicklung der von ihm in seinem bisherigen Beruf erworbenen Kenntnisse weit hinaus. Durch den Abschluss der HWV werde eine neue Grundlage für die Berufstätigkeit geschaffen, die nicht auf den bisherigen Beruf des Beschwerdeführers beschränkt sei. An der HWV würden so wie an einer HAK alle wesentlichen allgemein bildenden Fächer unterrichtet und berechtige - wohl im Hinblick darauf - der erfolgreiche Abschluss der HWV zum Studium an einer schweizerischen Hochschule.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 gebildeten Senat erwogen:

Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung zählen bis zur Novelle des EStG 1988 mit BGBl Nr 106/1999 Aufwendungen für die Berufsausbildung zu den Kosten der Lebensführung, solche für die Berufsfortbildung zu den Werbungskosten. Während die Berufsausbildung der Erlernung eines Berufs dient, dient die Berufsfortbildung der Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Eine Berufsfortbildung liegt somit vor, wenn der Abgabepflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen an sich zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend. Die Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung kann jeweils nur in Bezug auf einen bestimmten Abgabepflichtigen getroffen werden (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 21. März 1996, 93/15/0201, mwA). Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, ist die Ausbildung an einer höheren Schule wie Allgemein Bildende Höhere Schule, Höhere Technische Lehranstalt oder HAK auch dann als Berufsausbildung anzusehen, wenn diese Ausbildung neben einem bereits ausgeübten Beruf im Rahmen eines zweiten Bildungswegs (in einer Abendschule oder in Abendkursen) erfolgt. Denn das in solchen Schulen erworbene Wissen stellt eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe dar, dient hingegen nicht der spezifischen fachlichen Weiterbildung (=Fortbildung) in einem bestimmten, bereits ausgeübten Beruf. Der Umstand allein, dass der erfolgreiche Abschluss einer derartigen Schule für das berufliche Fortkommen vorteilhaft sein kann, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil jede derartige Ausbildung geeignet ist, die Chancen im (künftigen) Berufsleben zu verbessern, ohne deswegen die Eigenschaft einer Ausbildung zu verlieren (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 7. August 1992, 92/14/0123, mwA).

Wie bereits im Administrativverfahren wird in der Beschwerde die Ansicht der belangten Behörde bekämpft, die Ausbildung an der HWV sei am ehesten mit der an einer HAK vergleichbar, wobei behauptet wird, die belangte Behörde habe die beiden Schultypen nicht im Detail untersucht.

Diese Behauptung ist unrichtig. Abgesehen davon, dass sich der Beschwerdeführer zum Vorhalt der belangten Behörde vom 24. Oktober 1994, sie gehe davon aus, der Lehrplan der HWV sei mit dem einer HAK vergleichbar, nicht geäußert hat, hat die belangte Behörde ausgeführt, im Hinblick auf die Zielsetzung der HWV, den breit gefächerten Unterrichtsstoff und die Dauer des Besuchs, den Unterricht in allen wesentlichen allgemein bildenden Fächern und die durch den erfolgreichen Abschluss der HWV vermittelte Berechtigung zum Studium an einer schweizerischen Hochschule, sei die Ausbildung an der HWV am ehesten mit der an einer HAK vergleichbar. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auch das aus dem Studienprogramm der HWV zitierende Beschwerdevorbringen, "die Lehrgänge sind bewusst darauf ausgerichtet, unmittelbar auf die berufliche und praktische Tätigkeit vorzubereiten; neben dem Fachwissen dient diesem Ziel auch eine Verbreiterung und Vertiefung des Allgemeinwissens", ist nicht dazu angetan, die Beurteilung der belangen Behörde als rechtswidrig anzusehen. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer bisher keine Berechtigung zum Studium an einer schweizerischen Hochschule, sondern nur eine kaufmännische Lehre abgeschlossen hatte. Der erfolgreiche Abschluss der HWV, mit dem die Berechtigung zum Studium an einer schweizerischen Hochschule erworben wurde, ist auch deshalb mit dem Abschluss einer HAK vergleichbar (vgl das hg Erkenntnis vom 10. Juli 1996, 94/15/0011, betreffend die liechtensteinische Ingenieurschule in Vaduz).

Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie - ausgehend von der zitierten hg Rechtsprechung - zu dem Schluss gelangt ist, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen stellten keine Werbungskosten, sondern steuerlich nicht zu berücksichtigende Kosten der Lebensführung dar. Daran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die hg Rechtsprechung betreffend den Besuch von Universitätslehrgängen ebenso nichts zu ändern wie sein Hinweis, die belangte Behörde habe seine persönliche Situation nicht geprüft. Die belangte Behörde hat zutreffend dargelegt, weshalb ihrer Ansicht nach der Besuch der HWV nicht mit dem Besuch eines Universitätslehrgangs vergleichbar ist. Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt auch nicht erkennen, welche persönliche Umstände gerade in seinem Fall die Ausbildung an der mit einer HAK vergleichbaren HWV zu Fortbildungskosten führen sollte.

Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, führt jedoch nicht aus, in welchem Punkt der Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll, noch welche Ermittlungen vermisst werden oder welche der von der belangten Behörde angestellten Überlegungen unschlüssig wären, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid hätte ergehen können. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig war, liegt die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 20. September 2001

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