VwGH 96/14/0056

VwGH96/14/005630.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des W H in L, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 9. Februar 1996, Zl. 70.981-7/95, betreffend Einkommensteuer 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1438;
BAO §284 Abs1;
EStG 1972 §19 Abs2;
EStG 1988 §19 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ABGB §1438;
BAO §284 Abs1;
EStG 1972 §19 Abs2;
EStG 1988 §19 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte in den Streitjahren u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Liegenschaft in L. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer dazu folgende Feststellung:

Das Mietobjekt in L. sei mit Kaufvertrag vom 29. Oktober 1987 um S 7,000.000,-- erworben worden. Zur Abstattung des Kaufpreises habe der Beschwerdeführer bei der A-Bank bestehende Verbindlichkeiten der Veräußerin übernommen, bis 31. Dezember 1989 darauf jedoch keine Zahlungen, weder Zinsen noch Kapitalrückzahlungen, geleistet. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Werbungskosten seien daher um die nicht im Sinne des § 19 EStG abgeflossenen Zinsen (für 1987 in Höhe von S 84.638, für 1988 von S 624.827 und für 1989 von S 649.071) zu vermindern.

Der Beschwerdeführer erhob gegen die der Ansicht des Prüfers folgenden Abgabenbescheide Berufung und beantragte zugleich die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat. Begründend führte er im Wesentlichen aus, die gesamte finanzielle Gebarung im Zusammenhang mit der Vermietung in L. liege in den Händen der A-Bank. Als Gläubigerbank würden ihr somit auch die gesamten Einnahmen aus diesem Titel zufließen. Aus dem Blickwinkel eines Gesamtobligos seien ausreichend Beträge an die Gläubigerbank zugeflossen, um den Zinsendienst und die Kapitalrückführung zu gewährleisten. Weiters führte der Beschwerdeführer wörtlich aus:

"Wenn keine Reduzierung des Gesamtobligos zu verzeichnen ist, so kann darin ein Verhältnis gleich der Einräumung eines Kontokorrentverhältnisses mit jeweiliger Anpassung eines Kreditrahmens gesehen werden. Die Bank ist in der Lage über die

zugeflossenen Beträge zu verfügen, ... (dem Beschwerdeführer) ist

die Verfügungsberechtigung entzogen."

In seiner Stellungnahme vom 31. August 1992 erläuterte der Prüfer, der Beschwerdeführer habe im Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft in L. folgende vier bei der A-Bank bestehenden Kreditverbindlichkeiten übernommen:

 

Stand bei Übernahme

Spesen und Zinsen 88

Spesen und Zinsen 89

Stand per 31. 12. 89

Konto 164-50766

240.842,29

24.128,74

25.954,09

290.925,12

Konto 165-50774

332.546,89

33.076,51

35.655,48

401.278,88

Konto 164-50782

509.325,--

50.325,12

54.356,66

614.006,78

Konto 165-51066

5,157.285,82

503.696,43

533.105,20

6,194.087,45

 

6,240.000,--

611.226,80

649.071,43

7,500.298,23

Aus der Kreditschuldübernahmeerklärung und dem Kontoauszug per 31. Dezember 1989 gehe hervor, dass im Prüfungszeitraum auf die angeführten Konten keine Zahlungen geleistet worden seien.

In der vom Prüfer angesprochenen Kreditschuldübernahmeerklärung vom 9. Dezember 1987 finden sich in den Punkten 1 bis 3 folgende Vereinbarungen:

"1. Die von Ihnen in Wahrung der Identität und Kontinuität, sohin unter ausdrücklichem Ausschluss jeder Novation übernommene Kreditschuld von insgesamt S 6,240.000,-- (in Worten: ...), wird von Ihnen bis zum 31. August 1988 zurückbezahlt. Zurückbezahlte Beträge können nicht mehr wieder in Anspruch genommen werden. (Prolongation vorgesehen).

2. Für die Laufzeit der Rückzahlungsverpflichtung werden wir

Ihnen nachstehende Kondition in Anrechnung bringen: ...

3. Wir werden Ihnen in unseren Büchern für Sie nachstehende

Konten eröffnen:

Konto-Nr. 165-51066

mit dem Rubrum 'Kreditschuldübernahme Firma F. (165-53425)',

Konto-Nr. 164-50766

mit dem Rubrum 'Kreditschuldübernahme Firma F. (165-54219)', Konto-Nr. 164-50774

mit dem Rubrum 'Kreditschuldübernahme S (165-84088)', Konto-Nr. 164-50782

mit dem Rubrum 'Kreditschuldübernahme S (065-33620)'.

Wir sind von Ihnen unwiderruflich ermächtigt, auf diese Konten die jeweils übernommenen Kreditschuldbeträge zu übertragen und werden hierauf auch die weiteren, bei jeweils vierteljährlichem Kontoabschluss anfallenden Abschlussposten (kontokorrentmäßig zu berechnende Zinsen, Provisionen, Spesen) sowie die gemäß Punkt 6 anfallenden Kosten und Gebühren anlasten. Alle diese Nebengebühren erhöhen insoweit ihre Hauptverbindlichkeiten und sind uns unverzüglich nach Bekanntgabe anzuschaffen."

Weiters führte der Prüfer aus, dass die Rückzahlungsvereinbarungen hinsichtlich der angeführten vier Konten von der A-Bank jeweils verlängert worden seien. Die Einnahmen aus den Vermietungen würden auf keines der angeführten Konten, sondern auf ein weiteres bei der A-Bank bestehende Konto mit der Nummer 450-136-682/05 bzw. auf die R-Bank fließen. Das Berufungsvorbringen werde auch nicht durch die vom Beschwerdeführer bei der Schlussbesprechung vorgelegte Bankbestätigung vom 3. Dezember 1991 gestützt. In dieser Bestätigung werde nämlich wörtlich Folgendes ausgeführt:

"Wir teilen Ihnen höflich mit, dass die seinerzeit von Ihnen

übernommenen Kredite ... auf vier Konten aufgeteilt waren und wir

aus verrechnungstechnischen und Kostengründen diese Aufteilung auf vier Konten beibehalten haben. Die Ausnützung auf diesen vier Kreditkonten wird von uns als ein einziger Kredit angesehen und ist der Kreditrahmen auch nur auf einem dieser Konten gespeichert.

Sie haben uns zugesagt, dass diese von Ihnen übernommene Kreditschuld aus Mieteinnahmen zurückbezahlt wird. Wir haben jedoch vorerst keine fixen Rückzahlungsraten festgesetzt und Ihnen zugestanden, die Rückzahlung nach Ihrem eigenen Ermessen zu gestalten. Im Vertrag wurde ursprünglich eine Laufzeit bis 31. August 1988, jedoch mit Prolongationsmöglichkeit, vereinbart.

..."

Aus dieser Bestätigung ergebe sich, dass lediglich die vier angeführten Konten aus Vereinfachungsgründen nicht zusammen gelegt worden seien. Das weitere bei der A-Bank bestehende Konto, auf dem die Einzahlungen der Mieteinnahmen erfolgt seien, stelle demnach kein "Subkonto" der Gesamtkreditverbindlichkeit aus der Anschaffung der Liegenschaft in L. dar.

Weiters hielt der Prüfer in einem an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom 17. November 1992 fest, dass die Stellungnahme vom 31. August 1992 dem steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers zur Gegenäußerung übermittelt, eine solche jedoch ungeachtet mehrmaliger telefonischer Urgenz nicht abgegeben worden sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Jänner 1993 wies das Finanzamt die Berufung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Prüfers und die unterbliebene Gegenäußerung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer beantragte - ohne ein weiteres Vorbringen zu erstatten - die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Voraussetzung für das Abfließen von Zinsen sei, dass den vier Kreditkonten des Beschwerdeführers von diesem oder von dritter Seite stammende Beträge gutgeschrieben worden wären. Wie aus den vorgelegten Kontobelegen ersichtlich sei, sei dies in den Streitjahren nicht der Fall gewesen. Das vom Beschwerdeführer behauptete Vorliegen eines Gesamtobligoverhältnisses zwischen den vier übernommenen Kreditkonten und dem Konto, auf das die Mieteinnahmen geflossen seien, finde in den vorgelegten Belegen keine Deckung. Die Bankbestätigung vom 3. Dezember 1991 schließe eine dahingehende Annahme geradezu aus. Insbesondere bestünden zwischen den vier Kreditkonten und dem Konto, auf das die Mieteinnahmen geflossen seien, keine wechselseitigen Verbuchungen. Eine Verfügungsberechtigung der A-Bank könne hinsichtlich der Mieteinnahmen nicht festgestellt werden. Da im Rahmen einer Überschussrechnung nur abgeflossene Werbungskosten Berücksichtigung finden könnten, ein solcher Abfluss hinsichtlich der Zinsen jedoch nicht erfolgt sei, erweise sich die Berufung als unberechtigt. Eine Auseinandersetzung mit der Frage einer kontokorrentmäßigen Zinsenanlastung, bei der die angelasteten Zinsen innerhalb eines gewährten Kreditrahmens die Kreditverbindlichkeit erhöhen und auf diese Weise ein Abfließen begründen könnten, erübrige sich auf Grund des Wortlautes des Kreditschuldübernahmevertrages. Der vorgegebene Kreditrahmen sei demnach bereits bei Übernahme voll ausgeschöpft und jede Novation ausdrücklich ausgeschlossen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, er unterhalte bei der A-Bank neben den vier Kreditkonten, die er in Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb übernommen habe, ein näher bezeichnetes Konto, auf das in den Streitjahren Mieteinnahmen in einer Höhe geflossen seien, welche die auf den Kreditkonten angelasteten Zinsen übersteige. Es liege daher, wie die belangte Behörde verkannt habe, ein Abfluss von Bankzinsen im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG vor.

Mit diesem - bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten - Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Eine Ausgabe (ein Abfluss) liegt vor, wenn der geleistete Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 93/14/0164). Durch die Einzahlung der Mieteinnahmen auf das bei der A-Bank geführte (Kontokorrent)Konto hat der Beschwerdeführer eine (Gegen)Forderung gegenüber der A-Bank erworben. Ob damit eine Zahlung der den Kreditkonten angelasteten Bankzinsen und -spesen bewirkt wurde, hängt davon ab, ob es zu einer Aufrechnung der Forderungen gekommen ist. Nach herrschender zivilrechtlicher Ansicht (vgl. Rummel in Rummel, ABGB2, § 1438 Rn 11), der sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, erfolgt die Aufrechnung nicht automatisch im Zeitpunkt des Zusammentreffens aufrechenbarer Forderungen; sie ist gegenüber dem Aufrechnungsgegner geltend zu machen. Die Geltendmachung erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf Herbeiführung der Aufrechnungswirkungen gerichtet ist (vgl. Rummel, a.a.O, § 1438 Rn 12). Die Erklärung muss daher dem Aufrechnungsgegner zugehen. Ein Teil muss dem anderen kundtun, dass er die gegenseitigen Forderungen als ausgeglichen ansehen möchte (vgl. Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I11, 91). Konkludente Erklärung reicht aus.

Aus den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Unterlagen durfte die belangte Behörde unbedenklich den Schluss ziehen, dass die strittigen Bankzinsen nicht im Wege der Aufrechnung mit den Mieteinnahmen entrichtet wurden: Die vollständig vorgelegten Kontoauszüge der Kreditkonten weisen lediglich Belastungen mit Zinsen und Spesen, jedoch keine korrespondierenden Gutschriften auf. Hätte die A-Bank eine Kompensation vorgenommen, würde dies, was die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, in einer entsprechenden Verringerung der Kreditschuld des Beschwerdeführers seinen Niederschlag gefunden haben.

Auch die vom Beschwerdeführer eingeholte Bankbestätigung vom 3. Dezember 1991 stützt den Beschwerdestandpunkt nicht; gibt sie doch lediglich die Absichtserklärung des Beschwerdeführers wieder, die übernommene Kreditschuld aus Mieteinnahmen zurückzuzahlen. Wenn es darin weiter heißt, man habe dem Beschwerdeführer eine Rückzahlung nach eigenem Ermessen zugestanden, wird damit überdies von der Gläubigerbank erklärt, von einer einseitigen Aufrechnung Abstand nehmen zu wollen.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer im Hinblick auf seinen rechtzeitig im Sinne des § 284 Abs. 1 BAO gestellten Antrag zu Recht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat. Ob ein solcher Verfahrensmangel zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen hat, hängt allerdings davon ab, ob die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, was der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof soweit darzustellen hat, dass ein solches Ergebnis vom Verwaltungsgerichtshof nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1997, 95/13/0044, 0045). Dies trifft im Beschwerdefall aus den oben dargestellten Gründen jedoch nicht zu. Der in der Beschwerde geschilderte Sachverhalt zeigt das Entstehen von Werbungskosten in den Streitjahren nicht auf. Die allein diesen Sachverhalt betreffende Verfahrensrüge entbehrt deshalb der für einen Beschwerdeerfolg nötigen Wesentlichkeit. Dasselbe gilt für das (mit dem Akteninhalt überdies in Widerspruch stehende) weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach ihm die Stellungnahme des Betriebsprüfers vom 31. August 1992 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. Jänner 2001

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