VwGH 2000/12/0181

VwGH2000/12/018118.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, in der Beschwerdesache des W in B, gegen "Rechtsmittelinstanz in Habilitationssachen, Rektor, in eventu Akademischer Senat der Universität X" wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Habilitationssache, den Beschluss gefasst:

Normen

UOG 1975 §37 Abs2;
UOG 1975;
UOG 1993 §28 Abs9;
UOG 1993 §87 Abs18;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
UOG 1975 §37 Abs2;
UOG 1975;
UOG 1993 §28 Abs9;
UOG 1993 §87 Abs18;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Säumnisbeschwerde wird - insoweit sie sich gegen den Akademischen Senat als belangte Behörde richtet - zurückgewiesen. Im Übrigen wird das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Beschwerde und der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (im Wesentlichen erstinstanzlicher Bescheid und Berufung) sowie nach Einholung einer Stellungnahme des Rektors und des Beschwerdeführers von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer beantragte im März 1998 mit einem an den Rektor der Universität X und an den Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität X gerichteten Ansuchen (mit Abänderung im Oktober 1998) die Verleihung der Lehrbefugnis für die Fächer "Verfassungs- und Verwaltungsrecht und Europarecht".

Die daraufhin notwendige Konstituierung der Habilitationskommission erster Instanz nach dem UOG (1975) erfolgte in deren Sitzung am 8. Oktober 1998, mit der auch im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 28. April 1993, Zl. 92/12/0023, die Tätigkeit aufgenommen wurde.

Die Universität X ist "am 24. 6. 1999 gekippt", d. h., dass die Regelungen des UOG 1993 an Stelle des UOG (1975) dort ab 25. Juni 1999 voll wirksam geworden sind.

Die (vom seinerzeit zuständigen Kollegialorgan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät) eingesetzte Habilitationskommission (erste Instanz) fasste schließlich in ihrer Sitzung am 14. Oktober 1999 folgenden, dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Dekans vom 3. November 1999 bekannt gegebenen Beschluss:

"1. Die im zweiten Abschnitt des Habilitationsverfahrens durchzuführende Prüfung der Habilitationsschrift sowie der anderen vorgelegten wissenschaftlichen Arbeiten des Habilitationswerbers hat ergeben, dass diese alle drei Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 lit. a bis c UOG 1975 für eine positive Beurteilung nicht erfüllt.

2. Der Habilitationswerber W wird gemäß § 36 Abs. 3 und Abs. 7 UOG zum dritten Abschnitt des Habilitationsverfahrens nicht zugelassen."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 8. November 1999 zugestellt; nach der Rechtsmittelbelehrung war die Berufung - unter Einhaltung der sonstigen Vorschriften - beim Dekanat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität X einzubringen.

Der Beschwerdeführer brachte seine Berufung mit umfangreichem Schriftsatz vom 22. November 1999 - nach seinem Vorbringen fristgerecht - bei der in der Rechtsmittelbelehrung angegebenen Stelle ein.

Da nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers bis zur Beschwerdeerhebung keine Entscheidung in seiner Sache ergangen ist, macht der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Verletzung der Entscheidungspflicht geltend (Postaufgabe: 27. Juni 2000, Einlangen: 29. Juni 2000). Als belangte Behörde nennt er:

"Rechtsmittelinstanz in Habilitationssachen, Rektor, in eventu Akademischer Senat der Universität X".

Mit Schreiben vom 22. August 2000 teilte der Beschwerdeführer ergänzend mit, dass er in seiner Beschwerde die Bezeichnung der belangten Behörde als "Rechtsmittelinstanz in Habilitationssachen, nämlich Rektor, in eventu Akademischer Senat" verstanden habe. Gleichzeitig legte der Beschwerdeführer ein Schreiben des Rektors an ihn vom 1. August 2000 vor, mit dem ihm dieser die Zusammensetzung der zur weiteren Durchführung seines Habilitationsverfahrens eingesetzten Besonderen Habilitationskommission mitgeteilt hat.

Der als belangte Behörde (u. a.) genannte Rektor teilte auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. August 2000 mit Schreiben vom 6. September 2000 den bereits genannten "Kippzeitpunkt" der Universität X und die vorher angegebene Konstituierung bzw. Aufnahme der Tätigkeit der Habilitationskommission (erste Instanz) mit.

Dem am 5. April 2000 ausgegebenen Mitteilungsblatt der Universität X ist auf S. 292 unter fortlaufender Nr. 272 zu entnehmen, dass im Habilitationsverfahren des Beschwerdeführers vom Rektor gemäß § 28 Abs. 9 UOG 1993 eine Besondere Habilitationskommission eingesetzt wurde, wobei die Bestellung der Mitglieder dieser Kommission (erst) mit 1. August 2000 erfolgte.

Diese Kommission hat sich am 22. September 2000 - wie den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen ist - konstituiert.

Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin mit Verfügung vom 9. Oktober 2000 Gelegenheit zur Äußerung zur Frage der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde im Hinblick auf die Einsetzung der Besonderen Habilitationskommission gegeben.

Der Beschwerdeführer vertrat dazu in seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 2000 im Wesentlichen die Auffassung, er sei in seiner Säumnisbeschwerde davon ausgegangen, dass der Rektor zwei Dinge zu bewerkstelligen habe, nämlich das "Wegräumen" des erstinstanzlichen Bescheides und die Bestellung der Besonderen Habilitationskommission. Hinsichtlich der Besonderen Habilitationskommission sei er zwischenzeitlich jedenfalls klaglosgestellt, wobei offen bleiben könne, ob diese Klaglosstellung durch die ihm mit Schreiben vom 1. August 2000 bekannt gegebene Nominierung der Mitglieder der Besonderen Habilitationskommission oder (erst) durch deren in der zweiten September-Hälfte erfolgte Konstituierung eingetreten sei. Jedenfalls habe sich die Besondere Habilitationskommission zwischenzeitlich konstituiert und sei insofern Klaglosstellung anzunehmen. Damit bleibe aber die Frage offen, ob der Erstbescheid noch von der belangten Behörde (nämlich dem Rektor) "wegzuräumen" sei oder ob dieser Rechtsschritt nach dem "neuen" Recht entbehrlich sei. Sollte der Erstbescheid weiterhin "wegzuräumen" sein, läge insofern weiterhin Säumnis der belangten Behörde vor; sollte das "Wegräumen" des Erstbescheides dagegen nicht mehr gefordert sein, bestünde spätestens seit der tatsächlichen Konstituierung der Besonderen Habilitationskommission volle Klaglosstellung.

Die für den Beschwerdefall maßgebende Rechtslage:

1. Universitäts-Organisationsgesetz (1975), BGBl. Nr. 258/1975 (im Folgenden auch Altrechtslage genannt):

§ 36 UOG (1975) regelt im Wesentlichen, was in den verschiedenen Abschnitten des Habilitationsverfahrens zu prüfen ist und dass die Zulassung des Bewerbers zum jeweils nächsten Abschnitt des Habilitationsverfahrens von der Habilitationskommission mit Bescheid (Abs. 7) zu entscheiden ist. § 37 Abs. 1 UOG (1975) räumt dem Bewerber das Berufungsrecht an das oberste Kollegialorgan ein, das den erstinstanzlichen Bescheid aus den im Gesetz genannten Gründen zu beheben hat. Bei einer Behebung wegen einer negativen Beurteilung der im zweiten, dritten oder vierten Abschnitt zu prüfenden Leistung des Bewerbers ist das Habilitationsverfahren von einer Besonderen Habilitationskommission nach Abs. 2 des § 37 UOG (1975) neu durchzuführen. Die Mitglieder dieser Kommission sind vom obersten Kollegialorgan nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen einzusetzen.

Daraus folgte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 20. August 1987, Zl. 85/12/0022, VwSlg. Nr. 12.513/A - nur Rechtssatz, mit weiteren Hinweisen), dass auf Grund der Berufung eines Habilitationswerbers im Sinne des § 37 Abs. 2 UOG (1975) gegen die Abweisung wegen negativer Beurteilung einer im zweiten, dritten oder vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens zu prüfenden Leistung die Berufungsbehörde, um die Neudurchführung des zweiten Abschnittes des Habilitationsverfahrens zu ermöglichen, den bekämpften Bescheid der Habilitationskommission aufzuheben hat. Zur Sachentscheidung im weiteren Habilitationsverfahren ist aber ausschließlich die Besondere Habilitationskommission zuständig, für deren Tätigkeit der Weg durch den Aufhebungsbescheid freizumachen ist.

2. Im UOG 1993, BGBl. Nr. 805, ist das Habilitationsverfahren im § 28 geregelt. Nach Abs. 1 der genannten Bestimmung hat der Habilitationswerber den Antrag auf Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozent (Habilitation) für ein wissenschaftliches Fach in seinem ganzen Umfang an den Dekan jener Fakultät zu stellen, in deren Wirkungsbereich das betreffende Habilitationsfach fällt. Der Dekan hat dann nach Abs. 2 eine Habilitationskommission einzusetzen. Die Habilitationskommission hat nach Abs. 4 der genannten Bestimmung ein Habilitationsverfahren durchzuführen, das sich (nur) in zwei Abschnitte gliedert. Die folgenden Absätze des § 28 regeln das Verfahren bei der Habilitationskommission. Nach Abs. 8 des § 28 sind die Beschlüsse der Habilitationskommission dem Dekan bekannt zu geben, der diese aufzuheben hat, wenn 1. die allgemeinen Voraussetzungen nicht vorliegen oder 2. wesentliche Grundsätze des Verfahrens nicht eingehalten wurden. Diesfalls hat die Habilitationskommission unter Bedachtnahme auf die Rechtsansicht des Dekans neuerlich zu entscheiden.

§ 28 Abs. 9 lautet:

"Im Falle der Berufung des Habilitationswerbers gegen den Bescheid des Dekans hat der Rektor eine Besondere Habilitationskommission einzusetzen. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Kommission ist Abs. 2 sinngemäß anzuwenden. Die Bestellung der Vertreter der Studierenden erfolgt auf Grund eines Vorschlages der österreichischen Hochschülerschaft, die Bestellung der übrigen Vertreter auf Grund von Vorschlägen der Rektorenkonferenz, wobei die Mitglieder mit venia docendi in der Mehrheit sein müssen. Die Vertreter der Studierenden müssen den ersten Studienabschnitt positiv absolviert haben."

§ 87 UOG 1993 enthält die Übergangsbestimmungen. Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung sind die bisher geltenden Bestimmungen des UOG (1975) solange anzuwenden, bis alle Organe der betreffenden Universität nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes konstituiert sind bzw. ihr Amt angetreten haben.

Abs. 18 des § 87 lautet wie folgt:

"Berufungskommissionen, Habilitationskommissionen und Besondere Habilitationskommissionen, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes konstituiert wurden und ihre Tätigkeit bereits aufgenommen haben, haben das Verfahren in ihrer bisherigen Zusammensetzung und nach den bisherigen Bestimmungen durchzuführen. Personalkommissionen haben die bereits bei ihr anhängigen Verfahren in ihrer bisherigen Zusammensetzung und nach den bisherigen Bestimmungen durchzuführen."

Vor diesem Hintergrund ist zu klären, nach welcher Rechtslage (UOG 1975 oder UOG 1993) auf Grund der nach der Säumnisbeschwerde unerledigten Berufung des Beschwerdeführers welche der vom Beschwerdeführer in seiner Säumnisbeschwerde angegebenen Behörden welche Handlungspflicht trifft.

Im Beschwerdefall steht fest, dass die nach dem UOG (1975) eingesetzte Habilitationskommission ihre Tätigkeit mit 8. Oktober 1998, also vor dem "Kippzeitpunkt", im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers aufgenommen hat und diese inhaltliche Tätigkeit mit der negativen Beschlussfassung über den Habilitationsantrag des Beschwerdeführers in ihrer Sitzung am 14. Oktober 1999 beendet hat. Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Dekans vom 3. November 1999 bekannt gegeben.

Da die Universität X - wie bereits ausgeführt - mit 25. Juni 1999 "gekippt" ist, d. h., das UOG 1993 somit an der Universität X am 25. Juni 1999 im Sinne des § 87 UOG 1993 voll wirksam geworden ist, und nach § 87 Abs. 18 UOG 1993 nur die jeweils bereits konstituierten und ihre Tätigkeit aufgenommen habenden Kommissionen zur Weiterführung ihres Verfahrens nach Altrecht ermächtigt sind, ist die Frage der Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers bereits nach Neurecht zu beurteilen. Für die Vorgangsweise ist demnach § 28 Abs. 9 UOG 1993 entscheidend. Diese Bestimmung sieht diesfalls aber nur vor, dass der Rektor eine Besondere Habilitationskommission einzusetzen hat; eine Aufhebung des Bescheides des Dekans ist nicht vorgesehen.

Daraus folgt weiters, dass die Säumnisbeschwerde - insoweit sie sich gegen den Akademischen Senat als genannte belangte Behörde richtet - wegen Unzuständigkeit gemäß § 34 VwGG zurückzuweisen ist.

Insoweit die Säumnisbeschwerde aber gegen den Rektor als belangte Behörde gerichtet ist, hat dieser die ihn nach § 28 Abs. 9 UOG 1993 treffende Verpflichtung ohnehin erfüllt und die Besondere Habilitationskommission - wenn auch erst nach Beschwerdeerhebung - eingesetzt. Da dem UOG 1993 aber keine darüber hinausgehende Verpflichtung des Rektors zu entnehmen ist, wurde der Beschwerdeführer - wie er auch selbst einräumt - damit in diesem Punkte klaglos gestellt.

Das Verfahren war daher insoweit nach § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden einzustellen. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung dieser Entscheidung erfolgte sie in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da für die Beurteilung der Kostenfrage von der Einbringung einer Säumnisbeschwerde auszugehen war, war der Kostenersatz nach § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG zuzusprechen.

Wien, am 18. Oktober 2000

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