Normen
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs3;
SMG 1997 §28 Abs4 Z3;
StGB §164 Abs1;
StGB §164 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs3;
SMG 1997 §28 Abs4 Z3;
StGB §164 Abs1;
StGB §164 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Mai 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 2. April 1998 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 Suchtmittelgesetz und wegen der Vergehen nach den §§ 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 leg. cit., wegen des Verbrechens des versuchten Einbruchdiebstahles sowie wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 und Abs. 4 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer Ende 1997 und Anfang 1998 mehrmals Kokain von Ungarn aus nach Österreich eingeführt und im Bundesgebiet zu verkaufen versucht habe. Er habe dabei in der Absicht gehandelt, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Darüber hinaus habe er im Zeitraum von Anfang November 1997 bis 6. Jänner 1998 wiederholt Suchtgift erworben und besessen. Am 20. Juli 1997 sei der Beschwerdeführer an einem Einbruchsdiebstahl beteiligt gewesen und habe sich darüber hinaus auch der Hehlerei schuldig gemacht. Angesichts dieses Sachverhaltes könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei und die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 leg. cit. vorlägen. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer seit 27. Dezember 1989 im Bundesgebiet polizeilich gemeldet sei, seit 9. Jänner 1990 über Sichtvermerke verfüge und hier mit Ehegattin und Kind lebe, liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei das Aufenthaltsverbot in Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität aus den im Art. 8 Abs. 2 EMRK umschriebenen öffentlichen Interessen dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Dies werde im vorliegenden Fall noch dadurch unterstrichen, dass dem Beschwerdeführer ein Verstoß gegen § 28 Abs. 4 Z. 3 Suchtmittelgesetz, also der Handel mit einer Suchtgiftmenge, die zumindest das 25-fache der im Abs. 1 dieser Bestimmung angeführten großen Menge ausmache, zur Last liege. Im Licht dieser Erwägungen erweise sich das Aufenthaltsverbot auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig. Die aus dem langjährigen Aufenthalt ableitbare Integration habe in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die schwere Straftat eine ganz erhebliche Minderung erfahren. Aufgrund der großen Sozialschädlichkeit von Suchtgiftdelikten stehe selbst eine ansonsten volle soziale Integration der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Von daher gesehen habe der durch das gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers bewirkten nachhaltigen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen das weitaus größere Gewicht beigemessen werden müssen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Der Beschwerdeführer könne sich nicht mit Erfolg auf die Unzulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG berufen. Nach der vorgelegten Meldebestätigung der Bundespolizeidirektion Schwechat sei der Beschwerdeführer in den Zeiträumen von 30. März 1972 bis 7. Jänner 1976 und danach vom 25. September 1979 bis 10. November 1980 - allerdings mit zahlreichen Unterbrechungen - in Schwechat polizeilich gemeldet gewesen. Im Hinblick auf diese Unterbrechungen könne von einem ununterbrochenen Wohnsitz im Bundesgebiet keine Rede sein. Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1981 lediglich für eineinhalb Monate und im Jahr 1982 nur vom 20. Juli bis 4. August in Schwechat gemeldet gewesen. Selbst unter Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in diesen Zeiträumen rechtmäßig gewesen sei, könne keine Rede davon sein, dass er von klein auf im Bundesgebiet aufgewachsen sei. Vor diesem Hintergrund habe auch im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessens nicht von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen der genannten (oben I.1.) Straftaten begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.
2. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und das Zusammenleben mit seiner Gattin und seinem Kind berücksichtigt. Ihre Ansicht, dass das Aufenthaltsverbot auch unter Bedachtnahme auf diese persönliche Interessenlage des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten sei und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die für das Ausmaß der Integration wesentliche soziale Komponente wird nämlich durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers (insbesondere durch den gewerbsmäßigen Handel mit einer Suchtgiftmenge, die zumindest das 25-fache der für eine Gesundheitsgefährdung in großem Ausmaß erforderlichen Menge ausmacht) deutlich beeinträchtigt. Weiters ist mit der belangten Behörde festzuhalten, dass aufgrund des in hohem Maß sozialschädlichen Suchtgiftdeliktes selbst eine ansonsten volle Integration des Fremden einem Aufenthaltsverbot nicht entgegenstünde. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. November 1999, Zl. 99/18/0367.)
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe sich mit seiner persönlichen Situation nicht ausreichend auseinander gesetzt, ist ihm zu entgegnen, dass er im Verwaltungsverfahren - wie im Übrigen auch in der Beschwerde - keine von der belangten Behörde nicht ohnehin berücksichtigten Umstände des Privat- und Familienlebens geltend gemacht hat.
3. Eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des der Behörde gemäß § 36 Abs. 1 FrG zukommenden Ermessens würde offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG) erfolgen, weil der Beschwerdeführer wegen eines Verbrechens zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/18/0419).
4.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG unzulässig sei. Abweichend von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid führt er dazu aus, sich auch nach dem 10. November 1980 bis August 1981 im Bundesgebiet aufgehalten zu haben. Er sei überdies nunmehr nicht erst seit 27. Dezember 1989 sondern bereits "seit 1988" durchgehend in Österreich aufhältig.
4.2. In der Berufung hat der Beschwerdeführer - anders als in der Beschwerde - vorgebracht, sich von seiner Geburt bis zum 4. Lebensjahr sowie in den Jahren 1977 und 1978 in Österreich aufgehalten zu haben. Seit 23. Dezember 1988 befinde er sich durchgehend im Inland. Am 11. August 1998 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass er laut Auskunft des Zentralmeldeamtes erst seit 27. Dezember 1989 in Wien polizeilich gemeldet sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer ersucht bekannt zu geben, wo er sich in den Jahren 1969 bis 1973, in den Jahren 1977 und 1978 sowie im Zeitraum ab 23. Dezember 1988 im Bundesgebiet aufgehalten habe und auf welche Grundlage sich die Rechtmäßigkeit dieses Aufenthaltes gestützt habe.
Am 7. April 1999 legte der Beschwerdeführer eine Meldebestätigung der Bundespolizeidirektion Schwechat vor, aus der sich jedoch nur die von der belangten Behörde festgestellten Zeiträume der Meldung des Beschwerdeführers (mit kurzen Unterbrechungen) ergeben. Aus dieser Bestätigung ist auch ersichtlich, dass der von der belangten Behörde festgestellte eineinhalbmonatige Aufenthalt im Jahr 1981 in den Zeitraum von 6. Juli bis 21. August fällt. Weiters legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung vor, wonach er (nur) vom 24. September 1979 bis 6. November 1980 in Schwechat die Volksschule besucht habe. Ein Vorbringen, wo er sich in den von ihm vorgebrachten weiteren Aufenthaltszeiträumen im Inland aufgehalten habe, erstattete er nicht.
Davon ausgehend bestehen keine Bedenken dagegen, dass die belangte Behörde keine weiteren Zeiträume eines inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers festgestellt hat.
4.3. Der Beschwerdeführer ist erstmals im Alter von zwei Jahren und neun Monaten nach Österreich eingereist. Er befand sich in der Zeit von 7. Jänner 1976 bis 27. Dezember 1989, somit von seinem 7. bis zu seinem 21. Lebensjahr nur ein Jahr und zwei Monate, von 25. September 1979 bis 10. November 1980, sowie jeweils kurzfristig im Sommer 1981 und im Sommer 1982 in Österreich. Die Schule besuchte er hier im Wesentlichen nur im Schuljahr 1979/80. Mangels anderer Hinweise im Vorbringen des Beschwerdeführers und im übrigen Akteninhalt ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer - der in der Beschwerde von "Besuchen bei seiner Familie in Jugoslawien" spricht - in den übrigen Zeiträumen in seiner Heimat aufgehalten hat. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Jugoslawien umfasst somit nahezu die gesamte Pflichtschulzeit sowie die danach gelegene Phase des Erwachsen-werdens, in die üblicherweise auch die Berufsausbildung fällt. Der Beschwerdeführer verbrachte somit die für das Vertrautwerden mit der Sprache, Kultur und den sonstigen Verhältnissen besonders wichtige Lebensphase in seiner Heimat. Es ist daher - mangels anderer Anhaltspunkte - anzunehmen, dass er die Sprache seiner Heimat in Wort und Schrift beherrscht und mit den Gegebenheiten in seiner Heimat ähnlich wie ein dort lebender vertraut ist. Er ist daher nicht im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 4 von klein auf im Inland aufgewachsen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0112, mwN). Es braucht somit nicht darauf eingegangen zu werden, ob der Beschwerdeführer das weitere - kumulativ zu erfüllende - Tatbestandselement des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG "hier langjährig rechtmäßig niedergelassen" erfüllt.
5. Die sich nach dem Gesagten als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Februar 2000
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