VwGH 99/17/0317

VwGH99/17/031728.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien 1. vom 7. August 1998, Zl. UVS-05/K/30/00925/97, und 2. vom 4. Jänner 1999, Zl. UVS-05/V/30/00344/98, betreffend zu 1. Übertretung des Wiener Parkometergesetzes und zu 2. der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit der Übertretung des Wiener Parkometergesetzes,

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
VwRallg;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 7. August 1998 wird als unzulässig zurückgewiesen; und

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 4. Jänner 1999 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Berufungsbescheid vom 7. August 1998 gab die belangte Behörde einer Berufung gegen ein Straferkenntnis betreffend eine Übertretung nach dem Wiener Parkometergesetz keine Folge. Dieser Bescheid wurde am 27. August 1998 durch Hinterlegung zugestellt und blieb zunächst vor dem Verwaltungsgerichtshof unbekämpft.

Am 9. September 1998 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde folgende Eingabe ein:

"GZ: UVS-05/K/30/00925/97

Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 71 AVG

Ich stelle den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG, da weder die MA 67 noch der UVS Wien auf meine Einwendungen bzw. Beweisanträge eingegangen sind.

Im Juni 1998 habe ich meine Ortsabwesenheit bei dem zuständigen Postamt gemeldet.

Der UVS hat sich nicht an den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 8 AVG) gehalten.

Weiters dürfte der MA 67 und dem UVS Wien entgangen sein, dass von meiner Berufung vom 12.6.1997 bis zum angeblichen Aufforderungsschreiben vom 19.6.1998 bereits mehr als 1 Jahr verstrichen ist und somit säumig wurde.

Es wird um Verständigung der MA 67 ersucht."

Mit einer weiteren Eingabe vom 12. Oktober 1998 legte der Beschwerdeführer die Bestätigung des Postamtes über seine Ortsabwesenheit für den Zeitraum vom 20. Mai 1998 bis 24. Juni 1998 vor.

Mit Bescheid vom 4. Jänner 1999 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist als unbegründet ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe im Wiedereinsetzungsantrag keine ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages gemacht und die versäumte Handlung nicht nachgeholt.

Gegen diesen Bescheid und gegen den Bescheid vom 7. August 1998 richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. Nichtbestrafung nach dem Wiener Parkometergesetz verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die zweifach kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist gemäß § 71 AVG (§ 24 VStG) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf der Partei, um die Rechtsfolgen einer unverschuldeten Säumnis zu beseitigen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht 7, Rz. 611).

Der Berufungsbescheid vom 7. August 1998 wurde dem Beschwerdeführer am 27. August 1998 durch Hinterlegung zugestellt und enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei sowie den Hinweis auf die Möglichkeit der Einbringung einer Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshofbeschwerde innerhalb von sechs Wochen. Die im Wiedereinsetzungsantrag vom 9. September 1998 erhobenen Einwendungen sind keine in einem Wiedereinsetzungsantrag geltend zu machende Wiedereinsetzungsgründe, sondern Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des mit Bescheid vom 7. August 1998 entschiedenen Verfahrens, die in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof vorzubringen gewesen wären. Die Einrichtung der Wiedereinsetzung dient nicht der Bekämpfung einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I 2, angeführte Entscheidung 13 zu § 71 AVG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bleibt die Partei im Verfahren wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden. Eine Auswechslung dieses Grundes im Berufungsverfahren ist rechtlich unzulässig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1986, Zl. 84/17/0136). Dies gilt auch dann, wenn der objektive Erklärungswert eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Beschwerdeverfahren durch die Partei eine andere Deutung erfahren soll.

In der Beschwerde wird behauptet, der Beschwerdeführer habe "einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellungnahme zu dem "ihm" angeblich zugestellten Schreiben der Behörde vom 19. Juni 1998 gestellt, weil er das von der Behörde angesprochene Schreiben nie erhalten habe und von dessen Existenz erstmals durch Zustellung des Berufungsbescheides erhalten habe". Diese Darstellung entspricht nicht dem objektiven Erklärungswert des oben wiedergegebenen Wiedereinsetzungsantrages. Im Übrigen ist ein Wiedereinsetzungsantrag auch dann nicht zulässig, wenn das den Fristablauf auslösende Schriftstück nicht zugestellt wurde, weil dann eine Fristversäumung gar nicht eintreten konnte (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 97/17/0117).

Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag mangels einer Fristversäumung abgewiesen. Es erübrigt sich somit ein näheres Eingehen darauf, dass der Beschwerdeführer nach der am 27. August 1998 erfolgten Zustellung des Bescheides vom 7. August 1998 den Antrag binnen zwei Wochen am 9. September 1998 gestellt hat, dies im Antrag aber nicht ausdrücklich angeführt hat, und eine "Nachholung" der versäumten Handlung mangels der Versäumung einer solchen im Antrag gar nicht möglich gewesen wäre.

Die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 4. Jänner 1999 war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 7. August 1998 wurde dem Beschwerdeführer am 27. August 1998 zugestellt. Die sechswöchige Beschwerdefrist endete am 8. Oktober 1998. Ein Wiedereinsetzungsantrag beim Verwaltungsgerichtshof gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wurde nicht gestellt.

Wegen Ablaufs der Beschwerdefrist war die erst am 13. August 1999 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 7. August 1998 gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 VwGG gebildeten Senat als verspätet zurückzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war nach § 39 Abs. 2 Z. 1 (Zurückweisung) und Z. 6 (Abweisung) VwGG Abstand zu nehmen, letzteres weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich, weil in diesem Beschwerdefall über die Rechtmäßigkeit der Abweisung eines auf die Abänderung eines rechtskräftig gewordenen Bescheides zielenden Wiedereinsetzungsantrages sowie die Rechtzeitigkeit einer Beschwerde und damit nicht über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen eine Person erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den zweifach geltend gemachten Vorlage- und Schriftsatzaufwand. Die Gegenschrift ist ein gemeinsamer Schriftsatz für die Beschwerde gegen die zwei bekämpften Bescheide und die Verwaltungsakten wurden gemeinsam in einem Aktenkonvolut vorgelegt. Es war somit nur der einfache Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzuerkennen.

Wien, am 28. Februar 2000

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