VwGH 99/17/0195

VwGH99/17/019526.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über den Antrag der U, vertreten durch KM, Rechtsanwälte OEG in P, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1999, Zl. 98/17/0164-8, abgeschlossenen Verfahrens betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §45 Abs1 Z4;
VwGG §45 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG wird abgewiesen.

Begründung

Mit seinem Erkenntnis vom 22. Februar 1999, Zl. 98/17/0164-8, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1997, Zl. BauR-011977/1-1997/PE/Vi, betreffend Verkehrsflächenbeitrag als unbegründet ab. Der damaligen Beschwerdeführerin und nunmehrigen Antragstellerin war mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 18. Dezember 1996 der Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde (Verkehrsflächenbeitrag) in der Höhe von S 83.139,-- vorgeschrieben worden. Der Berufung und der nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhobenen Vorstellung wurde keine Folge gegeben.

Im Erwägungsteil der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses heißt es:

"Die im Beschwerdefall anzuwendende O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, lautet auszugsweise:

...

§ 19

Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher

Verkehrsflächen

(1) Anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 O.ö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, hat die Gemeinde dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstückes, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahr-, Fußgänger- und Wanderwege."

Dieses Zitat entspricht der Fassung dieser Bestimmung aufgrund der Novelle LGBl. Nr. 70/1998.

In dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 VwGG macht die Beschwerdeführerin geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei von einer Fassung des § 19 O.ö. Bauordnung 1994 ausgegangen, die weder nach Ansicht der Beschwerdeführerin noch nach Ansicht der belangten Behörde und der mitbeteiligten Stadt Linz anzuwenden gewesen wäre. Nicht dem "Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstückes", sondern dem "Bauwerber" sei der Verkehrsflächenbeitrag vorzuschreiben. Die Beschwerdeführerin sei lediglich Bauwerberin und ihre Mutter Eigentümerin der von der Vorschreibung erfassten Grundflächen und Gebäude gewesen. Wenn der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht sei, dass für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Bescheides in einem der Beschwerdepunkte oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung Gründe maßgebend sein könnten, die einer Partei bisher nicht bekannt gegeben worden seien, seien die Parteien gemäß § 41 Abs. 1 VwGG darüber zu hören. Dieses Parteiengehör sei verletzt worden, und dies sei der Grund für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG.

Gemäß dieser Bestimmung ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.

Der Antragstellerin wurde als Bauwerberin nach § 19 O.ö. Bauordnung, in der Stammfassung LGBl. Nr. 66/1994, der Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen (Verkehrsflächenbeitrag) mit Bescheid vom 18. Dezember 1996 vorgeschrieben. Die von dieser Behörde angewendete Bestimmung lautete:

"(1) Wurde von der Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche (§ 8 Abs. 2 O.ö. Straßengesetz 1991) errichtet, hat sie anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch diese öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werden, dem Bauwerber mit Bescheid einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben."

Mit 31. Dezember 1998 trat diese Bestimmung außer Kraft und wurde ab 1. Jänner 1999 durch die bereits genannte Novellenfassung LGBl. Nr. 70/1998 samt Übergangsvorschriften ersetzt.

Art. II Abs. 5 der Übergangsvorschriften lautet:

"Soweit sie Verkehrsflächen der Gemeinde betreffen, sind die §§ 19 bis 21 der O.ö. Bauordnung 1994 in der Fassung des Art. I Z. 18 auch auf Abgabentatbestände anzuwenden, die sich vor dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes verwirklicht haben und deren Anspruch auf Vorschreibung noch nicht verjährt ist."

Für den zeitlichen Anwendungsbereich von Abgabengesetzen ist die Zeitbezogenheit der Abgabengesetze zu beachten. In einem Besteuerungsfall sind jene materiell-rechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches in Kraft standen (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1997, Zl. 96/17/0459).

Voraussetzung für das Entstehen des Abgabenanspruches waren die Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche und die Erteilung einer im § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung (Stammfassung) näher bezeichneten Baubewilligung. Die öffentliche Verkehrsfläche war bereits errichtet und mit Bescheid vom 25. September 1996 war die Baubewilligung erteilt worden. Der Abgabenanspruch war mit Ergehen des Baubewilligungsbescheides entstanden und es war daher von der Abgabenbehörde die in diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden. Davon ging auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis aus. Der ihm unterlaufene Zitierfehler blieb daher ohne Einfluss auf die Entscheidung.

Eine Änderung der Rechtslage war bis zur Erlassung des Berufungsbescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 17. April 1997 nicht eingetreten. Die Änderung der Rechtslage im Zuge des Vorstellungsverfahrens ist rechtlich unerheblich (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1983, Zl. 82/05/0105), entscheidend ist die Rechtslage im Zeitpunkt des letztinstanzlichen Gemeindebescheides. Abgesehen davon erging der im Beschwerdeverfahren damals angefochtene Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1997 auch vor Inkrafttreten der Novellenfassung des § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung samt Übergangsvorschriften am 1. Jänner 1999.

Der angefochtene Bescheid vom 10. Juli 1997 hatte bei der Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen zu Recht die Bestimmung in der Stammfassung angewendet und diesen Beitrag der Beschwerdeführerin als Bauwerberin vorgeschrieben, weil die erst mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Novellenfassung auch unter Berücksichtigung der Übergangsvorschriften bei dieser Entscheidung noch gar nicht angewendet werden konnte.

Die Bestimmung des § 19 O.ö. Bauordnung wurde jedoch - insofern ist die Antragstellerin im Recht - nicht wie im Einleitungssatz des Erwägungsteiles angekündigt in den Entscheidungsgründen in der Stamm-, sondern in der Novellenfassung LGBl. 70/1998 wiedergegeben. Dies ändert jedoch nichts am Ergebnis der Entscheidung des mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1999, Zl. 98/17/0164-8, abgeschlossenen Verfahrens, weil die Antragstellerin - und dies war weder im verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig - als Bauwerberin nach § 19 O.ö. Bauordnung in der Stammfassung LGBl. Nr. 66/1994 zur Zahlung des Verkehrsflächenbeitrages herangezogen wurde.

Es steht daher fest, dass der Antragstellerin als Bauwerberin und nicht der Grundstückseigentümerin der Verkehrsflächenbeitrag zu Recht vorgeschrieben wurde. Das genannte Erkenntnis vom 22. Februar 1999 hätte daher auch bei Anhörung der Beschwerdeführerin nicht anders lauten können.

Aus diesen Erwägungen war der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mangels Vorliegens der im § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG für die Wiederaufnahme des Verfahrens erforderlichen Voraussetzungen als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2000

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