VwGH 99/12/0048

VwGH99/12/004824.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 20. April 1998, Zl. 55 5110/15-II/15/98, betreffend Pensionsbemessung, zu Recht erkannt:

Normen

PG 1965 §4 Abs4 Z2 idF 1998/I/123;
PG 1965 §4 Abs4 Z2 idF 1998/I/123;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Pensionsbemessung für die Zeit ab 1. Jänner 1998 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1941 geborene Beschwerdeführer steht seit Oktober 1960 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er war zuletzt als Oberst und Abteilungskommandant der Sicherheitswache im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien tätig.

Der Beschwerdeführer erlitt im Juni 1995 einen Dienstunfall und war in weiterer Folge mehrmals längere Zeit dienstunfähig.

Mit Bescheid der Aktivdienstbehörde vom 2. Dezember 1996 wurde er mit Ablauf des 31. Dezember 1996 in den dauernden Ruhestand versetzt.

Das Bundespensionsamt setzte daraufhin mit Bescheid vom 9. Jänner 1997 den Ruhegenuss und die Ruhegenusszulage des Beschwerdeführers unter Anwendung der mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 eingeführten so genannten Abschlagsregelung fest.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe zwar nach seinem Dienstunfall am 5. September 1995 wieder Dienst versehen, hiebei aber deutliche gesundheitliche Beeinträchtigungen bemerkt, sodass er sich ab 19. Dezember 1995 bis zur Ruhestandsversetzung neuerlich habe in den "Krankenstand" begeben müssen. Bereits im Dezember 1995 habe er beim Leiter des Personalreferates seine Absicht bekundet, aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt zu werden. Hiezu sei er in der Folge mehrfach vom Leiter des Personalreferates fernmündlich und persönlich befragt worden. Im Hinblick darauf sei er davon ausgegangen, dass sein Ruhestandsversetzungsverfahren auf Grund seines Antrages schon vor dem 16. Februar 1996 (= Stichtag nach § 62 c PG 1965) eingeleitet worden sei.

Ungeachtet seiner persönlichen Antragstellung sei sein Ruhestandsversetzungsverfahren aber auch von Amts wegen vor dem genannten Stichtag eingeleitet worden, weil er nach seinem Dienstunfall amtsärztlich untersucht und ihm im Jänner 1996 wegen seines Gesundheitszustandes ein schlechter bewerteter Dienstposten angeboten worden sei; er habe aber diese "verschlechternde Versetzung" abgelehnt.

Von der belangten Behörde wurde folgende Stellungnahme des vom Beschwerdeführer genannten Leiters des Personalreferates eingeholt:

Der Beschwerdeführer "teilte im Dezember 1995 bei einer Vorsprache mit, dass er sich gesundheitlich nicht mehr in der Lage fühle, seine dienstlichen Obliegenheiten wahrzunehmen und den Ruhestand anstrebe.

Er wurde aufmerksam gemacht, dass die Einleitung eines Ruhestandsverfahrens nur nach Vorstellung beim Polizeichefarzt bzw. Vorlage entsprechender Befunde möglich ist. Bei weiteren Anfragen wurde ihm dies, glaublich im Jänner oder Februar 1996, nochmals mitgeteilt. Da der Beschwerdeführer bei einer neuerlichen Vorsprache im März angab, dass keinerlei Besserung eingetreten sei, wurde er am 16.4.1996 dem Chefarzt der BPD-Wien zur Feststellung des Gesundheitszustandes und der Dienstfähigkeit vorgestellt. Vom Chefarzt wurde empfohlen, den Beamten einer PV-Ang.-Untersuchung zuzuführen.

Fachärztliche Befunde wurden nicht vorgelegt.

Mit Erlass des BMI vom 29.8.1996, wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer lt. Stellungnahme des Chefarztes der PV-Ang. durchaus in der Lage ist, Tätigkeiten zu verrichten, die im Exekutivdienst erforderlich sind, und er durchaus noch die mit seinem Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben erfüllen kann.

Dieser Sachverhalt wurde dem Beschwerdeführer niederschriftlich bei seinem auftragsgemäßen Dienstantritt am 9.9.1996 zur Kenntnis gebracht.

Er gab an, binnen 4 Wochen medizinische Befunde vorlegen zu wollen, konsumierte anschließend Erholungsurlaub und meldete sich in weiterer Folge neuerlich krank. Am 25.10.1996 wurden die erwähnten Befunde verschlossen vorgelegt und ohne Öffnung dem BMI übermittelt.

Auf Grund der Befunde wurde seitens des BMI eine Dienstfähigkeitsüberprüfung durch den dortigen Chefarzt für 7.11.1996 angeordnet. Diese Untersuchung ergab, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen zur Versehung des Exekutivdienstes verloren hat und eine Ruhestandsversetzung gem. § 14/1 BDG 1979 beabsichtigt ist. Der Beschwerdeführer nahm den Sachverhalt zur Kenntnis und wurde das Ruhestandsversetzungsverfahren von ho. am 28.11.1996 eingeleitet.

Zur Seite 4, letzter Absatz, ist zu bemerken, dass in keinem Gutachten etwas über psychische Beschwerden festgehalten wurde. Es ging darin lediglich um Beschwerden körperlicher Art, die das Tragen einer Aircastschiene und physikalische Behandlungen notwendig machten. Erst am 16.4.1996 wurden auch depressive Verstimmungszustände vom Chefarzt diagnostiziert.

Die auf Seite 5 aufgestellte Behauptung der dauernden Dienstunfähigkeit, kann von ho. nicht nachvollzogen werden, da in keinem aä. Gutachten von einer solchen gesprochen wird und erst durch das Sachverständigengutachten des Chefarztes des BMI vom 8.11.1996 eine solche festgestellt wurde.

Bemerkt wird, dass auf Grund der Befundung des Dienstunfalles von ho. ein Ruhestandsverfahren nicht sofort erwogen wurde. Es lag vielmehr im ho. Bestreben, den Beamten nach vollständiger Genesung wieder dem Dienst zuzuführen".

Nach Erhebung einer Säumnisbeschwerde (hg. Zl. 98/12/0008) erging der angefochtene Bescheid, mit dem der Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgegeben wurde.

Zur Begründung wird nach Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Bescheid, Wiedergabe der Berufung und Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen ausgeführt:

Ausgehend vom Ruhestandsversetzungsbescheid sei die Bemessung des Ruhegenusses unter Anwendung der Änderungen durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 vorzunehmen gewesen. Lediglich auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand bereits vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden sei, seien die §§ 4 und 12 Abs. 2 PG 1965 in der bis zum 30. April 1996 geltenden Fassung gemäß § 62 c Abs. 1 PG 1965 weiter anzuwenden. Eingeleitet werde ein Ruhestandsversetzungsverfahren durch einen entsprechenden Antrag des Beamten oder bei einer Ruhestandsversetzung von Amts wegen durch die erste nach außen erkennbare Maßnahme, die die Dienstbehörde treffe, um den Beamten in den Ruhestand zu versetzen.

Nach Bezug auf den in der Berufung angegebenen mündlichen Antrag des Beschwerdeführers beim Leiter des Personalreferates weist die belangte Behörde darauf hin, dass der Beschwerdeführer diesem Beamten lediglich erklärt habe, den Ruhestand "anzustreben". Außerdem sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens nur nach Vorstellung beim Polizeichefarzt bzw. nach Vorlage entsprechender Befunde möglich wäre. Diese Auskunft, besonders aber der Umstand, dass über die Mitteilung des Beschwerdeführers kein Aktenvermerk angelegt worden sei, lasse nur den Schluss zu, dass es sich bei dieser Vorsprache lediglich um ein informatives Gespräch gehandelt habe, um die nötigen Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung in Erfahrung zu bringen, nicht aber um einen konkreten Antrag um Versetzung in den Ruhestand. Solche Gespräche fänden häufig statt, ehe sich der Beamte entschließe, einen Antrag zu stellen. Hätte der Beschwerdeführer dezidiert oder zumindest konkret erkennbar einen solchen Antrag auf Ruhestandsversetzung gestellt, hätte die Dienstbehörde über einen solchen mündlich vorgebrachten Antrag zweifellos eine Niederschrift aufgenommen oder wenigstens einen Aktenvermerk errichtet. Dass die in Rede stehende Erklärung auch vom Beschwerdeführer selbst nicht als konkreter Antrag aufgefasst worden sei, ergebe sich auch daraus, dass es der Beschwerdeführer damals unterlassen habe, die von der Bundespolizeidirektion Wien für notwendig erachteten Befunde vorzulegen. Aus all dem sei daher zu schließen, dass es sich bei der später wiederholten Mitteilung des Beschwerdeführers vom Dezember 1995, in den Ruhestand versetzt werden zu wollen, nicht um einen konkreten Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gehandelt habe, weswegen dadurch auch kein Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet worden sei.

Das Verfahren, das zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers geführt habe, sei vielmehr erst durch das Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Mai 1996 eingeleitet worden, mit dem die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (PVAng) ersucht worden sei, ein ärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu erstellen. Mit Beschluss des Ministerrates vom 1. August 1995 seien nämlich die Dienstunfähigkeitsuntersuchungen wegen dauernder Dienstunfähigkeit von Bundesbeamten im Zuge des Ruhestandsversetzungsverfahrens an die PVAng übertragen worden; es seien daher in allen ab 1. September 1995 wegen dauernder Dienstunfähigkeit eingeleiteten Pensionierungsverfahren keine Zuweisungen mehr zu den bisher mit Dienstfähigkeitsuntersuchungen befassten Institutionen bzw. Ärzte vorzunehmen gewesen. Alle diesem Verfahren vorangegangenen Erhebungen des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers seien daher im Zuge anderer abgegrenzter Verfahren gemacht worden und könnten nicht als Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens gewertet werden.

Die Bestimmung des § 62 c Abs. 1 PG 1965 stelle lediglich darauf ab, wann das Ruhestandsversetzungsverfahren von der Dienstbehörde tatsächlich eingeleitet worden sei. Wann die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung gegeben gewesen seien bzw. wann diese der Behörde bekannt geworden seien, sei daher ohne rechtliche Bedeutung.

Im Beschwerdefall sei das Ruhestandsversetzungsverfahren nicht vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden. Es seien daher die Bestimmungen der §§ 4 und 12 PG 1965 in der durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. "210/1996" (richtig wohl: 201/1996) geschaffenen Fassung, ab 1. Jänner 1998 ergänzt durch die durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 138/1997 dem § 4 Abs. 4 PG 1965 angefügte Z. 3, bei der Bemessung des Ruhegenusses und der Ruhegenusszulage aus der Wachdienstzulage anzuwenden gewesen.

Der Beschwerdeführer sei vor Ablauf des 60. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt worden. Da die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 nicht gegeben seien, kämen die Kürzungsbestimmungen des § 4 Abs. 3 bzw. des § 12 Abs. 2 PG 1965 zum Tragen. Daran ändere sich auch zum 1. Jänner 1998 nichts, weil es im maßgebenden Gutachten der PVAng keinen Hinweis darauf gebe, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer zunächst an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde nach Eröffnung des Vorverfahrens unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg 15.269) mit Beschluss vom 1. Dezember 1998, B 1006/98, ablehnte und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Bemessung seiner Ruhestandsbezüge (Ruhegenuss und Zulage nach § 12 GG 1965) gemäß den Bestimmungen des PG 1965, insbesondere zufolge § 62 c Abs. 1 dieses Gesetzes, sowie seines § 4 Abs. 4 Z. 2 ohne Anwendung der Abschlagsregelung nach seinem § 4 Abs. 3 (auch soweit diese gemäß seinem § 12 Abs. 2 zum Tragen kommt) durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere seines § 62 c Abs. 1, sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Nach § 4 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet haben wird, von 80 % um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden.

§ 4 Abs. 4 leg. cit., dessen Z. 1 und Z. 2 gleichfalls durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 eingefügt wurden, regelt die Fälle, in denen eine Kürzung nach Abs. 3 nicht stattfindet. Z. 2 (in der Fassung der 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 123, die diesbezüglich am 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist) und Z. 3 (eingefügt durch das 1. Budgetbegleitgesetz 1997, BGBl. I Nr. 138, in Kraft getreten nach BGBl. I Nr. 35/1998 am 1. Jänner 1998) lauten:

"(4) Eine Kürzung nach Abs. 3 findet nicht statt

  1. 1. .....
  2. 2. wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten aus diesem Grund eine Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung gebührt oder

    3. wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist."

    Als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3 gilt nach Abs. 7 der genannten Bestimmung ein Beamter nur dann, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

    Dem Beamten, der Anspruch auf Exekutivdienstzulage, Omnibuslenkerzulage, Erzieherzulage, Wachdienstzulage oder Truppendienstzulage - im Folgenden kurz "Aktivzulage" genannt - gehabt hat, gebührt nach § 12 Abs. 1 PG 1965 eine Zulage zum Ruhegenuss (Ruhegenusszulage). 80 v. H. der Aktivzulage, die der besoldungsrechtlichen Stellung entspricht, die der Beamte im Zeitpunkt des letzten rechtmäßigen Bezuges der Aktivzulage erreicht hat, bilden nach Abs. 2 die Bemessungsgrundlage der Ruhegenusszulage.

    Diesem § 12 Abs. 2 PG 1965 wurde durch Art. 4 Z. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, folgender Satz angefügt:

    "§ 4 Abs. 3 bis 5 ist auf die Bemessungsgrundlage der Ruhegenusszulage mit den Maßgaben anzuwenden, dass

    1. die Kürzung der Bemessungsgrundlage für jeden Monat 0,2083 Prozentpunkte beträgt und

    2. die Bemessungsgrundlage der Ruhegenusszulage 57,5 % der Aktivzulage nicht unterschreiten darf."

    § 62 c Abs. 1 PG 1965 in der Fassung des Art. 4 Z. 7 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 lautet:

"(1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Die bis zum 30. April 1996 geltende Fassung der genannten Paragrafen kannte im Fall der Frühpensionierung (vor dem 60. Lebensjahr) keinen Pensionsabschlag.

In der Beschwerde wird zunächst die Auffassung vertreten, der Beschwerdeführer habe - entgegen den Annahmen der belangten Behörde - einen mündlichen Antrag auf Ruhestandsversetzung beim Leiter des Personalreferates gestellt.

Dazu genügt es zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juli 1999, Zl. 99/12/0061, hinzuweisen, in dem eingehend begründet ausgesprochen wurde, dass eine mündliche Antragstellung eines Beamten auf vorzeitige Ruhestandsversetzung von vornherein unwirksam und auch keiner Verbesserung im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG zugänglich gewesen wäre; ein derartiger Antrag wäre daher im Sinne des § 13 Abs. 1 AVG schriftlich einzubringen gewesen.

Die belangte Behörde ist daher jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass vom Beschwerdeführer vor dem Stichtag 16. Februar 1996 kein rechtlich relevanter Antrag auf Ruhestandsversetzung gestellt worden ist.

Im Beschwerdefall ist weiters strittig, ob die belangte Behörde die Frage der Anwendbarkeit des die Abschlagsregelung ausschließenden Tatbestandes des § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 zu Recht verneint hat oder nicht.

Die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 ist nur dann gegeben, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Die Rückführbarkeit der für die Ruhestandsversetzung des Beamten maßgebenden Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit und

b) die ihm aus diesem Grund gebührende Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung.

Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, kommt die Anwendung des § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 nicht in Betracht.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die unter

a) genannte Voraussetzung gegeben ist; mit anderen Worten, ob die für die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers maßgebende Dienstunfähigkeit auf den von ihm am 13. Juni 1995 erlittenen Dienstunfall, nämlich einen Sturz am Heimweg beim Aussteigen aus seinem privaten Pkw, zurückzuführen ist. Weder die bei den Akten befindlichen im Zusammenhang mit diesem Dienstunfall in weiterer Folge erstellten mehrfachen ärztlichen Gutachten noch der vom Beschwerdeführer selbst ausgefüllte Erhebungsbogen für die PVAng-Untersuchung vom 22. April 1996 enthalten auch nur einen Ansatz dafür, dass die maßgebende Dienstunfähigkeit auf den vorbezeichneten Dienstunfall zurückzuführen wäre. Der Beschwerdeführer bezeichnete sich vielmehr selbst am 22. April 1996 wegen folgender Leiden für dienstunfähig:

"Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Depression, Gelenksbeschwerden und Stoffwechselstörung."

Unter Hinweis auf die rechtlichen Überlegungen in den in diesem Zusammenhang ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1999, Zl. 99/12/0132, und vom 27. Oktober 1999, Zl. 98/12/0391, gilt auch für den vorliegenden Fall, dass es bei einer vernünftigen Gesamtwürdigung aller Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers keinem Zweifel unterliegen kann, dass ein hinreichender Ansatz dafür, dass die durch den Dienstunfall hervorgerufenen Leidenszustände (Verstauchung der HWS und der rechten Schulter sowie des linken Sprunggelenkes) eine wesentliche Bedingung für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers gewesen sein könnten, nicht vorliegt. Es war daher nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde bei den im Beschwerdefall gegebenen Umständen ohne weitere Ermittlungen vom Nichtvorliegen der ersten Tatbestandsvoraussetzung des § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 ausging. Die Beschwerde erweist sich - auch diesbezüglich - als unbegründet.

Berechtigung kommt der Beschwerde aber in der Frage des Entfalles des Abschlages ab 1. Jänner 1998 - ungeachtet dessen, dass im Beschwerdevorbringen das Fehlen einer entsprechenden Überprüfung des die Anwendung der Abschlagsregelung ausschließenden, mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Tatbestandes des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 nicht ausdrücklich gerügt wurde, dies aber dem Grunde nach vom Beschwerdepunkt jedenfalls umfasst ist - aus folgenden Überlegungen zu:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, ergibt sich in Verbindung mit § 41 Abs. 1 PG 1965, dass die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 3 leg. cit. ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens (= 1. Jänner 1998) auch auf einen Beamten des Ruhestandes - nur dieser Fall ist hier von Bedeutung - anzuwenden ist, dessen Ruhebezug unter Anwendung der Kürzungsbestimmungen des § 4 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 festgestellt wurde, wenn er zum Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig (im Sinne des § 4 Abs. 7 leg. cit.) war. Von der Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist die belangte Behörde zwar an sich ausgegangen und hat die im vorliegenden Beschwerdefall nach dem 1. Jänner 1998 geltende Regelung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 nicht nur bei der Rechtslage wiedergegeben, sondern auch in der Begründung darauf, wenn auch nur mit einem Satz, Bezug genommen:

Nach der Darstellung in der Begründung gebe es im maßgebenden Gutachten der PVAng keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig gewesen sei.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass Grundlage für die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers nicht dieses Gutachten vom August 1996, sondern das amtsärztliche Gutachten vom 11. November 1996 gewesen ist. Weiters wird die belangte Behörde mit der dargestellten Vorgangsweise der sie auch im Sinne des § 8 Abs. 1 DVG treffenden Erhebungs-, Feststellungs- und Begründungspflicht nicht gerecht. Fehlt einem Bescheid, ohne dass dies im § 58 Abs. 2 AVG oder sonst gesetzlich gedeckt wäre, jegliche (inhaltliche) Begründung und lässt sich aus ihm dementsprechend auch nicht entnehmen, von welcher Sachverhaltsannahme die Behörde ausgegangen ist, so ist er (insbesondere auch deshalb, weil der erwähnte Mangel den Verwaltungsgerichtshof daran hindert, die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Bescheides im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu prüfen) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. in diesem Sinn beispielsweise das Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 98/12/0277).

Da der Abspruch der belangten Behörde für die Zeit ab 1. Jänner 1998 nicht auf einwandfreien verfahrensrechtlichen Grundlagen beruht, war der angefochtene Bescheid in diesem Umfang nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; im Übrigen (d. h., soweit der angefochtene Bescheid über den Zeitraum vorher abgesprochen hat) war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Mai 2000

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