VwGH 99/09/0096

VwGH99/09/009628.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des P M in H, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Esteplatz 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 28. April 1999, Zl. K 19/05/98.030/2, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
EMRK Art6;
VStG §51e;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
EMRK Art6;
VStG §51e;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 26. Juni 1998 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,- verurteilt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Z BaugesmbH mit Sitz in S zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft einen namentlich genannten polnischen Staatsangehörigen in der Zeit von Anfang August 1996 bis 11. September 1996 beschäftigt habe, obwohl für ihn weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung, Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei und er dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs 1 AuslBG verletzt habe.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er bemängelte, dass die Einvernahme des betretenen Ausländers unter Beiziehung eines nicht beeideten nicht amtlichen Dolmetschers, dessen Eignung in Abrede gestellt werde, erfolgt sei und die Behörde auch seinen Anträgen auf Einvernahme weiterer Zeugen begründungslos nicht nachgekommen sei.

Die belangte Behörde gab der Berufung - ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge. Nach Darstellung des Verfahrensganges begründete sie ihren Bescheid im Wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe die ihm angelastete Tat nie ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern lediglich gerügt, die Übersetzung der Angaben des betretenen Ausländers sei "katastrophal" gewesen. Da der Ausländer unstrittigerweise aber auf einer Baustelle der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft angetroffen und diese naturgemäß für Betriebsfremde nicht zugänglich sei, sei schon im Sinne des § 28a Abs. 7 AuslBG vom Vorliegen einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung auszugehen gewesen, zumal der Ausländer in seiner Heimat arbeitslos sei und - bei der angegebenen Entgeltzahlung von S 15.000,- für August 1996 - auf der Hand liege, dass auch wirtschaftliche Abhängigkeit gegeben gewesen sei. Im Übrigen verwies die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 5 VStG und die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, beantragte aber die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 620/1995) ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige zu laden. Wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000 Schilling nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, dann kann nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, dass eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt.

Gemäß § 51i leg. cit. ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 dritter Satz entfallen ist.

Die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung enthielt keine Beschränkung auf die Beurteilung der Rechtsfrage. Der Beschwerdeführer behauptete darin wie auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren, dieses sei infolge Beiziehung eines nicht ausreichend qualifizierten Dolmetschers bei der Vernehmung des betretenen Ausländers mangelhaft geblieben, bei Vernehmung der beantragten Zeugen könne die behauptete Mangelhaftigkeit der Übersetzung auch unter Beweis gestellt werden. Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde - unabhängig von ihrer offenkundigen Einschätzung der mangelnden Erfolgsaussichten dieses Vorbringens - nicht davon ausgehen, es lägen keine ungelösten Tatfragen vor, die der Klärung in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bedurft hätten. Dabei hätte sie die in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG dem Beschuldigten durch Art. 6 EMRK gewährleisteten Verfahrensgarantien zu wahren gehabt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 1995, Zl. 95/09/0057, und vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/09/0231).

Im Fall gesetzmäßigen Vorgehens hätte die belangte Behörde überdies gemäß § 51i VStG (Unmittelbarkeit des Verfahrens) bei ihrer Entscheidung nur auf das Rücksicht nehmen dürfen, was in der Verhandlung vorgekommen ist. Daher ist der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung ausschließlich auf Grund der Ermittlungen der Erstbehörde zu Grunde gelegte Sachverhalt nicht in einem gesetzmäßigen (mängelfreien) Verfahren zu Stande gekommen. Die belangte Behörde hätte auf alle sachverhaltsbezogenen Einwendungen Bedacht zu nehmen gehabt, die sich im Zuge einer Verhandlung durch die persönliche Einvernahme der Betroffenen ergeben hätten können. Sie durfte sich nicht darauf beschränken, - in antizipativer Beweiswürdigung - eine vor der Erstbehörde abgelegte Aussage bzw. einen Aktenvermerk als ausreichend anzusehen und rechtlich zu beurteilen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. März 1997, Zl. 95/09/0207, und vom 18. Juni 1996, Zl. 95/04/0193). Diese Verletzung von Verfahrensvorschriften erscheint auch wesentlich, weil sich nicht abschließend beurteilen lässt, ob die belangte Behörde bei Beachtung der Bestimmungen der §§ 51e und 51i VStG und unter Wahrung der dem Beschwerdeführer in der Verhandlung zukommenden Mitwirkungsbefugnisse nicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. September 2000

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