Normen
AWG 1990 §29 Abs1;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §32;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs1;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §32;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 10. April 1997 trug der Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) der beschwerdeführenden Partei unter Berufung auf § 138 Abs. 2 des Wassrrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) auf, entweder bis spätestens 15. Juli 1997 um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung für die Abfallablagerungen (Aushubmaterial vermischt mit Bauschutt, Ziegel-, Beton- und geringen Mengen Asphaltbruch sowie Holz und Blechteilen) im Ausmaß von ca. 100.000 m3 auf dem Grundstück Nr. 2454 der KG Wienerherberg nachträglich anzusuchen oder diese eigenmächtige Neuerung bis spätestens 15. Oktober 1998 durch Entfernung der bestehenden Abfallablagerungen zu beseitigen.
Dem Spruch ist ein Hinweis angefügt; dieser lautet in seinem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bedeutenden Teil:
"Vom deponietechnischen Amtssachverständigen wurde bei der Besichtigung am 25. November 1996 das Ausmaß des abgelagerten Materials über 100.000 m3 geschätzt.Sollte sich im Zuge der Projektserstellung ergeben, dass das Verfüllvolumen doch unter 100.000 m3 beträgt, so ist beim Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Wasserrecht und Schifffahrt ... um die nachträgliche Bewilligung anzusuchen.
Für Deponien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 100.000 m3 besteht eine Bewilligungspflicht gemäß § 29 Abs. 1 Z. 6 Abfallwirtschaftsgesetz. Diese Genehmigung ersetzt die nach bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nichtuntersagungen, z.B. aus den Bereichen Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- oder des Eisenbahnrechts). Um nachträgliche Bewilligung ist beim Amt der NÖ Landesregierung,
Abteilung Umweltrecht und Umweltkoordination ... anzusuchen."
In der Begründung vertrat der LH die Auffassung, die vorgenommenen Ablagerungen bedürften einer Bewilligung nach § 31b Abs. 1 WRG 1959
Die beschwerdeführende Partei berief. Sie machte geltend, nach dem Schriftverkehr des früheren Pächters der Parzelle 2454 mit den vorherigen Grundstückseigentümern sei bereits am 15. Jänner 1990 eine naturschutzbehördliche Bewilligung zur Aufhöhung der Parzelle 2454 von der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung erteilt worden. Bereits im Jahr 1989/90 sei ebenfalls vom Pächter ein baubehördliches und ein gewerberechtliches Bewilligungsverfahren beantragt worden. Die beschwerdeführende Partei habe im April 1994 die Liegenschaft erworben. Da bereits vor dem Inkrafttreten des Abfallwirtschaftsgesetzes für die Parzelle ein Bau-, Gewerbe- und Naturschutzverfahren eingeleitet worden sei, sei das Abfallwirtschaftsgesetz nicht anzuwenden. Gleiches gelte für das Niederösterreichische Abfallwirtschaftsgesetz. Eine Bewilligung nach § 31b WRG 1959 scheide aus, da durch die Ablagerung eine Gewässergefährdung nicht zu besorgen sei. Nach der ÖNORM S 2072 sei bei der Eluatklasse I ein Sickerwasser zu erwarten, welches das Grundwasser hinsichtlich seiner Nutzbarkeit als Trinkwasser nicht nachhaltig beeinflussen könne. Nach den dem LH übermittelten Eluatuntersuchungen von Materialproben aus dem Deponieareal entspreche dieses Material der Eluatklasse I.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. November 1999 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab. Die Fristen wurden neu festgesetzt.
In der Begründung wird ausgeführt, die Berufungsbehörde habe das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Am 1. Jänner 1997 sei die Deponieverordnung in Kraft getreten. Außerdem sei seit 1. Juli 1997 die WRG-Novelle-Deponien anzuwenden. Anlagen zur langfristigen Ablagerung von Abfällen (Deponien) bedürften nach § 31b Abs. 1 WRG 1959 einer wasserrechtlichen Bewilligung. Bewilligungsfrei seien unter anderem Anlagen zur Ablagerung von Abfällen, bei deren ungeschützter Lagerung eine Gewässerverunreinigung nicht zu besorgen sei, sowie Anlagen zur Ablagerung von Bodenaushub- und Abraummaterial, welches durch Aushub oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfalle und den Grenzwerten für Bodenaushubdeponien gemäß der Deponieverordnung, Tabelle 1 und 2 der Anlage 1, entspreche, sofern eine Verunreinigung der Gewässer nicht zu besorgen sei, das Gesamtvolumen einer Anlage unter 100.000 m3 liege und für diese Anlagen eine Genehmigungspflicht nach dem Abfallwirtschaftsgesetz des Landes, wobei jedenfalls auch der Gewässerschutz als Genehmigungskriterium enthalten sein müsste, bestehe. Gegenüber der alten Rechtslage sei durch die WRG-Novelle Deponien die Bewilligungspflicht auf Anlagen zur Ablagerung von Abfällen beschränkt worden. Anlage sei alles, was durch die Hand des Menschen angelegt, also errichtet worden sei. Im vorliegenden Fall seien auf Parzelle 2454 bis Februar 1997 zielgerichtet Anschüttungen mit Aushubmaterial, verunreinigt mit Ziegel, Betonbruch, geringem Asphaltbruch, Holz-, Eisen- und Blechteilen durchgeführt worden und zwar auf einer Fläche von ca. 200 x 40 bis 50 m und einer Verfülltiefe von ca. 10 m. Das Verfüllvolumen betrage daher ca. 80.000 bis 100.000 m3. Das gegenständliche Areal sei zwar nicht eingezäunt, die Zufahrt nicht abgeschrankt und es fänden sich auch keine Hinweise oder Verbotstafeln. Aus dem Akteninhalt ergebe sich aber, dass das Areal zur dauernden Ablagerung der jeweiligen Materialien gedient habe und dafür bestimmt gewesen sei. Die Ablagerungen seien seit 1995 erfolgt. Trotz fehlender Abschrankung der bestehenden Zufahrt und Einzäunung sei daher von einer Anlage durch Menschenhand auszugehen. Aufgrund der Gutachten der Amtssachverständigen sei zwar nicht erwiesen, dass von den Ablagerungen aus Bodenaushub mit Beimengung von Fremdstoffen (Holz, Metall, Ziegel, Beton) eine unmittelbare Gefahr von Wasserverunreinigungen zu erwarten sei. Vorsorgliche Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers, wie sie § 31b WRG 1959 im Auge habe, seien jedoch nicht getroffen worden. Aufgrund der Menge (nahezu 100.000 m3) seien bei Abweichungen von der erforderlichen Materialqualität nachhaltige Folgen für das Grundwasser nicht auszuschließen. Ohne Schutzmaßnahmen gegenüber dem Grundwasser sei dessen Nichtbeeinträchtigung nicht gewährleistet. Es sei nicht belegt, dass bei ungeschützter Lagerung eine Gewässerverunreinigung nicht zu besorgen sei. Die Voraussetzungen für die Bewilligungsfreiheit nach § 31b Abs. 1 lit. b WRG 1959 sei daher nicht gegeben. § 31b Abs. 1 lit. e WRG 1959 komme nicht zur Anwendung, weil die Ablagerungen nicht allein durch Aushub oder Abräumen von im wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund angefallen seien und den Grenzwerten für Bodenaushubdeponien gemäß Deponieverordnung entsprächen, sondern mit Fremdmaterial vermischt seien. Das Schüttmaterial sei von verschiedenen Baustellen entnommen; die von der beschwerdeführenden Partei selbst vorgelegten Untersuchungsergebnisse zeigten, dass kein einwandfreies Aushubmaterial geschüttet worden sei. Für die vorgenommenen Ablagerungen bestehe daher eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht. Eine Bewilligung liege nicht vor; es sei daher ein wasserpolizeilicher Auftrag zu erteilen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die von ihr getätigten Ablagerungen bedürften keiner wasserrechtlichen Bewilligung, da der Ausnahmetatbestand des § 31b Abs. 1 lit. b WRG 1959 gegeben sei. Die belangte Behörde habe nicht begründet, warum eine Anlage im Sinne des § 31b WRG 1959 vorliege. Selbst wenn man aber vom Vorliegen einer Anlage ausgehe, sei diese nicht bewilligungspflichtig. Wie sich aus dem Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und aus den Akten der Erstbehörde ergebe, sei in den Ablagerungen keine Stoffqualität vorgefunden worden, die eine Gefährdung des Grundwassers bedeutet. Dies ergebe sich auch aus den von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Beprobungen des Deponiematerials.
Die belangte Behörde sei weiters zu Unrecht davon ausgegangen, dass auf die Ablagerungen das Abfallwirtschaftsgesetz und das Niederösterreichische Abfallwirtschaftsgesetz anzuwenden seien. Es werde diesbezüglich auf die Berufungsausführungen verwiesen.
Aufgrund mangelhafter Feststellungen über den Umfang der Ablagerungen sei auch nicht geklärt, ob der LH und die belangte Behörde zur Erteilung des angefochtenen wasserpolizeilichen Auftrages zuständig gewesen seien. Wenn die Ablagerungen eine Kubatur von mindestens 100.000 m3 erreicht hätten, sei eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörden nicht mehr gegeben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
b) Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,
c) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Missstände zu beheben,
d) für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.
In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb der entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.
Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 138 Abs. 2 WRG 1959.
Unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 2 WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen wäre, aber nicht erwirkt worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1992, 91/07/0168 u.v.a.).
Voraussetzung für die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 ist demnach, dass die den Gegenstand eines solchen Auftrages bildende Maßnahme einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätte.
Nach § 29 Abs. 1 Z. 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG), bedarf die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Deponien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 100.000 m3 einer Genehmigung des Landeshauptmannes.
Nach § 29 Abs. 2 AWG hat der Landeshauptmann bei der Erteilung der Genehmigung gemäß Abs. 1 nach Maßgabe der folgenden Absätze alle Bestimmungen anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- sowie des Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden sind.
Eine ausdrückliche Anordnung des Inhaltes, dass Maßnahmen, die einer Bewilligungspflicht nach § 29 Abs. 1 AWG unterliegen, keiner (zusätzlichen) Bewilligung nach den im § 29 Abs. 2 genannten Vorschriften mehr bedürfen, enthält das AWG nicht. Aus der Anordnung des § 29 Abs. 2 leg. cit., dass der Landeshauptmann im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahren alle Bestimmungen anzuwenden hat, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- sowie des Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden sind, folgt jedoch, dass eine solche zusätzliche, neben der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung zu erteilende gesonderte Bewilligung nach den in § 29 Abs. 2 AWG angeführten bundesrechtlichen Vorschriften nicht mehr erforderlich ist, kann doch dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe die zweimalige Anwendung derselben Vorschriften auf denselben Sachverhalt in zwei verschiedenen Verfahren anordnen wollen.
Bestätigt wird diese Auffassung durch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum AWG. Dort heißt es zu § 29 (1274 Blg. XVII GP., 39 f):
"Im Interesse der Transparenz und der gehobenen Qualität der Verfahren soll es in Hinkunft bei besonders wichtigen Behandlungsanlagen (Deponien ab einer bestimmten Größenordnung, Anlagen zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung für gefährliche Abfälle, hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle Anlagen zur thermischen Verwertung und sonstigen Behandlung mit einer bestimmten Jahreskapazität) nur mehr ein eigenständiges abfallrechtliches Anlagenbewilligungsverfahren geben.
...
Hinsichtlich der vorhin angeführten besonders wichtigen Abfallbehandlungsanlagen soll eine Entscheidungskonzentration geschaffen werden. Demnach soll der Landeshauptmann grundsätzlich alle materiell-rechtlichen Vorschriften (z.B. Gewerbe-, Berg-, Wasser-, Forstrecht-, Schifffahrts- und Luftfahrtsrecht, Eisenbahnrecht, LRG-K), die im Bereich der Bundesverwaltung zur Bewilligung vorgesehen sind, anwenden. Durch diese Genehmigung werden alle anderen bundesrechtlichen Bewilligungen ersetzt."
Die belangte Behörde geht davon aus, dass es sich bei den Ablagerungen, welche den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bilden, um eine Deponie (für nicht gefährliche) Abfälle handelt, die einer Bewilligung nach § 31b WRG 1959 bedurft hätte.
Im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides ist von Abfallablagerungen im Ausmaß von "ca. 100.000 m3" die Rede. Aus dem im Bescheid enthaltenen Hinweis ergibt sich, dass der LH, gestützt auf die Schätzungen eines Amtssachverständigen, angenommen hat, dass das Deponievolumen mehr als 100.000 m3 beträgt.
Im angefochtenen Bescheid ist an einer Stelle von einem Deponievolumen im Ausmaß von 80.000 bis 100.000 m3 die Rede. Es geht also an dieser Stelle auch die belangte Behörde davon aus, dass die Kubatur der Ablagerungen möglicherweise 100.000 m3 erreicht. An einer anderen Stelle der Begründung des angefochtenen Bescheides spricht die belangte Behörde von einer Menge von "nahezu 100.000 m3". Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Angaben über das Deponievolumen sind daher bezüglich der kritischen Schwelle von 100.000 m3 nicht nur in sich widersprüchlich, sondern stehen auch im Widerspruch zum erstinstanzlichen Bescheid, der auf der Grundlage einer Schätzung eines Amtssachverständigen ein Verfüllvolumen von mehr als 100.000 m3 angenommen hat, ohne dass die belangte Behörde angibt, auf welcher Grundlage sie zu den vom erstinstanzlichen Bescheid abweichenden Annahmen gelangt ist. Die Frage, ob das Deponievolumen die kritische Schwelle von 100.000 m3 erreicht oder nicht, bleibt damit ungeklärt.
Die Klärung dieser Frage ist aber von entscheidender Bedeutung. Weist nämlich eine Deponie ein Volumen von mindestens 100.000 m3 auf, dann unterliegt sie nicht (mehr) einer wasserrechtlichen Bewilligung, sondern einer abfallwirtschaftsrechtlichen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im abfallwirtschaftsrechtlichen Verfahren das WRG 1959 anzuwenden ist. Die Bewilligung ist nach dem AWG zu erteilen, das die wasserrechtlichen Vorschriften rezipiert und damit eine wasserrechtliche Bewilligung verdrängt.
Gegen die Auffassung, Maßnahmen, die unter Verletzung der Bewilligungspflicht nach § 29 AWG gesetzt wurden, könnten Gegenstand eines wasserpolizeilichen Verfahrens sein, sprechen auch folgende Gesichtspunkte:
Die Wasserrechtsbehörde hat bei der Entscheidung, ob die Maßnahme einer Bewilligung zugänglich ist und ob sie demnach einen Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 oder einen Auftrag nach § 138 Abs. 1 leg.cit. zu erlassen hat, von den Bestimmungen des WRG 1959 auszugehen. Demgegenüber hat die nach dem AWG zuständige Behörde bei der Frage, ob die Maßnahme bewilligungsfähig ist, eine Reihe weiterer Vorschriften zu berücksichtigen. Damit besteht aber die Gefahr, dass eine Maßnahme, die nach wasserrechtlichen Gesichtspunkten bewilligungsfähig ist und die daher zum Gegenstand eines Alternativauftrages nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 gemacht wird, nach den von der Abfallwirtschaftsbehörde zu beachtenden (sonstigen) Vorschriften von vornherein keiner Bewilligung zugänglich ist, so dass der die Bewilligung ansprechende Teil des wasserpolizeilichen Alternativauftrages von vornherein ins Leere geht. Solches gewollt zu haben kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden.
Hiezu kommt, dass das AWG im § 32 ein eigenes abfallwirtschaftspolizeiliches Auftragsinstrumentarium für Fälle vorsieht, in denen dem § 29 AWG zuwider gehandelt wurde. Dass der Gesetzgeber konkurrierende Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes bei Zuwiderhandlungen gegen die in § 29 AWG statuierte Bewilligungspflicht schaffen wollte, ist angesichts des Umstandes, dass er für das abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligungsverfahren eine Konzentration der Verfahren nach den verschiedenen Materiengesetzen geschaffen hat, nicht anzunehmen.
Falls also die Ablagerungen der beschwerdeführenden Partei unter den Bewilligungstatbestand des § 29 Abs. 1 Z. 6 AWG fallen, ist für einen wasserpolizeilichen Auftrag kein Raum.
Nun meint allerdings die beschwerdeführende Partei -wenngleich in anderem Zusammenhang - die Ablagerungen unterlägen nicht dem AWG, weil die Übergangsbestimmung des § 45 Abs. 7 leg. cit. zur Anwendung komme.
Nach § 45 Abs. 7 AWG bedürfen Anlagen gemäß § 29 Abs. 1 Z. 6 keiner Genehmigung, wenn mit ihrer Projektierung vor dem 1. Juli 1990 begonnen und bis spätestens 30. Juni 1994 um eine Bewilligung nach § 31b WRG 1959 angesucht wurde. Dies gilt auch für solche Änderungen bestehender Anlagen, durch die nach dem 1. Juli 1990 weitere Flächen in Anspruch genommen werden sollen und bis spätestens 30. Juni 1994 um eine Bewilligung nach § 31b WRG 1959 angesucht wurde.
Diese Bestimmung kann im Beschwerdefall schon deswegen nicht zum Tragen kommen, weil selbst nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei um eine Bewilligung nach § 31b WRG 1959 nie angesucht wurde. Die Einleitung sonstiger Verfahren ersetzt aber einen derartigen Genehmigungsantrag nicht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war, ohne dass noch auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. Juni 2000
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