VwGH 99/02/0166

VwGH99/02/016624.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien XVI, Ottakringer Straße 57, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Mai 1999, Zl. UVS-01/05/00041/99, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §73 Abs4;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §73 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Mai 1999 wurde die an diese Behörde gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin gemäß § 73 Abs. 2 und 4 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) abgewiesen und die Festnahme, die bisherige Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft für rechtmäßig erklärt.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, gegen die Beschwerdeführerin (unter dem Namen O.B.) sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. Juli 1996 ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführerin öffentlichen Interessen zuwiderlaufe und geeignet sei, die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu gefährden; dies deshalb, weil die Beschwerdeführerin in einer näher bezeichneten Bar der Geheimprostitution nachgegangen sei, um ihren Unterhalt zu finanzieren. In der Folge sei die Beschwerdeführerin am 28. Juli 1996 nach Moskau abgeschoben worden.

Am 14. November 1997 sei die Beschwerdeführerin (diesmal unter dem Namen J.S.) in einem Animierlokal aufgegriffen worden. Zu ihrer Tätigkeit befragt, habe sie angegeben, als Animierdame zu arbeiten. In der Folge sei über die Beschwerdeführerin (unter dem Namen J.S.) ein weiteres Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt worden und sie sei erneut nach Moskau abgeschoben worden.

Am 15. Oktober 1998 habe die Beschwerdeführerin unter dem Namen O.D., geborene K., in der österreichischen Botschaft in Pressburg einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" gestellt. Dazu habe sie neben weiteren Unterlagen eine Heiratsurkunde vom 21. September 1998 vorgelegt, wonach sie am selben Tag die Ehe mit dem österreichischen Staatsangehörigen F.D. geschlossen habe. Am 23. Dezember 1998 habe sie einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes mit der Begründung gestellt, dass die Aufrechterhaltung der beiden Aufenthaltsverbote gegen ein Grundrecht der MRK, die Achtung des Ehe- und Familienlebens verstoße.

In einer am 11. Jänner 1999 aufgenommenen Niederschrift habe sie angegeben, dass ihr richtiger Name O.D., geboren am 30. März 1973, sei. In ihrer Heimat sei es möglich, auf offiziellem Wege den Familien- und Vornamen zu ändern. Das Geburtsdatum könne man nicht ändern und es handle sich dabei im Reisepass um einen Schreibfehler. Sie sei seit 21. September 1998 mit dem Österreicher F.D. verheiratet und für sie komme ein Verlassen des Bundesgebietes nicht in Frage, weil sie in aufrechter Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen lebe, den Haushalt führe und dies dem Art. 8 MRK widerspreche. Es seien auch die Gründe, die zur Erlassung der beiden Aufenthaltsverbote geführt hätten, weggefallen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird weiters ausgeführt, dass der Antrag vom 23. Dezember 1998 auf Aufhebung der beiden Aufenthaltsverbote schließlich am 26. April 1999 abgewiesen worden sei. Am selben Tag sei über die Beschwerdeführerin die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Beschwerdeausführungen hätte die belangte Behörde von Amts wegen erkennen müssen, dass auf Grund der Verehelichung der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger keine Erschleichung eines Einreisetitels nach Österreich vorliege. Die belangte Behörde hätte daher auf Grund der Anwendung des § 44 FrG den "Abschiebungsbescheid" ersatzlos zu beheben gehabt. Weiters hätte die belangte Behörde auf Grund der Verehelichung der Beschwerdeführerin ebenfalls gemäß § 44 FrG von Amts wegen die erlassenen Aufenthaltsverbote wegen clausula rebus sic stantibus ersatzlos zu beheben gehabt.

Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, dass das 8. Hauptstück des FrG 1997 unter den Verfahrens- und Strafbestimmungen die sachliche Zuständigkeit ("Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, ...") den Bezirksverwaltungsbehörden zuweist; in die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates fällt lediglich der besondere Rechtsschutz im Sinne des § 72 ff FrG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nur gehalten zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbare) Tatbestandswirkung erzeugende durchsetzbare Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht ist. Trifft dies zu, so ist sie an das Bestehen desselben gebunden und hat davon auszugehen. Ebenso wie es nicht Aufgabe der belangten Behörde ist, die Erfolgsaussichten des die Aufhebung des gegen den Schubhäftling erlassenen Aufenthaltsverbotes begehrenden Antrages zu beurteilen und solcherart ihrem Bescheid eine künftige allenfalls günstigere Rechtsposition des Schubhäftlings zugrunde zu legen, ist es ihr verwehrt, das rechtswirksame Aufenthaltsverbot und die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, einer Überprüfung zu unterziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/02/0111, mwN).

Die Beschwerdeführerin rügt ferner, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, die Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft sowie die Anwendung gelinderer Mittel zu prüfen.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides hiezu ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde, weil sie trotz Bestehens von zwei Aufenthaltsverboten in das Bundesgebiet eingereist sei, sodass davon auszugehen sei, dass sie die öffentliche Ordnung gefährde und keine Rede davon sein könne, dass sie die österreichischen Gesetze einhalte. Die Abschiebung sei deshalb zulässig, weil zu befürchten sei, dass die Beschwerdeführerin ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde, weil sie selbst erklärt habe, eine Ausreise komme im Hinblick auf ihre Ehe mit einem Österreicher nicht in Betracht, und sie außerdem trotz der bestehenden Aufenthaltsverbote in das Bundesgebiet zurückgekehrt sei. Es sei daher nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin freiwillig das Bundesgebiet verlassen werde, vielmehr sei die Annahme gerechtfertigt, dass sie ihren illegalen Aufenthalt weiterhin fortsetzen werde.

Da die Behörde nur dann von der Anordnung der Schubhaft im Sinne des § 66 Abs. 1 FrG 1997 absehen kann, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann, begegnet es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bei diesem Sachverhalt, insbesondere im Zusammenhang mit dem zweifachen Identitätswechsel der Beschwerdeführerin, keinen Bedenken, wenn sie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung gelinderer Mittel verneint hat.

Die Beschwerdeführerin erachtet schließlich Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, dass die belangte Behörde ihr zwar vorwerfe, sie habe unter Vortäuschung falscher Tatsachen eine Einreiseerlaubnis erhalten und unter Verwendung falscher Namen die Behörde zur Ausstellung eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels veranlasst. Die belangte Behörde habe es jedoch unterlassen, von Amts wegen die erforderlichen Erhebungen zu tätigen, wobei sie insbesondere die Einvernahme des Ehemannes der Beschwerdeführerin zu veranlassen gehabt und sie aufzufordern gehabt hätte anzugeben, bei welcher Behörde bzw. unter welchen Rechtsvorschriften ihres Heimatlandes und aus welchem Grund sie die Namensänderung vorgenommen habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts daran zu ändern vermag, dass gegen sie zwei rechtskräftige Aufenthaltsverbote bestehen, sodass die Wesentlichkeit der behaupteten Verfahrensmängel nicht erkennbar ist. Im Übrigen verhält die Verpflichtung zur Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG die Behörden nicht dazu, einer Partei Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Standpunkt der Partei von der Behörde allenfalls Rechnung getragen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1990, Zl. 89/01/0432).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2000

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