VwGH 99/02/0056

VwGH99/02/005615.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des GG in M, vertreten durch Mag. Michaela Speer, Rechtsanwältin in Neumarkt/W., Hauptstraße 18, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. Jänner 1999, Zl. VwSen 105419/8/Sch/Rd, betreffend Übertretungen der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, zu Recht erkannt:

Normen

31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art1 Z3;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art2;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art3 Abs1;
EURallg;
KFG 1967 §102 Abs1;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art1 Z3;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art2;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art3 Abs1;
EURallg;
KFG 1967 §102 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 8. Juli 1997 um ca. 8.00 Uhr auf einem näher bezeichneten Bereich einer Bezirksstraße im Gemeindegebiet von W. als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten LKWs

1.) den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen die Schaublätter für die laufende Woche sowie das Schaublatt für den letzten Lenktag der vorangegangenen Woche nicht vorgelegt; 2.) nicht dafür gesorgt, dass an diesem Tag im näher bezeichneten Fahrtenschreiber ein entsprechendes Schaublatt eingelegt war; 3.) auf dieser Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt und diesen einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt.

Der Beschwerdeführer habe dadurch Übertretungen zu 1.) gemäß Art. 15 Abs. 7 und zu 2.) gemäß Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 2321/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (VO-EWG 3821/85) sowie zu 3.) gemäß § 102 Abs. 5 lit. a Kraftfahrgesetz 1967 begangen. Es seien daher gemäß § 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 Geldstrafen im Gesamtausmaß von S 2.300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt 108 Stunden) zu verhängen gewesen.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 11. Jänner 1999 wurde der gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung hinsichtlich der Punkte 1.) und 2.) unter Einfügung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes des LKW's von mehr als 3.500 kg keine Folge gegeben. Soweit sich die Berufung des Beschwerdeführers zufolge der Bekämpfung des erstinstanzliches Straferkenntnisses zur Gänze auch gegen die Bestrafung wegen der Übertretung des § 102 Abs. 5 lit. a Kraftfahrgesetz 1967 gerichtet hatte, wurde sie als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf "Faktum 1 und 2 des bekämpften Straferkenntnisses" eingeschränkte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf Grund der Ergebnisse der von ihr am 1. Juli 1998 durchgeführten mündlichen Verhandlung davon aus, dass der der Bestrafung zugrunde liegende Sachverhalt erwiesen sei und dass, da der Beschwerdeführer die Übertretungen nicht bestreite, sich im Hinblick auf die Sachverhaltsfrage weitere Erörterungen erübrigten. Soweit in der Berufung einschlussweise auch die Bestrafung wegen der Übertretung gemäß § 102 Abs. 5 lit. a Kraftfahrgesetz 1967 bekämpft worden sei, sei die Berufung zurückzuweisen gewesen, weil der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht keinerlei Ausführungen gemacht habe, sodass es der Berufung an einem Mindesterfordernis mangle. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei die VO-EWG 3821/85, da sie keinerlei diesbezügliche Einschränkungen enthalte, nicht nur auf Berufskraftfahrer anzuwenden. Vielmehr bilde die Sicherheit des Straßenverkehrs ein wesentliches anzustrebendes Ziel dieser Verordnung, welches über den Schutz des Fahrzeuglenkers (etwa Einhaltung von Ruhezeiten) hinausgehe. Der Einwand des Beschwerdeführers, in einem Angestelltenverhältnis zur "Firma H."

zu stehen, habe nicht überprüft werden können, weil dieses Unternehmen nicht im Firmenbuch aufscheine und im Hinblick auf die Unterfertigung der vom Beschwerdeführer beigebrachten Anstellungsbestätigung unter Verwendung einer Stampiglie der G. GesmbH & Co KG davon auszugehen sei, dass es sich bei der "Firma H." nur um einen Erwerbszweig der G. GesmbH & Co KG handle.

Gemäß Artikel 1 VO-EWG 3821/85 gilt als Kontrollgerät im Sinne dieser Verordnung ein Kontrollgerät, das hinsichtlich Bauart, Einbau, Benutzung und Prüfung den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich der Anhänge I und II entspricht.

Gemäß Artikel 2 VO-EWG 3821/85 sind für diese Verordnung die Definitionen des Artikels 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 anwendbar.

Gemäß Artikel 3 Abs. 1 VO-EWG 3821/85 muss das Kontrollgerät bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und in einem Mitgliedstaat zugelassen sind; ausgenommen sind die in Artikel 4 und in Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 genannten Fahrzeuge.

Gemäß Abschnitt I Artikel 1 Z 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr bedeutet "Fahrer" jede Person, die das Fahrzeug, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenkt oder sich in dem Fahrzeug befindet, um es gegebenenfalls lenken zu können.

Gemäß Artikel 13 VO-EWG 3821/85 sorgen der Unternehmer und die Fahrer für das ordnungsgemäße Funktionieren und die richtige Verwendung des Geräts.

Gemäß Artikel 14 Abs. 1 letzter Satz dieser Verordnung händigt der Unternehmer den Fahrern nur solche Schaublätter aus, die einem amtlich genehmigten Muster entsprechen und die sich für das in das Fahrzeug eingebaute Gerät eignen.

Gemäß Artikel 15 Abs. 7 dieser Verordnung muss der Fahrer den zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit das Schaublatt für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können.

Gemäß § 102 Abs. 1 dritter Satz KFG 1967 haben Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg oder von Omnibussen dafür zu sorgen, dass der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und daß im Fahrtschreiber ein der Verordnung gemäß Abs. 13 entsprechendes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist; es darf pro Person und pro Einsatzzeit im Sinne des § 16 AZG, BGBl. Nr. 461/1969, in der Fassung BGBl. Nr. 473/1992, nur ein Schaublatt im Fahrtschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist; die Schaublätter der laufenden Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, sind mitzuführen; die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr sowie die mitgeführten Schaublätter auszuhändigen.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug dem Art. 3 Abs. 1 der VO-EWG 3821/85 unterlag. Für das Vorliegen eines der in Art. 4 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 angeführten Ausnahmefälle liegen keine Anhaltspunkte vor, der Beschwerdeführer hat sich auch nicht auf einen solchen berufen.

Es finden somit die Bestimmungen der VO-EWG 3821/85 - unmittelbar - Anwendung; § 102 Abs. 1 dritter Satz KFG 1967 wird insoweit in seiner Geltung verdrängt (vgl. zu dieser normativen Wirkung einer unmittelbar anwendbaren, denselben Gegenstand wie eine österreichische Rechtsvorschrift regelnden Norm des Gemeinschaftsrechts Thun-Hohenstein/Cede, Europarecht2, 89); (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/03/0356, mit weiteren Nachweisen). Daraus folgt, dass - wie sich aus Art. 2 der VO-EWG 3821/85 in Verbindung mit Art. 1 Z 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 ergibt - unter dem Begriff "Lenker" jede Person, die das Fahrzeug, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenkt oder sich in dem Fahrzeug befindet, um es gegebenenfalls lenken zu können, zu verstehen ist. Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches dieser Verordnung auf Berufskraftfahrer - wie dies dem Beschwerdeführer vorschwebt - kann dieser Norm nicht entnommen werden. Eine solche Einschränkung stünde auch - wie dies die belangte Behörde zutreffend festgehalten hat - im Widerspruch zu dem mit den angeführten Verordnungen auch verfolgten Ziel einer Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr. Auf Grund der dargelegten Verdrängung des § 102 Abs. 1 dritter Satz Kraftfahrgesetz 1967 durch Gemeinschaftsrecht erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht, diese Gesetzesstelle richte sich (mit Ausnahme ihres ersten Satzes) ausschließlich an Berufskraftfahrer.

Da - wie dargestellt - der Frage, ob es sich bei einem Lenker um einen Berufskraftfahrer bzw. um einen Angestellten eines Unternehmens handelt, für die Anwendbarkeit der der Bestrafung des Beschwerdeführers zugrunde gelegten VO-EWG 3821/85 keine Bedeutung zukommt, kann aus den vom Beschwerdeführer bekämpften Feststellungen der belangten Behörde über seine Anstellungsverhältnisse keinerlei Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abgeleitet werden.

Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Dezember 2000

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