Normen
AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art94;
SPG 1991 §30;
AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art94;
SPG 1991 §30;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die zu Grunde liegende Beschwerde im Punkt "Verweigerung des Anziehens frischer Kleidung" zurückwies (und damit auch im Ausspruch über den Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte in seiner am 4. März 1998 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (der belangten Behörde) eingelangten "Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" den Sachverhalt wie folgt dar:
"Am Montag, dem 9.2.1998, kam der Beschwerdeführer gegen ca. 17.00 Uhr von der Arbeit nach Hause. Seine Ehefrau T W, sowie seine dreieinhalbjährige Stieftochter S W waren nicht zu Hause.
Um ca. 23.45 Uhr meldete sich die Ehegattin telefonisch beim Beschwerdeführer und teilte ihm mit, dass sie die Wohnungsschlüssel vergessen hätte. Er solle ihr die Haustüre offen lassen, damit sie ihn nicht wecken müsse, wenn sie nachts nach Hause kommt. Daraufhin sperrte der Beschwerdeführer die Haustüre auf.
Wenig später bemerkte der Beschwerdeführer vom Büro der Wohnung, dass draußen vor dem Haus zwei dunkle Personen in eigenartiger Postierung standen, was sehr seltsam und verdächtig aussah. Er ging deshalb hinunter zur Wohnungstür, um nachzuschauen, was hier vor sich geht. Bevor er jedoch diese erreicht hatte, drang eine Sondereinsatztruppe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in die Wohnung und zerrte ihn (ohne Hausdurchsuchungsbefehl) gegen seinen Willen, aber ohne dass er Widerstand geleistet hatte, von der Diele ins Wohnzimmer. Die Sicherheitsbeamten zwangen den Beschwerdeführer zuerst sich niederzuknien, dann auf den Boden zu legen. Dabei wurde der Beschwerdeführer so heftig von den einstürmenden Personen zu Boden gedrückt, dass seine Brille beschädigt und er an der Stirn leicht verletzt wurde (Beule). Obwohl er sich nicht gegen das Vorgehen der Beamten wehrte, wurden dem Beschwerdeführer sofort Handschellen angelegt. Der Beschwerdeführer sagte jedoch: 'Ich tu eh alles, war ihr wollt', jedoch blieb dies unbeachtet. Nachdem er durch das Wohnzimmer gezerrt wurde, legte man ihn bäuchlings auf den Tisch. Er war derart verstört und außer Fassung, dass er vor Schreck in die Hosen machte. Er wurde dann von den Beamten zur Gänze entkleidet. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer einige Male auf dem Tisch umgedreht, dabei wurden ihm die Augen zugehalten. Nach dieser Prozedur wurde er dann wieder bekleidet. Jedoch zog man ihm nur die Unterhose, Jeanshose, das Hemd und die Schuhe und Socken an. Die Bitte des Beschwerdeführers, etwas Trockenes anziehen zu dürfen, wurde abgelehnt.
Von den Beamten wurde immer wieder die Frage gestellt: 'Wo ist die Waffe?!' Er wurde von den Beamten angeschrien, dass er sich nicht rühren solle, wobei noch weitere Drohungen ausgesprochen wurden.
Der Beschwerdeführer erklärte den Beamten, wo die Waffe und wo die Waffenbesitzkarte verwahrt sind. Da auf der Waffenbesitzkarte vermerkt ist, dass der Beschwerdeführer zwei Handfeuerwaffen besitzen darf, wurde der Beschwerdeführer von den Beamten aufgefordert, auch die zweite Waffe herauszugeben. Dieser beteuerte jedoch, dass er nur eine Handfeuerwaffe besitze und ein Gewehr - aber beides legal. Es wurden auch der Pass und die Waffenbesitzkarte herbeigeholt.
Während der gesamten Amtshandlung drückte ein Beamter dem Beschwerdeführer mit dem Knie ins Genick, um ihn nieder zu halten, obwohl er sich nicht wehrte und Handschellen an hatte. Er wurde dabei so niedergehalten, dass der Beschwerdeführer nur mit Mühe sehen konnte, was die Beamten in der Wohnung tun.
Er bemerkte jedoch, dass die Beamten in weiterer Folge alle Kästen und Schränke im Haus durchsuchten. Dann wurde der Beschwerdeführer die Stiege hinuntergeschleppt. Er äußerte mehrfach den Wunsch, ihm die Handschellen abzunehmen, was abgelehnt wurde. Er zeigte auch keinerlei Anzeichen von Gegenwehr, sodass die Abnahme der Handschellen erfolgen hätte müssen. Danach wurde er in ein Gendarmerieauto gesetzt und auf den Gendarmerieposten gebracht. Erst dort wurde der Beschwerdeführer von den Gendarmeriebeamten über den Gegenstand der Untersuchung informiert. Seine Ehegattin hätte behauptet, dass er sie mit der Pistole bedroht, Kinderpornos aus dem Internet heruntergeladen und sexuelle Praktiken mit der dreieinhalbjährigen Stieftochter gehabt hätte. All diese Vorwürfe sind frei erfunden. Während des Aufenthaltes auf dem Posten fuhren Gendarmeriebeamte wieder zur Wohnung und beschlagnahmten ohne entsprechende Befugnis Computer-Disketten und Videobänder. (Die beschlagnahmten Videofilme und Disketten wurden wieder zurückgestellt, weil diese keine belastenden Aufzeichnungen enthielten.)
Der Beschwerdeführer wurde auf dem Gendarmerieposten bis 3.40 Uhr (10.2.1998) angehalten. Die Handschellen wurden ihm erst wenige Minuten vor der Freilassung abgenommen."
Er sei dadurch in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf persönliche Freiheit gemäß Art. 8 StGG und Art. 5 EMRK und keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden gemäß Art. 3 EMRK sowie im Hausrecht gemäß Art. 9 StGG und Art. 8 EMRK verletzt worden.
Zum vorgebrachten Verstoß gegen Art. 3 EMRK führte der Beschwerdeführer aus, die Beamten hätten ihn demütigend und erniedrigend behandelt, "indem sie ihn grundlos entkleidet und perlustriert haben, ihm Handschellen anlegten und ihn bäuchlings auf den Tisch und danach auf den Boden legten, wobei einer der Beamten den Beschwerdeführer mit dem Knie ins Genick drückte und Drohungen ausgesprochen wurden".
Im Zuge des Verfahrens vor der belangten Behörde stellte sich heraus, dass der Amtshandlung ein in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 201 Abs. 2 iVm 203, 207 Abs. 1, 207a Abs. 3, 212 Abs. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB vom Landesgericht Feldkirch erlassener Haftbefehl sowie eine "Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung" desselben Gerichtes zu Grunde lagen. Der Spruch dieser gerichtlichen Anordnung vom 9. Februar 1998 hat u. a. folgenden Wortlaut:
"A) Haftbefehl:
E W, ist aus den Haftgründen Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr gemäß § 175 Abs 1 Z 2 - 4 StPO vorläufig bis zu seiner konkreten Befragung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen anzuhalten.
B) Beschlagnahme:
Gemäß §§ 98, 143 ff StPO insbesondere Gegenstände betreffend, die für dieses Strafverfahren von Bedeutung sein können insbesondere auch Beweismittel, so Waffen, Videocassetten und Internetdisketten, auf denen sich Kinderpornos befinden.
C) Hausdurchsuchung:
Die gemäß Pkt. D) mit dem Vollzug beauftragten Beamten des Gendarmeriepostens werden ermächtigt, die Beschlagnahme zu Pkt. B) durch eine Hausdurchsuchung in der Wohnung des E W, gemäß §§ 139 ff StPO zu vollziehen.
Die Hausdurchsuchung kann von E W durch seine Zustimmung zu einer freiwilligen Nachschau und Herausgabe der entsprechenden Gegenstände und Unterlagen abgewendet werden."
In der Begründung hat das Landesgericht Feldkirch ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Verdacht stehe, seine Gattin im Lauf des Jahres 1997 und bis Februar 1998 monatlich zwei- bis viermal vergewaltigt zu haben. Weiters habe er seiner Ehegattin wiederholt eine Faustfeuerwaffe an den Kopf gehalten und sie damit bedroht. Im September 1997 habe er in seiner Wohnung das dreieinhalbjährige Kind seiner Gattin in der Badewanne dazu angehalten, sein erigiertes Glied anzugreifen. Überdies solle der Beschwerdeführer im Besitz einer größeren Anzahl von "Kinderpornos" sein. Im Zeitraum von 1997 bis Februar 1998 habe er seine Gattin mehrfach massiv mit den Fäusten in den Unterleib geschlagen. Nach den Erhebungen der Gendarmerie bestünde Grund zur Annahme, dass der Beschwerdeführer den Anordnungen der Exekutive keine Folge, sondern massiven Widerstand leisten und sich der Strafverfolgung zu entziehen versuchen werde.
Bei der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1998 brachte der Vertreter des Beschwerdeführers - dem die oben erwähnte gerichtliche Anordnung zur Kenntnis gebracht worden war - vor, dass "hinsichtlich der Verletzung der persönlichen Freiheit bzw. der Nachschau die Beschwerde nicht mehr aufrecht erhalten wird. Im Hinblick Art. 3 MRK wird die Beschwerde jedoch aufrechterhalten. Auch die Dauer der Anhaltung inklusive die Dauer der Fesselung des Beschwerdeführers ist nach Ansicht des Vertreters des Beschwerdeführers der Verwaltungsbehörde zuzurechnen."
Mit Bescheid vom 6. November 1998 hat die belangte Behörde die Beschwerde zurückgewiesen. Sie ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
"Um 22.25 Uhr des 9.2.1998 wurde vom Journalrichter des Landesgerichtes Feldkirch mündlich die vorläufige Anhaltung des Beschwerdeführers (bis zu seiner konkreten Befragung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen) wegen des Verdachtes nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 201 Abs. 2 iVm 203, 207 Abs. 1, 207a Abs. 3, 212 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z. 1 StGB sowie die Hausdurchsuchung in seiner Wohnung und weiters die Beschlagnahme der für das betreffende Strafverfahren bedeutsamen Gegenstände (insbesondere Waffen, Videokassetten und Internet-Disketten) angeordnet. Auf Grund dieses richterlichen Befehls drangen sechs Gendarmeriebeamte der Sondereinsatztruppe (SEG), die vom Gendarmerieposten wegen der damals so eingeschätzten Gefahrenlage - Einschreiten gegen eine bewaffnete und zur Gewaltanwendung bereite Person, die zudem eine Nahkampfausbildung absolviert habe -
angefordert worden war, gegen 23. 45 Uhr des 9.2.1998 in die Wohnung des Beschwerdeführers ein und zwangen den im Gang betretenen Beschwerdeführer zu Boden. Unter einem wurden ihm mittels Handschellen die Hände am Rücken geschlossen. Anschließend wurde er in das Wohnzimmer gezogen und auf den dort befindlichen Tisch gehoben, wo er - auf der Suche nach Waffen - entkleidet wurde. Da der Beschwerdeführer keine Waffe bei sich hatte, wurden ihm anschließend wiederum Kleider angelegt. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer, der zwischenzeitlich wieder auf den Boden gelegt worden war, nach dem Verwahrungsort seiner Waffe befragt. Diese Frage beantwortete der Beschwerdeführer bereitwillig, wobei er sich auch sonst in keiner Weise der Amthandlung widersetzte, sondern sich vielmehr ruhig und kooperativ verhielt. Nach ca. 20 bis 30 Minuten, somit nach Durchsuchung der Wohnung und der Beschlagnahme verschiedener Gegenstände, wurde der Beschwerdeführer gefesselt zu dem vor dem Haus stehenden Gendarmerie-Dienstfahrzeug abgeführt. Dort wurde der Beschwerdeführer von der SEG den Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostens übergeben und anschließend mit dem Dienstfahrzeug zum Gendarmerieposten geführt. Auf dem Gendarmerieposten wurde der Beschwerdeführer zu den von seiner Ehegattin gegen ihn erhobenen Vorwürfen wegen strafbarer Handlungen einvernommen. Während der Einvernahme, die ruhig und sachlich erfolgte, beantwortete der Beschwerdeführer bereitwillig die an ihn gerichteten Fragen. Der Beschwerdeführer war auf Grund des kurz zuvor stattgefundenen Zugriffs 'nervlich' etwas miteingenommen, es waren jedoch keinerlei Anzeichen irgendeiner Aggressivität bei ihm ersichtlich. Über sein Ersuchen wurden dem Beschwerdeführer auf dem Gendarmerieposten auch die Handschellen gelockert und vorne angebracht. Nach der erfolgten Einvernahme des Beschwerdeführers nahm der die Angelegenheit bearbeitende Gendarmeriebeamte mit dem Staatsanwalt telefonisch Kontakt auf. Von diesem erging die Weisung, den Beschwerdeführer auf freiem Fuß anzuzeigen. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer, nachdem ihm zuvor die Handschellen abgenommen worden waren, gegen 3.40 Uhr des 10.2.1998 auf dem Gendarmerieposten enthaftet."
In rechtlicher Hinsicht kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers bis zur Enthaftung vom gerichtlichen Haftbefehl gedeckt sei. Eine vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat anfechtbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt könnte nur bei Maßnahmen, die über den gerichtlichen Befehl hinausgingen, vorliegen. Maßnahmen zur Durchführung des richterlichen Befehles seien aber selbst dann, wenn sie allenfalls dem Gesetz nicht entsprächen, dem Gericht zuzurechnen. Ein vom richterlichen Befehl nicht mehr gedeckter Exzess liege insbesondere im Hinblick auf die Fesselung des Beschwerdeführers mittels Handschellen nicht vor, weil das Gericht im Haftbefehl ausgeführt habe, dass ein massiver Widerstand des Beschwerdeführers zu erwarten sei. Auch das Entkleiden und die Perlustration des Beschwerdeführers könnten vor diesem Hintergrund nicht als Überschreitung des richterlichen Befehls beurteilt werden, zumal ein Waffenbesitz des Beschwerdeführers vermutet worden sei. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Umstände der Anhaltung, wonach ihm nicht gestattet worden wäre, trockene Kleider anzuziehen, er verbal bedroht worden und von einem Beamten mit dem Knie ins Genick gedrückt worden wäre, seien im vorliegenden Verfahren irrelevant. In diesem Zusammenhang sei nämlich zu berücksichtigen, dass die bei einer richterlich angeordneten Festnahme und Anhaltung gewählten Vorgangsweisen dem Gericht zuzurechnen seien, selbst wenn sie im richterlichen Befehlen nicht ausdrücklich näher umschrieben seien.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung (Beschluss vom 22. Februar 1999, B 2433/98-3) abgetretene (Beschluss vom 30. März 1999, B 2433/98) Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Aus der Einschränkung des Beschwerdeantrages bei der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1998 ergibt sich, dass sich die an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde zuletzt nicht mehr gegen die Verhaftung, die Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme von Gegenständen an sich, sondern nur mehr gegen die in der ursprünglichen Beschwerde als Verstoß gegen Art. 3 EMRK gerügten Vorgangsweisen der einschreitenden Beamten sowie gegen die Dauer der Anhaltung und der Fesselung richtete. Diese Umstände waren von der belangten Behörde umfassend (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 98/01/0452) rechtlich zu prüfen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können Akte von Verwaltungsbehörden, die in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt werden, nicht dem Bereich der Hoheitsverwaltung zugeordnet werden. Vielmehr sind der richterliche Befehl und dessen tatsächliche Ausführung, auch wenn diese durch Verwaltungsorgane vorgenommen wird, als Einheit zu sehen. Dem gemäß sind die auf Grund eines richterlichen Befehls von Verwaltungsorganen vorgenommenen Akte zur Durchführung dieses Befehles - so lange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gestellten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten - funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen. Im Fall einer offenkundigen Überschreitung des richterlichen Befehls liegt hingegen insoweit ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. September 1998, Zlen. 97/01/1084, 1085 und 1087). Eine solche offenkundige Überschreitung liegt allerdings nicht bereits dann vor, wenn bei der Durchführung eines richterlichen Auftrages die dafür geltenden Vorschriften missachtet werden (vgl. neben dem bereits zitierten Erkenntnis vom 23. September 1998 insbesondere das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 94/01/0763).
Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht. Danach stellte sich die Lage für die einschreitenden Beamten so dar, dass sie gegen eine gewaltbereite, schwerer Verbrechen verdächtige Person vorzugehen hatten, die bewaffnet ist und eine Nahkampfausbildung absolviert hat. Von daher kann es nicht als offenkundige Überschreitung des richterlichen Befehls angesehen werden, wenn sie den Beschwerdeführer - der ihnen nach seinem eigenen Vorbringen in den an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeausführungen zunächst mit einem Messer in den Hand entgegentrat - auf den Boden zwangen, fesselten, auf einen Tisch legten und gründlich - unter völliger Entkleidung - nach Waffen durchsuchten.
Da der richterliche Haftbefehl darauf gerichtet war, den Beschwerdeführer "bis zu seiner konkreten Befragung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen" anzuhalten, und der Beschwerdeführer unmittelbar nach der Vernehmung am Gendarmerieposten - somit nach der angesichts der festgestellten Umstände jedenfalls nicht außerordentlich langen Zeit von etwa vier Stunden - enthaftet worden ist, liegt auch hinsichtlich der Dauer der Anhaltung keine offensichtliche Überschreitung des Gerichtsauftrages vor. Gleiches gilt für die Dauer der Fesselung. Da den einschreitenden Beamten der Beschwerdeführer als gewaltbereiter Mensch mit Nahkampfausbildung beschrieben worden ist, hatten sie Grund zur Annahme, dieser werde - trotz seines ruhigen und kooperativen Verhaltens - die mit der Abnahme der Fesselung verbundene erleichterte Fluchtmöglichkeit nützen und dabei auch vor Gewaltanwendung gegen Personen nicht zurückschrecken.
In der an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde wurde auch vorgebracht, der Beschwerdeführer sei nach der Personsdurchsuchung durch einen Druck mit dem Knie gegen das Genick am Boden festgehalten und angeschrieen worden, dass er sich nicht rühren solle. Insofern enthält der angefochtene Bescheid keine Feststellungen. Die Ansicht der belangten Behörde, dass diese Umstände nicht dazu führen könnten, die Amtshandlung der Sicherheitsbehörde zuzurechnen, kann im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden, stellt doch die lautstarke Aufforderung an eine als sehr gefährlich und überdies nahkampferfahren eingestufte Person, sich nicht zu rühren, und die Fixierung am Boden keine offensichtliche Überschreitung des Gerichtsauftrages dar, zumal die Fluchtgefahr naturgemäß in der dem Beschwerdeführer vertrauten Umgebung der eigenen Wohnung besonders groß ist.
Weiters vertrat die belangte Behörde die Meinung, dass es aus rechtlichen Gründen irrelevant sei, ob es dem Beschwerdeführer versagt worden sei, nach der völligen Entkleidung im Rahmen der Personsdurchsuchung statt der von Urin durchnässten Kleidung etwas Trockenes anzuziehen. Dieser Ansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Da der Beschwerdeführer ohnehin völlig entkleidet war und angezogen werden musste, ist anzunehmen, dass es für die Beamten ohne jede Beeinträchtigung der Amtshandlung möglich gewesen wäre, dem Beschwerdeführer anstatt der durchnässten Kleidung in der Wohnung vorhandene frische Kleidung anzuziehen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer kooperativ war und den Beamten den Aufbewahrungsort seiner Kleidung hätte bekannt geben können. Die vorgebrachte Verweigerung des Anziehens frischer Kleidung vor der Verbringung des Beschwerdeführers auf den Gendarmerieposten wäre unter diesen Voraussetzungen offensichtlich nicht vom Gerichtsauftrag umfasst. Die belangte Behörde hat jedoch auf Grund ihrer unrichtigen Rechtsansicht keine Feststellungen zu diesem Vorbringen getroffen.
Dem Beschwerdevorbringen, die "in § 30 SPG verbrieften subjektiven Rechte werden durch die gänzliche Anonymisierung der amtshandelnden Organe durch die völlige Vermummung geradezu ad absurdum geführt", ist - abgesehen davon, dass dieser Umstand in der an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde nicht geltend gemacht worden ist - entgegen zu halten, dass es sich beim "vermummten" Auftreten von Organen an sich um keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt.
Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als er die zu Grunde liegende Beschwerde im Punkt "Verweigerung des Anziehens frischer Kleider" zurückwies, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff - insbesondere § 50 - VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die gesonderte Vergütung des Aufwandes für - weitere - Schriftsätze nicht vorgesehen ist.
Wien, am 21. Dezember 2000
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