Normen
EMRK Art6;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs2;
SGG §12 Abs3 Z3;
StGB §107 Abs1;
StGB §107 Abs2;
StGB §12;
StGB §15;
StGB §83 Abs1;
StGB §84 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
EMRK Art6;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs2;
SGG §12 Abs3 Z3;
StGB §107 Abs1;
StGB §107 Abs2;
StGB §12;
StGB §15;
StGB §83 Abs1;
StGB §84 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 16. September 1997 teilte die Bundespolizeidirektion Leoben dem damals in der Justizanstalt G. aufhältigen Beschwerdeführer mit, es sei die Erlassung eines Waffenverbotes gegen ihn beabsichtigt, weil die Behörde auf Grund seiner strafgerichtlichen Verurteilungen vom 5. Dezember 1991 und vom 23. März 1994, der diesen Verurteilungen zugrundeliegenden, näher beschriebenen Straftaten und der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vom 24. April 1992 über seinen Erwerb und Weiterverkauf einer Faustfeuerwaffe annehme, der Beschwerdeführer könnte künftig durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Durch die gleichzeitige Übermittlung von Kopien, die die verfahrensrelevanten Tatsachen beträfen, werde dem Beschwerdeführer "vollständige Akteneinsicht geboten".
Auf dieses Schreiben reagierte der Beschwerdeführer mit einem an den Polizeidirektor gerichteten Schreiben vom 22. September 1997, worin er ankündigte, verwandtschaftliche Beziehungen zwischen einem näher genannten "Schwerverbrecher" und einem bei der Behörde tätigen Kriminalbeamten "einer sehr großen und informationshungrigen Öffentlichkeit" zugänglich zu machen, wenn die "Belästigung" der Person des Beschwerdeführers durch dem Polizeidirektor unterstellte Beamte nicht eingestellt werde. Sollte die "Idee eines Waffenverbots" nicht "unterbunden" werden, so werde der Beschwerdeführer sich auch in näher bezeichneter Weise an den "EuGH" wenden. Zu den ihm übermittelten Kopien aus den Akten brachte der Beschwerdeführer vor, der "Echtheitsnachweis" der Dokumente sei nicht erbracht und es seien Unterlagen einer Polizeieinheit verwendet worden, die wegen der kriminellen Aktivitäten ihrer Angehörigen aufgelöst worden sei.
Mit Bescheid vom 25. September 1997 verbot die Bundespolizeidirektion Leoben dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1996 den Besitz von Waffen und Munition. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 21. August 1991 eine Person durch Schläge ins Gesicht, die eine blutende Wunde im Mundbereich zur Folge gehabt hätten, am Körper verletzt und sei hiefür mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 5. Dezember 1991 gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt worden. Seiner zweiten strafgerichtlichen Verurteilung am 23. März 1994 seien Delikte nach § 12 Abs. 1, 2 und 3 Z. 3 SGG, §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, §§ 15, 107 Abs. 1 und 2 und 12 StGB sowie §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zugrunde gelegen, wofür der Beschwerdeführer - abgesehen von der Geldstrafe nach dem FinStrG und der Wertersatzstrafe nach dem SGG - zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren verurteilt worden sei. Zu den Tathandlungen stellte die Behörde erster Instanz fest, der Beschwerdeführer habe am 23. August 1993 in der Justizanstalt Leoben eine Person durch Versetzen einer Ohrfeige gegen die linke Gesichtshälfte vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat eine Trommelfellperforation zur Folge gehabt habe. Im Februar 1992 habe der Beschwerdeführer eine Person (es handelt hiebei um den in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22. September 1997 als solchen bezeichneten "Schwerverbrecher") aufgefordert, eine bestimmte andere Person telefonisch zu bedrohen sowie sich einen Karabiner zu kaufen und in die Richtung dieser Person zu schießen, ohne sie aber zu treffen.
Ohne erkennbare Bezugnahme auf die mit der (zweiten) strafgerichtlichen Verurteilung erfassten Fakten führte die Behörde erster Instanz weiter aus, bei einer kriminalpolizeilichen Einvernahme am 24. April 1992 habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe etwa eineinhalb Jahre zuvor in einem Lokal beim Westbahnhof in Wien von einem unbekannten Ausländer eine ungarische Faustfeuerwaffe der Marke "FEG" gekauft und sie im Dezember 1991 in einer Pizzeria in Wien weiterverkauft.
Die Tatsachenfeststellungen ließen eine Neigung des Beschwerdeführers zu Aggressionshandlungen erkennen. Bei den der zweiten Verurteilung des Beschwerdeführers u.a. zugrundeliegenden Suchtgiftaktivitäten sei im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen gegeben gewesen. Auch die Aufforderung einer Person, einen Menschen mit einer Waffe gefährlich mit dem Tode zu bedrohen, sei von waffenrechtlicher Relevanz, zumal "ja schon einmal die beabsichtigte missbräuchliche Verwendung einer Schusswaffe" Teil der "kriminellen Aktivitäten" des Beschwerdeführers gewesen sei. Für diese Annahme spreche "auch" der bei der Einvernahme am 24. April 1992 beschriebene illegale Erwerb einer Schusswaffe. Deren Überlassung an eine unbekannte Person habe in höchstem Ausmaß Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährdet, weil erwiesen sei, dass grundsätzlich bei illegaler Überlassung von Schusswaffen mit einer Verwendung für kriminelle Zwecke zu rechnen sei. Von der Gelegenheit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, habe der Beschwerdeführer nicht in einer für die Entscheidung relevanten Weise Gebrauch gemacht. Zu den Zweifeln des Beschwerdeführers in Bezug auf die ihm in Kopie übersandten Aktenteile sei auszuführen, dass dem Beschwerdeführer sowohl seine gerichtlichen Verurteilungen und die in den Urteilsfeststellungen enthaltenen Beschreibungen der Tathandlungen als auch seine Angaben bei der Einvernahme am 24. April 1992 bekannt sein müssten.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der (zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft stehende) Beschwerdeführer aus, er habe die behaupteten Aggressionshandlungen nicht aus Spaß oder Freude an der Gewalt, sondern im Zuge der Abwehr von Angriffen auf seine Gesundheit und körperliche Unversehrtheit begangen. Dass keine gesteigerte Aggressionsbereitschaft vorliege, ergebe sich auch aus der geringen Strafhöhe der ersten Verurteilung. Die zweite Bestrafung sei nach dem Suchtgiftgesetz erfolgt, "nicht jedoch nach der Bestimmung welche sich als StGB § 177 ff darstellt mit Namen Gemeingefährliche Handlungen". Daher sei der Vorwurf der Gemeingefährdung unzulässig. Der Vorwurf einer missbräuchlichen Schusswaffenverwendung sei nicht durch ein Gerichtsurteil zu belegen, sondern beruhe auf böswilligen Behauptungen. Der Behörde sei es bis heute nicht gelungen, die Verwendungsfähigkeit der angeblichen Schusswaffe der Marke FEG zu beweisen. Es sei vielmehr von der Tatsache auszugehen, dass es sich bei dieser Waffe um eine "nicht schussfähige Attrappe" gehandelt habe. Die Zweifel des Beschwerdeführers an der Echtheit der ihm mit dem Schreiben vom 16. September 1997 übermittelten Urkunden seien berechtigt, weil der Behörde diese Aktenstücke nach der Strafprozessordnung "gar nicht zugänglich hätten sein dürfen, ergo es immer angebracht ist, illegal beschaffte Akten in ihrer Echtheit von Inhalt und Form sowie rechtlicher Relevanz anzufechten". Die zitierten Aussagen vor der Bundespolizeidirektion Leoben seien "ganz besonders anzuzweifeln", weil einzelne Mitglieder der damals ermittelnden Einheit ("dieser Verbrechertruppe") mit rechtskräftigen Verurteilungen in Haft gewesen seien. "Völlig gegenstandslos" werde der erstinstanzliche Bescheid aber mit der Entscheidung des Strafgerichtes, dem Beschwerdeführer alle beschlagnahmten Waffen und Munition gemäß § 12 Abs. 5 WaffG zurückzustellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Sie führte in rechtlicher Hinsicht u.a. aus, beim Beschwerdeführer sei ein hohes Maß an verbrecherischer Energie gegeben und es zeige sich im Besonderen, dass er keine Bedenken habe, Handlungen zu setzen, durch die die Gesundheit und körperliche Integrität anderer in Gefahr geraten könne. Die anhaltende Verstrickung in diese Form von Kriminalität rechtfertige in der vom Gesetz geforderten Weise die dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegte Annahme, dass der Beschwerdeführer im Umgang mit Waffen durch deren missbräuchliche Verwendung das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
§ 12 Abs. 1 WaffG 1996 lautet:
"Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung (somit jedenfalls eines "gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauches") von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Eine schon erfolgte missbräuchliche Verwendung von Waffen ist nicht Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, Zl. 98/20/0020, mit weiteren Nachweisen; seither etwa auch das hg. Erkenntnis vom 23. März 2000, Zl. 99/20/0598).
Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde in ihren Rechtsausführungen nahezu wörtlich an die Formulierungen angelehnt, mit denen der Verwaltungsgerichtshof in dem - noch zum WaffG 1986 ergangenen - Erkenntnis vom 12. September 1996, Zl. 96/20/0420, die Verhängung eines Waffenverbotes wegen "über Jahre hindurch und oftmals" begangenen Suchtgifthandels (insgesamt acht Verurteilungen, zunächst nur gemäß § 16 Abs. 1 und später auch gemäß § 12 Abs. 1 und in einem Fall § 14a SGG) für rechtmäßig erklärt hat. Der damals entschiedene Fall war dadurch gekennzeichnet, dass nicht davon ausgegangen werden konnte, die von dem Waffenverbot betroffene Partei sei im Rahmen ihrer jahrelangen Suchtgiftdelinquenz je in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt gewesen, hätte die bei ihr gefundene - damals noch nicht verbotene - Waffe im Zusammenhang mit dem Suchtgifthandel verwendet oder mitgeführt, oder sei in anderer Weise schon als gewaltbereit aufgefallen. In den von der belangten Behörde im vorliegenden Fall aufgegriffenen Formulierungen verwies der Verwaltungsgerichtshof auf das "hohe Maß an verbrecherischer Energie", die bedenkenlose Setzung von Handlungen, durch die die Gesundheit anderer in Gefahr geraten könne (gemeint: der Suchtgifthandel), und die "anhaltende Verstrickung in diese Form der Kriminalität".
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer nicht nur wegen eines Deliktes verurteilt, zu dessen Begehung er "gewerbsmäßig den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer das 25fache der großen Menge übersteigenden Menge, deren Weitergabe geeignet war, im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen", ein- oder ausgeführt bzw. in Verkehr gesetzt haben musste. Er wurde auch zweimal wegen Körperverletzung - darunter einer schweren - verurteilt und, was im gegebenen Zusammenhang besonders schwer wiegt, auch rechtskräftig schuldig erkannt, versucht zu haben, eine Person dazu anzustiften, sich einen Karabiner zu kaufen und durch Abgabe eines Schusses daraus eine andere Person gefährlich mit dem Tod zu bedrohen. Diese Kombination von schwerer Suchtgiftdelinquenz, Körperverletzungsdelikten und der versuchten Bestimmung einer anderen Person zu einer gefährlichen Drohung mittels einer Schusswaffe reicht jedenfalls aus, um die im § 12 Abs. 1 WaffG 1996 umschriebene Annahme zu rechtfertigen, sodass es auf den in der Niederschrift vom 24. April 1992 beschriebenen Erwerb und Weiterverkauf einer Faustfeuerwaffe nicht mehr entscheidend ankommt.
Bei dieser Sachlage bedurfte es - im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerde - keiner amtswegigen Aufnahme weiterer Beweise, von denen in der Beschwerde auch nur pauschal behauptet wird, sie hätten ergeben, dass "der Beschwerdeführer keine Gewaltbereitschaft hat". Das weitere Vorbringen in der Beschwerde, es hätte auch einer Beweisaufnahme darüber bedurft, ob der Beschwerdeführer "das ihm vorgeworfene Verhalten tatsächlich gesetzt hat und dieses rechtswidrig gewesen ist", kann angesichts der rechtskräftigen Verurteilungen nur auf den - nicht ausschlaggebenden - Erwerb und Weiterverkauf einer Waffe bezogen werden. In Bezug auf die Taten, für die der Beschwerdeführer rechtkräftig verurteilt wurde, konnte die belangte Behörde jedenfalls davon ausgehen, dass er sie begangen hat, wobei der Beschwerdeführer das Gegenteil - zumindest in Bezug auf diese Taten - im Verwaltungsverfahren auch nicht behauptet hat.
Ob dem Beschwerdeführer Waffen und Munition vom Strafgericht ausgefolgt wurden, ihm der Bundespräsident eine Geldstrafe erlassen hat und der Beschwerdeführer sich nunmehr beruflich weiterbildet, ist für die Subsumtion des Sachverhaltes unter § 12 Abs. 1 WaffG 1996 nicht wesentlich. Auch das abschließende Argument des Beschwerdeführers, es hätte im Verfahren zur Erlassung des Waffenverbotes seiner (amtswegigen) Einvernahme zu den strafgerichtlichen Verurteilungen bedurft, weil Art. 6 MRK dies vorschreibe, trifft nicht zu.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 21. September 2000
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