VwGH 98/19/0182

VwGH98/19/018214.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des 1983 geborenen ÖY in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. September 1997, Zl. 122.755/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs4;
AVG §1;
B-VG Art103 Abs4;
AufG 1992 §6 Abs4;
AVG §1;
B-VG Art103 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 5. Dezember 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Liezen durch seinen Rechtsvertreter einen Antrag "auszusprechen, dass der antragstellenden Partei das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht zugestanden werde, auf welchem rechtlichen Wege und mit welcher Rechtskonstruktion auch immer, sei es im Wege eines Feststellungsbescheides, im Wege eines fremdenrechtlichen Sichtvermerks, im Wege eines aufenthaltsrechtlichen Sichtvermerks, oder im Wege eines Assoziationsausweises." Eine bestimmte Reihenfolge in der Vorgangsweise der Bearbeitung der Anträge begehrte der Beschwerdeführer nicht.

Mit Bescheid vom 20. Juni 1997 wies die - auf Grund eines Wohnsitzwechsels des Beschwerdeführers örtlich zuständig gewordene - Bezirkshauptmannschaft Bregenz den "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung" gemäß §§ 1, 3, 4, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. Begründend führte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz aus, der Antrag des Beschwerdeführers hätte gemäß § 6 Abs. 2 AufG vom Ausland aus gestellt werden müssen, im Übrigen sei der Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z 4 FrG verwirklicht.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung "an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg, in eventu aus Gründen advokatorischer Vorsicht, an das Bundesministerium für Inneres." Er beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahin, dass "der berufungswerbenden Partei das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht zugestanden werde, auf welchem rechtlichen Weg und mit welcher Rechtskonstruktion auch immer."

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg leitete mit Verfügung vom 8. August 1997 die Berufung gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an die belangte Behörde weiter; von der Weiterleitung wurde der Beschwerdeführer informiert. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres die Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 6 Abs. 2 sowie § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes und § 10 Abs. 1 Z 6 des Fremdengesetzes" ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Touristensichtvermerk, gültig bis zum 22. Oktober 1996, nach Österreich eingereist sei und seinen damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung habe verlängern wollen. Er habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Darüberhinaus sei auch der Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z 6 FrG verwirklicht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 1998, B 2687/97-3, abgelehnt und mit Beschluss vom 16. Juli 1998, B 2687/97-10, antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt. In der Sache vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, da sein Vater seit Jahren in Österreich erwerbstätig sei, erfülle er jedenfalls die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 und sei daher in Österreich "assoziationsintegriert", somit unbeschränkt aufenthalts- und arbeitsmarktzugangsberechtigt. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Erstbehörde nicht über seinen Antrag auf Feststellung entschieden und die belangte Behörde den Bescheid der Behörde erster Instanz nicht ersatzlos aufgehoben habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde erwogen:

Der verfahrensgegenständliche Antrag des Beschwerdeführers erfasste nach seinem oben wiedergegebenen Wortlaut, das "Zugestehen" des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechtes auf welchem rechtlichen Wege und in welcher Rechtskonstruktion auch immer, insbesondere auch in Form eines "aufenthaltsrechtlichen Sichtvermerks." Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist dem verfahrensgegenständlichen Antrag auf Grund seiner Formulierung keine Einschränkung auf die bloße Feststellung einer (assoziationsrechtlichen) Aufenthaltsberechtigung zu entnehmen. Dem Antrag ist vielmehr zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer (auch) die Erteilung eines "aufenthaltsrechtlichen Sichtvermerks", also eine Bewilligung nach dem AufG, anstrebte. Die Aufenthaltsbehörde erster Instanz war daher im Rahmen dieses Antrages zur bescheidmäßigen Prüfung dahingehend zuständig, ob dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung ("ein aufenthaltsrechtlicher Sichtvermerk") zu erteilen war oder nicht. Die Behörde erster Instanz wurde bei Erlassung des Bescheides erster Instanz, wie sich aus der Zitierung der entsprechenden Bestimmungen des AufG und der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung nach dem Aufenthaltsgesetz, LGBl. Nr. 32/1993, ergibt, als Aufenthaltsbehörde (§ 6 Abs. 4 AufG) tätig. Daraus folgt, dass eine derartige der Bezirkshauptmannschaft zuzurechnende (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 96/19/3389) Entscheidung hinsichtlich des Instanzenzuges als erstinstanzliche Entscheidung des Landeshauptmannes im Sinne des Art. 103 Abs. 4 B-VG anzusehen ist, weshalb in dieser Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung der Instanzenzug mangels anderer bundesgesetzlicher Regelung an den zuständigen Bundesminister, im vorliegenden Fall an den Bundesminister für Inneres, geht. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg, an die der Beschwerdeführer seine Berufung primär richtete, war unzuständige Behörde.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg hat daher die Berufung des Beschwerdeführers zu Recht in Anwendung des § 6 AVG mit Verfügung an die zu ihrer Behandlung zuständige belangte Behörde übermittelt und den Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt. Ein zurückweisender Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg ist nicht ergangen. Der belangten Behörde kam daher als der im Instanzenzug zuständigen Berufungsbehörde jedenfalls die funktionelle Zuständigkeit zur Überprüfung der Berufung auf ihre Zulässigkeit zu.

Im vorliegenden Fall war "Sache" des Berufungsverfahrens der Abspruch der Behörde erster Instanz über den - zulässigerweise auch - als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewerteten verfahrensgegenständlichen Antrag. Der Bescheid erster Instanz stützte sich ausdrücklich auf Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes; die Zitierung des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG erfolgte offensichtlich im Zusammenhang mit der Verweisung in § 5 Abs. 1 AufG auf die in § 10 Abs. 1 FrG umschriebenen Sichtvermerksversagungsgründe. Der Berufungsantrag des Beschwerdeführers, der angefochtene Bescheid möge dahin abgeändert werden, dass "der berufungswerbenden Partei das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht in Österreich zugestanden werde, auf welchem rechtlichen Wege und mit welcher Rechtskonstruktion immer", schließt die Zuerkennung dieses Rechtes in Form der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht aus und bewegt sich im Rahmen der Sache des Verfahrens erster Instanz. Die Berufung war daher zulässig; die Berufungsbehörde zu einer Sachentscheidung über die Berufung zuständig.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liegt kein dem hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1998, Zl. 97/19/1670, vergleichbarer Sachverhalt vor, weil - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - dem dortigen Fall tatsächlich ein ausschließlich auf Feststellung gerichteter Antrag zu Grunde lag, über den die Aufenthaltsbehörde erster Instanz mit Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung reagierte. Wie oben dargestellt, liegt dem gegenständlichen Fall aber ein (auch) als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu wertender Antrag zu Grunde.

Weder gegen die Heranziehung des Abweisungsgrundes des § 6 Abs. 2 AufG noch gegen die Annahme der belangten Behörde, es liege der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG (Anschluss an Touristensichtvermerk) und damit der Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG vor, finden sich Ausführungen in der ergänzten Beschwerde. Unter Zugrundelegung der unbestrittenen und im Akteninhalt gedeckten Feststellungen eines an eine Einreise mittels Touristensichtvermerks anschließenden Inlandsaufenthalts des Beschwerdeführers und einer im Inland erfolgten Antragstellung kann die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages, soweit er auf die Erteilung "eines aufenthaltsrechtlichen Sichtvermerks" gerichtet war, vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als rechtswidrig erkannt werden, und zwar unabhängig davon, ob dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB zukommt oder nicht.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der subsidiär beantragten Aufhebung eines Erlasses des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1996 bzw. der Anregung einer Anfechtung dieses Erlasses beim Verfassungsgerichtshof war schon deshalb nicht näher zu treten, weil der genannte Erlass im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangte.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. Jänner 2000

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