Normen
FrG 1993 §88 Abs5;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §16 Abs2;
FrG 1997 §44;
VwRallg;
FrG 1993 §88 Abs5;
FrG 1997 §114 Abs3;
FrG 1997 §16 Abs2;
FrG 1997 §44;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 10. Dezember 1998 wurde die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Die in Wien geborene Beschwerdeführerin sei nach einem Aufenthalt im Ausland im Jahr 1975, also im Alter von zwei Jahren, wieder nach Österreich gekommen und habe im Jahr 1981 einen unbefristeten Sichtvermerk erhalten. Im Jahr 1987, also im Alter von 14 Jahren, sei sie erstmals wegen Ladendiebstahls und im Jahr 1988 neuerlich wegen räuberischen Ladendiebstahls auffällig geworden. Sie habe damals nur eine Ermahnung durch den Jugendgerichtshof Wien erhalten. Im Juni 1990 sei sie neuerlich bei einem räuberischen Ladendiebstahl betreten und dem Jugendgerichtshof Wien eingeliefert worden. Sie sei wieder wegen räuberischen Diebstahls und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon fünf Monate unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden. Es sei ihr damals im Zuge einer niederschriftlichen Vernehmung klar gemacht worden, dass sie im Wiederholungsfall mit der Ungültigerklärung des Sichtvermerkes und der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechnen müsse. Noch im selben Jahr sei sie auf Grund einer neuerlichen Tathandlung wegen schweren Diebstahls, gewerbsmäßigen Diebstahls und Besitzes einer verbotenen Waffe und vorsätzlicher schwerer Körperverletzung gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 130, 83, 84 StGB und § 36 Abs. 1 Z. 2 des WaffG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten (unbedingt) rechtskräftig verurteilt worden. Daraufhin sei gegen sie am 2. April 1991 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren, und zwar bis zum 30.06.2001, erlassen worden, wobei auch auf die privaten Interessen der Beschwerdeführerin, die zu ihren in Österreich lebenden Eltern schon damals keinen besonderen Kontakt gehabt habe - weil die Mutter schon viel früher die Familie verlassen und der Vater eine andere Frau, mit der sich die Beschwerdeführerin nicht verstanden habe, geheiratet hätte - Bedacht genommen worden sei. Der Beschwerdeführerin, die zunächst Vollstreckungsaufschub erhalten habe, sei schließlich im Zuge einer Schubhaft klar gemacht worden, dass sie Österreich verlassen müsse, und sie habe damals erklärt, zu Verwandten nach Deutschland oder nach Skandinavien auszureisen. Einem von der Beschwerdeführerin damals (1993) gestellten Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes habe nicht stattgegeben werden können, weil sie einerseits im Jahr 1991 trotz rechtskräftigem Aufenthaltsverbot wieder illegal nach Österreich eingereist (und deshalb auch bestraft worden) sei und noch dazu (nach Erteilung des Vollstreckungsaufschubes) diese Zeit im Jahr 1992 neuerlich zur Verübung weiterer gewerbsmäßiger Diebstähle "genützt" habe, und auch die durch das Fremdengesetz 1992 geänderte Rechtslage keinen Anlass für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes geboten habe. Schließlich sei die Beschwerdeführerin nach Jugoslawien abgeschoben worden, sei aber in der Folge neuerlich, aus Slowenien kommend, illegal, diesmal sogar unter Verwendung eines auf einen anderen Namen lautenden, gefälschten slowenischen Reisepasses - sie habe auch einen gefälschten Führerschein bei sich gehabt - trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes nach Österreich eingereist und sei in der Folge neuerlich abgeschoben worden. Später sei die Beschwerdeführerin wieder illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe ihren Lebensunterhalt, eigenen Angaben zufolge, durch Schwarzarbeit bestritten. Bei der Betretung im Februar 1998 sei sie mittellos und nicht polizeilich gemeldet gewesen. Sie sei wegen unerlaubten Aufenthalts nach dem Fremdengesetz mit S 5.000,--
rechtskräftig bestraft worden. Am 6. April 1998 sei sie nunmehr auch wegen ihrer gewerbsmäßigen Diebstähle - sie habe 1992 bei einer Firma Essbesteck, bei einer anderen Firma Kleidungsstücke im Wert von S 5.000,-- zu stehlen versucht, wobei sie einen speziell zugerichteten Gegenstand bei sich gehabt habe, der zum Entfernen von Sicherheitsplaketten auf Kleidungsstücken habe dienen sollen, und wobei im Zuge der Amtshandlung vor dem Kaufhaus in einem Fahrzeug, dessen Lenker sich in diesem Zusammenhang verdächtig gemacht habe, Kleidungsstücke aus Kaufhäusern in Niederösterreich, auf denen sich noch Etiketten befunden hätten, die beim normalen Einkauf entfernt würden, gefunden worden seien - und des Gebrauchs besonders geschützter Urkunden (zum Zweck von Zuwiderhandlungen gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften) gemäß §§ 127, 130, erster Fall, 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten (unbedingt) rechtskräftig verurteilt worden.
Das gegen die Beschwerdeführerin im Jahr 1991 erlassene Aufenthaltsverbot habe allerdings auf Grund des am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 aufgehoben werden müssen, weil die Bestimmungen dieses Gesetzes der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Jahr 1991 im Hinblick auf § 38 Abs. 1 Z. 4 i. V.m. Abs. 2 FrG 1997 entgegengestanden wären.
Die Beschwerdeführerin vertrete nunmehr den Standpunkt, dass sie mit der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wieder in den Besitz ihres seinerzeitigen unbefristeten Sichtvermerks gelangt und daher zum Aufenthalt berechtigt wäre. Sie berufe sich diesbezüglich auf die Bestimmung des § 16 Abs. 2 zweiter Satz FrG, wonach ein mit der Durchsetzbarkeit eines Aufenthaltsverbotes ungültig gewordener Aufenthaltstitel von Gesetzes wegen wieder auflebe, wenn innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer das Aufenthaltsverbot anders als gemäß § 44 FrG behoben werde. Diesem Standpunkt könne sich die belangte Behörde nicht anschließen und habe darüber Folgendes erwogen: Die Beschwerdeführerin weise zunächst selbst darauf hin, dass schon allein die Bestimmung des § 44 FrG, wonach ein Aufenthaltsverbot aufzuheben ist, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen seien, nicht nur das Recht auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes einräume, wenn eine maßgebliche Änderung der Sachlage eingetreten sei, sondern auch dann, wenn sich die Rechtslage maßgeblich geändert habe, d.h., wenn das Aufenthaltsverbot der geänderten Rechtslage nicht mehr entspreche. Gerade deshalb erweise sich aber die Bestimmung des § 114 Abs. 3 FrG entgegen der Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin als eine Sonderregelung "(sprich Unterfall)" zu § 44 FrG, durch die festgelegt werde, auf welchen Sachverhalt die neue Rechtslage zu beziehen sei, nämlich auf den Sachverhalt zum seinerzeitigen Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, und dass bei Zutreffen der Voraussetzungen das Aufenthaltsverbot aufzuheben sei. Es sehe also auch die Bestimmung des § 114 Abs. 3 FrG nur vor, dass ein Aufenthaltsverbot, dessen Gültigkeitsdauer noch nicht abgelaufen sei, wegen der geänderten Rechtslage aufzuheben sei, nicht aber etwa, dass es mit der Wirkung (ex tunc) aus der Welt zu schaffen wäre, das fingiert würde, es wäre nie erlassen worden. § 114 Abs. 3 FrG lege also nur die näheren Details dazu fest, welcher Sachverhalt - nämlich der zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes - für die Beurteilung im Sinn der neuen Rechtslage maßgeblich zu sein habe. Dass der Gesetzgeber nicht die Absicht gehabt habe, Aufenthaltsverbote rückwirkend außer Kraft zu setzen, dh für nichtig zu erklären und zu fingieren, dass sie nie erlassen worden wären, gehe schon daraus hervor, dass er andernfalls auch die rückwirkende Außerkraftsetzung von Aufenthaltsverboten, deren Gültigkeitsdauer schon vor Inkrafttreten des FrG abgelaufen sei, oder von Bescheiden über den Verlust von Aufenthaltsbewilligungen nach § 8 AufG vorgesehen hätte, um auch deren seinerzeitige Wirkung zu beseitigen und zu fingieren, dass sie nie erlassen worden wären. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber lediglich die Beseitigung des Weitergeltens von Aufenthaltsverboten, die seinerzeit nicht hätten erlassen werden dürfen, habe regeln wollen. Damit sei aber der Interpretation der Beschwerdeführerin, bei der sie angeblich vom Wortsinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ausgehe, der Boden entzogen, und die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes auf Grund der durch das FrG geänderten Rechtslage erweise sich als ein Fall des § 44 FrG, für den die Bestimmungen des § 114 Abs. 3 FrG maßgebend seien. Dies bedeute aber auch weiters, dass ein mit der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes ungültig gewordener Aufenthaltstitel auch in einem solchen Fall nicht wieder auflebe. Die Beschwerdeführerin verfüge daher über keinen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes erforderlichen Aufenthaltstitel. Es seien daher für eine allfällige Ausweisung nicht die Bestimmung des § 34 Abs. 1 Z. 1 - auch danach wären die Voraussetzungen für die Ausweisung wegen nachträglichen Eintritts eines Versagungsgrundes, der der Erteilung dieses Aufenthaltstitels entgegengestanden sei, gegeben -, sondern die des § 33 Abs. 1 FrG maßgebend. In einem solchen Fall könne (auch ohne Vorliegen eines Versagungsgrundes im Sinn des § 34 FrG) die Ausweisung unter dem Vorbehalt der §§ 35 und 37 FrG, zu denen die Beschwerdeführerin keine Ausführungen gemacht habe, erfolgen.
Auch wenn sich die Beschwerdeführerin offenbar schon seit längerer Zeit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und nach der Aktenlage zu ihren Eltern kaum Kontakt habe, sei dennoch im Hinblick auf ihren seinerzeitigen rechtmäßigen Aufenthalt bis zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes von einem mit der Ausweisung verbundenen nicht unbedeutenden Eingriff in ihr Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG auszugehen. Andererseits habe die Beschwerdeführerin aber während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes neuerliche, zum Teil auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende und erheblich gegen fremdenrechtliche Bestimmungen verstoßende Straftaten begangen, derentwegen sie erst jetzt rechtskräftig verurteilt worden sei. Es könne daher zunächst kein Zweifel bestehen, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin zur Verteidigung der Ordnung, d.h. eines geordneten Fremdenwesens, und andererseits aber auch zum Schutz der Rechte anderer sowie zum Schutz ihrer Gesundheit und Freiheit, vor allem aber auch zur Verhinderung weiterer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, dringend geboten sei und dass bei einer Gegenüberstellung der Bedeutung des Eingriffes im Sinn des Art. 8 leg.cit. die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des Ermessens nicht in Kauf genommen werden könnten. Die Bestimmungen des § 35 Abs. 4 FrG kämen nicht zum Tragen, weil die Beschwerdeführerin seit dem Jahr 1991, und daher auch in den letzten drei Jahren, nicht rechtmäßig niedergelassen sei und auch vor Verwirklichung des jetzt maßgeblichen Sachverhaltes (unerlaubter Aufenthalt, neuerliche Verurteilung) nicht im Sinn des § 35 Abs. 2 FrG acht Jahre lang ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtete die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese - nach Ablehnung ihrer Behandlung - dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 30. November 1998, B 2046/98). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machte die Beschwerdeführerin der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, dass diesem § 16 Abs. 2 FrG entgegenstehe. Anders als nach dem im § 16 Abs. 2 FrG genannten § 44 FrG - der den Fall regle, dass die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, weggefallen sind - sei nach dem im § 16 Abs. 2 FrG nicht genannten § 114 Abs. 3 leg.cit. zu prüfen, ob das Aufenthaltsverbot nach den Bestimmungen des FrG (von vornherein) nicht hätte erlassen werden dürfen. Nach § 114 Abs. 3 FrG liege der für die Entscheidung wesentliche Zeitraum somit vor dem Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, bei § 44 FrG nach dieser Erlassung. Vor diesem Hintergrund könne es sich bei § 114 Abs. 3 FrG nicht um eine dem § 44 leg.cit. unterfallende Regelung handeln. Darüber hinaus unterstelle die belangte Behörde dem FrG - "vor allem in seinem Zusammenwirken §§ 44, 114 und 16 FrG" - einen "MRK-widrigen Inhalt". Wenn die belangte Behörde ausführe, dass der Gesetzgeber nie die Absicht gehabt hätte, Aufenthaltsverbote rückwirkend außer Kraft zu setzen, weil sie eben nur aufzuheben wären, und damit sämtliche Konsequenzen des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes nach wie vor existierten, und daher ein vorher erteilter unbefristeter Sichtvermerk nicht mehr aufleben könnte, unterstelle sie dem FrG einen "MRK-widrigen Inhalt". Es sei Absicht des Gesetzgebers gewesen, durch die Schaffung der Übergangsbestimmungen für Schubhaftbescheide, Aufenthaltsverbote und Ausweisungen Härtefälle, die sich durch die Regelungen des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, und vor allem auch durch das AufG ergeben hätten, rückwirkend zur bereinigen. Dies ergebe sich aus dem logischen Aufbau des § 114 leg.cit., wonach bei Aufenthaltsverboten, die zwar zwischenzeitlich rechtskräftig, aber immer noch bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten seien, eine Entscheidung der Behörde überhaupt "entfallen" könne, weil diese Aufenthaltsverbote mit dem FrG außer Kraft getreten seien, insofern der angefochtene Bescheid nicht offensichtlich auch in den Bestimmungen des FrG eine Grundlage fände. Wenn die Ratio des FrG in derartigen Fällen darin bestehe, jemanden, der in Österreich geboren, aufgewachsen, und wohnhaft und daher Fremder der zweiten oder dritten Generation sei, genauso wie einen Inländer zu behandeln (siehe die Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG, wonach ein Aufenthaltsverbot bei einer gewissen Aufenthaltsdauer überhaupt nicht mehr möglich sei), könne es aber unmöglich als MRK-konform gesehen werden, über diesen Fremden gleichzeitig eine Ausweisung mit der Argumentation zu verhängen, seine Aufenthaltsberechtigung wäre erloschen.
2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
2.1. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des FrG lauten wie folgt:
§ 16 Abs. 2 FrG:
"(2) Einreise- und Aufenthaltstitel werden ungültig, wenn gegen Fremde ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar wird. Ein Aufenthaltstitel lebt von Gesetzes wegen wieder auf, sofern innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer das Aufenthaltsverbot oder die Ausweisung anders als gemäß § 44 behoben wird."
§ 44 FrG:
"§ 44. Das Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind."
§ 114 Abs. 3 FrG:
"(3) Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Solche Aufenthaltsverbote sind auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlass für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erlassen hätten werden können."
2.2. Nach dem klaren Wortlaut des zweiten Satzes des § 16 Abs. 2 FrG lebt ein Aufenthaltstitel ex lege nur dann nicht wieder auf, wenn ein Aufenthaltsverbot innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer gemäß § 44 FrG behoben wird. Für alle anderen Fälle der Aufhebung ergibt sich aus § 16 Abs. 2 zweiter Satz FrG, dass ein Aufenthaltstitel ex lege wieder auflebt, wenn innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer das Aufenthaltsverbot behoben wird.
Der Wortlaut der unter II.2.1. zitierten Regelungen gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei § 114 Abs. 3 FrG lediglich um einen Unterfall des § 44 leg.cit. handle. Vielmehr bestehen auf dem Boden der hg. Rechtsprechung zwischen diesen Bestimmungen sowohl vom Inhalt als auch von ihrer Zielsetzung her bedeutsame Unterschiede. § 114 Abs. 3 FrG stellt (worauf die Beschwerde zutreffend hinweist) anders als § 44 leg.cit. nicht auf die Änderung der maßgeblichen Umstände nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes, sondern ausschließlich darauf ab, ob der von der Behörde zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogene Sachverhalt auch bei fiktiver Geltung des FrG im Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes dieses gerechtfertigt hätte, und will somit sicherstellen, dass ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des FrG (mit 1. Jänner 1998) Aufenthaltsverbote, die nicht auch auf der Grundlage dieses Gesetzes hätten erlassen werden können, aufgehoben werden. Dabei ist eine Ausnahme für Fälle, in denen der Fremde seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein Verhalten gesetzt hat, das die neuerliche Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt hätte, wie sie in der Übergangsbestimmung des § 88 Abs. 5 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, enthalten war, nicht vorgesehen. Bei der Beurteilung nach § 114 Abs. 3 FrG ist daher - anders als bei jener nach § 44 leg.cit. - nicht auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen, gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 99/18/0097.)
Vor diesem Hintergrund - insbesondere der besagten spezifischen Zielsetzung des § 114 Abs. 3 FrG - besteht auch kein Anlass, den Wortlaut des § 16 Abs. 2 zweiter Satz leg.cit. (im Sinne einer Lückenfüllung) dahin zu ergänzen, dass sich die für die die Fälle des § 44 leg.cit. vorgesehene Ausnahme auch auf § 114 Abs. 3 FrG erstreckt.
Gegen dieses Ergebnis kann - entgegen der Behörde - auch nicht eingewendet werden, dass § 114 Abs. 3 FrG lediglich eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, nicht aber seine Nichtigerklärung (im Sinne der Fiktion, es wäre nie erlassen worden) statuiert, wird doch das besagte ex lege-Wiederaufleben des Aufenthaltstitels eben mit der besonderen Regelung des § 16 Abs. 2 FrG sichergestellt. Auch der Hinweis der belangten Behörde auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des FrG bereits abgelaufene Aufenthaltsverbote oder zuvor erlassene "Bescheide über den Verlust von Aufenthaltsbewilligungen" nach § 8 AufG geht fehl, erstreckt sich doch die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 3 FrG nicht auf diese Rechtsakte, sondern nur auf Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer zu dem besagten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
2.3. Das über die Beschwerdeführerin verhängte Aufenthaltsverbot vom 2. April 1991 wurde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten mit Bescheid vom 13. Juli 1998 nicht gemäß § 44 FrG, sondern nach § 114 Abs. 3 leg.cit. behoben. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen lebte damit gemäß § 16 Abs. 2 FrG der der Beschwerdeführerin unbestritten im Jahr 1981 erteilte unbefristete Sichtvermerk wieder auf. Damit erweist sich aber die von der Behörde vorgenommene Beurteilung, die Beschwerdeführerin halte sich zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides im Sinn des § 33 Abs. 1 zweiter Satz FrG nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, als rechtsirrig.
3. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Eine gesonderte Vergütung von
Umsatzsteuer, wie sie in der Beschwerde angesprochen wird, ist neben dem Ersatz des pauschalierten Schriftsatzaufwandes gesetzlich nicht vorgesehen.
Wien, am 30. November 2000
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