Normen
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
BAO §135;
BAO §263;
BAO §270 Abs2;
BAO;
B-VG Art111;
B-VG Art133 Z4;
B-VG Art20 Abs1;
B-VG Art20 Abs2;
GetränkesteuerG Wr 1992 §5 Abs2;
GetränkesteuerG Wr 1992;
LAO Wr 1962 §104;
LAO Wr 1962 §203;
LAO Wr 1962 §204;
LAO Wr 1962 §206 Abs1;
LAO Wr 1962 §207;
LAO Wr 1962 §220;
LAO Wr 1962 §221 Abs1;
LAO Wr 1962;
MRK Art6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
BAO §135;
BAO §263;
BAO §270 Abs2;
BAO;
B-VG Art111;
B-VG Art133 Z4;
B-VG Art20 Abs1;
B-VG Art20 Abs2;
GetränkesteuerG Wr 1992 §5 Abs2;
GetränkesteuerG Wr 1992;
LAO Wr 1962 §104;
LAO Wr 1962 §203;
LAO Wr 1962 §204;
LAO Wr 1962 §206 Abs1;
LAO Wr 1962 §207;
LAO Wr 1962 §220;
LAO Wr 1962 §221 Abs1;
LAO Wr 1962;
MRK Art6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 9. Juli 1997 wurde von Beschwerdeführerin im Wege einer Telekopie eine Getränkesteuererklärung für das Jahr 1996 eingereicht. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 15. Juli 1997 wurde wegen der verspäteten Einreichung dieser Erklärung ein Verspätungszuschlag im Ausmaß von 5 % des auf das Jahr 1996 entfallenden Getränkesteuerbetrages von S 2,406.738,58, somit in Höhe von S 120.337,--, vorgeschrieben.
In einem Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 29. Juli 1997 wurde ausgeführt, die Getränkesteuererklärung sei am 26. März 1997 der Post übergeben worden.
Mit Schriftsatz vom 18. August 1997 wurde gegen die Vorschreibung des Verspätungszuschlages Berufung erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Verspätung (26. März statt 15. Februar 1997) sei "verhältnismäßig kurz" gewesen. Da die Beschwerdeführerin ihren Zahlungsverpflichtungen stets nachgekommen sei, sei dem Abgabengläubiger kein Schaden erwachsen.
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, die Getränkesteuererklärung sei erst nach Aufforderung und Verhängung von zwei Zwangsstrafen am 9. Juli 1997 eingereicht worden.
In dem hierauf erhobenen "Vorlageantrag" wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass es zu keinem "Einnahmenausfall" gekommen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung von der belangten Behörde abgewiesen. Gleichzeitig wurde der Verspätungszuschlag an Getränkesteuer auf S 72.202,-- herabgesetzt. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe es unterlassen, die Gründe darzulegen, die zur verspäteten Einreichung der Steuererklärung geführt haben. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages erscheine nicht unbillig, weil der Abgabenbehörde mit der Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen und der nachfolgenden Verhängung von zwei Zwangsstrafen ein nicht unbeträchtlicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden sei. Der pünktlichen Abrechnung und Zahlung der Getränkesteuer sowie der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin aus der Verspätung keine finanziellen Vorteile gezogen hat, werde durch die Herabsetzung des Verspätungszuschlages auf 3 % Rechnung getragen.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. Juni 1998, B 961/98, abgelehnt. Gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof werden inhaltliche Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich insbesondere in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung eines Verspätungszuschlages bei ordnungsgemäßer und fristgerechter Entrichtung der Getränkesteuer und bloß verspätet eingereichter Steuererklärung und ihrem Recht auf Entscheidung durch ein zuständiges Organ verletzt. Hinsichtlich der letztgenannten Rechtsverletzung wird insbesondere vorgebracht, dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, welche bzw wie viele Personen an der Entscheidung mitgewirkt haben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. In der Gegenschrift wurde unter anderem ausgeführt, die Beisitzer und Stellvertreter der Beisitzer der Abgabenberufungskommission seien entsprechend den Bestimmungen der Wiener Abgabenordnung bestellt worden. Zu jeder Sitzung der Abgabenberufungskommission würden alle Mitglieder und Ersatzmitglieder geladen, wobei die beamteten Beisitzer/Beisitzerstellvertreter ohne weitere Förmlichkeit vom Sitzungstermin verständigt würden, da sie der Magistratsdirektion - Verfassungs- und Rechtsmittelbüro, der Geschäftsstelle der Abgabenberufungskommission Wien, angehören. Die Mitglieder seien gesetzlich verpflichtet, an den Sitzungen der Abgabenberufungskommission teilzunehmen. Schon die gesetzliche Verpflichtung des einzelnen stimmführenden Mitglieds, zur anberaumten Sitzung zu erscheinen, schließe eine Einflussnahme der "Verwaltung" aus; damit sei die Regelung über die Beschlussfähigkeit der Abgabenberufungskommission auch bei bloßer Anwesenheit des Vorsitzenden und wenigstens von drei Beisitzern oder Stellvertretern unbedenklich.
Über entsprechende Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes wurde von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 13. November 1998 bekanntgegeben, Vorsitzender der Abgabenberufungskommission sei im Beschwerdefall (Sitzung vom 27. März 1998) OSR Dr. Wolfgang J. gewesen. Als Beisitzer hätten die Gemeinderäte Dr. Kurt S. und Mag. Sonja W., der Bezirksrat Mag. Bernhard L., SR Dr. Elisabeth K., SR. Dr. Werner M. und SR. Dr. Friedrich T. fungiert. Dr. J. sei auf Grund der von ihm in dieser Sitzung wahrgenommenen Funktion des Vorsitzenden durch den Stellvertreter Dr. T. vertreten worden, da die anderen beamteten Ersatzmitglieder dienstlich verhindert gewesen seien. Weiters werde in der Niederschrift über die Sitzung das Ersatzmitglied (Gemeinderat) Hans S. angeführt. Dieses Ersatzmitglied habe allerdings an den Beratungen und Abstimmungen nicht teilgenommen. Grund für die Anwesenheit des Ersatzmitgliedes Hans S. sei der Umstand gewesen, dass 79 Geschäftsstücke zur Beschlussfassung angestanden seien und eine Befangenheit eines der nichtbeamteten Mitglieder nicht auszuschließen gewesen sei. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass "vor der Beschlussfassung über den nunmehr angefochtenen Bescheid keine Beratung stattfand, sodass das genannte Ersatzmitglied auch nicht durch Wortmeldung auf die stimmberechtigten Mitglieder/Ersatzmitglieder hätte Einfluss nehmen können." Der Beschluss über den angefochtenen Bescheid sei von den Stimmberechtigten stimmeneinhellig gefasst worden. In der dem Schriftsatz angeschlossenen Niederschrift über die in Rede stehende Sitzung wurde Folgendes ausgeführt:
Die Erledigungsentwürfe betreffend Abwassergebühr, Ankündigungsabgabe, Abgabe nach dem Wiener Abfallwirtschaftsgesetz, Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz, Dienstgeberabgabe, Gebrauchsabgabe, Getränkesteuer, Interventionsgebühr, Kommunalsteuer, Ortstaxe, Parkometerabgabe, Vergnügungssteuer und Wassergebühr werden stimmeneinhellig beschlossen.
Über weitere Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes wurde von der belangten Behörde in einem Schriftsatz vom 19. März 1999 mitgeteilt, der Magistratsdirektor habe mit Schreiben vom 2. August 1995 Dr. P. zu seinem Vertreter als Vorsitzenden der Abgabenberufungskommission bestellt. Mit Schreiben vom 1. Februar 1996 sei vom Magistratsdirektor ergänzend verfügt worden, dass Dr. J. Dr. P. im Falle seiner Verhinderung als Vorsitzender zu vertreten habe. Dr. P. sei zum Zeitpunkt der Sitzung vom 27. März 1998 auf Urlaub gewesen. Weiters wurde von der belangten Behörde ausgeführt, die Wiener Abgabenordnung fordere keinen für einen bestimmten Zeitraum im Voraus festgelegten Geschäftsverteilungsplan, sondern übertrage es dem Vorsitzenden , im Rahmen der ihm zukommenden Leitungsbefugnisse die Geschäfte bezüglich der in einer Sitzung zu entscheidenden Berufungen auf die rechtskundigen Beisitzer zu verteilen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach Art 20 Abs. 1 B-VG führen die Verwaltung unter der Leitung der obersten Organe des Bundes und der Länder nach den Bestimmungen der Gesetze auf Zeit gewählte Organe oder ernannte berufsmäßige Organe. Sie sind, soweit nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt ist, an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden und diesen für ihre amtliche Tätigkeit verantwortlich.
Ist durch Bundes- oder Landesgesetz zur Entscheidung in oberster Instanz eine Kollegialbehörde eingesetzt worden, deren Bescheide nach der Vorschrift des Gesetzes nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und der wenigstens ein Richter angehört, so sind nach Abs. 2 der genannten Verfassungsbestimmung auch die übrigen Mitglieder dieser Kollegialbehörde in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.
Nach dem die Vollziehung der Bundeshauptstadt Wien betreffenden Art 111 B-VG steht in den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens die Entscheidung in oberster Instanz besonderen Kollegialbehörden zu.
Nach § 203 der Wiener Abgabenordnung (WAO) obliegt der Abgabenberufungskommission als Abgabenbehörde zweiter Instanz die Entscheidung über Berufungen. Die Abgabenberufungskommission besteht aus dem Vorsitzenden, sechs Beisitzern und sechs Stellvertretern der Beisitzer (§ 204 WAO). Vorsitzender ist der Magistratsdirektor oder ein von ihm bestimmter Vertreter (§ 204 WAO). Je zwei der Beisitzer und Stellvertreter sind von der Landesregierung auf Vorschlag der stärksten, je einer auf Vorschlag der zweitstärksten Partei des Gemeinderates zu ernennen (§ 206 Abs. 1 Satz 1 WAO). Die drei weiteren Beisitzer und Stellvertreter müssen rechtskundige Beamte des Magistrates sein, die an der Verwaltung der Abgaben in erster Instanz nicht mitwirken dürfen. Sie sind von der Landesregierung auf unbestimmte Zeit zu ernennen und können von dieser jederzeit abberufen werden (§ 207 WAO). Die Abgabenberufungskommission hat über die Berufung zu beraten und über die Entscheidung sowie über allfällige Vorfragen abzustimmen. Sie ist beschlussfähig, wenn der Vorsitzende und wenigstens drei Beisitzer oder Stellvertreter anwesend sind (§ 220 WAO).
Nach § 221 Abs. 1 WAO leitet der Vorsitzende die Beratung und Abstimmung. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist über die Beratung und Abstimmung eine Niederschrift aufzunehmen, die vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterfertigen ist.
Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, eine Besetzung der Abgabenberufungskommission sei insbesondere im Hinblick auf § 220 WAO nach den Gegebenheiten des Einzelfalles zulässig, wodurch ein System geschaffen sei, das es einem Vorsitzenden ermöglicht, nach seinem Gutdünken die Senate im Einzelfall zusammenzustellen. Eine solche Regelung verstoße nach Auffassung der Beschwerdeführerin gegen verfassungsrechtliche Bestimmungen. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Bedenken ist davon auszugehen, dass das hier in Rede stehende landesgesetzliche Abgabenwesen im Vollziehungsbereich der Verwaltung zuzuordnen ist. Wenngleich für das Abgabenwesen der Bundeshauptstadt Wien auch in Art 111 B-VG die letztinstanzliche Entscheidung einer Kollegialbehörde übertragen ist, so bedeutet dies keineswegs, dass es sich nach dem Auftrag der Bundesverfassung bei dieser Behörde um eine unabhängige Behörde mit Tribunalcharakter zu handeln habe. Die Regelung des Art. 111 B-VG beschränkt sich vielmehr auf die Anordnung, dass zur Besorgung der dort erwähnten Angelegenheiten in Wien Kollegialbehörden einzurichten sind (vgl Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 343). Aus dem Umstand, dass die Bundesverfassung im Art. 20 Abs. 2 B-VG und Art. 133 Z. 4 B-VG Regelungen über - im Bereich der Verwaltung eine Ausnahme im Sinne des zweiten Satzes des Art. 20 Abs. 1 B-VG darstellende - unabhängige Kollegialbehörden "mit richterlichem Einschlag" kennt, für die nach Art. 111 B-VG - zur Wahrung des im Jahre 1929 vorhandenen Behördenbestandes (vgl VfSlg 4456) - für die Bundeshauptstadt Wien vorgesehenen Kollegialbehörden aber eine solche Unabhängigkeit gerade nicht verfassungsgesetzlich vorgesehen ist, ist ersichtlich, dass der (einfache) Gesetzgeber keineswegs gehalten ist, für Verwaltungsbehörden Verfahrensgrundsätze zu statuieren, die ansonsten der Wahrung der Unabhängigkeit von unabhängigen Tribunalen dienen. Im Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass das Abgabenwesen nach herrschender Auffassung nicht unter die im Art. 6 EMRK angeführten Angelegenheiten zu zählen ist (vgl z.B. VfSlg 7612/1975, 8512/1979). Dies wird auch für Nebenansprüche zu Abgaben in dem weiter unten noch zu erörterndem Umfang gelten. In diesem Sinne hat es der Gesetzgeber der Wiener Abgabenordnung - anders als der Gesetzgeber der Bundesabgabenordnung - (mangels verfassungsrechtlicher Legitimierung) auch unterlassen, die Unabhängigkeit der Abgabenberufungskommission vorzusehen. Vielmehr hat er gerade durch die Bestimmung, wonach die beamteten Beisitzer jederzeit abberufen werden können, zum Ausdruck gebracht, dass der Kommission Tribunalcharakter nicht zukommt. Ebenfalls anders als die Bundesabgabenordnung (vgl § 270 Abs. 2 BAO) sieht demzufolge die WAO auch keine feste Geschäftsverteilung vor. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift selbst darauf hingewiesen, dass die "beamteten" Beisitzer und Beisitzerstellvertreter der Magistratsdirektion - Verfassungs- und Rechtsmittelbüro angehören, wobei die Magistratsdirektion auch als Geschäftsstelle fungiere, ein Umstand, der zweifellos gegen das Vorliegen einer von der "Verwaltung" unabhängigen Behörde spricht. Ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Abgabenberufungskommission der Organisation der Magistratsdirektion angehört, stellt auch die Geschäftszahl des angefochtenen Bescheides dar. Da somit insgesamt davon auszugehen ist, dass die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien keine unabhängige Behörde ist, für die Organisation einer Verwaltungsbehörde an sich aber keine verfassungsrechtlichen Vorgaben betreffend Zusammensetzung und Entscheidungsfindung bestehen, treffen die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin gegen die angeführten Bestimmungen der WAO nicht zu.
Auch die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Bedenken gegen die Zusammensetzung der Abgabenberufungskommission bei der Findung des angefochtenen Bescheides gehen damit aber weitgehend ins Leere. Dass der Vorsitzende und die Beisitzer zur Entscheidung im Sinne der einfachgesetzlichen Regelungen der §§ 205 ff WAO legitimiert waren, wurde von der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgewiesen.
Dennoch hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet: Im Schriftsatz der belangten Behörde vom 13. November 1998 wurde im Zusammenhang mit der Anwesenheit eines über die Besetzung nach den §§ 205 ff WAO hinausgehenden Ersatzmitglieds (Gemeinderat Hans S.) ausdrücklich ausgeführt, es habe vor der Beschlussfassung des angefochtenen Bescheides keine Beratung stattgefunden (sodass es zu keiner Beeinflussung durch dieses Ersatzmitglied habe kommen können). Das Vorbringen, es habe keine Beratung stattgefunden (welches Vorbringen im weiteren Schriftsatz vom 19. März 1999 in anderem Zusammenhang von der belangten Behörde wieder in Abrede gestellt wurde), findet seine Deckung auch in der Niederschrift über die Sitzung der Abgabenberufungskommission, die keinerlei Angaben über eine Beratung enthält. Durch die Unterlassung einer Beratung des Berufungsfalles hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
In materieller Hinsicht ist von Folgendem auszugehen:
Im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-437/97 , wonach sich niemand auf Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 berufen könne, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass dieses Urteils entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt, ist zunächst festzustellen, dass sich die Beschwerdeführerin in ihrem im Verwaltungsverfahren eingebrachten Rechtsmittel wie auch in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich gegen die Verhängung eines Verspätungszuschlages gewandt hat. Wenn dabei auch der Verspätungszuschlag formell akzessorisch ist, ist seine Festsetzung doch isoliert rechtsmittelfähig (vgl Ritz, BAO-Kommentar2, § 135, Rz 18). Gegen den Anspruch an Getränkesteuer selbst hat die Beschwerdeführerin nach der Aktenlage keine Klage erhoben und keinen Rechtsbehelf eingelegt. Da der Abgabenanspruch nur in jenen Fällen durch das oben angeführte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften berührt ist, in denen gegen diesen Anspruch eine Klage erhoben oder ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist, folgt auch aus der grundsätzlichen Akzessorietät des Verspätungszuschlages nicht, dass sich die Beschwerdeführerin im Verfahren zur Festsetzung eines solchen Nebenanspruches auf dieses Urteil berufen kann.
Zur Festsetzung des Verspätungszuschlages ist im Übrigen davon auszugehen, dass die hiefür präjudizielle Bestimmung des § 104 Abs. 1 WAO zwar dem § 135 BAO nachgebildet ist. Dennoch kann die Abgabenbehörde Abgabenpflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10% der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Mit dieser abgabenrechtlichen Bestimmung wird aber die Unterlassung der rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen durch einen Zuschlag zur festgesetzten Abgabe sanktioniert. Im Bereich der von den Abgabenbehörden des Bundes zu erhebenden Abgaben dienen dabei die Abgabenerklärungen im Regelfall dazu, die Abgabenbehörden von Art und Umfang der entstandenen Steuerschuld in Kenntnis zu setzen und ihnen die Festsetzung dieser Steuerschuld durch Bescheid zu ermöglichen. Demgegenüber ist hinsichtlich von Selbstbemessungsabgaben, deren Erhebung den Landes- und Gemeindebehörden zukommt, vielfach - wie im Beschwerdefall durch § 5 Abs. 1 der Wiener Getränkesteuerverordnung 1992 - landesgesetzlich (allenfalls auch bundesgesetzlich) vorgesehen, dass über die in einem Jahr entstandene Steuerschuld eine Abgabenerklärung eingereicht wird. Derartige Vorschriften bezüglich Selbstbemessungsabgaben stellen aber ihrem Charakter nach bloße Ordnungsvorschriften dar. Die Unterlassung der Einreichung einer solchen Erklärung über bereits fällig gewesene Selbstbemessungsabgaben kann auch im Regelfall nicht als Tathandlung etwa einer Abgabenverkürzung angesehen werden. Die Verletzung solcher Ordnungsvorschriften wird verwaltungsstrafrechtlich regelmäßig mit einer nach oben limitierten Geldstrafe geahndet: So beträgt etwa die Höchststrafe einer eine Finanzordnungswidrigkeit darstellenden Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG S 50.000,--. Die Unterlassung der Einreichung der Kommunalsteuererklärung wird nach § 15 Abs. 2 KommStG mit einer Geldstrafe bis zu S 6.000,-- geahndet. Im Bereich der (Wiener) Getränkesteuer selbst begeht nach § 5 Abs. 2 Wiener Getränkesteuergesetz 1992 eine Verwaltungsübertretung, wer die Steuererklärung nicht termingemäß einreicht. Die Strafdrohung beträgt nach dieser Gesetzesstelle eine Geldstrafe bis zu S 6.000,--. Wird aber von der Abgabenbehörde wie im Beschwerdefall mit einem - neben der Drohung mit einem Verwaltungsstrafverfahren kumulativ in Betracht kommenden -Verspätungszuschlag vorgegangen, der in seinem absoluten Betrag weit über Strafdrohungen der angedrohten Art hinausgeht, so stellt dies nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes einen Verstoß gegen das Übermaßverbot dar. Ein Verspätungszuschlag in der von belangten Behörde vorgeschriebenen Höhe kommt im Zusammenhalt mit dem angeführten Umstand, dass von der Beschwerdeführerin lediglich gegen eine abgabenrechtliche Ordnungsvorschrift ohne Möglichkeit der Beeinträchtigung der in Rede stehenden Stammabgabe verstoßen wurde, wegen seines pönalen Charakters einer Strafe nahe (vgl dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1985, G 42/85, G 109-111/85, Slg. Nr. 10517, zu § 9 GebG). Auch unter Bedachtnahme auf die verfassungsrechtliche Bestimmung des Art 6 EMRK ist es der belangten Behörde, die wie ausgeführt nicht als Gericht im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, verwehrt, einen Verspätungszuschlag der genannten Höhe vorzuschreiben.
Mit dem aufgezeigten Missbrauch der Ermessensübung hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit vorgeht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 11. Mai 2000
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)