VwGH 98/09/0199

VwGH98/09/019929.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. Christian Barmüller, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Löwelstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. April 1997, Zl. UVS-07/A/06/00642/96, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
ABGB §1151;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1997 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als Obmann des Vereines P mit dem Sitz in W zu verantworten, dass dieser Verein in der Zeit von 27. August 1995 bis 24. Mai 1996 den slowakischen Staatsangehörigen K an einer näher bezeichneten Arbeitsstelle in Wien ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen beschäftigt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und Kostenbeiträge von S 2.000,-- für das erstinstanzliche Verfahren sowie S 4.000,-- für das Berufungsverfahren verhängt.

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung als erwiesen zugrunde gelegt, dass der vom Beschwerdeführer (nach außen) vertretene Verein P seine helfenden Mitglieder unfall-, kranken- und haftpflichtversichert habe; die Prämie für die Versicherung dieser Vereinsmitglieder habe jährlich ca. S 800.000,-- betragen. Die Mitgliedsbeiträge der hilfebedürftigen Mitglieder - in der für ein derartiges Mitglied ab 1. August 1994 von S 8.680,-- auf S 6.190,-- herabgesetzten Höhe - seien u.a. zur Bezahlung dieser Versicherungsprämie verwendet worden. Ab August 1994 habe das hilfebedürftige Mitglied das - bisher vom Verein P an das helfende Mitglied überwiesene - Taschengeld von S 100,-- pro Tag direkt seinem helfenden Mitglied zu zahlen. Es sei im Ermessen des Vereinsvorstandes gelegen gewesen, von hilfebedürftigen Mitgliedern ohne erforderliche finanzielle Mittel keinen Beitrag einzuheben; es komme auch vor, dass der Verein die Kosten des helfenden Mitgliedes übernehme, wenn ein hilfebedürftiges Mitglied nur wenig Geld habe. Hilfebedürftige Mitglieder, die den Vereinsbeitrag nicht bezahlten, seien gemahnt und darauf hingewiesen worden, dass (ausgenommen für Personen ohne hinreichende finanzielle Mittel) nur mit Zahlung des Vereinsbeitrages die Betreuung im Rahmen des Vereines möglich sei. Der Verein versuche, die hilfebedürftigen Mitglieder zur Zahlung aufzufordern; habe dies keinen Erfolg, dann sei das helfende Mitglied vom Verein abgezogen worden. Ein hilfebedürftiges Mitglied, das den Mitgliedsbeitrag nicht (oder nicht rechtzeitig) entrichte, habe damit rechnen müssen, dass das ihm zugewiesene helfende Mitglied vom Verein P abgezogen werde. In den Richtlinien für die Inanspruchnahme von Vereinshilfe (P-Informationsblatt Nr. 2) sei u.a. ausdrücklich festgehalten, dass die Gewährleistung der Mindestbedingungen - nämlich freie Kost und Quartier sowie Spesenersatz von S 100,-- pro Aufenthaltstag - für jedes Mitglied verpflichtend sei und der Verein P die Mitgliedschaft und die Ausübung der mit ihr verbundenen Rechte davon abhängig mache, dass diese Richtlinien eingehalten werden. Eine Gesamtbetrachtung ergebe im vorliegenden Fall, dass der beschäftigte Ausländer die Betreuungstätigkeit (des Herrn Prof. M) in offenbarer wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Verein P ausgeübt habe. Der Ausländer habe dafür ein vom hilfebedürftigen Mitglied verpflichtend auszubezahlendes "Taschengeld" erhalten; die Zuweisung des helfenden Mitgliedes an das hilfebedürftige Mitglied sei durch den Verein P erfolgt. Der Ausländer sei vom Verein bei der Grazer Wechselseitigen zur Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung angemeldet gewesen. Im vorliegenden Fall sei überdies (laut dem Informationsblatt Nr. 3) eine Konkurrenzklausel mit dem Ausländer vereinbart gewesen. Die Beiträge der Mitglieder seien wirtschaftlich als "unechte" Mitgliedbeiträge zu werten, weil durch sie ganz gezielte Leistungen zugänglich gemacht worden seien; habe sich das hilfebedürftige Mitglied durch seine Beitragszahlung doch die Bereitstellung einer bestimmten Betreuungsleistung (Altenbetreuung) verschafft. Wirtschaftlich seien das - über Empfehlung des Vereines geleistete - Taschengeld als Arbeitslohn von dritter Seite und die Bezahlung der Versicherungsprämie als direkter Vorteil (Sachbezug vom Verein P) zu werten. Die für eine Verwendung des Ausländers in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis sprechenden Elemente würden überwiegen, sodass eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG vorgelegen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte jedoch mit Beschluss vom 9. Juni 1998, B 1880/97-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie entsprechend dem Eventualantrag des Beschwerdeführer gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm nach dem AuslBG zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungstrafverfahrens vor, erklärte von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen und stellte den Antrag, die Beschwerde unter Zuerkennung des verzeichneten Vorlageaufwandes als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde die "Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes". Er lässt bei diesen Ausführungen allerdings die oben zusammenfassend wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, wie sie den Seiten 25 bis 29 des angefochtenen Bescheides zu entnehmen sind, außer acht. Den als fehlend gerügten Sachverhalt hat die belangte Behörde hinreichend festgestellt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft der Beschwerdeführer in Wahrheit keinen Verfahrensmangel, sondern die Beurteilung der Behörde, dass nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens der Ausländer in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis verwendet worden sei. Er macht damit im Wesentlichen geltend, dass der von ihm vertretene Verein seinen Mitgliedern die Vereinstätigkeit als freiwillige und jederzeit beendbare Betätigung anheimgestellt habe. Eine vertragliche Bindung oder eine "Erscheinung des sogenannten Arbeitsmarktes" sei nicht vorgelegen. Die belangte Behörde habe "durch Verdrehung von an sich unbedenklichen Sachverhalten ihre Pflicht zu einer sorgfältigen und unvoreingenommenen Würdigung aller Verfahrensergebnisse verletzt".

Das AuslBG regelt die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet. Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis,
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

    c) in einem Ausbildungsverhältnis einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5 ,

  1. d) nach dem Bestimmungen des § 18 oder
  2. e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1998.

    Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt order eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

    Eine Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder einen Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde.

    Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 1998, Zl. 98/09/0290, und vom 3. Juli 2000, Zl. 99/09/0037) dargelegt hat, fallen Gefälligkeitsdienste nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG. Als Gefälligkeitsdienste können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG ist fließend. Es ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 11. Juli 1990, Zl. 90/09/0062, ausgesprochen, dass der Umstand der stundenweise Aushilfe (in der Landwirtschaft und im Gastbetrieb) eines Ausländers, der bei einem Arbeitgeber freies Quartier und freie Kost hat, alleine für sich nicht die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG rechtfertigt. Auch die Mithilfe eines Dauergastes im Haushalt oder die Dienste eines Flüchtlings für Quartier und Kost können Gefälligkeitsdienste darstellen. Bedenken sind jedoch dann angebracht, wenn die Tätigkeit in einem Gewerbebetrieb erfolgen soll. Wesentlich ist in einem solchen Fall die Freiwilligkeit der Leistung. Freiwilligkeit ist in diesem Zusammenhang nur dann anzunehmen, wenn nicht versteckter oder offener Zwang vorliegt.

    Im Beschwerdefall kann nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine Rede davon sein, dass der verwendete Ausländer unentgeltlich Gefälligkeitsdienste erbrachte, wurde er für seine Betreuungsleistungen doch einerseits vom Verein P kranken-, unfall- und haftpflichtversichert und andererseits von dem hilfebedürftigen Vereinsmitglied mit einem - vom Verein hinsichtlich der Mindesthöhe "verbindlich empfohlen" - Taschengeld täglich bezahlt. Aus welchem Grund diese Betreuungsleistungen als frei von verstecktem oder offenen Zwang erbracht angesehen werden müssten, vermag der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darzutun. Dass die Nichtbezahlung des Mitgliedsbeitrages durch zahlungsunwillige hilfebedürftige Mitglieder Auswirkungen auf die dem Verein P vorbehaltene Zuweisung eines helfenden Mitgliedes hatte, bestreitet der Beschwerdeführer nicht. An diesem Zusammenhang zwischen dem für zahlungsfähige Mitglieder zur Erlangung der Altenbetreuung unvermeidlichen Mitgliedsbeitrag und der Betreuungsleistung vermag der Umstand, dass nach dem Ermessen des Vereinsvorstandes einzelnen über zu geringe finanzielle Mittel verfügenden oder zahlungsunfähigen Mitgliedern eine Bezahlung des Mitgliedsbeitrages ganz oder teilweise erlassen werden konnte, nichts zu ändern.

    Geht man von dem im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalt aus, dann gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, die Beurteilung der belangten Behörde, im Beschwerdefall würden die Hinweise auf die Verwendung des Ausländers in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis insgesamt betrachtet überwiegen und es sei daher eine nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung vorgelegen, als rechtswidrig erscheinen zu lassen.

    Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 29. November 2000

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