VwGH 98/09/0043

VwGH98/09/004328.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des EZ in F, vertreten durch Dr. Robert Fluck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wallnerstraße 2, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 10. Dezember 1997, Zl. 130/6-DOK/97, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand als Oberrevident in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Zur Zeit des beschwerdegegenständlichen Disziplinarvergehens versah er seinen Dienst beim Postamt Albrechtsberg.

Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 17. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schuldig erkannt, am 7. August 1997 aus dem Wertzeichenvorschuss des Postamtes Albrechtsberg S 200,-- für private Zwecke entnommen zu haben. Durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer gegen die einschlägigen Bestimmungen des Handbuches für den Kassen- und Verrechnungsdienst der Postämter (Teil 2) sowie gegen die Pflicht des Beamten, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979) verstoßen und sich dadurch einer Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 leg. cit. schuldig gemacht. Es wurde deshalb über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

In der Begründung führte die Disziplinarbehörde erster Instanz im Wesentlichen aus, über den Beschwerdeführer sei mit Erkenntnis der Disziplinarkommission vom 15. Juli 1997 wegen Aneignung von Spendeneinzahlungen gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von S 36.000,-- rechtskräftig verhängt worden. Weiters sei über ihn mit Urteil des Landesgerichts Krems vom 3. April 1997 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß §§ 127, 130 erster Fall StGB, eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verhängt worden. Auf Grund häufiger Kassenunterschiede bei der Einschulung des Beschwerdeführers sei am 7. August 1997 der Wertzeichenvorschuss in Höhe von S 5.000,--, den der Beschwerdeführer übernommen habe, vom Amtsleiter des Postamtes A, einer Überprüfung unterzogen worden. Gleich zu Beginn der Prüfung habe der Beschwerdeführer zugegeben, S 200,-- für den Ankauf einer Jause aus dem Wertzeichenvorschuss entnommen zu haben. Auf den Vorhalt des Amtsleiters, wieso er Amtsgeld aus dem Wertzeichenvorrat für private Zwecke herausgenommen habe, sei der Beschwerdeführer zu seinem privaten PKW gegangen, um sein Postsparbuch zu holen. Von diesem habe er sodann S 1.000,-- abgehoben und davon wiederum S 200,-- in den Wertzeichenvorschuss eingezahlt. Niederschriftlich dazu am 8. August 1997 von Beamten des Erhebungsdienstes einvernommen, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er die S 200,-- aus der Kasse entnommen habe, um sich eine Jause und ein Mittagessen zu kaufen. Weiters habe er angegeben, dass er sich das Geld nur ausgeborgt und beabsichtigt habe, die Mittagspause abzuwarten, um das Sparbuch aus seinem Auto zu holen. Auf den Vorhalt des Erhebungsdienstes, dass das Privatauto nur 20 m vom Postamtseingang entfernt geparkt gewesen sei, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er auf Grund des starken Kundenverkehrs im Postamt nicht im Stande gewesen sei, das Sparbuch sofort aus seinem Auto zu holen. Auf den Vorhalt, dass am 7. August 1997 den ganzen Tag nur insgesamt 16 Kunden am Postamt Einzahlungen getätigt hätten, habe er erklärt, dass er noch andere Tätigkeiten, wie zB Zustellerabrechnungen, Briefmarkenverkauf, Lotto- und Rubbelloseverkauf, durchzuführen gehabt hätte. Wie vom Erhebungsdienst festgestellt worden sei, habe bei diesen vom Beschwerdeführer angegebenen Tätigkeiten auch der Amtsleiter mitgearbeitet. Weiters seien am 7. und 8. August 1997 durch die Zusteller überhaupt keine Geldbeträge zur Auszahlung gelangt. Somit seien auch keine Zustellerauszahlungen bzw. Abrechnungen zu tätigen gewesen. Weiters sei auf den Zustellkarten ersichtlich, dass am 7. und 8. August 1997 nur insgesamt je 4 Pakete pro Zusteller, insgesamt 6 Rückscheinbriefe und eine eingeschriebene Briefsendung abzurechnen gewesen seien. Darauf angesprochen habe der Beschwerdeführer nichts mehr angeben können. Laut Handbuch für den Kassen- und Verrechnungsdienst der Postämter Teil 2 (Allgemeine Bestimmungen) sei die Vermengung von Amts- und Privatgeldern verboten. Der Beschwerdeführer habe sich in der mündlichen Verhandlung schuldig bekannt, durch sein Verhalten eine Dienstpflichtverletzung begangen zu haben. Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten stelle unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorstrafe eine schwere Dienstpflichtverletzung dar. Mit Erkenntnis der Disziplinarkommission vom 15. Juli 1997 sei über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von S 36.000,-- verhängt worden, welche mit Ablauf des 15. Juli 1997 in Rechtskraft erwachsen sei. Darin sei der Beschwerdeführer für schuldig befunden worden, sich im Zeitraum Februar 1993 bis März 1996 von Kunden mittels Spendenerlagschein eingezahlte Geldbeträge in der Höhe von mindestens S 20.000,-- widerrechtlich angeeignet und für eigene Zwecke verwendet zu haben. Der Senat sei damals zu dem Schluss gekommen, dass diese Dienstpflichtverletzungen zweifelsohne schwere Verfehlungen darstellen würden, die an sich die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung rechtfertigen würden. Das Vertrauen der Post und das Vertrauen der Kunden sei auf das gröblichste missbraucht worden. Auf Grund der bisherigen disziplinären Unbescholtenheit und der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers habe der Senat jedoch von der Entlassung abgesehen. Er sei der Ansicht gewesen, dass sowohl das Straf- als auch das Disziplinarverfahren einen nachhaltigen Eindruck auf den Beschwerdeführer gemacht und ihm den Ernst der Lage vor Auge geführt hätte. Die Verhängung einer Geldstrafe sei als geeignet erschienen, ihn von der Setzung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In weiterer Folge sei dem Beschwerdeführer von seinem Dienstgeber die Chance gegeben worden, als Amtsleiter des Postamtes A. eingesetzt zu werden. Statt sich des in ihm gesetzten Vertrauens würdig zu erweisen und die ihm gegebene einmalige Chance zu nützen, habe er noch während seiner Einschulung als Amtsleiter am 7. August 1997, also nur kurze Zeit nach seiner rechtskräftigen disziplinären Verurteilung, S 200,-- aus dem Wertzeichenvorschuss des Postamtes A. für eigene Zwecke entnommen. Die Respektierung fremden Eigentums durch Bedienstete der Post, welche in sämtlichen Bereichen ihrer Tätigkeit mit fremdem Eigentum in Berührung kommen bzw. solches ihnen anvertraut werde, sei oberstes Gebot zur Aufrechterhaltung des Betriebes. Dass es sich bei dem gegenständlichen Zugriff auf fremdes Geld auch nicht um ein einmaliges Versagen des Beamten gehandelt habe, zeige seine auf die gleiche schädliche Neigung hinweisende und offensichtlich fruchtlos gebliebene Vorstrafe. Der erkennende Senat sei daher zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Vertrauensverhältnis zwischen sich und seinem Dienstgeber einerseits und das zwischen der Post und deren Kunden bestehende Vertrauensverhältnis andererseits nunmehr zerstört habe und damit in seinem Dienstverhältnis untragbar geworden sei. Eine Weiterbeschäftigung eines Beamten, der binnen kurzer Zeit nach einer einschlägigen disziplinären Verurteilung eine neuerliche einschlägige Dienstpflichtverletzung setze, sei für jeden Dienstgeber unzumutbar. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Beamter, der sich unter Ausnutzung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes an fremden Geldern vergreift, grundsätzlich nicht mehr tragbar, weil durch eine derartige Verhaltensweise nicht nur das Vertrauensverhältnis zu seinem Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit zerstört werde. Der entscheidende Gesichtspunkt sei hiebei, dass sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen müsse, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich sei. Die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten sei gerade im Bereich der Post bei dem häufig gegebenen Umgang mit Geld und geldwerten Gegenständen ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt. Sei durch die begangene Verfehlung das Vertrauensverhältnis zwischen den Beamten und dem Dienstgeber zerstört, dann fehle es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessenserwägungen. Daher könnten alle möglicherweise sonst gegebenen Milderungsgründe dahingestellt bleiben. Die einschlägige Vorstrafe des Beschwerdeführers zeige weiters, dass er mit bloß einer Geldstrafe von der Begehung weiterer auf derselben schädlichen Neigung beruhender Dienstpflichtverletzungen nicht abgehalten werden könne. Als mildernd sei das reumütige Geständnis, als erschwerend die neuerliche einschlägige Disziplinarverletzung innerhalb kürzerster Zeit nach der Verhängung einer Disziplinarstrafe in Betracht gezogen worden.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen "Berufung gegen das Strafausmaß" beantragte der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Zur Begründung brachte er vor, bezüglich der im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Dienstpflichtverletzung bekenne er sich schuldig, möchte jedoch zu seiner Rechtfertigung anführen, dass es zwar richtig sei, dass er sich S 200,-- aus dem Wertzeichenvorschuss geborgt habe und somit gegen die Bestimmungen des Kassen- und Verrechnungsdienstes verstoßen habe. Mit dieser Handlung sei jedoch keinerlei Aneignungsabsicht verbunden gewesen und deshalb sei die Feststellung der Disziplinarkommission, dass diese Tat auf der gleichen schädlichen Neigung beruhe wie die vorhergehende Dienstpflichtverletzung, nicht richtig. Wenn er zu Beginn der Kontrolle des Wertzeichenvorschusses nicht ehrlich gesagt hätte, dass er sich S 200,-- ausgeborgt habe, wäre nach Abschluss der Prüfung ein Kassenabgang von S 200,-- festgestellt worden, den er ersetzt hätte, womit die Angelegenheit ohne disziplinärer Verfolgung erledigt gewesen wäre. Der Beschwerdeführer ersuche daher unter Berücksichtigung der Milderungsgründe des reumütigen Geständnisses und der gesundheitlichen sowie familiären Gegebenheiten sowie der Tatsache, dass nur auf Grund seiner eigenen und freiwillig gemachten Angaben die Feststellung, dass überhaupt eine Dienstpflichtverletzung vorliege, möglich gewesen sei, von der Entlassung Abstand zu nehmen und eine der Dienstpflichtverletzung angemessene Geldbuße bzw. Geldstrafe zu verhängen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom 10. Dezember 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt. Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, da sich die Berufung ausschließlich nur gegen die Höhe der Strafe richte, der Sachverhalt im Übrigen auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden sei, sei auf die Schuldfrage nicht mehr einzugehen. Der erkennende Senat pflichte den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde in der Frage der Strafbemessung voll inhaltlich bei. Wesentlich für die nunmehr auszusprechende Entlassung des Beschwerdeführers sei, dass über ihn mit Disziplinarerkenntnis vom 15. Juli 1997 wegen widerrechtlicher Aneignung von von Kunden mittels Spendenerlagschein eingezahlten Geldbeträgen in Höhe von mindestens S 20.000,-- die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von S 36.000,-- verhängt worden sei, wofür er auch gerichtlich wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt auf 3 Jahre, verurteilt worden sei. Auf Grund der bisherigen disziplinären Unbescholtenheit und der persönlichen Verhältnisse sei damals jedoch von der Entlassung in der Meinung abgesehen worden, sowohl das Straf- als auch das Disziplinarverfahren hätten einen nachhaltigen Eindruck auf den Beschwerdeführer gemacht und ihm den Ernst der Lage vor Augen geführt. Da der Beschwerdeführer bereits drei Wochen nach dieser disziplinären Verurteilung erneut gegen die Kassenvorschriften verstoßen habe, bestünden keine Zweifel, dass er nicht gewillt sei, fremdes Eigentum zu respektieren. Hiebei komme es nicht darauf an, dass der Beschwerdeführer nicht in Aneignungsabsicht gehandelt habe, sondern sich die S 200,-- nur ausgeborgt hätte. Ebenso irrelevant sei sein Vorbringen, dass, wenn er zu Beginn der Kontrolle nicht ehrlich gesagt hätte, dass er sich das Geld ausgeborgt habe, nach Abschluss der Prüfung ein Kassenabgang von S 200,-- festgestellt worden wäre, den er ersetzt hätte und somit die Angelegenheit ohne disziplinäre Verfolgung erledigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei wegen des massiven Vertrauensbruches für ein öffentlich rechtliches Dienstverhältnis untragbar geworden. Unter diesen Umständen sei die Berücksichtigung von Milderungsgründen nicht mehr geeignet, ein anderes Ergebnis herbeizuführen. Schließlich dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Disziplinarstrafe lediglich die Folge der vom Beschwerdeführer selbst zu verantwortenden Handlungen sei und eine unvertretbare Milde der Disziplinarbehörde in der Öffentlichkeit und in der Kollegenschaft kein Verständnis fände.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtverhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, die von ihm erhobene Berufung sei entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht nur als "Berufung wegen Strafe", sondern auch als solche "wegen Schuld" zu qualifizieren, weshalb die belangte Behörde auch die Frage der Schuld zu prüfen gehabt hätte.

Diesen Ausführungen ist zu entgegnen, dass sich die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung ausdrücklich nur gegen das Strafausmaß richtete ("Berufung gegen das Strafausmaß"), sich der Beschwerdeführer darin der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung schuldig bekannte und sich auch aus deren weiteren Inhalt, insbesondere dem gestellten Berufungsantrag, ohne Zweifel ergibt, dass der Beschwerdeführer damit lediglich das Strafausmaß bekämpfte. Die belangte Behörde ist demnach zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung schuldhaft vorgenommen hat. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 125a Abs. 3 Z. 4 BDG 1979, wonach die Disziplinaroberkommission von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrags Abstand nehmen kann, wenn sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet, kann es daher auch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absah.

Da somit im Beschwerdefall der Schuldspruch des erstinstanzlichen Bescheides unangefochten blieb, ist dieser Teil des erstinstanzlichen Bescheides in Rechtskraft erwachsen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 96/09/0071), weshalb das Beschwerdevorbringen betreffend die Schuldfrage unberücksichtigt zu bleiben hat. Im Beschwerdefall ist somit allein strittig, ob die von der belangten Behörde vorgenommene Strafbemessung, über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen, gesetzmäßig erfolgte.

Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer vor, die Anlasstat sei wegen des geringfügigen Betrages vom S 200,-- inadäquat rigoros ausgemessen worden, weil unter Zugrundelegung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers und seiner wirtschaftlichen und familiären Verhältnisse allenfalls die Disziplinarstrafe der Geldstrafe angemessen gewesen wäre. Jedenfalls sei die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung unverhältnismäßig. Zudem könne bei einem Bagatellbetrag von S 200,- nicht von einem Vertrauensbruch gesprochen werden könne. Darüber hinaus ziehe die belangte Behörde die bereits rechtskräftige disziplinäre Verurteilung des Beschwerdeführers zu Unrecht ein weiteres Mal bei der Strafbemessung heran. Da er für diese Handlungen bereits rechtskräftig bestraft worden sei, dürfe diese bei Beurteilung der gegenständlichen Disziplinarverletzung nicht als erschwerend herangezogen werden. Weiters sei die Entlassung im Hinblick auf sein Geständnis und seine Familien- und Obsorgepflichten nicht gerechtfertigt.

Die aus der Sicht des Beschwerdefalles maßgeblichen

gesetzlichen Bestimmungen des BDG 1979 lauten:

"§ 92 (1) Disziplinarstrafen sind

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

    3. die Geldstrafe bis zur Höhe von 5 Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

    4. die Entlassung.

    § 93 (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen."

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung

(vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1993, Zl. 93/09/0361, und vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0174) dargelegt, dass für die Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgeblich ist, in welchem objektiven Ausmaß gegen (Standes- oder) Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. September 1992, Zl. 92/09/0025, vom 11. April 1996, Zl. 95/09/0050, und vom 7. Juli 1999, Zl. 99/09/0042) dargelegt hat, ist die Disziplinarstrafe der Entlassung keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine Strafe, die sich wesentlich auch als dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes darstellt. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Die Gründe für eine solche Unvereinbarkeit lassen sich nur den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Wird dieser überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerstört, fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessenserwägungen. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis.

Auch wenn die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, so handelt es sich dabei doch um eine Strafe. Die Frage, ob durch die Verfehlung des Beamten das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung zerstört wurde, ist auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu beurteilen. Auch hier hat die Disziplinarbehörde gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 zunächst am Maß der Schwere der Dienstpflichtverletzung gemäß § 92 Abs. 1 leg. cit. zu prüfen, ob die Verhängung der höchsten Strafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 geboten ist. Hiebei hat sie sich gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 an den nach dem StGB für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zu orientieren und somit im Hinblick auf § 32 Abs. 1 StGB vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen, wobei sie vor allem zu berücksichtigen hat, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und auf äußere Umstände und Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte.

Erst wenn eine an diesem - an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten orientierten - Maßstab erfolgte Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung des Beamten ergibt, dass ein weiteres Verbleiben im Dienst untragbar geworden ist, fehlt es im Sinn der angeführten Rechtsprechung an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen dahingehend, ob im Sinne des § 93 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Fall bleibt für spezialpräventive Erwägungen kein Raum.

In diesem Sinne erweist sich aber die im Beschwerdefall verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung als gesetzmäßig. Ein Beamter, der sich unter Ausnutzung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes an fremden Geldern vergreift, ist grundsätzlich nicht mehr tragbar, weil durch eine derartige Tat nicht nur das Vertrauensverhältnis zu seinen Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit zerstört wird. Der entscheidende Gesichtspunkt ist hiebei, dass sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist. Dass dies gerade im Bereich der Post ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1993, Zl. 93/09/0361, vom 11. April 1996, Zl. 95/09/0050, und vom 23. Februar 2000, Zl. 97/09/0082, und die darin zu anderen Fällen im Bereich der Post angegebene Judikatur).

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine rechtskräftige Disziplinarstrafe bei Beurteilung der gegenständlichen Dienstpflichtverletzung als erschwerend herangezogen, ist er darauf zu verweisen, dass es nach der dargestellten Rechtslage nur darauf ankommt, ob das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beamten und seinen Vorgesetzten bzw. der Allgemeinheit zerstört wurde oder nicht. Die vor dem Hintergrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen gewerbsmäßigem Diebstahl und seiner danach dieselbe Vorgangsweise betreffende disziplinäre Bestrafung mit Disziplinarerkenntnis vom 15. Juli 1997 bereits drei Wochen danach am 7. August 1997 vom Beschwerdeführer begangene (neuerliche) Dienstpflichtverletzung betreffend die Verletzung der Vorschriften für den Kassen- und Verrechnungsdienst deutet darauf hin, dass der Beschwerdeführer nicht zuverlässig ist. Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, das grundsätzlich auf Lebenszeit angelegt ist, ist durch wechselseitige besondere Treue- und Fürsorgepflichten zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber gekennzeichnet. Durch die zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen hat der Beschwerdeführer aber erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er gegenüber der ihn treffenden Treueverpflichtung - gemessen an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten - tendenziell (und nicht bloß ausnahmsweise) eine zumindest gleichgültige, wenn nicht ablehnende Einstellung hat, der der Dienstgeber nur durch einen andauernden, die Grenzen der Zumutbarkeit überschreitenden Kontrollaufwand begegnen kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2000, Zl. 93/09/0182, und die darin angegebene Judikatur). Die im Disziplinarerkenntnis vom 15. Juli 1997 zugrundegelegte Ansicht der Disziplinarkommission, von einer Entlassung des Beschwerdeführers deshalb abzusehen, weil das Straf- bzw. Disziplinarverfahren "nachhaltigen Eindruck gemacht" und geeignet gewesen sei, "ihm den Ernst der Lage vor Augen zu führen", hat der Beschwerdeführer durch sein drei Wochen danach gesetztes Verhalten selbst widerlegt.

Unter Berücksichtigung dieser besonderen Begleitumstände des Beschwerdefalles war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer sei auf Grund seiner wiederholten Verfehlungen und des damit eingetretenen Vertrauensverlustes für ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis untragbar geworden. Dass der Beschwerdeführer - wie er behauptet - nicht in Aneignungsabsicht gehandelt habe, vermag daran nichts zu ändern.

Ist aber das Vertrauensverhältnis einmal zerstört und kommt demnach eine andere Disziplinarmaßnahme als jene der Entlassung nicht in Betracht, können alle möglicherweise sonst gegebenen Milderungsgründe (wie Obsorgepflichten, tätige Reue oder die wirtschaftlichen und familiären Verhältnisse) dahingestellt bleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1996, Zl. 95/09/0032). Zudem lässt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde aber auch den für die Disziplinarstrafe der Entlassung wesentlichen Gesichtspunkt völlig außer Acht, dass die ihm angelasteten Dienstpflichtverletzungen nach den konkreten Umständen seiner Verfehlungen geeignet sind, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben wesentlich zu untergraben und damit tief greifend zu zerstören. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass nach Auffassung des Beschwerdeführers die Öffentlichkeit von seiner Dienstpflichtverletzung keine Kenntnis erlangt hat.

Der belangten Behörde kann somit eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung nicht vorgeworfen werden, wenn sie nach den Umständen des Beschwerdefalles zu dem Ergebnis gelangte, dass nach Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Dienstpflichtverletzungen eine andere Disziplinarmaßnahme als jene der Entlassung nicht in Betracht kam.

Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften die Verletzung des Rechts auf Parteiengehör behauptet, vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil zufolge § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist dies nicht offenkundig, so ist es Sache des Beschwerdeführers, durch ein entsprechend konkretisiertes Vorbringen die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels darzutun. Ein derartiges Vorbringen lässt sich der Beschwerde jedoch nicht entnehmen.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. September 2000

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