VwGH 98/04/0019

VwGH98/04/001922.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des Dr. R in B, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 13. Jänner 1997, Zl. 303.163/7-III/A/2a/96, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: S Aktiengesellschaft in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 14.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 13. Jänner 1997 wurde u.a. die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. Jänner 1994, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage mit der Maßgabe von im Einzelnen dargelegten Änderungen in Ansehung der vorgeschriebenen Auflagen sowie folgender Festlegung der Betriebsbeschreibung abgewiesen:

"Im bestehenden Heizwerk Nord der S sollen neue Einrichtungen zur Dampferzeugung und Wärmeversorgung installiert werden. Die Dampferzeugung erfolgt mit einem Grund- und Spitzenlastkessel, ersterer mit einer Brennstoffwärmeleistung von 66,2 MW, letzterer mit einer Brennstoffwärmeleistung von 32,2 MW. Als Brennstoff für den Grundlastkessel ist entweder Heizöl schwer oder Heizöl schwer kombiniert mit "Biomasse" (Hackschnitzel, ausgenommen Rinde) im Verhältnis 84:16, bezogen auf die Brennstoffwärmeleistung, vorgesehen. Der Spitzenlastkessel soll mit Heizöl leicht betrieben werden. Beim Grundlastkessel sind primäre und sekundäre Maßnahmen zur Rauchgasreinigung vorgesehen (NOx-arme Brenner, Wirbelschichtmodul, Entschwefelung und Entstickung), der Spitzenlastkessel verfügt ausschließlich über Primäreinrichtungen zur Luftschadstoffbegrenzung (NOx-arme Brenner). Es ist eine kontinuierliche Kontrolle der Emissionen und einzelner meteorologischer Daten vorgesehen. Die Ableitung der Rauchgase soll in zwei unmittelbar aneinander gebauten, 68 m hohen Schornsteinen erfolgen. Ein gleichzeitiger Betrieb von Grundlast- und Spitzenlastkessel ist auf maximal 500 Stunden pro Jahr beschränkt.

Beim Grundlastkessel dürfen folgende maximalen Emissionskonzentrationen nicht überschritten werden:

SO2 bei Ölfeuerung 170 mg/m3

bei Mischfeuerung 127 mg/m3

NOx 100 mg/m3

Staub 20 mg/m3

Die Rauchgasmenge beträgt maximal 61.860 m3/h bei der Ölfeuerung und 68.840 m3/h bei der Mischfeuerung; die Rauchgastemperatur liegt bei 85 Grad C.

Beim Spitzenlastkessel sollen folgende maximalen Emissionskonzentrationen eingehalten werden:

SO2 340 mg/m3

NOx 350 mg/m3

Staub 35 mg/m3

Die Rauchgasmenge beträgt hier 31.700 m3/h, die Rauchgastemperatur 180 Grad C.

Sämtliche angegebenen Emissionswerte sind auf 3 % Restsauerstoff bezogen.

Der Grundlastkessel und die Stromerzeugungsanlage samt den dazugehörigen Nebenanlagen sollen in einem neuen Gebäude aufgestellt werden, der Spitzenlastkessel wird im bestehenden Kesselhaus des bisherigen Heizwerkes installiert. Die Schornsteine werden ebenfalls neu errichtet. Die Lagerung des Brennstoffes erfolgt im Falle des Heizöls schwer in den beiden bestehenden je 20.000 m3 fassenden Doppelmantelbehältern. Für das Heizöl leicht für den Spitzenlastkessel wird ein neuer Lagerbehälter mit 600 m3 Inhalt neben den beiden Behältern für Heizöl schwer aufgestellt. Für die Lagerung der Biomasse wird ein eigenes Brennstofflager mit 1000 m3 Lagerkapazität errichtet. Die Brennstoffanlieferung erfolgt entweder mittels Lkw oder Eisenbahn. Der Eisenbahnanschluss besteht bereits und wird für die Anlieferung der Biomasse erweitert.

Als weitere Anlagenteile sind die Einrichtungen zur Wasseraufbereitung und Rauchgasreinigung zu nennen. Für die Wasseraufbereitung des Kesselspeisewassers sollen zwei Vorratsbehälter für Natronlauge und Salzsäure mit je 10 m3 Inhalt aufgestellt werden. Die sekundären Rauchgasreinigungsanlagen betreffen die Rauchgase des Grundlastkessels. Die Entstickungsanlage der Rauchgase funktioniert nach dem Prinzip der selektiven katalytischen Reduktion (SCR). Dabei wird Salmiak in den Rauchgasstrom eingedüst und die mit Salmiak versetzten Rauchgase über einen Katalysator geleitet. Die Lagerung des hiefür erforderlichen Salmiaks erfolgt in zwei Lagerbehältern mit je 18 m3 Inhalt. Die Anlieferung erfolgt mittels Straßentankwagen. Als Sicherheitsmaßnahme im Entladebereich und bei der Lagerung wird eine Berieselungsanlage installiert. Die Rauchgasentschwefelung erfolgt nach dem Prinzip der Sprühabsorption mit nachgeschalteten Schlauchfiltern. Zur Versorgung der Rauchgasentschwefelung wird teilweise Stabilisat (d.h. Produkt einer bereits erfolgten Rauchgasentschwefelung) des Heizkraftwerkes Salzburg Mitte und Kalk verwendet. Die Reaktion des Rauchgases mit dem freien Kalziumhydroxid des Stabilisats bzw. des gelöschten Kalkes erfolgt in einem Absorberturm. Dabei wird das Stabilisat bzw .der Kalk in Suspension eingesprüht und fällt als Reaktionsprodukt im Absorptionsturm und im nachgeschalteten Schlauchfilter aus und es erfolgt gleichzeitig eine Reduktion des Rauchgases auf den zulässigen Staubemissionsgehalt. Die Lagerung des Stabilisats, des reinen Kalkes und des Endproduktes nach der Reaktion im Rauchgas erfolgt in 3 Silos mit 26 m3, 80 m3 und 300 m3 Inhalt. Die Verfügbarkeit der gesamten Rauchgasreinigungsanlage wird mit 97 % angegeben, der Wirkungsgrad der Rauchgasreinigung mit rund 90 %."

Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, der verfahrensgegenständliche Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Partei unterscheide sich in wesentlichen Punkten von einem früheren Antrag der mitbeteiligten Partei, über den mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. Februar 1992 entschieden worden sei; dieser Bescheid sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 1993 aufgehoben worden. Im Berufungsverfahren (über den "neuen" Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Partei) sei das Gutachten eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen und - darauf aufbauend - das Gutachten eines medizinischen Amtssachverständigen eingeholt worden. Demnach führe die verfahrensgegenständliche Änderung zu einer wesentlichen Reduktion der Luftschadstoffimmissionen und es würden durch den konsensgemäßen Betrieb keine humanhygienisch relevanten Immissionskonzentrationen in der Umgebung verursacht. Eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens bzw. eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn durch betriebskausale Luftschadstoffimmissionen sei daher nicht zu erwarten. Die festgelegte Betriebsbeschreibung entspreche unter Berücksichtigung der Korrekturen von Projektseinzelheiten einer Zusammenfassung des technischen Berichts der Einreichunterlagen. Nach Darstellung der für die Vorschreibung von Auflagen bzw. für die Änderung der erstbehördlichen Auflagenvorschreibung maßgebenden Erwägungen heißt es noch, es werde in Ansehung des erhobenen Einwandes, "Anrainer mit besonders gesundheitsgefährdeten und krankheitsanfälligen Angehörigen wie Säuglingen, Kranken, Rentnern oder andere" seien "sehr beunruhigt", darauf verwiesen, "dass aus gewerberechtlicher Sicht auf gesunde, normal empfindende Erwachsene bzw. Kinder abzustellen ist, was insbesondere auch in Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen zum Tragen gekommen ist".

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 27. November 1997, B 479/97-7, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht, "dass die belangte Behörde die Genehmigung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Änderung der Betriebsanlage (mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen dafür) nicht abgewiesen bzw. versagt hat," sowie im Recht, "dass die Behörde im Rahmen der Genehmigung der Änderung der erwähnten Betriebsanlage nicht alle jene Auflagen und Vorschriften erteilt hat, die auf Grund der Gesetze zum Schutze der betroffenen Nachbarn vorgeschrieben sind", verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde die sachliche Unzuständigkeit der Erstbehörde nicht aufgegriffen habe. Auf Grund der Aufhebung des - oben erwähnten - Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. Februar 1992 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 1993, Zl. 92/04/0144, wegen der durch die damals belangte Behörde nicht wahrgenommenen Unzuständigkeit der Erstbehörde, sei nämlich auch deren Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zuständigkeitshalber an den Bürgermeister der Stadt Salzburg weitergeleitet worden, wo sie nach wie vor anhängig sei. Die mitbeteiligte Partei habe dieses Verfahren aber nicht fortgeführt, sondern für das idente Projekt einen neuen Antrag, den verfahrensgegenständlichen Genehmigungsantrag, beim Landeshauptmann von Salzburg eingebracht, der seine Zuständigkeit gesetzwidrigerweise für gegeben erachtet habe. Das Vorhaben der mitbeteiligten Partei bedürfe nämlich keineswegs einer wasserrechtlichen Bewilligung, was aber eine Voraussetzung für die Annahme wäre, der Landeshauptmann von Salzburg sei in der Sache zur erstinstanzlichen Entscheidung berufen. Auf das entsprechende Vorbringen des Beschwerdeführers sei die belangte Behörde allerdings nicht eingegangen und sie habe auch übersehen, dass das Prozesshindernis der anhängigen Rechtssache vorliege. Im Übrigen sei das beantragte Projekt im Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollkommen fertig gestellt und konsenslos betrieben worden, ohne dass die Behörden ihrer Verpflichtung entsprochen hätten, dagegen Maßnahmen zu ergreifen. Die belangte Behörde habe weiters ihrer Verpflichtung nach § 77 Abs. 3 GewO 1994, Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik zu begrenzen, nicht nur nicht entsprochen, sondern es vielmehr ungeprüft gelassen, ob eine weitere Begrenzung von Luftschadstoffemissionen beim Projekt der mitbeteiligten Partei möglich sei. Dies sei klar gesetzwidrig, zumal ein Kraftwerk, bei dem als Pirmärenergie Erdgas eingesetzt werde, für den beabsichtigten Zweck wesentlich besser geeignet sei. Erdgas sei schwefelfrei und mit dieser Technologie könnte ein Großteil der Umweltbelastungen überhaupt vermieden werden. Darüber hinaus verursache die Projektierung und Errichtung eines Heizkraftwerkes mit der Primärenergie Heizöl schwer im Vergleich zu einem erdgasbetriebenen Heizkraftwerk einen Mehraufwand von mindestens 200 Mio. Schilling. Dies betreffe u.a. den Beschwerdeführer, weil er diese Mehrkosten als "Zwangskunde" der mitbeteiligten Partei finanzieren müsse und dadurch in seine "zivilen Rechte" im Sinne des Art. 6 EMRK eingegriffen werde. Auf die u.a. vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente sei die belangte Behörde aber überhaupt nicht eingegangen. In diesem Zusammenhang sei auch zu rügen, dass eine mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren nicht stattgefunden habe. Die belangte Behörde habe auch über ein anderes Projekt abgesprochen als der Erstbehörde vorgelegen sei. So werde im Erstbescheid vom 20. Jänner 1994 die Betriebsanlage u.a. folgendermaßen definiert:

"Ein Dampferzeuger für die Brennstoffe Heizöl schwer und Biomasse mit einer Frischdampfwärmeleistung von 62,034 MW, ein an den Dampferzeuger angeschlossener Gegendruckdampfturbinensatz mit einer elektrischen Leistung von 13,575 MW bei Abgabe einer Heizwärmeleistung von 49,5 MW sowie ein Spitzenlastdampferzeuger für den Einsatz von Heizöl leicht mit einem Gehalt von maximal 0,2 % Schwefel zur Abdeckung temporärer Bedarfsspitzen und als Ausfallsreserve zur Erfüllung von Versorgungsverpflichtungen."

Demgegenüber sei in der Betriebsbeschreibung des angefochtenen Bescheides davon die Rede, dass

"die Dampferzeugung mit einem Grund- und Spitzenlastkessel erfolge, ersterer mit einer Brennstoffwärmeleistung von 66,2 MW, letzterer mit einer Brennstoffwärmeleistung von 32,2 MW."

Der gewerbetechnische Amtssachverständige wiederum sei von einer maximalen Brennstoffwärmeleistung des Grundlastkessels von 68 MW und einer Brennstoffwärmeleistung des Spitzenlastkessels von 34 MW ausgegangen. Über den Gegendruckdampfturbinensatz habe die belangte Behörde überhaupt nicht abgesprochen. Diese unterschiedlichen Angaben würden vor allem auch die Transparenz der Emissionen und Immissionen betreffen und solcherart die zugrunde gelegten Gutachten als unrichtig und unüberprüfbar erscheinen lassen. Der Beschwerdeführer sei dadurch in der Geltendmachung seiner Parteirechte behindert worden. Die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid aber auch mit Rechtswidrigkeit belastet, indem sie die erstbehördlich vorgeschriebenen Auflagen aufhob bzw. abänderte. Weder der Beschwerdeführer noch eine sonstige Verfahrenspartei habe nämlich gegen die vorgeschriebenen Auflagen Berufung erhoben. Die belangte Behörde habe daher gegen den Grundsatz der Teilrechtskraft verstoßen und solcherart unzulässigerweise in die von den Anrainern erworbenen subjektiven Rechte eingegriffen; sie habe für diese Vorgangsweise auch keine Begründung gegeben. Der angefochtene Bescheid sei weiters gesetzwidrig, weil die erforderliche elektrizitätsrechtliche Bewilligung nicht vorliege und weil die im Sinne der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben sei. Schließlich ergebe sich aus dem erstinstanzlichen Bescheid, dass der ärztliche Amtssachverständige Gesundheitsgefährdungen oder Gesundheitsschädigungen durch das Projekt der mitbeteiligten Partei nur für gesunde, normal empfindende Kinder und Erwachsene ausgeschlossen habe. Daraus lasse sich die - vom Beschwerdeführer in zahlreichen weiteren Schriftsätzen an den Verwaltungsgerichtshof vertiefte - Schlussfolgerung ziehen, dass der projektgemäße Betrieb für Säuglinge, Kranke oder in ihrer Gesundheit gefährdete Personen nicht unschädlich, sondern im Gegenteil gesundheitsgefährdend, ja sogar gesundheitsschädlich sei. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer noch vor, die beigezogenen Sachverständigen seien "nicht völlig unbefangen" gewesen, zumal sie bereits vor dem gegenständlichen Verfahren für die mitbeteiligte Partei (bzw. für deren Rechtsvorgängerin) entgeltlich tätig gewesen seien. Außerdem sei das durch die Vorschreibung von Auflagen geänderte Projekt der mitbeteiligten Partei in den Anrainergemeinden nie kund gemacht und so der Bevölkerung die zur Wahrung ihrer Rechte erforderliche Information vorenthalten worden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildende Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei einer Genehmigung im Sinne des § 81 GewO 1994 bedarf. Zur Genehmigung dieser Änderung war der Landeshauptmann gemäß § 334 Z. 7 GewO 1994 - ebenfalls unbestrittenermaßen - (nur) dann in erster Instanz berufen, wenn die Änderung der Betriebsanlage auch einer im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 vom Landeshauptmann zu erteilenden Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften bedurfte.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde das Projekt der mitbeteiligten Partei unter diesem Gesichtspunkt einer Überprüfung durch die Wasserrechtsbehörde unterzogen, der zufolge im Einzelnen genannte wasserbautechnische Maßnahmen einer wasserrechtlichen Bewilligung durch den Landeshauptmann bedürften. In diesem Sinne wurde auch die Auffassung der Erstbehörde im Bescheid vom 20. Jänner 1994 begründet, die Zuständigkeit des Landeshauptmannes sei im Grunde des § 334 Z. 7 GewO 1994 gegeben.

Vor diesem Hintergrund vermag die nicht näher erläuterte Behauptung des Beschwerdeführers, das Projekt der mitbeteiligten Partei bedürfe "in keiner Weise einer wasserrechtlichen Beurteilung", eine Unrichtigkeit in der behördlichen Zuständigkeitsbeurteilung nicht aufzuzeigen; dies umso weniger, als der mitbeteiligten Partei - einer von ihr vorgelegten Bescheidausfertigung zufolge - mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 10. Oktober 1994 die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Projekt beantragte wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde.

Mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1993, Zl. 92/04/0144, ist für den Beschwerdeführer gleichfalls nichts zu gewinnen; zum Einen, weil dieses Erkenntnis über die Rechtmäßigkeit einer Inanspruchnahme der Zuständigkeitsregel des § 334 Z. 5 GewO 1973 durch den Landeshauptmann absprach und zum Anderen, weil diesem Erkenntnis eine Rechtslage zugrunde lag, der die Regelung des § 334 Z. 7 GewO 1994 (noch) nicht anhörte. Selbst wenn es sich also nunmehr um dasselbe Projekt handelte wie jenes, das dem genannten hg. Erkenntnis zugrunde lag, so änderte dieses Erkenntnis bei Erfüllung der dafür normierten Voraussetzungen nichts an der gemäß § 334 Z. 7 GewO 1994 gegebenen Zuständigkeit des Landeshauptmannes.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers vermag aber auch der Umstand der Anhängigkeit eines gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahrens über das - nach Auffassung des Beschwerdeführers idente - Projekt bei einer anderen Gewerbebehörde an der im Grunde des § 334 Z. 7 GewO 1994 bestehenden Ermächtigung des Landeshauptmannes, über den ihm vorliegenden Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Partei zu entscheiden, nichts zu ändern. Erst eine rechtskräftige Entscheidung über das zur Genehmigung beantragte Projekt der mitbeteiligten Partei stünde einer neuerlichen Entscheidung hindernd entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1994, Zl. 93/04/0082, und die hier zitierte Vorjudikatur). Dass dies so wäre, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht; der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei ist vielmehr zu entnehmen, dass sie den ursprünglichen Genehmigungsantrag mit Schriftsatz vom 26. April 1994 zurückgezogen hat.

Die Genehmigungsvoraussetzungen für die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage sind gemäß § 81 GewO 1994 keine anderen als jene, die das Gesetz in seinem § 77 für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage normiert (so schon das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1979, VwSlg. Nr. 9837/A). Entscheidend ist demnach u. a., dass nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Emissionen von Luftschadstoffen hat die Behörde gemäß § 77 Abs. 3 GewO 1994 jedenfalls nach dem Stand der Technik zu begrenzen.

Den Nachbarn ist im Verfahren zur Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage das subjektiv-öffentliche Recht auf Schutz vor den im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen eingeräumt. Hingegen ergibt sich - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1997, Zl. 97/04/0093, und die hier zitierte Vorjudikatur) - aus der Bestimmung des § 77 Abs. 3 GewO 1994 betreffend die Verpflichtung der Behörde zur Begrenzung der Luftschadstoffe nach dem Stand der Technik kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht. Da im Verfahren über eine Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ausschließlich zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt wird, zeigt der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe - im Gegensatz zu deren Auffassung - ihrer Verpflichtung nach § 77 Abs. 3 GewO 1994 nicht entsprochen, somit keine Rechtswidrigkeit auf, die - selbst wenn sie gegeben wäre - zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führen könnte.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die - auf sachverständiger Grundlage ermittelte - Auffassung zugrunde, durch betriebskausale Luftschadstoffimmissionen sei eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens bzw. eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn nicht zu erwarten. Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, eine Gesundheitsgefährdung bzw. eine Gesundheitsschädigung sei von den beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen nur für gesunde, normal empfindende Kinder sowie für gesunde, normal empfindende Erwachsene ausgeschlossen worden.

§ 77 Abs. 2 GewO 1994 normiert, dass die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, danach zu beurteilen ist, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken. Dieser Beurteilungsmaßstab ist - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat - ausschließlich in Ansehung des Tatbestandsmerkmales der Belästigung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 von rechtlicher Relevanz, er hat hingegen in Ansehung des Tatbestandsmerkmales der Gefährdung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 außer Betracht zu bleiben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0225).

Es trifft zwar zu, dass einzelne Passagen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides (ebenso wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides) insoferne missverständlich sind, als die gewählte Formulierung Schlussfolgerungen, wie sie vom Beschwerdeführer gezogen wurden, nicht ausschließt. Dem angefochtenen Bescheid ist in diesem Punkt jedoch eindeutig zu entnehmen, dass der medizinische Amtssachverständige nach Darstellung der für kranke Menschen gesundheitsgefährdenden Konzentrationen der in Betracht kommenden Schadstoffe von (erheblich unter diesen Werten liegenden), auf Empfehlungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beruhenden, humanhygienischen Grenzwerten ausging, die im vorliegenden Fall nicht überschritten würden. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es sei der Maßstab des "gesunden, normal empfindenden Menschen" der Beurteilung einer Gesundheitsgefährdung der Nachbarn zugrunde gelegt worden, erweist sich somit als unzutreffend.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der belangten Behörde sei ein anderes Projekt zugrunde gelegen als der Erstbehörde, stützt sich darauf, dass in der Beschreibung der Anlage im Erstbescheid auf die Frischdampfwärmeleistung des Dampferzeugers, im angefochtenen Bescheid hingegen auf die Brennstoffwärmeleistung abgestellt wird. Aus diesen unterschiedlichen Definitionsmerkmalen alleine folgt allerdings noch nicht, dass das von der belangten Behörde auf eine andere Weise als durch die Erstbehörde beschriebene Projekt der mitbeteiligten Partei ein inhaltlich anderes wäre als jenes, das den Entscheidungsgegenstand der Erstbehörde gebildet hat. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht konkret behauptet. Der gewerbetechnischen Begutachtung lag jedenfalls - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - das Projekt der mitbeteiligten Partei in jener Beschreibung zugrunde, wie sie im angefochtenen Bescheid enthalten ist. Soweit der Beschwerdeführer aber rügt, über den Gegendruckdampfturbinensatz sei von der belangten Behörde nicht abgesprochen worden, legt er nicht auch konkret dar, inwieweit er dadurch - sollte dieser Vorwurf zutreffen - in seinen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt worden sein sollte.

Was den Beschwerdevorwurf anlangt, die belangte Behörde hätte Auflagen des Erstbescheides, gegen die nicht berufen worden sei, nicht abändern oder aufheben dürfen, übersieht der Beschwerdeführer, dass die gemäß § 81 GewO 1994 unter Vorschreibung von - die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens erst begründenden - Auflagen erfolgte Genehmigung mit diesen eine untrennbare Einheit bildet. Es ist daher auch die Annahme des Beschwerdeführers, die erstbehördliche Vorschreibung bestimmter Auflagen sei in Teilrechtskraft erwachsen und solcherart einer Änderung durch die Berufungsbehörde entzogen, verfehlt. Vielmehr ist die Berufungsbehörde im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG ermächtigt, die bei ihr angefochtene Genehmigung auch in Ansehung der Auflagen, unter denen diese erteilt wurde, nach jeder Richtung abzuändern. Im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde auch - wie dargelegt - im Einzelnen eine Begründung für die vorgenommene Auflagenvorschreibung gegeben.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, nach der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung sei für das Projekt der mitbeteiligten Partei zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben, diese habe aber nicht stattgefunden, ist er auf Anhang I Z. 2 der genannten Richtlinie hinzuweisen, wonach Wärmekraftwerke und andere Verbrennungsanlagen mit einer Wärmeleistung von mindestens 300 MW einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen. Da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall offenkundig nicht erfüllt ist - der Beschwerdeführer begründet seine Behauptung, die Kriterien dieser Richtlinie seien auf das vorliegenden Projekt anzuwenden, freilich nicht näher -, erweist sich das entsprechende Beschwerdevorbringen schon aus diesem Grunde als ungeeignet, eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Inwieweit der angefochtene Bescheid schließlich rechtswidrig sein sollte, weil die für das Vorhaben der mitbeteiligten Partei erforderliche elektrizititäsrechtliche Bewilligung noch ausständig sei, ist nicht nachvollziehbar; auch diese Behauptung wird vom Beschwerdeführer nicht näher begründet.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften noch eine Befangenheit der beigezogenen Amtssachverständigen, unterbliebene Ermittlungen in Ansehung des Investitionsaufwandes der mitbeteiligten Partei, eine im Berufungsverfahren unterbliebene mündliche Verhandlung sowie eine mangelhafte Information der Bevölkerung über das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Projekt der mitbeteiligten Partei geltend macht, hat er nicht auch gleichzeitig dargelegt, zu welchen i. S.d. § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlichen anderen Feststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung der vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel gelangt wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2000, Zlen. 99/04/0030, 0049, 0054, 0059), und es solcherart unterlassen, die Relevanz der von ihm behaupteten Verfahrensmängel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG darzutun. Schon aus diesem Grunde war darauf nicht weiter einzugehen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2000

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