VwGH 98/03/0079

VwGH98/03/007920.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gall, Dr. Stöberl und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der B S in Wien, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum und Dr. Rainer Toperczer, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Beatrixgasse 3, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 7. Jänner 1998, Zl. MA 12-14061/86A, betreffend Rückforderung von Sozialhilfeleistungen, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
SHG Wr 1973 §10;
SHG Wr 1973 §13 Abs2;
SHG Wr 1973 §26 Abs1;
SHG Wr 1973 §32 Abs1;
SHG Wr 1973 §32 Abs2;
SHG Wr 1973 §38;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;
VwRallg;
AVG §37;
SHG Wr 1973 §10;
SHG Wr 1973 §13 Abs2;
SHG Wr 1973 §26 Abs1;
SHG Wr 1973 §32 Abs1;
SHG Wr 1973 §32 Abs2;
SHG Wr 1973 §38;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Kosten in Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stand nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten im Bezug einer Dauerleistung nach dem Wiener Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 11/1973 i.d.F. LGBl. Nr. 50/1993, (in der Folge WSHG) von Sozialhilfe in Höhe von zuletzt S 9.190,-- für sie als Hauptunterstützungsempfängerin sowie für ihren mitunterstützten minderjährigen Sohn (gemäß Verfügung vom 10. Jänner 1994 nach dem Bescheid vom 16. August 1993).

An die Beschwerdeführerin wurde der mit 9. Februar 1995 datierte Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12, erlassen, der folgenden Spruch enthielt:

"1. Gemäß § 7, 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes wird die Dauerleistung mit 30.6.1994 eingestellt.

2. Gem § 32, Abs. 1 und 2 WSHG (Wiener Sozialhilfegesetz) bestand für die Zeit vom 13.7.1984 bis 30.6.1994 kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen.

3. Die im Zeitraum vom 13.7.1984 bis 30.6.1994 bezogenen Sozialhilfeleistungen in der Höhe von S 861.758,-- sind daher rückzuerstatten.

4. Weiters ist der offenen Betrag von S 61.339,-- von Pflegegebühren, Ambulanzkosten und Transportkosten für die Zeit vom 13.6.1983 bis 30.6.1994 zurückzuzahlen.

Der offene Betrag von S 923.097,-- ist ab 1.4.1995 in 184 monatlichen Raten zu S 5.000,-- und einer Rate zu S 3.097,-- bei sonstiger Exekution zu bezahlen."

In der Begründung führte die Behörde erster Instanz aus, es habe sich bei einer Überprüfung herausgestellt, die Beschwerdeführerin habe sich seit dem 7. Juli 1984 mit H., der im betreffenden Zeitraum versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, in gemeinsamer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft befunden, weshalb eine Unterhaltspflicht gemäß § 13 WSHG gegeben sei. Weiters sei die Beschwerdeführerin Eigentümerin eines 1/6tel Anteiles an einer näher bezeichneten Liegenschaft und verfüge über ein anrechenbares Einkommen aufgrund einer unangemeldeten Tätigkeit. Der Überbezug sei durch "Verschweigen des Einkommens, des unterhaltspflichtigen Lebensgefährten und dessen Einkommen sowie des verwertbaren Vermögens in Form eines Liegenschaftsanteiles" entstanden. Gemäß § 26 Abs. 1 WSHG in Verbindung mit § 32 WSHG sei der zu Unrecht erhaltene Betrag rückzuerstatten.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der offene Betrag von S 923.097,-- ab 1. Feber 1998 in 184 monatlichen Raten zu S 5.000,-- und einer Rate zu S 3.097,-- bei sonstiger Exekution zu bezahlen sei und als weitere Rechtsgrundlagen die §§ 26 und 38 Wiener Sozialhilfegesetz heranzuziehen seien.

In der Begründung führte die belangte Behörde, nach Wiedergabe des Inhaltes der angewendeten Bestimmungen des WSHG, hinsichtlich des Eigentumsrechtes an einem Liegenschaftsanteil aus, dass der Wert dieses 1/6tel-Anteiles mit Gutachten der Magistratsabteilung 40 auf S 245.000,-- geschätzt worden sei. § 10 Abs. 3 WSHG sehe keine Unzumutbarkeit der Verwertung eines solchen Liegenschaftsanteiles vor, wenn die Verwertung aus moralischen bzw. familiären Gründen - die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Berufung vor, sie könne ihre Mutter, welche Eigentümerin der restlichen 5 Sechstel dieser Liegenschaft sei, nicht dem Risiko einer Teilungsklage aussetzen - nicht möglich sei. Ebenso könne die Belastung der Liegenschaft mit dem Höchstbetragspfandrecht von S 1,300.000,--, nicht berücksichtigt werden, weil bei der Hilfegewährung grundsätzlich situationsbezogen auf eine aktuelle Notlage abgestellt werden müsse. Die Eintragung des Höchstbetragspfandrechtes habe das Eingehen von Schulden bewirkt und diese könnten nach den Grundsätzen des Sozialhilferechtes nicht berücksichtigt werden.

Die belangte Behörde führte weiters aus, dass die Beschwerdeführerin selbst angegeben habe, in der Bar von H. als "Kellnerin und Rausschmeisserin" tätig gewesen zu sein (Aktenvermerk der erstinstanzlichen Behörde vom 15. Februar 1994). Da nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine solche Tätigkeit keinesfalls ohne entsprechendes Entgelt ausgeübt werde, sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin für diese Arbeitsleistung auch im Bezug von Geldleistungen gestanden sei.

Zur Frage des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und H. führte die belangte Behörde aus, dass beide Personen an einer näher genannten Adresse in Wien gemeldet seien und auch tatsächlich ihren Aufenthalt hätten. Weiters habe die Beschwerdeführerin einen weiteren Wohnsitz in einem näher genannten Ort im Burgenland, in welchem auch die Bar, in der H. Geschäftsführer sei, situiert sei, weshalb auch anzunehmen sei, dass sich H. am selben Ort wie die Beschwerdeführerin aufhalte. Aus diesem Grund liege die "Vermutung" nahe, dass eine über die bloße Wohngemeinschaft hinausgehende Beziehung, nämlich eine Lebensgemeinschaft, gegeben sei. Da H. zum Zeitpunkt des Sozialhilfebezuges der Beschwerdeführerin über ein Einkommen, das über dem Richtsatz für Haupt- und Mitunterstützten gemäß § 13 WSHG liege, verfügt habe, seien die Geldleistungen nach dem WSHG von der Beschwerdeführerin zu Unrecht bezogen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des WSHG idF LGBl. Nr. 50/1993 lauten:

"Ersatz durch den Empfänger der Hilfe und seine Erben

§ 26. (1) Der Empfänger der Hilfe ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet,

1. soweit er über hinreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt oder hiezu gelangt, oder

2. wenn er innerhalb der letzten drei Jahre vor der Zeit der Hilfeleistung, weiters während der Hilfeleistung oder innerhalb von drei Jahren nach ihrer Beendigung durch Rechtshandlungen oder diesbezüglich wirksame Unterlassungen, wie etwa die Unterlassung des Antrittes einer Erbschaft, die Mittellosigkeit selbst verursacht hat.

Der Ersatz darf insoweit nicht verlangt werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet würde.

(2) Die Kosten der folgenden Leistungen sind vom Empfänger der Hilfe jedenfalls nicht zu ersetzen:

1. aller Leistungen, mit Ausnahme der in Abs. 3 angeführten, die ihm vor Erreichung der Volljährigkeit gewährt wurden,

  1. 2. der Hilfe für werdende Mütter oder Wöchnerinnen
  2. 3. der Leistungen anlässlich einer Erkrankung an einer anzeigepflichtigen Krankheit im Sinne des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186,

    4. der Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung.

(3) Bezieht der Hilfeempfänger Pflegegeld, so ist für Leistungen aus der stationären Pflege zunächst dieses zum Kostenersatz entsprechend heranzuziehen.

(4) Die Verbindlichkeit zum Ersatz von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes geht gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers der Hilfe über. Die Erben sind jedoch zum Ersatz der für den Empfänger der Hilfe aufgewendeten Kosten auch dann verpflichtet, wenn dieser zu Lebzeiten nicht ersatzpflichtig gewesen wäre. Die Erben haften stets nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Handelt es sich bei den Erben um die Eltern, Kinder oder den Ehegatten des Empfängers der Hilfe, so ist darauf Bedacht zu nehmen, dass durch den Kostenersatz ihre Existenz nicht gefährdet wird.

(5) Schadenersatzansprüche wegen unrechtmäßigen Bezuges von Leistungen werden durch die Bestimmungen der vorhergehenden Absätze nicht berührt.

...

Anzeige- und Rückerstattungspflicht

§ 32. (1) Der Empfänger von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes oder dessen gesetzlicher Vertreter hat jede Änderung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse, auf Grund derer Form und Ausmaß der Hilfe neu zu bestimmen wären oder die Hilfe einzustellen wäre, unverzüglich dem Magistrat anzuzeigen.

(2) Die durch Verletzung der in Abs. 1 bestimmten Anzeigepflicht zu Unrecht empfangenen Leistungen sind vom Empfänger rückzuerstatten. Über die Rückerstattung ist mit Bescheid zu entscheiden.

(3) Die Rückerstattung kann in angemessenen Teilbeträgen bewilligt werden, wenn die Rückerstattung in einem Betrag dem Verpflichteten nicht zumutbar ist. Die Rückerstattung kann auch gänzlich nachgesehen werden, wenn das Verschulden des Verpflichteten geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind, oder durch die Rückerstattung der Erfolg der Sozialhilfe gefährdet wäre".

Örtliche Zuständigkeit

§ 38. Für die Gewährung von Sozialhilfe sind die Organe des Landes und der Gemeinde Wien örtlich zuständig, wenn der Hilfesuchende seinen ordentlichen Wohnsitz oder mangels eines solchen seinen Aufenthalt in Wien hat."

Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin sowohl in der Beschwerde als auch im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwandes der Verjährung des Rückforderungsanspruches nach § 32 Abs. 2 WSHG ist sie auf das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1997, Zl. 95/08/0320, zu verweisen. In diesem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die "durch Verletzung der in Abs. 1 bestimmten Anzeigepflicht zu Unrecht empfangenen Leistungen" nach § 32 Abs. 2 WSHG - ohne dass für die Geltendmachung dieses Anspruches eine Frist vorgesehen wäre - "vom Empfänger rückzuerstatten" sind, worüber mit Bescheid zu entscheiden ist. Diese Bestimmung sieht eine der Ersatzpflicht nach § 26 Abs. 1 WSHG - soweit diese den Hilfeempfänger selbst betrifft - vergleichbare, von einer Beseitigung des Gewährungsbescheides unabhängige Zahlungsverpflichtung vor. Dass die Leistung "zu Unrecht empfangen" wurde, ist lediglich ein Tatbestandsmerkmal. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitiertem Erkenntnis ausgesprochen, dass das WSHG für den Fall der Nichtanzeige von Sachverhaltsänderungen, derentwegen die Hilfe neu zu bestimmen oder einzustellen wäre, die unbefristete Pflicht zur Rückerstattung der zu Unrecht empfangenen Leistungen vorsieht.

Zum Vorwurf der belangten Behörde, dass es die Beschwerdeführerin unterlassen habe, der Behörde gegenüber den Erwerb des Eigentumsanteils an dem näher bezeichneten Grundstück anzuzeigen, rügt die Beschwerdeführerin, dass es die belangte Behörde unterlassen habe zu ermitteln, inwiefern es sich bei dem Liegenschaftsanteil tatsächlich um verwertbares Vermögen handle. Ebenso weist die Beschwerde darauf hin, dass die Schätzung des Wertes der Liegenschaft (durch die MA 40) fiktiv lasten- und bestandfrei erfolgte, also ohne Berücksichtigung der Belastung der gegenständlichen Liegenschaft mit einem Höchstbetragspfandrecht von S 1,300.000,--. Es fehlten auch Feststellungen, ob die Beschwerdeführerin aus einem solchen Erlös den mit der Sozialhilfeleistung bestrittenen Teil des Lebensbedarfes zur Gänze hätte abdecken können.

Die belangte Behörde stützte sich im vorliegenden Fall auf eine Schätzung der MA 40 vom 7. August 1997, die den Wert des Liegenschaftsanteiles fiktiv lasten- und bestandsfrei mit S 245.000,-- angab, und erwiderte auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass diese Liegenschaft mit einer Höchstbetragshypothek belastet sei, lediglich, dass diese infolge Eingehens von Schulden auf der Liegenschaft laste und aus diesem Grund nicht zu berücksichtigen sei.

Unabhängig davon, ob Schulden des Leistungsempfängers zu berücksichtigen sind, ist aber die Frage der tatsächlichen Verwertbarkeit eines Grundstückes zu beurteilen. Die belangte Behörde unterließ Feststellungen darüber, ob und in welcher Weise diese Höchstbetragshypothek auf die Verwertbarkeit des Liegenschaftsanteiles von Einfluss sein könnte. Ebenso setzte sich die belangte Behörde bei der Beurteilung der Verwertbarkeit dieses Liegenschaftsanteiles mit dem Argument der Beschwerdeführerin, dass ihre Mutter in dem auf der Liegenschaft befindlichen Haus wohne, nicht auseinander. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. Juni 1999, Zl. 97/08/0448, ausgesprochen hat, kann in Ermangelung von Feststellungen der belangten Behörde über den Wert bzw. die Verwertbarkeit einer Liegenschaft nicht beurteilt werden, in welchem Ausmaß Leistungen zu Unrecht empfangen worden sind.

Da auf die Behauptungen der Beschwerdeführerin im Einzelnen eingehende Feststellungen der Behörde dem Bescheid nicht entnehmbar sind, konnte die belangte Behörde nicht vom Vorliegen eines verwertbaren Vermögens ausgehen und belastete somit ihren Bescheid schon diesbezüglich mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Soweit der Rückforderungsanspruch damit begründet wird, dass die Beschwerdeführerin über "ein anrechenbares Einkommen auf Grund einer unangemeldeten Tätigkeit" in der Bar des H. als Kellnerin und "Rausschmeisserin" verfüge, rügt die Beschwerdeführerin zu Recht das Unterbleiben von Feststellungen über die Höhe des Entgelts und darüber, in welchem Zeitraum sie dieses bezogen habe, sowie Feststellungen darüber, ob damit der mit der Sozialhilfeleistung bestrittene Teil des Lebensbedarfs hätte abgedeckt werden können. In dem mit 15. Februar 1994 datierten Aktenvermerk wird festgehalten: "Lt. Angabe von Frau Sch. arbeitet sie in d. Bar von Hr. H. als Kellnerin u. Rausschmeißerin (ohne Anmeldg)." Im Akt findet sich ein weiterer Aktenvermerk vom 25. Jänner 1988 folgenden Inhaltes: "Lt. Anruf des BJA 21 erzählt der Sohn in der Schule, dass seine Mutter 3x in der Woche im Burgenland arbeitet." Diesen Aktenvermerken ist jedoch weder zu entnehmen, ab welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin tatsächlich gearbeitet hätte und ob und in welcher Höhe für die Arbeitsleistung der Beschwerdeführerin ein Entgelt gezahlt worden sei. Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde lediglich die Tatsache einer Beschäftigung der Beschwerdeführerin festgehalten. Da insbesondere die Höhe eines allenfalls erzielten Einkommens für die gemäß § 10 WSHG zu bemessende Höhe der Sozialhilfeleistung ausschlaggebend ist, lässt sich ohne entsprechende Feststellungen nicht ermitteln - und dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen -, ob die Sozialhilfeleistung gänzlich einzustellen oder mit Aufnahme der Erwerbstätigkeit lediglich herabzusetzen gewesen wäre.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 1. Juli 1997, Zl. 97/08/0005, ausgesprochen hat, wird das Wesen der Lebensgemeinschaft darin erblickt, dass es sich um einen eheähnlichen Zustand handelt, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen eine Geschlechts-, wie Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Es kann aber auch wie in der Ehe, bei der die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal fehlen. Wenn die belangte Behörde daher vom Bestehen einer Wohngemeinschaft allein aufgrund der polizeilichen Meldung des H. an der Adresse der Beschwerdeführerin in Wien und der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin einen "weiteren Wohnsitz" an der Adresse der Bar des H. begründet habe, wo beide einen tatsächlichen "Aufenthalt" hätten, ausgeht, so erweist sich die Rüge der Beschwerdeführerin, dass sich ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht das Bestehen einer Wirtschafts- oder Geschlechtsgemeinschaft ableiten lässt, als berechtigt. Das Vorliegen eines der beiden letztgenannten Elemente ist jedoch für die Frage des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft ausschlaggebend. Die belangte Behörde hat konkrete Ermittlungen in diese Richtung - etwa durch Vernehmung des H. als Zeugen - unterlassen. Im Übrigen ist auf das Erkenntnis vom 24. Juni 1997, Zl. 95/08/0109, zu verweisen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0067, und vom 28. Juni 1994, Zl. 93/08/0229), ausgesprochen hat, dass es im WSHG an einer gesetzlichen Grundlage dafür fehle, dem Hilfeempfänger das Einkommen des Dritten, mit dem er in Lebensgemeinschaft lebt, nach der Art einer fiktiven Leistungsgewährung an beide Partner der Lebensgemeinschaft zuzurechnen. In Betracht käme im Falle einer Lebensgemeinschaft nur die Berücksichtigung im Einzelnen festgestellter, bedarfsmindernder Zuwendungen des Lebensgefährten.

Schließlich wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin seit 22. Juni 1988 einen "weiteren Hauptwohnsitz" - ohne jedoch schlüssige Feststellungen für diese Behauptung zu treffen - in dem Ort, in welchem sich die Bar des H. befindet, begründet habe. Die Bestätigung des Gemeindeamtes S vom 21. April 1994, die auf einen "weiteren ordentlichen Wohnsitz" - neben dem angegebenen ordentlichen Wohnsitz in Wien - in S hinweist und darauf, dass die Beschwerdeführerin hier "polizeilich gemeldet" sei, trägt nicht die Annahme, die Beschwerdeführerin habe ihren ordentlichen Wohnsitz in Wien aufgegeben. Damit ist auch die Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, "die Organe des Landes und der Gemeinde Wien" seien gemäß § 38 WSHG nicht mehr örtlich zuständig gewesen, nicht begründet.

Aus diesen Gründen belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die geltend gemachte, im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthaltene Umsatzsteuer.

Hinsichtlich der zitierten, in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes nicht veröffentlichten Entscheidungen wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 20. September 2000

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