Normen
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §11;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §11;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 8. Jänner 1998 wies die Wiener Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers vom 1. April 1994 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 und § 11 StbG ab. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer, welche ägyptischer Staatsangehöriger sei, seit April 1987 mit Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich lebe und seit Jänner 1992 als Trafikangestellter und Lagerarbeiter beschäftigt sei, sei bisher dreimal gerichtlich verurteilt worden, nämlich
1. vom Strafbezirksgericht Wien mit Strafverfügung vom 24. Mai 1989 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen a S 50,-- (insgesamt S 2.000,--),
2. vom Bezirksgericht Innere Stadt mit Strafverfügung vom 16. Februar 1993 wegen des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen a S 80,-- (insgesamt S 3.200,--) sowie
3. vom Strafbezirksgericht Wien mit Strafverfügung vom 24. Jänner 1994 wegen des Vergehens des fahrlässigen Inverkehrbringens von verdorbenen Lebensmitteln nach den §§ 63 Abs. 1 Z. 1 sowie 64 LMG zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen a S 30,-- (insgesamt S 1.800,--).
Da der Staatsbürgerschaftswerber sohin mehrere - in zwei Fällen ungetilgte - Verurteilungen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes aufweise und die Einbürgerung eines Fremden, der im Gastland wiederholt straffällig geworden sei, sowohl gegen die öffentlichen Interessen als auch gegen das allgemeine Wohl verstieße, könne das Gesamtverhalten des Bewerbers, trotz Berücksichtigung des mehr als zehnjährigen Aufenthaltes in Österreich und seiner sehr guten Deutschkenntnisse, nicht positiv beurteilt werden. Obzwar keines der in § 10 StbG "expressis verbis" aufgezählten Einbürgerungshindernisses vorliege, habe die belangte Behörde bei der ihr eingeräumten Ermessensausübung eine Abwägung nach den im Gesetz vorgegebenen Kriterien vorzunehmen, welche zu einer Abweisung des Antrages gemäß § 11 StGB habe führen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist das StbG 1985 i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 124/1998 maßgeblich.
§ 10 Abs. 1 Z. 1 und 6 sowie § 11 StbG 1985 lauteten (auszugsweise):
"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn
1. er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat;
...
6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet;
...
§ 11. Die Behörde hat sich bei der Ausübung des ihr im § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen. ..."
Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, hat die belangte Behörde die zwingende Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG als erfüllt erachtet. Sie hat ihre Entscheidung ausschließlich auf § 11 StbG gestützt. Es ist daher vom Verwaltungsgerichtshof lediglich zu überprüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr durch § 11 StbG eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat oder nicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/01/0105).
Vorweg ist zu bemerken, dass es der belangten Behörde nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht verwehrt war, Umstände, die bereits bei der Prüfung der Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 StbG zu beurteilen waren, im Rahmen der Ausübung des freien Ermessens gemäß § 11 StbG heranzuziehen. Bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers im Rahmen der Ausübung ihres freien Ermessens hatte die belangte Behörde (auch) auf die vom Verleihungswerber begangenen strafbaren Handlungen Bedacht zu nehmen (vgl. z.B. jüngst das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2000, Zl. 98/01/0242). Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit fallen bei der Einschätzung der Persönlichkeit eines Verleihungswerbers besonders ins Gewicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2000, Zl. 98/01/0383).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen der in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Verurteilungen. Er wendet allerdings ein, dass es die belangte Behörde unterlassen habe zu begründen, wieso die genannten drei Verurteilungen "gegen öffentliche Interessen und gegen das allgemeine Wohl verstoßen". Im Übrigen handle es sich in zwei Fällen um Fahrlässigkeitsdelikte, und zur Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung vom 16. Februar 1983 sei es nur deshalb gekommen, weil die vom Beschwerdeführer letztendlich vereinbarte und erfolgte Schadensgutmachung zu spät dem Bezirksgericht mitgeteilt worden sei. Auch spreche er sehr gut Deutsch und lebe mit seinem vor ca. fünf Jahren geborenen Kind und seiner Ehefrau in Wien. Er sei sozial integriert und in zwei Berufen tätig. Es sei ihm zwar am 23. Jänner 1995 die negative Ermessensausübung angekündigt worden, doch sei nicht erkennbar, inwieweit der erst im Jänner 1998 erlassene abweisende Bescheid die zwischenzeitlich verstrichenen drei Jahre, welche vom Wohlverhalten des Beschwerdeführers geprägt seien, in ihr Ermessen miteinbezogen habe. Der Bescheid sei daher auf Grund der genannten Begründungsmängel infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, bei den von der Behörde zur Begründung ihrer negativen Ermessensentscheidung gemäß § 11 StbG herangezogenen Verurteilungen handle es sich nur in einem Falle um eine solche wegen der Begehung eines Vorsatzdeliktes, zu welcher Verurteilung es seines Erachtens nur deshalb gekommen sei, weil die von ihm geleistete Schadensgutmachung dem Bezirksgericht verspätet mitgeteilt worden sei und diese Schadensgutmachung bei der Ermittlung des Strafausmaßes und bei der Erlassung der Strafverfügung nicht berücksichtigt worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach der im Verwaltungsakt erliegenden Kopie der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom16. Februar 1993 der Beschwerdeführer, wenn auch bereits mehr als fünf Jahre vor Erlassung des angefochtenen Bescheides, einen Dritten durch Schläge vorsätzlich am Kopf verletzt hat. Die belangte Behörde durfte dieses Verhalten des Beschwerdeführers - selbst wenn es zu einer Schadensgutmachung gekommen sein sollte - gemeinsam mit den beiden übrigen Verurteilungen ihrer Ermessensentscheidung zu Grunde legen und dahingehend beurteilen, dass Rücksichten auf das allgemeine Wohl und die öffentlichen Interessen jedenfalls nicht für die Einbürgerung des Beschwerdeführers sprechen.
Zu Gunsten des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde nur festgestellt, dass dieser seit dem 13. April 1987 mit Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich gemeldet lebt, seit Jänner 1992 einer Beschäftigung als Trafikangestellter und Lagerarbeiter nachgeht sowie sehr gute Deutschkenntnisse aufweist. Zu zwei dieser von der belangten Behörde als positiv bewerteten Umständen ist freilich anzumerken, dass damit im Wesentlichen nur das Fehlen der Verleihungshindernisse nach § 10 Abs. 1 Z. 1 (noch nicht zehnjähriger Hauptwohnsitz in Österreich) und Z. 7 (nicht hinreichend gesicherter Lebensunterhalt) StbG zum Ausdruck gebracht wird. Der Beschwerdeführer hat somit zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - aus dem genannten Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erklärt sich auch das Zuwarten der belangten Behörde mit ihrer Entscheidung über den Verleihungsantrag zumindest bis April 1997 - über einen inländischen Hauptwohnsitz erst über knapp elf Jahre, d.h. nur geringfügig länger als die Mindestdauer, verfügt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob die belangte Behörde, hätte sie dem Gesichtspunkt der Unbescholtenheit eines Verleihungswerbers im Vergleich zu dessen Deutschkenntnissen bzw. familiären Beziehungen im Bundesgebiet geringere Bedeutung beigemessen, von ihrem freien Ermessen im Rahmen des Gesetzes auch in einer für den Beschwerdeführer günstigen Weise hätte Gebrauch machen dürfen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Rücksichten auf das allgemeine Wohl und die öffentlichen Interessen, wie dargestellt, jedenfalls nicht für die Einbürgerung des Beschwerdeführers sprechen, ist aber angesichts des erst knapp elfjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich trotz seines Wohlverhaltens innerhalb der letzten vier Jahre ungeachtet der äußerst knapp gehaltenen Bescheidbegründung ein Ermessensmissbrauch oder eine Ermessensüberschreitung der belangten Behörde und demnach eine vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG wahrzunehmende Rechtswidrigkeit nicht erkennbar.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. Juni 2000
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