Normen
FinStrG §115;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
UStG 1972 §21;
FinStrG §115;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
UStG 1972 §21;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb ab dem Jahre 1987 als Einzelunternehmer ein Fitness-Center. Sein Betrieb wurde hinsichtlich der Jahre 1987 bis 1989 einer abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen, zu deren Beginn der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers der Prüferin ein als "Selbstanzeige" bezeichnetes Schriftstück vom 12. November 1990 überreichte, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer im Jahre 1987 seinen steuerlichen Verpflichtungen noch habe nachkommen können, während er in den Jahren 1988 und 1989 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch keine Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht habe. Es werde dem Finanzamt nunmehr angezeigt, dass ausgehend von den Umsätzen des Jahres 1987 auch in den Jahren 1988 und 1989 Umsätze in etwa gleicher Höhe erzielt worden seien, weil der Betrieb des Fitness-Centers eine relativ stabile Umsatzentwicklung aufweise. Es werde des Weiteren auch auf die dem Prüfungsorgan übergebenen Belege verwiesen. Der Beschwerdeführer sei zur Aufarbeitung dieser Belege weder fachlich noch persönlich in der Lage, weil er selbst die fachliche Qualifikation nicht habe und infolge seiner misslichen wirtschaftlichen Situation nicht imstande gewesen sei, einen Wirtschaftstreuhänder zu beschäftigen.
In dem über das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung erstatteten Bericht wurde vom Prüfungsorgan festgehalten, dass für die Jahre 1988 und 1989 keine laufende Buchhaltung, sondern lediglich Nebenaufzeichnungen und dazugehöriges Belegmaterial vorgelegen seien. Der Anregung des steuerlichen Vertreters, die Umsätze der Jahre 1988 und 1989 im Wege einer Hochrechnung aus dem Wirtschaftsjahr 1987 zu ermitteln, habe nicht entsprochen werden können, weil auch die Buchhaltung für das Jahr 1987 bis zum Prüfungsabschluss nicht vorgelegt worden sei. Die Umsätze für die Jahre 1988 und 1989 wurden von der Prüferin auf der Basis der vorhandenen Unterlagen unter Ansatz eines Sicherheitszuschlages im Schätzungswege ermittelt, wobei auch schätzungsweise ermittelte Vorsteuerbeträge berücksichtigt wurden.
Den Prüfungsergebnissen folgende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1988 und 1989 wurden vom Finanzamt am 19. April 1991 erlassen; eine gegen diese Bescheide vom Masseverwalter des damals in Konkurs verfallenen Beschwerdeführers erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 7. Jänner 1992 als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid vom 17. Mai 1994 leitete das Finanzamt gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren u.a. wegen des Verdachtes des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hinsichtlich der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis Dezember der Jahre 1988 und 1989 ein. Eine gegen diesen Einleitungsbescheid vom Beschwerdeführer erhobene Administrativbeschwerde wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 1994 insoweit als unbegründet abgewiesen.
In der vor dem Spruchsenat stattgefundenen Verhandlung vom 18. Jänner 1995 gab der als Beschuldigter vernommene Beschwerdeführer an, dass ihm, was die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und die Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen betreffe, seine diesbezüglichen Verpflichtungen bekannt gewesen seien. Er habe wegen enormer wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Voranmeldungen nicht abgegeben und demgemäß auch die Vorauszahlungen nicht entrichtet.
Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom 26. April 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe im Bereiche des zuständigen Finanzamtes vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen für 1988 in Höhe von S 94.500,-- und für 1989 in Höhe von S 58.000,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten; er habe hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen. Der Spruchsenat verhängte eine Geldstrafe von S 30.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sechs Tagen. In der Begründung stützte sich der Spruchsenat auf die rechtskräftigen Abgabenbescheide und das Geständnis des Beschuldigten.
In seiner Berufung bestritt der Beschwerdeführer, das ihm vorgeworfene Delikt begangen oder gestanden zu haben, verwies auf die zu Beginn der Betriebsprüfung erstattete Selbstanzeige, rügte die im Schätzungswege angelastete Jahresumsatzsteuer für 1988 und 1989 als überhöht und behauptete, bis zur Betriebsprüfung nicht gewusst zu haben, dass keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden seien. Es wären Feststellungen zu treffen gewesen, weshalb sein steuerlicher Vertreter trotz monatlich übermittelter Grundaufzeichnungen und voll bezahlter Honorare keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und stattdessen eine Selbstanzeige erstattet habe. Nach Erlassung von Umsatzsteuerjahresbescheiden könne der Beschwerdeführer nicht der Verkürzung einiger weniger voranzumeldender Monatsvorauszahlungen beschuldigt werden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides setzte die belangte Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers über die Übermittlung der Grundaufzeichnungen an den steuerlichen Vertreter und über die Unkenntnis von der Verpflichtung zur Einbringung von Umsatzsteuervoranmeldungen das vor dem Spruchsenat abgelegte Geständnis des Beschwerdeführers entgegen. Wenn der Beschwerdeführer meine, dass der Steuerberater zur Erstattung einer wirksamen Selbstanzeige verpflichtet gewesen wäre, übersehe er, dass eine Selbstanzeige bloß dann einen Strafaufhebungsgrund abgebe, wenn sie sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen hiefür korrekt erfülle. Die vorliegende Selbstanzeige sei weder ausreichend konkret, um der Abgabenbehörde aufgrund ihres Inhaltes eine Abgabenbemessung zu ermöglichen, noch seien die geschuldeten Abgaben bezahlt worden. Wer an den Mängeln der als Selbstanzeige bezeichneten Eingabe als schuldtragend anzusehen sei, müsse mangels strafaufhebender Wirkung dieser Eingabe irrelevant bleiben. Aus der Rechtsauffassung, die Monatsschuldigkeiten an Umsatzsteuervorauszahlungen verlören durch die Erlassung des Jahressteuerbescheides zur Umsatzsteuer ihre rechtliche Existenz, sei strafrechtlich für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Der Beschwerdeführer habe durch die Nichtmeldung und Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen ein Finanzvergehen begangen, welches von der Erlassung des Jahressteuerbescheides zur Umsatzsteuer völlig unberührt bleibe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über welche der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Dass für das durch den angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltene Erkenntnis des Spruchsenates jener Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt worden wäre, mit welchem die Finanzstrafbehörden das von ihnen zur Grundlage der Bestrafung des Beschwerdeführers herangezogene Tatbild als verwirklicht angesehen hatten, ist ein in der Beschwerde zu Unrecht erhobener Vorwurf. Der Spruchsenat konnte sich auf das in der Verhandlung vom 18. Jänner 1995 vom Beschwerdeführer abgelegte Geständnis stützen, es seien ihm die Verpflichtungen zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und zur Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen bekannt gewesen, er habe die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und die Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen aber wegen enormer wirtschaftlicher Schwierigkeiten unterlassen. Dass die belangte Behörde dem inhaltlichen Widerruf dieses Geständnisses des Beschwerdeführers in seiner Berufung erkennbar weniger Überzeugungskraft als dem Geständnis selbst beigemessen hat, ist als ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler der finanzstrafbehördlichen Sachverhaltsgrundlagenermittlung nicht zu erkennen.
Die vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers zu Beginn der Betriebsprüfung erstattete "Selbstanzeige" war wegen ihres zur Herbeiführung einer strafaufhebenden Wirkung im Sinne des § 29 Abs. 2 FinStrG unzureichenden Inhaltes und wegen des Unterbleibens einer Tilgung der geschuldeten Abgaben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2000, 97/15/0170, ebenso wie das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 5. Dezember 1996, 15 Os 97/96) nicht geeignet, den Beschwerdeführer vor Bestrafung zu bewahren, was auch in der Beschwerde nicht ernstlich in Abrede gestellt wird. Der vom Beschwerdeführer vermissten Feststellung darüber, wie es zur Selbstanzeige gekommen war, bedurfte es rechtlich nicht, weshalb im Unterbleiben diesbezüglicher Ermittlungen durch die Finanzstrafbehörden auch kein Verfahrensfehler gesehen werden kann. Dass nicht den Steuerberater, sondern den Beschwerdeführer selbst die Pflicht zur Erstattung der Umsatzsteuervoranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen traf, liegt auf der Hand und wurde vom Beschwerdeführer vor dem Spruchsenat auch einbekannt. Der in der Beschwerde mehrfach unternommene Hinweis auf die dem Steuerberater oblegenen Verpflichtungen ist demnach nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der Bestrafung des Beschwerdeführers aufzuzeigen.
Rechtswidrig war indessen die Subsumtion des der belangten Behörde vorliegenden Sachverhaltes unter die Bestimmung des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, worauf der Beschwerdeführer inhaltlich schon in seiner Berufung hingewiesen hatte. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nämlich jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn einer Strafbarkeit infolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für den selben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 FinStrG - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist, was auch für solche Fälle gilt, in denen sowohl die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als auch jene nach § 33 Abs. 1 FinStrG durch Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Jahresumsatzsteuererklärungen bewirkt oder zu bewirken versucht wird (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Juli 1998, 97/13/0106, und vom 15. Dezember 1993, 93/13/0055, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dass eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Verkürzung der Jahresumsatzsteuer für die Jahre 1988 und 1989 nach § 33 Abs. 1 FinStrG zum Zeitpunkt schon der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses möglich gewesen wäre, ist der Aktenlage nach keinesfalls auszuschließen. Für die Bestrafung eines Täters nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG aber sind klare und eindeutige Feststellungen erforderlich, die eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der Täter nicht ohnehin den Tatbestand nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt hat (siehe das zitierte Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, 93/13/0055).
An solchen Feststellungen fehlt es im angefochtenen Bescheid.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grunde somit gemäß
§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die
§§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Juni 2000
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